Befangenheit von Sachverständigen: Ausnahme oder Regel? Debattieren Sie mit!
Zitat von Spruchverfahren Redaktion am 29. Oktober 2019, 11:56 UhrDas Landgericht Dortmund hat mit Beschluss vom 9. Oktober 2019 (Az. 20 O 7/17 [AktE]) einen Sachverständigen für befangen erklärt und ihm jegliche Vergütungsansprüche aberkannt.
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Landgericht hatte im Rahmen eines Spruchverfahrens zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung einen Sachverständigen mit der Neubegutachtung des Bewertungsobjekts beauftragt. Dafür führte der Sachverständige Ortsbesichtigungen von Betriebsstätten in Gegenwart von Vertretern des Hauptaktionärs durch. Weder die Antragsteller noch der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre wurden von diesen Besichtigungsterminen unterrichtet, so dass sie auch nicht zugegen waren. Daraufhin hat ein Antragsteller den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Diesem Antrag ist das Gericht gefolgt: Da der Antragssteller im konkreten Fall mangels Benachrichtigung vor dem Ortstermin nicht bei der Ortsbesichtigung anwesend sein konnte, ist nicht auszuschließen, dass die Antragsgegnerin während der Ortsbesichtigung zu ihren Gunsten Einfluss auf den Sachverständigen genommen hat. Hinzu kommt, dass die Benachrichtigung nur der Antragsgegnerin von dem Ortstermin eine offensichtliche Ungleichbehandlung der Parteien darstellt. Weiter erschwerend kommt hinzu, dass die Ortsbesichtigung Jahre nach dem Bewertungsstichtag aus Sicht des Gerichts völlig sinnlos war.
Im Gegenzug dazu hat das Landgericht Köln mit Beschluss vom 14. Oktober 2019 (Az. 82 O 2/16) die Teilnahme von Verfahrensbeteiligten an den Tatsachenermittlungen des Sachverständigen ausgeschlossen.
Zur Begründung führt das Gericht an, dass schon organisatorisch die Teilnahme nicht durchführbar wäre, ohne zu befürchten, dass Termine wegen Verhinderung von Beteiligten abgesagt werden müssten. Hinzu komme, dass dem Sachverständigen u.U. geheimhaltungsbedürftige Informationen erteilt würden.
Das Landgericht Dortmund hat mit Beschluss vom 9. Oktober 2019 (Az. 20 O 7/17 [AktE]) einen Sachverständigen für befangen erklärt und ihm jegliche Vergütungsansprüche aberkannt.
Dem lag folgender Sachverhalt zugrunde: Das Landgericht hatte im Rahmen eines Spruchverfahrens zur Bestimmung einer angemessenen Barabfindung einen Sachverständigen mit der Neubegutachtung des Bewertungsobjekts beauftragt. Dafür führte der Sachverständige Ortsbesichtigungen von Betriebsstätten in Gegenwart von Vertretern des Hauptaktionärs durch. Weder die Antragsteller noch der gemeinsame Vertreter der außenstehenden Aktionäre wurden von diesen Besichtigungsterminen unterrichtet, so dass sie auch nicht zugegen waren. Daraufhin hat ein Antragsteller den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.
Diesem Antrag ist das Gericht gefolgt: Da der Antragssteller im konkreten Fall mangels Benachrichtigung vor dem Ortstermin nicht bei der Ortsbesichtigung anwesend sein konnte, ist nicht auszuschließen, dass die Antragsgegnerin während der Ortsbesichtigung zu ihren Gunsten Einfluss auf den Sachverständigen genommen hat. Hinzu kommt, dass die Benachrichtigung nur der Antragsgegnerin von dem Ortstermin eine offensichtliche Ungleichbehandlung der Parteien darstellt. Weiter erschwerend kommt hinzu, dass die Ortsbesichtigung Jahre nach dem Bewertungsstichtag aus Sicht des Gerichts völlig sinnlos war.
Im Gegenzug dazu hat das Landgericht Köln mit Beschluss vom 14. Oktober 2019 (Az. 82 O 2/16) die Teilnahme von Verfahrensbeteiligten an den Tatsachenermittlungen des Sachverständigen ausgeschlossen.
Zur Begründung führt das Gericht an, dass schon organisatorisch die Teilnahme nicht durchführbar wäre, ohne zu befürchten, dass Termine wegen Verhinderung von Beteiligten abgesagt werden müssten. Hinzu komme, dass dem Sachverständigen u.U. geheimhaltungsbedürftige Informationen erteilt würden.
Zitat von M. Stehr am 29. Oktober 2019, 14:37 UhrDas Landgericht Dortmund ist meiner Ansicht über das Ziel hinausgeschossen: Rein organisatorisch ist eine Beweisaufnahme unter Ladung aller Beteiligten gar nicht durchführbar. Darüber hinaus kann sich ein Sachverständiger doch wohl objektiv einen Eindruck von einer Sache wie einer Betriebsstätte verschaffen. Und was wäre, wenn er eingeladen hätte und keiner gekommen wäre? Jeder Beteiligte an Spruchverfahren erwartet, dass diese zügig abgeschlossen werden. Das ist wohl kaum möglich, wenn für eine Beweisaufnahme ein Termin gefunden werden muss, an dem dann tatsächlich auch alle können. Dem Landgericht Köln ist daher zu folgen.
Das Landgericht Dortmund ist meiner Ansicht über das Ziel hinausgeschossen: Rein organisatorisch ist eine Beweisaufnahme unter Ladung aller Beteiligten gar nicht durchführbar. Darüber hinaus kann sich ein Sachverständiger doch wohl objektiv einen Eindruck von einer Sache wie einer Betriebsstätte verschaffen. Und was wäre, wenn er eingeladen hätte und keiner gekommen wäre? Jeder Beteiligte an Spruchverfahren erwartet, dass diese zügig abgeschlossen werden. Das ist wohl kaum möglich, wenn für eine Beweisaufnahme ein Termin gefunden werden muss, an dem dann tatsächlich auch alle können. Dem Landgericht Köln ist daher zu folgen.
Zitat von Bjoern W. am 30. Oktober 2019, 10:16 UhrGanz im Gegenteil: Der Sachverhalt ist geradezu das Musterbeispiel der Befangenheit!
Offensichtlich gehst Du davon aus, dass nur eine Gartenlaube besichtigt wurde. Bei Industrieanlagen kann sich ein Sachverständiger aber unmöglich jede Ecke ansehen. Stattdessen wird er, ohne dass er es merkt, an bestimmte Stellen geführt, die entweder einen besonders positiven oder negativen Eindruck vermitteln.
Ganz im Gegenteil: Der Sachverhalt ist geradezu das Musterbeispiel der Befangenheit!
Offensichtlich gehst Du davon aus, dass nur eine Gartenlaube besichtigt wurde. Bei Industrieanlagen kann sich ein Sachverständiger aber unmöglich jede Ecke ansehen. Stattdessen wird er, ohne dass er es merkt, an bestimmte Stellen geführt, die entweder einen besonders positiven oder negativen Eindruck vermitteln.
Zitat von Ingo am 4. November 2019, 09:22 UhrOrganisatorisch kann die Ladung zu einem Beweistermin nicht aufwendiger sein als die Ladung des Gerichts zur mündlichen Verhandlung. Jeder Beteiligte bekommt einen Brief oder eine E-Mail, worin der Termin mitgeteilt wird. Kommt er nicht, ist das sein Problem. Aber wird er von vornherein vom Beweistermin ausgeschlossen, ist der Manipulation durch den Antragsgegner Tür und Tor geöffnet.
Organisatorisch kann die Ladung zu einem Beweistermin nicht aufwendiger sein als die Ladung des Gerichts zur mündlichen Verhandlung. Jeder Beteiligte bekommt einen Brief oder eine E-Mail, worin der Termin mitgeteilt wird. Kommt er nicht, ist das sein Problem. Aber wird er von vornherein vom Beweistermin ausgeschlossen, ist der Manipulation durch den Antragsgegner Tür und Tor geöffnet.
Zitat von Bernhard Baumgart am 11. November 2019, 09:33 UhrMeines Erachtens muss immer sichergestellt sein, dass die Minderheitsaktionäre in einem Beweistermin vertreten sind; das sollte auch Aufgabe des gemeinsamen Vertreters sein. Der ist der Einzige, der kein Kostenrisiko trägt und die Spesen für einen solchen Termin kann er in seiner Abrechnung auch geltend machen. Trotzdem müssen auch alle anderen Antragsteller eingeladen werden, denn für Beweisaufnahmen gilt das Prinzip der Parteiöffentlichkeit.
Meines Erachtens muss immer sichergestellt sein, dass die Minderheitsaktionäre in einem Beweistermin vertreten sind; das sollte auch Aufgabe des gemeinsamen Vertreters sein. Der ist der Einzige, der kein Kostenrisiko trägt und die Spesen für einen solchen Termin kann er in seiner Abrechnung auch geltend machen. Trotzdem müssen auch alle anderen Antragsteller eingeladen werden, denn für Beweisaufnahmen gilt das Prinzip der Parteiöffentlichkeit.
Zitat von Bjoern W. am 18. November 2019, 12:52 UhrDas gleiche müsste auch gelten, wenn ein Sachverständiger Bewertungsunterlagen entgegennimmt oder gar Besprechungen mit Vertretern der Gesellschaft oder des Hauptaktionärs durchführt!
Da ist die Gefahr der Manipulation noch viel größer!
Das gleiche müsste auch gelten, wenn ein Sachverständiger Bewertungsunterlagen entgegennimmt oder gar Besprechungen mit Vertretern der Gesellschaft oder des Hauptaktionärs durchführt!
Da ist die Gefahr der Manipulation noch viel größer!
Zitat von Ingo am 26. November 2019, 15:04 UhrIch denke nur gerade, hoffentlich geht der Schuss nicht nach hinten los und Gerichte schrecken in Zukunft noch mehr vor der Einholung von Sachverständigengutachten zurück.
Ich denke nur gerade, hoffentlich geht der Schuss nicht nach hinten los und Gerichte schrecken in Zukunft noch mehr vor der Einholung von Sachverständigengutachten zurück.
Zitat von B. Macke am 2. Dezember 2019, 09:31 UhrO.k. Spruchverfahren sind anders als typische Zivilprozesse; aber ein gewisses Grundmaß an Rechtsstaatlichkeit muss dennoch gewährleistet sein. Welchen Wert hätte denn ein Gutachten, wenn es im Geheimen erstellt wird und nur der Hauptaktionär die Möglichkeit erhält, Einfluss darauf zu nehmen?
O.k. Spruchverfahren sind anders als typische Zivilprozesse; aber ein gewisses Grundmaß an Rechtsstaatlichkeit muss dennoch gewährleistet sein. Welchen Wert hätte denn ein Gutachten, wenn es im Geheimen erstellt wird und nur der Hauptaktionär die Möglichkeit erhält, Einfluss darauf zu nehmen?
Zitat von martin buettner am 9. Dezember 2019, 09:40 UhrFür mich zieht das Argument des Landgerichts Köln, dass ggf. geheim zu haltende Informationen erteilt werden. Das Gesetz erlaubt dazu ausdrücklich, dass die zurückbehalten werden dürfen. Auszuschließen ist das nie.
Für mich zieht das Argument des Landgerichts Köln, dass ggf. geheim zu haltende Informationen erteilt werden. Das Gesetz erlaubt dazu ausdrücklich, dass die zurückbehalten werden dürfen. Auszuschließen ist das nie.
Zitat von Ingo am 18. Dezember 2019, 08:28 UhrMit dem Argument hat sich die Rechtsprechung aber auch schon auseinandergesetzt und festgestellt, dass solche Informationen, die gegenüber den Antragstellern geheim gehalten werden, vom Gericht wegen des Prinzips der Parteiöffentlichkeit auch gar nicht verwertet werden dürfen.
Mit dem Argument hat sich die Rechtsprechung aber auch schon auseinandergesetzt und festgestellt, dass solche Informationen, die gegenüber den Antragstellern geheim gehalten werden, vom Gericht wegen des Prinzips der Parteiöffentlichkeit auch gar nicht verwertet werden dürfen.