Az.: 5 HK O 19239/07
ISIN: DE000A1CRPP2 / WKN: A1CRPP
Tenor
I. Die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung für das Erwerbsangebot werden zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegnerinnen tragen gesamtschuldnerisch die Gerichtskosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1) bis 10) sowie zu 12) bis 57).
III. Der Geschäftswert sowie der Wert für die von den Antragsgegnerinnen gesamtschuldnerisch an den Gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten Aktionäre zu leistende Vergütung werden auf € 200.000,– festgesetzt.
Gründe
1. a. Die Antragsgegnerin zu 2) – ein zu dem weltweit vornehmlich im Bereich Life Sciences tätigen Unternehmensverbund der E…-Gruppe gehörendes Unternehmen – hielt mehr als 75 % der Aktien an der Antragsgegnerin zu 2), die im Jahr 2007 über ein Grundkapital von € 12.884.630,– verfügte, das in ebenso viele Stückaktien eingeteilt war. Die Antragsgegnerin zu 2) ist in der Biotechnologiebranche über ihre 100 %-igen Tochtergesellschaften E… M… GmbH, E… S… GmbH und O… GmbH auf den Gebieten der DNA/RNA-Synthese (Produktion und Vertrieb) sowie der DNA-Sequenzierung (nur Vertrieb) tätig, wobei die O…GmbH erst 2009 erworben wurde. Zusätzlich hielt die Antragsgegnerin zum 17.7.2007 100 %-Beteiligungen an der M… Ltd., Indien und der M… Inc., H…, USA.
b. Die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2) fasste am 17.7.2007 den Beschluss, ein reguläres Delisting durchzuführen und den Widerruf der Zulassung der Aktien bei der Frankfurter Wertpapierbörse im geregelten Markt zu beantragen sowie alle hiermit im Zusammenhang stehenden Maßnahmen zu ergreifen. Im Rahmen dieses Delisting unterbreitete die Antragsgegnerin zu 1) den Aktionären der Antragsgegnerin zu 2) das Angebot, deren Aktien gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von € 1,89 je Stückaktie zu erwerben. Grundlage dieses Angebots war namentlich ein Gutachten der M… GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, wonach der Unternehmenswert der Antragsgegnerin zu 2) zwischen € 22,113 und € 24,371 Millionen errechnet wurde. Nachdem das Oberlandesgericht München mit Endurteil vom 19.11.2008, Az. 7 U 2405/08 in Abänderung eines den Anfechtungsklagen mehrerer Aktionäre gegen den Beschluss über das Delisting stattgebenden Endurteils des Landgerichts München I vom 31.1.2008, Az. 5 HK O 15082/07 die Anfechtungsklagen abgewiesen hatte, stellte der Vorstand der Antragsgegnerin nach Eintritt der Rechtskraft des Urteils des Oberlandesgerichts München bei der Frankfurter Wertpapierbörse den Antrag auf das Delisting. Dieses Vorhaben gab der Vorstand mit Ad hoc-Mitteilung vom 21.4.2009 bekannt. Die Frankfurter Wertpapierbörse gab dem Antrag auf Widerruf mit einer am 12.5.2009 veröffentlichten Entscheidung statt; die Börsenzulassung der Antragsgegnerin zu 2) endete am 12.8.2009.
2. Zur Begründung ihrer spätestens am 12.8.2009 beim Landgericht München I eingegangenen Anträge machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, die angebotene Abfindung stelle sich als unangemessen niedrig dar und müsse folglich in dem unverändert statthaften Spruchverfahren erhöht werden.
a. Die Unangemessenheit der Abfindung resultiere namentlich aus den deutlich zu pessimistischen und folglich unplausiblen Planannahmen, die zudem für eine nicht hinreichend lange Detailplanungsphase erstellt worden seien. Die mangelnde Plausibilität zeige sich vor allem an dem im Vergleich zur Konzernmutter und zu internationalen Studien zu niedrigen Wachstumsprognosen beim Umsatz und der EBIT-Marge im Oligo-Bereich wie auch im Sequenzierungsbereich. Die Planung berücksichtige nicht hinreichend die erfolgreiche Tätigkeit des Unternehmens mit starker Kundenorientierung, innovativer Technologie und qualitativ hochwertigen Produkten in einem sehr innovativen Bereich mit erheblichem Wachstumspotenzial. Die Zahlungen der Muttergesellschaft für die Nutzung des Kundenstamms hätten angesichts steigender Kundenzahlen ebenfalls zunehmend geplant werden müssen. Der Kapitalisierungszinssatz müsse reduziert werden, was sowohl für den mit 4,25 % vor Steuern zu hoch angesetzten Basiszinssatz wie auch für den auf Basis des ohnehin nicht geeigneten (Tax-)CAPM mit Werten zwischen 7,62 % und 8,45 % angesetzten Risikozuschlag. In der Ewigen Rente müsse der Wachstumsabschlag höher als mit 1,8 % angesetzt werden. Zudem seien die gesondert bewerteten Vermögenswerte zu niedrig angesetzt worden.
b. Das Spruchverfahren müsse ungeachtet des Beschlusses vom BGH vom 8.10.2013, Az. II ZB 26/12 fortgesetzt werden. Dies gebiete bereits der Gedanke des Vertrauensschutzes ebenso wie der Grundsatz, wonach dem Beschluss des BGH wie auch dem vorangegangenen Urteil des Bundesverfassungsgerichts keine Rückwirkung zugemessen werden dürfe. Eine nachträgliche Unzulässigkeit verbiete auch die Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse. Der Großaktionär habe zudem Einfluss auf die Verkürzung der vollen Schutzfrist von drei Monaten auf sechs Monate genommen; bei fehlendem Einverständnis des Großaktionärs hätte es das Mandat des Aufsichtsrates umfasst, gegen die von der Geschäftsführung der Börse beschlossene Verkürzung vorzugehen. Die Notwendigkeit der Fortsetzung des Spruchverfahrens resultiere auch aus dem vertraglichen Angebot der Antragsgegnerin zu 1). Jedenfalls sei aber die Antragsgegnerin mit dem Hinweis auf die mangelnde Statthaftigkeit des Spruchverfahrens präkludiert, nachdem diese nicht innerhalb der Frist zur Antragserwiderung erhoben worden sei.
3. Die Antragsgegnerin beantragt demgegenüber die Zurückweisung der Anträge auf Festsetzung einer höheren Barabfindung, weil das Spruchverfahren nicht (mehr) statthaft sei, aber auch weil die Angemessenheit des Abfindungsangebots angesichts der Ergebnisse der vor der Hauptversammlung eingeholten Gutachten und Prüfungsberichte bejaht werden müsse.
a. Aufgrund der fehlenden Überprüfbarkeit eines Barabfindungsangebots in Spruchverfahren fehle es bereits an der Statthaftigkeit. Diese Überlegung greife auch in laufenden Spruchverfahren, weil das den Gesetzgeber bindende Verbot der Rückwirkung für die Rechtsprechung gerade nicht eingreife. Auch fehle es an einem abgeschlossenen Sachverhalt. Aus Vertrauensschutzgesichtspunkten müsse es nicht zu einer gerichtlichen Überprüfung der Höhe der angebotenen Abfindung kommen, weil dieser Gedanke nur ausnahmsweise zum Schutz vor unvorhergesehenen Belastungen gewährt werden könne. Die Änderung der Rechtsprechung des BGH ziehe keine unzumutbare Härte für die Antragsteller nach sich. Die Antragsgegnerin zu 1) handele auch nicht rechtsmissbräuchlich, wenn sie unter Hinweis auf die Rechtsprechung zu Macrotron auf den von ihr begehrten Hauptversammlungsbeschluss hinwirke und anschließend die Unzulässigkeit rüge; dies ergebe sich bereits aus der Erwägung heraus, dass die Antragsgegnerin nur für den Beschluss gestimmt, aber nicht auf ihn hingewirkt habe.
Die Rüge der Antragsteller zu 10) bis 16) sowie zu 26) seien zudem wegen nicht hinreichender Darlegung konkreter Bewertungsrügen unzulässig. Zudem fehle es bei einer Vielzahl von Antragstellern am Nachweis der Aktionärseigenschaft im Zeitpunkt des Eingangs der Anträge bei Gericht.
b. In jedem Fall aber ergebe sich auf der Basis des von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ermittelten durchschnittlichen Börsenkurses im Zeitraum von drei Monaten vor der Ad hoc-Mitteilung über die geplante Delisting-Maßnahme ermittelten Börsenkurses der Wert der Antragsgegnerin zu 2), nachdem deren Ertragswert nicht höher liege. Die angesetzten Wachstumsraten für den Oligo-Bereich und den Bereich Gensequenzierung seien dem Marktumfeld entsprechend angesetzt worden und folglich plausibel, was ebenso für alle anderen Planannahmen gelte. Der festgesetzte Basiszinssatz beruhe ebenso auf einer methodisch korrekten Vorgehensweise wie die Ermittlung des Risikozuschlags unter Anwendung des (Tax-)CAPM. Dabei reflektiere der angesetzte Beta-Faktor von 1,386 auch das operative Geschäftsrisiko der Gesellschaft in angemessener Art und Weise. Der zugrunde gelegte Wachstumsabschlag stelle sich als eher hoch dar. Die Ausschüttungsquote bedürfe keiner Korrekturen. Das zum maßgeblichen Bewertungsstichtag der Hauptversammlung ermittelte nicht betriebsnotwendige Vermögen belaufe sich auf € 1,53 Mio. und müsse vor allem nicht vermeintlich bestehende Ansprüche der Antragsgegnerin zu 2) berücksichtigen.
4. a. Das Gericht hat mit Beschluss vom 27.10.2009 (Bl. 125 d.A.) in analoger Anwendung von § 6 Abs. 1 SpruchG Herrn Rechtsanwalt … zum gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten Aktionäre bestellt. Mit Verfügung vom selben Tag (Bl. 126 d.A.) hat der Vorsitzende die Veröffentlichung dieses Beschlusses im elektronischen Bundesanzeiger veranlasst. Der gemeinsame Vertreter verweist in seiner Stellungnahme vor allem darauf, dass die Ermittlung des Unternehmenswertes auf der satzungswidrigen Ausgliederung des Produktions- und Vertriebsbereichs in Beteiligungsgesellschaften und den Teilverkauf dieser an den Großaktionär beruhe. Unangemessen erscheine sowohl der Ansatz eines Risikozuschlags von 7,62 % mit der Folge der Abwertung von Ertragsprognosen um fast 80 % als auch der Wachstumsabschlag in Höhe von 1,8 %.
b. Die mit Beschluss vom 10.3.2011 (Bl. 241/247 d.A.), modifiziert durch Beschluss vom 14.4.2011 (Bl. 262/263 d.A.) angeordnete Beweisaufnahme durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Kfm. … W… ist angesichts des Beschlusses des BGH vom 8.10.2013, Az. II ZB 26/12 nicht zu Ende geführt worden.
c. Die Antragstellerin zu 11) hat mit Schriftsatz vom 27.5.2014 (Bl. 424 d.A.) ihren Antrag zurückgenommen.
5. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des jeweiligen Sachvortrages der Beteiligten wird Bezug genommen auf die wechselseitigen Schriftsätze samt Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 18.3.2010 (Bl. 203/216 d.A.) und vom 6.2.2014 (Bl. 410/419 d.A.).
II.
1. Die Anträge auf Festsetzung einer höheren Barabfindung sind unzulässig, weil das Spruchverfahren nach einem stattgefundenem Delisting kein statthafter Rechtsbehelf ist; die Vorschriften aus § 1 SpruchG können nicht analog angewandt werden.
a. Der Einwand der fehlenden Statthaftigkeit des Spruchverfahrens kann auch im derzeitigen Verfahrensstadium berücksichtigt werden, auch wenn er nicht innerhalb der zur Antragserwiderung gesetzten Frist vorgebracht wurde. Die Vorschriften aus §§ 9 Abs. 3, 10 Abs. 4 SpruchG stehen dem nicht entgegen. Zwar haben die Antragsgegnerinnen die Zulässigkeit der Anträge betreffende Rügen innerhalb der ihnen nach § 7 Abs. 2 gesetzten Frist geltend zu machen. § 10 Abs. 4 SpruchG, wonach verspätete Rügen, die die Zulässigkeit der Anträge betreffen, nur zuzulassen sind, wenn der Beteiligte die Verspätung genügend entschuldigt, steht der Berücksichtigung der mangelnden Statthaftigkeit vorliegend nicht entgegen. Die Prüfung der Zulässigkeit und damit auch der Statthaftigkeit eines Spruchverfahrens muss von Amts wegen erfolgen, weshalb es insoweit an einer verzichtbaren Rüge fehlt (vgl. nur Puszkajler in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 10 SpruchG Rdn. 22; Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, 2. Aufl., § 10 Rdn. 5; Tewes in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 3. Aufl., § 10 Rdn. 11; Winter in: Simon, SpruchG, 1. Aufl., § 10 Rdn. 23; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 10 Rdn. 11; Glienke/Röder BB 2014, 899, 904).
b. Die Vorschrift des § 1 SpruchG, in der die Maßnahmen genannt werden, bei denen ein Spruchverfahren stattfindet, kann auf das Delisting nicht analog angewandt werden, weil es an den Voraussetzungen einer Analogie fehlt.
(1) Die analoge Anwendung einer Vorschrift ist nur dann zulässig und geboten, wenn das Gesetz eine planwidrige Regelungslücke entdeckt und der zu beurteilende Sachverhalt in rechtlicher Hinsicht so weit mit dem Tatbestand vergleichbar ist, den der Gesetzgeber geregelt hat, dass angenommen werden kann, der Gesetzgeber wäre bei einer Interessenabwägung, bei der er sich von den gleichen Grundsätzen hätte leiten lassen wie bei dem Erlass der herangezogenen Gesetzesvorschrift, zu dem gleichen Abwägungsergebnis gekommen (vgl. BGH NJW 2007, 3124, 3125). Liegt man dies zugrunde, erfasst der Normzweck der Regelungen über das Spruchverfahren das Delisting nicht.
Die Regelungen in § 1 SpruchG nennen die aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen, in denen ein Spruchverfahren statthaft ist, auch wenn diese Aufzählung nach dem Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 15/838 S. 16) nicht abschließend sein sollte. Den in § 1 SpruchG genannten Maßnahmen ist gemeinsam, dass mit dieser Strukturmaßnahme eine Beeinträchtigung des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Aktieneigentums verbunden ist und Fehler im Preisbildungsprozess durch das Spruchverfahren ausgeglichen werden können, wobei dies durch Anteile an einem anderen Unternehmen oder durch eine Abfindung für den Rechtsverlust geschehen soll (so ausdrücklich Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., § 1 Rdn. 16; ähnlich auch Simon in: Simon, SpruchG, a.a.O., Einführung Rdn. 3).
(2) Die vorliegend in Rede stehende Maßnahme eines Delisting ist hiermit nicht vergleichbar, weshalb an einer planwidrigen Regelungslücke fehlt. Im Falle des Widerrufs der Zulassung der Aktien zum Handel in einem regulierten Markt – entsprechend früher dem amtlichen oder hier bei der Antragsgegnerin zu 2) dem geregelten Markt – auf Veranlassung der Gesellschaft haben die Aktionäre keinen Anspruch auf eine Barabfindung; es bedarf weder eines Beschlusses der Hauptversammlung noch eines Pflichtangebots (so BGH NJW 2014, 147 ff. = NZG 2013, 1342 ff. = AG 2013, 877 ff. = ZIP 2013, 2254 ff. = WM 2013, 2213 ff. = DB 2013, 2672 ff. = BB 2013, 3022 ff. = JZ 2014, 145 ff.; zustimmend Wasmann/Glock DB 2014, 105 ff.; Paschos/Klaaßen AG 2014, 33 ff.; Glienke/Röder BB 2014, 899 ff.; kritisch demgegenüber Habersack JZ 2014, 147 ff.).
(a) Zwar ging die weithin in Rechtsprechung und Literatur vertretene Auffassung seit dem Urteil des BGH vom 25.11.2002, Az. II ZR 133/01 davon aus, bei dem vollständigen Rückzug aus dem amtlichen oder geregelten bzw. nunmehr dem regulierten Markt bedürfe es eines mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefassten Hauptversammlungsbeschlusses sowie eines Pflichtangebots durch die Gesellschaft oder dem Großaktionär an die Minderheitsaktionäre zum Kauf ihrer Aktien, das dem vollen Wert des Aktieneigentums entsprechen und der gerichtlichen Kontrolle in einem Spruchverfahren unterliegen müsse (vgl. BGHZ 153, 47, 53 ff. = NJW 2003, 1032, 1034 f. = NZG 2003, 280, 282 ff. = AG 2003, 273, 274 ff. = ZIP 2003, 387, 389 ff. = WM 2003, 533, 535 ff. = DB 2003, 544, 546 f. = BB 2003, 806, 808 ff. = DNotZ 203, 364, 365 ff. = JZ 2003, 680, 682 ff. ; OLG München NZG 2008, 755, 756 ff. = NZG 2007, 720 = NJW-RR 2008, 552, 553; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 1 SpruchG Rdn. 20; Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., § 1 Rdn. 17; Weingärtner in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, a.a.O., § 1 Rdn. 7; Hüffer, AktG, a.a.O., § 305 Anh § 1 SpruchG Rdn. 7; Ederle/Theusinger in: Bürgers/Körber, AktG, 3. Aufl., Anh § 306 § 1 SpruchG Rdn. 6; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., § 1 SpruchG Rdn. 6; Seibt ZIP 2003, 392, 395; krit. zur Analogie zum Spruchverfahren bereits Wilsing/Kruse WM 2003, 1110, 1113 f.; Wasmann WM 2004, 819 f.;).
(b) Diese Auffassung hat der BGH indes mit dem bereits zitierten Beschluss vom 8.10.2013, Az. II ZB 26/12 ausdrücklich aufgegeben.
(aa) Mit dem Widerruf der Börsenzulassung an einem regulierten Markt wird dem Aktionär keine Rechtsposition genommen, die von der Rechtsordnung als privatnützig und für ihn verfügbar zugeordnet ist; er lässt die Substanz des Anteilseigentums in seinem mitgliedschaftsrechtlichen und seinem vermögensrechtlich Element unbeeinträchtigt. Die tatsächliche Verkehrsfähigkeit einer Aktie ist eine schlichte Ertrags- und Handelschance und als solche nicht vom Eigentumsgrundrecht des Art. 14 Abs. 1 GG geschützt. Der verfassungsrechtliche Schutz des Eigentums umfasst nicht den wertbildenden Effekt marktregulierender und unternehmensbezogener Vorschriften des Aktien- und des Börsenrechts, die nach der Zielsetzung des Gesetzgebers Transparenz schaffen und in Ansehung der wirtschaftlicher Macht großer börsennotierter Aktiengesellschaften sowie ihrer volkswirtschaftlichen Bedeutung auch der Missbrauchsprävention und dem Wohl der Allgemeinheit dienen sollen. Demgemäß werden der Bestand des Mitgliedschaftsrechts und die aus der Mitgliedschaft fließenden Beteiligungsrechte – anders als bei einer Mediatisierung der Mitwirkungsrechte des Aktionärs – durch den Rückzug aus dem regulierten Markt der Börse und somit auch dem früheren amtlichen oder geregelten Markt der Frankfurter Wertpapierbörse nicht geschützt. Die Innenstruktur der Gesellschaft erfährt dadurch nämlich keine Veränderung. Auch beeinflusst die Börsenzulassung nicht die Verkehrsfähigkeit als solche, weil die Möglichkeit der jederzeitigen Veräußerbarkeit nicht tangiert wird, nachdem auch nicht börsennotierte Aktien nach ihrer einfachrechtlichen Ausgestaltung jederzeit formfrei und ohne Bindung an eine öffentlich-rechtlich ausgestalte Handelsplattform veräußert werden kann. Das Eigentumsgrundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG gewährleistet dabei nicht die Funktionsfähigkeit eines Marktes. Das detaillierte Regelwerk für börsennotierte Aktiengesellschaften kommt dem einzelnen Aktionär lediglich im Sinne eines Rechtsreflex zugute, erhebt aber deshalb das besondere Regelungsregime für börsennotierte Aktiengesellschaften nicht zu einem Schutzgegenstand des Aktieneigentums (so ausdrücklich BVerfGE 132, 99, 119 ff. = NJW 2012, 3081, 3082 ff. = NZG 2012, 826, 829 ff. = AG 2012, 557, 559 ff. = ZIP 2012, 1402, 14040 ff. = DB 2012, 1618, 1619 ff. = BB 2012, 2010, 2011 ff, = JZ 2012, 1065, 1066 ff.).
(bb) Aber auch aus einfachrechtlichen Vorschriften lässt sich das Erfordernis eines Pflichtangebots mit einem daran anknüpfenden anschließenden Spruchverfahren nicht ableiten.
Das Erfordernis eines derartigen Barabfindungsangebots ergibt sich nicht aus § 207 UmwG, weil die Unterschiede zwischen einer börsennotierten und einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft nicht einem Formwandel im Sinne des § 207 UmwG gleichkommen. Die Vorschriften, die die Börsennotierung voraussetzen, verändern weder die Organisations- noch die Beteiligungsstruktur der Gesellschaft entscheidend, auch wenn zahlreiche Vorschriften des Aktienrechts an die Zulassung zum regulierten Markt bzw. früher zum geregelten und amtlichen Markt anknüpfen. Eine Satzungsänderung wird aber weder für die Börsenzulassung noch für den Widerruf verlangt. Die grundlegende Organisationsstruktur der Aktiengesellschaft oder Beteiligungsrechte werden von den entsprechenden Vorschriften nicht betroffen.
Auch über § 243 Abs. 2 Satz 2 AktG lässt sich das Erfordernis einer ein Spruchverfahren fordernden Strukturmaßnahme nicht herleiten. Allein der Umstand, dass eine Geschäftsführungsmaßnahme auch günstige Auswirkungen für den Vorstand hat, ändert nichts am Vorliegen einer Geschäftsführungsmaßnahme. Ebenso wenig kann in dem Börsenrückzug stets ein Sondervorteil zu sehen sein, den ein Großaktionär gewünscht hat. Vor allem aber führt das Fehlen eines Ausgleichs zur Anfechtbarkeit eines Hauptversammlungsbeschlusses, nicht aber zum Spruchverfahren.
Die Vorschrift des § 29 Abs. 1 Satz 1 2. Hs UmwG, wonach die Verschmelzung einer börsennotierten auf eine nicht börsennotierte Gesellschaft abfindungspflichtig ist, führt nicht zur Statthaftigkeit einer Analogie zu § 1 SpruchG. Bei der Regelung in § 29 Abs. 1 UmwG handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass die formwahrende Verschmelzung grundsätzlich abfindungsfrei ist. Zwar beruht das Abfindungsangebot auf dem Wechsel aus dem regulierten Markt bzw. dem amtlichen oder geregelten Markt. Doch lässt sich dem nicht entnehmen, der Gesetzgeber wolle damit einen allgemeinen Grundsatz aufstellen, der Wechsel aus dem regulierten Markt führe stets zu einem Abfindungsangebot. Dies zeigt gerade auch § 320 b Abs. 1 Satz 2 AktG, wonach bei der Eingliederung in eine nicht börsennotierte Aktiengesellschaft eine Abfindung nicht vorgesehen ist.
Eine Gesamtanalogie zu den gesetzlichen Regelungen anderer Strukturmaßnahmen in §§ 305, 320 b, 327 b AktG, 29, 207 UmwG hat der BGH ausdrücklich abgelehnt, weil der Widerruf der Börsenzulassung keine Strukturmaßnahme sei und einer solchen auch nicht ähnele; vielmehr handelt es sich dabei um eine Geschäftsführungsmaßnahme des Vorstandes.
Der Schutz der Anleger wird nach dieser höchstrichterlichen Entscheidung alleine über § 39 Abs. 2 Satz 2 BörsG verwirklicht, wonach der Widerruf der Börsenzulassung dem Schutz der Anleger nicht widersprechen darf. Dabei geht der BGH von einer drittschützenden Wirkung dieser Vorschrift aus, weshalb auch die Klagebefugnis aus § 42 Abs. 2 VwGO bejaht werden muss.
Aus dieser Begründung des BGH, der sich die Literatur überwiegend angeschlossen hat (vgl. Wasmann/Glock DB 2014, 105 ff.; Glienke/Röder, BB 2014, 899 ff.; Paschos/Klaaßen, AG 2014, 33 ff.; Schockenhoff ZIP 2013, 2429 ff.; a.A. Habersack JZ 2014, 147 ff.) und der das erkennende Gericht gleichfalls folgt, muss dann zwingend der Schluss gezogen werden, beim Delisting könne kein Spruchverfahren stattfinden.
(3) Diese Grundsätze müssen auch bei bereits laufenden, noch nicht rechtskräftig beendeten Spruchverfahren zur Anwendung gelangen, nachdem auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung bzw. im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit der Entscheidung abzustellen ist. Die hiergegen erhobenen Bedenken von Seiten der Antragsteller rechtfertigen kein anderes Ergebnis.
(a) Die Verneinung der Statthaftigkeit bedeutet keine unzulässige Rückwirkung und damit auch keinen Verstoß gegen Vertrauensschutzgesichtspunkte. Die durch den Beschluss des II. Zivilsenats des BGH vorgenommene Änderung der Rechtsprechung zum Delisting hat Gültigkeit auch für zwar bereits begründete, aber noch nicht abgeschlossene Sachverhalte. Höchstrichterliche Urteile sind Gesetzen nicht gleichzustellen und erzielen auch keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Durch das Abweichen einer früher vertretenen Rechtsansicht verstößt der Richter grundsätzlich nicht gegen Art. 20 Abs. 3 GG mit der dort statuierten Bindung der rechtsprechenden Gewalt an Recht und Gesetz. Dazu bedarf es insbesondere auch nicht des Nachweises der Änderung der tatsächlichen Verhältnisse oder der Änderung der allgemeinen Anschauungen (vgl. BVerfG NVwZ 2005, 81, 82; BVerfGE 122, 248, 277 f. = NJW 2009, 1469, 1475 = JR 2009, 245, 253 = JZ 2009, 675, 680). Gerichtliche Entscheidungen wirken als Akt wertender Erkenntnisse schon ihrer Natur nach auf einen zwar in der Vergangenheit angelegten und begründeten, aber noch nicht abgeschlossenen Sachverhalt ein. Eine derartige unechte Rückwirkung ist verfassungsrechtlich grundsätzlich unbedenklich (vgl. BVerfGE 74, 129, 155 ff.). Die in der verfassungsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze über die Begrenzung rückwirkender Änderung von Gesetzen lassen sich indes nicht ohne weiteres auf die Rechtsprechung und dabei vor allem auch auf die höchstrichterliche Rechtsprechung übertragen. Gerichte sind nämlich in der Regel nicht an eine feststehende Rechtsprechung gebunden, die sich im Lichte besserer Erkenntnis als nicht mehr tragfähig erweist.
Schranken der Rückwirkung können sich dabei vor allem aus dem rechtsstaatlichen Prinzip der Rechtssicherheit ergeben, wobei dies für den Bürger in erster Linie Vertrauensschutz bedeutet. Durften die von der Rechtsprechungsänderung betroffenen Beteiligten eines Verfahrens auf die Fortgeltung der bisherigen Rechtslage vertrauen und verdient dieses Interesse bei einer Abwägung mit den Belangen anderer Verfahrensbeteiligter und den Anliegen der Allgemeinheit den Vorzug, greift die Rückwirkung in rechtlich geschützte Positionen ein. Bei der danach zu treffenden Abwägung muss insbesondere auch beachtet werden, dass die materielle Gerechtigkeit einen dem Grundsatz der Rechtssicherheit mindestens ebenbürtiger Bestandteil des Rechtsstaatsprinzips verkörpert (vgl. hierzu insgesamt BGHZ 132, 119, 129 f. = NJW 1996, 1467, 1469 f. = JZ 1997, 305, 308 = VersR 1996, 761, 763 f., BGHZ 154, 370, 377 f. = NZG 2003, 577, 578 f. = DB 2003, 1164, 1166 = BB 2003, 1081, 1083 f. = MDR 2003, 756, 757 = VersR 2003, 771, 773 = DNotZ 2003, 764, 768; BVerfG NVwZ 2012, 876, 878). Weder sind die unteren Gerichte an die höchstrichterliche Rechtsprechung gebunden, noch sind es die obersten Gerichte selbst. Kein Verfahrensbeteiligter kann daher darauf vertrauen, der Richter werde stets an einer bestimmten Rechtsauffassung aus der bisherigen Judikatur festhalten. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtsgrundlage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann folglich in der Regel nur bei hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen BVerfGE 72, 302, 326 = NJW 1986, 2817, 2819; BVerfGE 122, 248, 278 = NJW 2009, 1469, 1475; BVerfGE 126, 369, 395).
Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes lässt sich eine unzumutbare Härte für die Antragsteller nicht bejahen. In einem zulässigen Spruchverfahren kann es wegen des Verbots der reformatio in peius nicht zu einer Verringerung der Höhe in einem bestandskräftigen Hauptversammlungsbeschluss festgelegten Kompensation kommen – außer in den Fällen der hier nicht einschlägigen Beseitigung von Mehrstimmrechten nach § 5 Abs. 4 EGAktG (vgl. nur Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., § 11 SpruchG Rdn. 3; Kubis in: Münchener Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Aufl., § 11 Rdn. 6; Puszkajler in: Kölner Kommentar zum Aktiengesetz, a.a.O., § 11 SpruchG Rdn. 14; Klöcker in: Schmidt/Lutter, AktG, 2. Aufl., § 11 SpruchG Rdn. 1). Angesichts dessen ist der Fortbestand auf die höchstrichterliche Rechtsprechung entsprechend den vom BGH entwickelten Grundsätzen aus der Macrotron-Entscheidung nicht schutzwürdig. Zudem kann nicht unbeachtet bleiben, dass der BGH diese Entscheidung aus dem Jahr 2002 danach nicht mehr bestätigt hatte, sondern sie nur zur Grundlage land- und oberlandesgerichtlicher Entscheidungen wurde.
(b) Entsprechende Vertrauensschutzgesichtspunkte lassen sich auch nicht aus den Vorgaben der Börsenordnung der Frankfurter Wertpapierbörse herleiten, auch wenn die Frist zur Veräußerung der Aktien im Falle eines nachfolgenden Spruchverfahrens von sechs Monaten auf drei Monate verkürzt wurde. Innerhalb der verkürzten Zeit bestand bereits für die Aktionäre hinreichend Zeit, ihre Aktien der Antragsgegnerin zu 2) zu veräußern. Eine bestimmte Frist lässt sich insbesondere auch nicht den unterschiedlichen Börsenordnungen der Deutschen Wertpapierbörsen entnehmen. So bestimmt vor allem auch § 51 Abs. 2 Nr. 3 der Börsenordnung der Börse München, es müsse lediglich ausreichend Zeit zur Veräußerung bleiben, ohne dass dieser Zeitraum näher konkretisiert wurde. § 54 Abs. 2 Börsenordnung der Börse Berlin verlangt nur das Unterbreiten eines Kaufangebots, nicht aber die anschließende Durchführung eines Spruchverfahrens zum Schutze der Anleger. Dann aber kann allein aus dem Umstand einer Verkürzung der Antragsfrist auf drei Monate nur im Falle eines durchzuführenden Spruchverfahrens nicht auf einen schutzwürdigen Vertrauenstatbestand geschlossen werden. Zudem rechtfertigt eine Verletzung der Börsenordnung auch keine andere Beurteilung, weil der Schutz der Anleger entsprechend den Vorgaben aus § 39 Abs. 2 BörsG nur mit aufsichtsrechtlichen Maßnahmen oder über den verwaltungsrechtlichen Rechtsschutz durchgesetzt werden kann, nachdem die Börse insoweit hoheitlich tätig wird.
(c) Ein vertraglicher Anspruch auf Fortsetzung des Spruchverfahrens oder daraus abgeleitete Vertrauensschutzgesichtspunkte lassen sich auch nicht aus der Bekanntmachung zur Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 2) ableiten. In der Erklärung in der Bekanntmachung der Einberufung zur Hauptversammlung kann keine Willenserklärung dergestalt gesehen werden, dass ein Spruchverfahren gegebenenfalls auf vertraglicher oder quasi-vertraglicher Grundlage ungeachtet der gesetzlichen Vorgaben eingeleitet oder fortgeführt werden könnte. Die Erwähnung des Spruchverfahrens im Abfindungsangebot muss als Erläuterung der damals aktuellen Rechtslage angesehen werden, die auf der – mittlerweile überholten – Macrotron-Entscheidung des BGH beruhte. Ein Rechtsbindungswillen der Antragsgegnerinnen zur verbindlichen Verpflichtung, ein Spruchverfahren ohne gesetzliche Grundlage durchführen zu wollen, kann aus dieser erläuternden Erklärung nicht abgeleitet werden (vgl. Glienke/Röder BB 2004, 899, 905).
Gegen eine vertragliche Verpflichtung zwischen den Antragstellern und den Antragsgegnerinnen zur Fortführung des Spruchverfahrens ungeachtet der Auslegung der entsprechenden Vorschriften der Gerichte und damit auch gegen die Begründung von Vertrauensschutzgesichtspunkten zugunsten der Antragsteller spricht folgendes weiteres Argument. Zum einen muss davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerinnen von der Angemessenheit des Abfindungsangebots ausgingen und daher gerade kein erhöhtes Angebot unterbreiten wollten, zumal erhebliche Bedenken an der Bestimmtheit eines derartigen Vertragsangebots bestünden. Zum anderen ist daraus der Schluss zu ziehen, dass das Angebot für den Fall einer Erhöhung ohnehin nur als bedingte Willenserklärung angesehen werden könnte. Angesichts der fehlenden Statthaftigkeit des Spruchverfahrens und wegen des fehlenden Vertrauensschutzes der Antragsteller in den Fortbestand einer Rechtsprechung des BGH kann die Bedingung zudem nicht eintreten.
(d) Soweit geltend gemacht wird, die aus der Antragsgegnerin zu 1) stammenden Mitglieder des Aufsichtsrates der Antragsgegnerin zu 2) seien verpflichtet gewesen, gegen die von der Geschäftsführung der Börse beschlossene Maßnahme des Widerrufs vorzugehen, übersieht dies, dass der Delistingbeschluss bereits nach der Rechtsprechung des BGH zu Macrotron keinerlei sachlicher Rechtfertigung bedurfte (vgl. BGHZ 153, 47, 58 f. = NJW 2003, 1032, 1035 = NZG 2003, 280, 283 = AG 2003, 273, 276 = ZIP 2003, 387, 391 = WM 2003, 533, 536 f. = DB 2003, 544, 547 = BB 2003, 806, 809 = DNotZ 2003, 364, 368 = JZ 2003, 680, 684). Dann aber kann sich ein rechtsmissbräuchliches Verhalten nicht daraus ableiten lassen, dass der Aufsichtsrat nicht gegen die vom Vorstand der Antragsgegnerin zu 2) veranlassten Maßnahmen eingeschritten ist. Abgesehen davon sind die in der Einberufung zur Hauptversammlung genannten Gründe der erheblichen Zeit- und Kostenersparnis sowie eines nicht sehr liquiden Handels in den zwölf Monaten vor der Hauptversammlung durchaus nachvollziehbar, weshalb nicht angenommen werden kann, es liege eine unsachliche unternehmerische Entscheidung vor, gegen die der Aufsichtsrat in Ausübung seiner Überwachungsfunktion gem. § 111 AktG einschreiten müsse.
In dem Abstimmungsverhalten der Antragsgegnerin zu 1) als Großaktionärin mit der Zustimmung zu dem Beschluss über das Barabfindungsangebot samt Hinweis auf das Spruchverfahren kann ebenso wenig ein widersprüchliches Verhalten gesehen werden wie in einer von der Antragsgegnerin ohnehin bestrittenen Einflussnahme auf die Frankfurter Wertpapierbörse. Die Statthaftigkeit des Spruchverfahrens muss das Gericht von Amts wegen berücksichtigen, weshalb es nicht darauf ankommt, ob ein Antragsgegner dies rügt oder nicht. Rechtsfehler bei der Frankfurter Wertpapierbörse bei der Einhaltung des Verfahrens können nur mit den Mitteln des verwaltungsgerichtlichen Rechtsschutzes angegriffen werden. Abgesehen davon ist es Aufgabe des Vorstands der Emittentin und nicht eines Aktionärs, den Antrag zu stellen. Daher ist es rechtlich ohne Bedeutung, ob und inwieweit sich die Antragsgegnerin zu 1) an die Geschäftsführung der Frankfurter Wertpapierbörse gewandt hat oder nicht.
c. Die im Beschluss des BGH vom 8.10.2013, Az. II ZB 26/12 zum Ausdruck kommende Rechtsauffassung verstößt nicht gegen das Grundgesetz und ist folglich nicht verfassungswidrig.
(1) Ein Verstoß gegen Art. 14 Abs. 1 GG lässt sich aus den im bereits zitierten Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 11.7.2012, Az. 1 BvR 3142/07, 1 BvR 1569/08 genannten Gründen nicht bejahen. Zur Vermeidung von Wiederholungen kann in vollem Umfang auf die oben unter II.1.b. (1) (b) (aa) zusammenfassend wiedergegebenen Gründe dieser verfassungsgerichtlichen Entscheidung Bezug genommen werden.
(2) Die Ablehnung eines Spruchverfahrens verstößt nicht gegen den aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art 20 Abs. 3 GG garantierten Justizgewährleistungsanspruch. Der Rechtsschutzgewähr kommt nämlich neben Art. 14 Abs. 1 GG keine eigenständige Bedeutung zu, wenn die Antragsteller insoweit eine gesetzlich nicht vorgesehene verfahrensrechtliche Absicherung einer ihres Erachtens von Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Eigentumsposition erstreben. Ist ein Pflichtangebot jedoch von Verfassungs wegen nicht geboten, so bedarf es insoweit keines Rechtsschutzes zur Überprüfung der Angemessenheit des Angebots (vgl. BVerfGE 132, 99, 126 = NJW 2012, 3081, 3084 = NZG 2012, 826, 830 = AG 2012, 557, 561 = ZIP 2012, 1402, 1406 = DB 2012, 1618, 1621 = BB 2012, 2010, 2013 = JZ 2012, 1065, 1068).
Angesichts dessen waren die Anträge als unzulässig zurückzuweisen.
2. a. Die Entscheidung über die Gerichtskosten beruht auf § 15 Abs. 2 Satz 1 SpruchG. Da der Antrag auf Durchführung eines Spruchverfahrens gerichtet ist und sich das Gericht mit der Anwendbarkeit dieser Vorschriften eingehend auseinandergesetzt hat, ist es sachgerecht, wenn die Nebenentscheidungen ihre rechtliche Grundlage in dem Gesetz haben, über dessen Anwendbarkeit die rechtliche Auseinandersetzung geht (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 25.4.2005, Az. 3 W 255/04; OLG München, Beschluss vom 21.5.2008, Az. 31 Wx 62/07; LG München I Der Konzern 2007, 763, 765).
(1) Schuldner der Gerichtskosten ist nach dieser Vorschrift der Antragsgegner, wobei mit Blick auf die Frage, dass neben dem Großaktionär auch die Gesellschaft zum Kauf der Aktien verpflichtet sein, vorliegend die Antragsgegnerinnen Gesamtschuldnerinnen sind. Angesichts der Gleichstufigkeit der Verpflichtungen muss nämlich eine gesamtschuldnerische Haftung im Sinne der §§ 421 ff. BGB angenommen werden.
(2) Für eine Billigkeitsentscheidung nach § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG, wonach die Gerichtskosten ganz oder zum Teil den Antragsteller auferlegt werden können, wenn dies der Billigkeit entspricht, besteht kein Anlass. Dies ließe sich nur dann bejahen, wenn die Anträge offensichtlich unzulässig wären (vgl. Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 15 SpruchG, Rdn. 63 f.). Die Auferlegung von Gerichtskosten ist nur dann geboten, wenn ein Antrag schon die Mindestanforderungen des § 4 Abs. 2 SpruchG eindeutig verfehlt bzw. sich sonst die Unzulässigkeit dem Antragsteller bei gehöriger Erkundigung leicht erschließt. Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn die fehlende Statthaftigkeit auf einer sich im Laufe der Rechtshängigkeit des Verfahrens eingetretene Änderung der Rechtsprechung des BGH ergibt.
(3) Für eine Billigkeitsentscheidung bestehen aber auch hinsichtlich der Antragsteller zu 10) sowie zu 12) bis 16) keine Gründe, auch wenn die Antragsgegnerin die unzureichende Darlegung von Einwendungen gegen die Höhe der Kompensation vorgetragen hat. Insoweit kann nämlich nicht von einer Unzulässigkeit der Anträge ausgegangen werden.
(a) Diese Antragsteller haben innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation erhoben, weshalb die Voraussetzungen von § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Satz 1 SpruchG erfüllt sind. Aufgrund dieser Vorschrift sind konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit nach § 1 SpruchG oder gegebenenfalls gegen den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert in die Antragsbegründung aufzunehmen. Die Anforderungen an die Konkretisierungslast dürfen nicht überspannt werden.
(aa) Für die Konkretisierung der Mindestanforderungen ist zunächst auf die vom Gesetzgeber beabsichtigte Funktion der Vorschrift abzustellen, die Überprüfung der Angemessenheit der Kompensation und der hierfür maßgeblichen Unternehmensbewertung im Wesentlichen auf die von den einzelnen Antragstellern vorzubringenden Rügen zu beschränken (vgl. nur Büchel NZG 2003, 793, 795). Allerdings darf hierbei nicht vernachlässigt werden, dass der Gesetzgeber es bewusst unterlassen hat, das Spruchverfahren vollständig aus der amtswegigen Prüfung zu lösen und in das Verfahren der ZPO zu überführen (kritisch hierzu Puszkajler ZIP 2003, 518, 520). Durch die Begründungspflicht sollen bloße pauschale und schemenhafte Bewertungsrügen ausgeschlossen werden (vgl. Wasmann WM 2004, 819, 823; Lamb/Schluck-Amend DB 2003, 1259, 1262). Allerdings darf dies nicht zu überzogenen Anforderungen führen, da zugleich berücksichtigt werden muss, dass der Hauptaktionär bzw. die betroffene Gesellschaft im Unterschied zum einzelnen Aktionär über eine Vielzahl von Detailkenntnissen verfügt und die jeweiligen Unternehmens- und Prüfungsberichte erhebliche Unterschiede bezüglich ihrer Ausführlichkeit und Detailliertheit aufweisen können sowie teilweise ebenfalls recht allgemein gehaltene Ausführungen enthalten (vgl. Puszkajler ZIP 2003, 518, 520 f.; Bungert/Mennicke BB 2003, 2021, 2026; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 7. Aufl., Rdn. 7 f. zu § 4 SpruchG). Aus dem Gesetzeszweck sowie dem Erfordernis der Konkretheit der Einwendungen ist somit zu schließen, dass bloß pauschale Behauptungen oder formelhafte Wendungen ohne konkreten und nachvollziehbaren Bezug zu der zur gerichtlichen Überprüfung gestellten Kompensation und der ihr zu Grunde liegenden Unternehmensbewertung nicht als ausreichend angesehen werden können (vgl. BGH NZG 2012, 191, 194 = ZIP 2012, 266, 269 = WM 2012, 280, 283 = DB 2012, 281, 284; Hüffer, AktG, 10. Aufl., Anh. § 305 § 4 SpruchG Rdn. 8). Zu fordern ist, dass die vorgebrachten Einwendungen sich auf solche Umstände oder Bewertungsparameter beziehen, die für die Bestimmung der angemessenen Kompensation für die im Streit stehende Strukturmaßnahme rechtlich von Relevanz sein können (vgl. OLG Frankfurt NZG 2006, 674 f.;2007, 873 f.; LG München I Der Konzern 2010, 251, 252 f. = ZIP 2010, 1995, 1996; ZIP 2013, 1664, 1665; Beschluss vom 9.8.2013, Az. 5HK O 1275/12; Beschluss vom 28.3.2014, Az. 5 HK O 18925/08, S. 22 f.). Die Gegenansicht (vgl. KG NZG 2008, 469, 470 = AG 2008, 451 f.; AG 2012, 795, 796; Wittgens NZG 2007, 853, 855), wonach die Anforderungen an die Substantiiertheit einer Bewertungsrüge generell hoch seien, wird dem Wesen des Spruchverfahrens gerade auch mit Blick auf das Informationsgefälle zwischen dem von dem Squeeze out betroffenen Minderheitsaktionären und der Aktiengesellschaft bzw. deren Hauptaktionärin nicht gerecht.
(bb) Diesen Anforderungen werden die Antragsschriften aller Antragsteller und dabei namentlich der Antragsteller zu 10) sowie zu 12) bis 16), bei denen dies von den Antragsgegnerinnen in Frage gestellt wurde, gerecht. Es kann namentlich nicht verlangt werden, sie müssten darlegen, warum die angenommenen Bewertungsparameter willkürlich und folglich unvertretbar seien. Die genannten Antragsteller verwiesen in ihren Antragsschriften auf den Ansatz eines unzutreffenden Referenzzeitraums für die Ermittlung des durchschnittlichen Börsenkurses und rügten zudem den angesetzten Kapitalisierungszinssatz als zu hoch. Dabei führten sie insbesondere an, warum nach ihrer Einschätzung der Basiszinssatz angesichts der aktuellen Zinsentwicklung für sichere Anleihen zu hoch angesetzt sei. Ebenso machten sie geltend, die angesetzte Marktrisikoprämie beruhe auf nicht näher beschriebenen Kapitalmarktstudien; zudem sei das unternehmenseigenen Beta zu Unrecht nicht angesetzt worden. Von einem Antragsteller kann in einem Spruchverfahren nicht verlangt werden, er müsse bestimmte aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse als fehlerhaft darlegen. Eine lediglich pauschale Begründung kann jedenfalls bezüglich des Börsenkurses und des Kapitalisierungszinssatzes nicht angenommen werden. Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass der Ansatz des arithmetischen Mittels mit einem einjährigen Anlagehorizont in der Betriebswirtschaftslehre gerade nicht unumstritten ist.
Die gegenteilige Rechtsprechung des Kammergerichts überspannt diese die Anforderungen an die Antragsteller, nachdem vielfach auch in den – einander ähnlichen – Bewertungsgutachten die näheren Daten zur Ermittlung der Marktrisikoprämie nicht offen gelegt werden und zur Begründung häufig im Wesentlichen auf die Erkenntnisse des Fachausschusses Unternehmensbewertung (FAUB), wie sie im aktuellen IDW S 1 und anschließenden Verlautbarungen des IDW niedergelegt wurden, verwiesen wird. Dann aber von den Antragsteller fast schon wissenschaftlich fundierte Widerlegungen zu fordern, übersteigert die Anforderungen an eine zulässige Bewertungsrüge und wäre namentlich auch mit dem aus dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten und damit verfassungsrechtlich abgesicherten Justizgewährleistungsanspruch des Grundgesetzes nicht vereinbar. Es genügt, wenn einzelne Parameter mit einer nachvollziehbaren Begründung in Frage gestellt werden. Dies ist hier von allen Antragstellern zumindest in Bezug auf einen Bewertungsfehler in den jeweiligen Antragsschriften geschehen.
(4) Die Antragsteller haben ihre Antragberechtigung jedenfalls durch entsprechende Bankbescheinigungen nachgewiesen, soweit die Antragsgegnerin dies gerügt hat. Insoweit besteht kein Zweifel an der Aktionärseigenschaft im jeweils maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs der Anträge bei Gericht.
(5) Soweit die Antragstellerin zu 11) ihren Antrag durch Schriftsatz vom 27.5.2014 zurückgenommen hat, hat die Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegnerin zugesichert, keinen entsprechenden Kostenantrag gegen diese Antragsteller zu stellen. Daher war insoweit keine abweichende Entscheidung und Quotelung erforderlich gewesen.
d. Bezüglich der außergerichtlichen Kosten findet § 15 Abs. 4 SpruchG Anwendung. Auch wenn der Antrag als unstatthaft zurückgewiesen wurde, entspricht die Annahme der Erstattungspflicht der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die Antragsgegnerin der Billigkeit. Aufgrund der Rügen hatte die Kammer einen umfangreichen Beweisbeschluss erlassen, der bei Fortführung der Beweisaufnahme gegebenenfalls auch zu einer höheren Kompensation hätte führen können. Daher kann nicht davon ausgegangen werden, den Anträgen hätte von vornherein jegliche Grundlage gefehlt. Nur in einem solchen Fall kann die Kostentragungspflicht der Antragsteller hinsichtlich der eigenen außergerichtlichen Kosten in der ersten Instanz angenommen werden (vgl. LG München I, Beschluss vom 29.6.2012, Az. 5 HK O 6138/11; Beschluss vom 21.6.2013, Az. 5 HK O 19183/09; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 15 SpruchG, Rdn. 21). Für eine Auferlegung eines Teils der außergerichtlichen Kosten auf die Antragstellerin zu 11) besteht trotz der Antragsrücknahme – unabhängig von der Zusage der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerinnen, keinen Kostenantrag zu stellen – keine Rechtsgrundlage, weil § 15 Abs. 4 SpruchG eine abschließende Regelung enthält und dort eine Erstattungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners durch die Antragsteller nicht vorgesehen ist (so ausdrücklich BGH NZG 2012, 191, 193 f. = AG 2012, 173, 174 f. = ZIP 2012, 266, 268 f.= WM 2012, 280, 282 f. = DB 2012, 281, 282 f. = MDR 2012, 293 f.).
3. Die Entscheidung über den Geschäftswert hat ihre Grundlage in § 15 Abs. 1 Satz 2 2. Hs. SpruchG a.F., der aufgrund der Überleitungsvorschrift in § 136 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 1 GNotKG noch Anwendung findet, weil das Verfahren vor dem Inkrafttreten der Änderung von § 15 Abs. 1 SpruchG durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz) vom 29.7.2013, BGBl. I S. 2586 eingeleitet wurde.
4. Da die Anträge wegen fehlender Statthaftigkeit unzulässig sind, konnte über sie der Vorsitzende aufgrund von § 2 Abs. 3 Nr. 3 SpruchG a. F. alleine entscheiden.