Az.: 3/5 O 203/07
ISIN: DE000EH1ABB0 / WKN: EH1ABB
Hauptversammlung: 29.08.2007
Antragsgegnerin: Commerzbank Inlandsbanken Holding GmbH
In dem Spruchverfahren
betreffend die Angemessenheit der Abfindung und des Ausgleichs in dem von der
Antragsgegnerin mit der EU AG abgeschlossenen Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrages
an dem hier beteiligt sind:
1) …
-gemeinsamer Vertreter der aussenstehenden Aktionäre gegen
C Holding GmbH, vertr. durch die Geschäftsführer
hat die 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankfurt am Main
durch den Vorsitzenden Richter am Landgericht Dr. M. Müller
und die Handelsrichter Ludwig und Moericke
nach mündlicher Verhandlung vom 17.3.2009
am 14.9.2009 beschlossen:
Die Anträge, eine höhere Abfindung als EUR 24,32 festzusetzen, werden zurückgewiesen.
Der angemessene Ausgleich wird für das Geschäftsjahr 2007 auf netto EUR 1,51 und ab dem
Geschäftsjahr 2008 auf netto 1,65 je Stückaktie zzgl. Körperschaftsteuerbelastung und
Solidaritätszuschlag (insges. brutto EUR 1,85) festgesetzt
Die gerichtlichen Kosten des Verfahrens einschließlich der Vergütung des Vertreters der
aussenstehenden Aktionäre sowie ihre außergerichtlichen Kosten hat die Antragsgegnerin zu
tragen.
Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller findet nicht statt.
Der Geschäftswert für die Gerichtskosten und der Wert für die Vergütung des Vertreters der
aussenstehenden Aktionäre werden auf insgesamt EUR 7.500.000,–.festgesetzt.
I.
Die EU AG hatte im Jahre 2007 ein Grundkapital von EUR 913.688.919 und ist in 351.418.815
auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteilt. Unternehmensgegenstand war der Betrieb der
Geschäfte einer Pfandbriefbank nach den dafür geltenden Gesetzen sowie das Betreiben von
Bankgeschäften und das Erbringen von Finanzdienstleistungen.
Zwischen der CO AG und der Antragsgegnerin besteht ein Gewinnabführungsvertrag, der am
26. Mai 2004 im Handelsregister eingetragen wurde. Die CO AG ist nach § 302 AktG zur
Verlustübernahme verpflichtet.
Ursprünglich hatte die Antragsgegnerin an der durch Verschmelzung der Hypothekenbanken der
drei deutschen Großbanken im Jahr 2002 entstandenen EU AG ca. ein Drittel der Aktien der EU
AG gehalten. Nachdem die CO AG im Spätherbst 2005 erfahren hatte, dass die beiden anderen
Großbanken ihre Anteile an der EU AG verkaufen wollten und hierüber mit einem Interessenten
im Gespräch waren, wurde das das vereinbarte Vorkaufsrecht ausgeübt und in zwei Tranchen
(Erwerb von 60 Mio. Aktien im Dezember 2005 auf ca. 48,92 % und weiterer rund 172,6 Mio.
Aktien im März 2006) die Aktien der A-Gruppe und der D-Gruppe der EU AG erworben.
Am 21. März 2007 teilte die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin der EU AG förmlich ihr
Verlangen mit, die Hauptversammlung der EU AG möge die Übertragung der Aktien der
übrigen Aktionäre auf die Hauptaktionärin gegen Gewährung einer angemessenen Barabfindung
beschließen.
Ebenfalls am 21. März 2007 beschlossen die EU AG und die Antragsgegnerin den Abschluss
eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages mit der EU AG als beherrschter
Gesellschaft vorzubereiten. Dies wurde in einer Ad hoc-Mitteilung am selben Tag bekannt
gemacht.
Für die Ermittlung von Ausgleichszahlung und Abfindung beauftragte die Antragsgegnerin und
die EU AG gemeinsam die E AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft
eine gutachtliche Stellungnahme zum Unternehmenswert der EU AG zum Tag der geplanten
Hauptversammlung (29. August 2007) sowie zur Höhe des angemessenen Ausgleichs im Sinne
des § 304 AktG und der angemessenen Abfindung im Sinne des § 305 AktG zu erstatten. Durch
die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin wurde E zudem mit der Erstellung einer gutachtlichen
Stellungnahme zur Ermittlung der angemessenen Barabfindung gemäß § 327b AktG beauftragt.
Auf Antrag der Antragsgegnerin hat das Landgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom
27.3.2007 – 3-05 O 72/07 – die W GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Düsseldorf zur
sachverständigen Prüferin für die Angemessenheit der Barabfindung nach § 327b AktG sowie
auf gemeinsamen Antrag der Antragsgegnerin und der EU AG die gleiche Gesellschaft mit
Beschluss vom 28. März 2007, in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 16.4.2007 für
die Prüfung der Abfindung und des Ausgleichs des vorgesehenen Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrags bestellt. In ihren Prüfbericht vom 28.06.2007 wird die
Angemessenheit der Abfindung von EUR 24,32 und des Ausgleichs von netto EUR 1,01 (für
2007) und netto EUR 1,10 (ab dem Geschäftsjahr 2008) bestätigt. Wegen der weiteren
Einzelheiten wird auf den zu der Akte gereichte Prüfbericht (Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag vom 26. Juni 2007 nebst Patronatserklärung der CO AG,
Dokumentation zu TOP 10 der ordentlichen Hauptversammlung 29.8.2009, Anlage AG1)
verwiesen.
herrschende Gesellschaft mit Zustimmung beider Aufsichtsräte den Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag ab. Für die außenstehenden Aktionäre der EU AG wurde ein
Barabfindungsangebot gemäß § 305 in Höhe von EUR 24,32 und ein jährlicher Ausgleich gemäß
§ 304 in Höhe von brutto EUR 1,24 (netto nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses EUR 1,01 für das Geschäftsjahr 2007 und EUR 1,10 für das Geschäftsjahr
ab 2008, jeweils für ein volles Geschäftsjahr) je Stückaktie vereinbart. Für die
Zahlungsverpflichtungen der Antragsgegnerin gab die CO AG eine Patronatserklärung ab.
Der Abfindungsbetrag – ebenso der gleich hohe beim Ausschluss der Minderheitsaktionäre –
wurde aufgrund des gewichteten Durchschnittsbörsenkurses von 3 Monaten vor dem Zeitpunkt
der Bekanntgabe der Maßnahme am 21.3.2007 angesetzt.
Wegen der Einzelheiten dieses Vertrages wird auf die zu der Akte gereichte Kopie Bezug
genommen (Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 26. Juni 2007 nebst
Patronatserklärung, Dokumentation zu TOP 10 der ordentlichen Hauptversammlung 29.8.2009,
Anlage AG1).
Am l. August 2007 stimmte die Gesellschafterversammlung der Antragsgegnerin einstimmig
dem Abschluss des Unternehmensvertrags zu.
Am 20. Juli 2007 berief die EU AG mit Bekanntmachung im elektronischen Bundesanzeiger
eine ordentliche Hauptversammlung auf den 29. August 2007 ein.
In dieser Hauptversammlung wurden zu Top 9 mit den Stimmen der Antragsgegnerin als
Hauptaktionärin zu TOP 9 der Ausschluss der Minderheitsaktionäre und zu TOP 10 die
Zustimmung zum abgeschlossenen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
beschlossenen. Der gewichte Durchschnittsbörsenkurs von 3 Monaten vor diesem
Hauptversammlungstermin betrug gem. der Mitteilung der BaFin für die EU AG 27,82.
Am 4.9.2007 wurde der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der EU AG
und der Antragsgegnerin in das Handelsregister eingetragen.
Nach Angaben der Antragsgegnerin sind insgesamt 5.171.828 Aktien außenstehender Aktionäre
von dem Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag betroffen.
Nach Durchführung eines Freigabeverfahrens vor dem Landgericht Frankfurt am Main zum Az.
3-05 O 275/07 – in dem die Kammer mit Beschluss vom 29.1.2008 (ZIP 2008, 1183) die
Freigabe erklärt und das Oberlandesgericht Frankfurt am Main mit Beschluss vom 14.7.2008 23 W 14/08 – (AG 2008, 827 = ZIP 2008, 1968) die Beschwerden zurückgewiesen hatte, wurde
der Ausschluss der Minderheitsaktionäre gem. § 327a AktG am 25.7.2008 in das Handelsregister
eingetragen.
Im Verfahren 3-05 O 283/08 vor dem Landgericht Frankfurt am Main haben mehrere
ausgeschlossene Aktionäre beantragt eine höhere Abfindung als EUR 24,32 beim Ausschluss der
Minderheitsaktionäre festzusetzen. Eine Entscheidung in dem dortigen Verfahren ist noch nicht
ergangen.
Im vorliegenden Verfahren begehren die Antragsteller ebenfalls eine Erhöhung der Abfindung
von EUR 24,32 und des Ausgleichs. Sie halten die Festsetzung für unangemessen, weil der
durchschnittliche Börsenkurs im Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung und
ebenso ein zutreffend ermittelter Ertragwert darüber lägen und nicht wie im Vertragsbericht
angegeben mit EUR 23,53 darunter.
angesetzten Kapitalisierung sei der jetzige Wert nicht nachvollziehbar, der Rückgang des zu
kapitalisierenden Ergebnisses in der „ewigen Rente“ gegenüber dem letzten konkreten Planjahr
sei nicht sachgerecht, es sei nicht verständlich, dass in der Phase I die Risikovorsorge beständig
abnehme, während sie dann in der Phase der „ewigen Rente“ ansteige, ebenfalls sei nicht
nachvollziehbar, eine Diversifikation im Ausland geplant zu suchen, was zu einer nachhaltigen
Verringerung des Zinsüberschusses für die Gesamtbank führe; das nicht betriebsnotwenige
Vermögen sei zu knapp dargestellt und nicht nachvollziehbar, es sei unklar, ob die vorhandene
Liquidität vollständig als betriebsnotwendiges Vermögen zu berücksichtigen sei und warum
durch Rettungserwerbe erlangte Grundstücke nicht beim nicht betriebsnotwendigen Vermögen
berücksichtigt würden, zudem seien die Werte für Grundstücke aufgrund von alten Gutachten
nicht sachgerecht ermittelt, da hier die Wertaufholung auf dem Immobilienmarkt außen vor
bliebe; Ausgleichszahlungen für die Übertragung des Retailbanking auf die CO AG fehlten;
weiter sei nicht berücksichtigt, dass sich die sog. Subprimekrise günstig für die EU AG
auswirken werden, die geplante Eigenkapitalrendite sei zu niedrig.
Weiter wenden sich die Antragsteller gegen die verwendeten Parameter des
Kapitalisierungszinses. Der Basiszins mit 4,5 % und die Marktrisikoprämie mit 5,5 & seien zu
hoch, der Beta-Faktor von 0,9 sei – auch wegen Verwendung einer peer-group – nicht
sachgerecht und zu hoch. Der Wachstumsabschlag mit 1,3 % sei zu niedrig angesetzt worden.
Die Ausgleichszahlung sei schon deswegen falsch ermittelt, da auf den Ertragwerts und nicht auf
die Abfindungszahlung abgestellt werde. Jedenfalls sei der Verrentungszinssatz von 4,65 % beim
Ausgleich, d.h. nur einem Risikozuschlag von 0,15 % zum Basiszins zu niedrig.
Der Prüfer sei den Auflagen im Bestellungsbeschluss nicht nachgekommen.
Wegen der weiteren Einwendungen wird die jeweiligen Antragschriften und die ergänzenden
Schriftsätze der Antragsteller verwiesen.
Die Antragsgegnerin ist diesen Bewertungsrügen entgegen getreten. Es seien die
Ertragsprognosen ebenso wenig zu beanstanden wie die Ansätze zum Kapitalisierungszinssatz.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass im Hinblick auf die sich schon zum Bewertungszeitpunkt
angelegte spätere Finanzkrise, die Planung zu optimistisch gewesen sei.
Der Bericht des sachverständigen Prüfers sei nicht zu beanstanden,
Der lediglich zur Plausibilisierung ermittelte Liquidationswert liege ohnehin unter dem
Ertragswert, er sei außerdem deshalb nicht zu berücksichtigen, weil das Unternehmen der EU
AG weder dauerhaft ertraglos noch seine Liquidation beabsichtigt gewesen sei.
Die Abfindung sei entsprechend der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum
Börsenkurs erfolgt, da der ermittelte Ertragswert zum Stichtag darunter gelegen habe.
Es sei auch sachgerecht auf den gewichten durchschnittlichen Börsenkurs von 3 Monaten vor
Bekanntgabe der Maßnahme abzustellen.
Bei der Ausgleichszahlung sei zutreffend gem. § 304 AktG nicht auf den Abfindungsbetrag
sondern auf den Ertrag abgestellt worden. Der Verrentungszinssatz sei zutreffend bemessen. Im
Hinblick auf die gewählte Konstruktion, insbesondere durch die Patronatserklärung der CO AG,
entspreche das Risiko dem Risiko eines Inhabers einer Unternehmensanleihe der CO AG und sei
daher mit 0,15 % entsprechend dem Credit Default Swap der CO AG sachgerecht angesetzt
worden.
A.) sowie die ergänzenden Schriftsätze Bezug genommen.
Das Gericht hat eine ergänzende Stellungnahme des sachverständigen Prüfers gem. Beschluss
vom 6.8.2008 (Bl. 2236 ff d. A.) eingeholt. Diesen ergänzenden Bericht hat der sachverständige
Prüfer am 30.10.2008 erstattet (Bl. 2365 ff d. A.).
II.
Die Anträge sind nicht begründet, soweit sie eine Erhöhung der festgesetzten Barabfindung von
EUR 24,32 anstreben.
Ein Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag muss gem. § 305 Abs. 1 AktG die
Verpflichtung des anderen Vertragsteils enthalten, auf Verlangen eines außenstehenden
Aktionärs dessen Aktien gegen eine im Vertrag bestimmte angemessene Abfindung zu erwerben.
Die angemessene Barabfindung (§ 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG) muss die Verhältnisse der
Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung über den Vertrag
berücksichtigen (§ 305 Abs. 3 AktG).
Angemessen ist eine Abfindung, die dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung
dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also dem
vollen Wert seiner Beteiligung entspricht (BVerfGE 14, 263 [284] = NJW 1962, 1667; BVerfGE
100, 289 [304] = NJW 1999, 3769; BGH, NJW 2003, 3272 = NZG 2003, 1017 = AG 2003, 627
[628]; BayObLG, NJW-RR 1996, 1125 [1126]). Zu ermitteln ist der Grenzpreis, zu dem der
außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (BGHZ 138, 136
[140] = NJW 1998, 1866).
Eine rechtlich vorgeschriebene Methode für die Bewertung von Unternehmen gibt es nicht. Der
Wert eines Unternehmens lässt sich aus dem Nutzen ableiten, den das Unternehmen
insbesondere aufgrund seiner zum Bewertungsstichtag vorhandenen materiellen Substanz, seiner
Innovationskraft, seiner Produkte und Stellung am Markt, seiner inneren Organisation sowie
seines Managements zukünftig unter Aufrechterhaltung der Unternehmenssubstanz erbringen
kann.
Das von den Vertragsparteien beauftragte Wirtschaftsprüfungsunternehmen und der gerichtlich
bestellte Vertragsprüfer haben sich bei der Ermittlung des Unternehmenswerts in nicht zu
beanstandender Weise die in Literatur und Rechtsprechung überwiegend gebilligte
Ertragswertmethode angewendet. Dies entspricht der nahezu durchgängigen Praxis der Gerichte
im Spruchverfahren. Eine bestimmte Bewertungsmethode zur Ermittlung der angemessenen
Abfindung ist allerdings rechtlich nicht vorgeschrieben (vgl. OLG München AG 2007, 411;
Kammerbeschluss vom 13.3.2009 – 3-05 O 57/06 – NZG 2009, 553 = WM 2009, 1607; Riegger
in KölnKomm SpruchG Anhang zu § 11 Rn. 4) wobei der so ermittelte Anteilswert
gegebenenfalls einer Korrektur anhand des Börsenkurses bedarf (vgl. BVerfGE 100, 289 [307] =
NJW 1999, 3769). Nach dieser Methode bestimmt sich der Unternehmenswert primär nach dem
Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens; er wird ergänzt durch eine gesonderte
Bewertung des nicht betriebsnotwendigen (neutralen) Vermögens, das regelmäßig mit dem
Liquidationswert angesetzt wird (BayObLGZ 1998, 231 [235]). Der Ertragswert berechnet sich
danach als der mit dem Kapitalisierungszinssatz abgezinste Barwert der den
Unternehmenseignern künftig zufließenden finanziellen Überschüsse, die aus den künftigen
Ertragsüberschüssen des betriebsnotwendigen Vermögens abgeleitet werden. Die zu
kapitalisierenden Nettozuflüsse sind bei gesellschaftsrechtlichen und vertraglichen
Bewertungsanlässen (nach den Empfehlungen des IDW) unter Berücksichtigung der
Ertragsteuern des Unternehmens und der aufgrund des Eigentums am Unternehmen entstehenden
Überschüsse an die Aktionäre ist sowohl die Finanzierung der Ausschüttungen als auch die
Erhaltung der Ertrag bringenden Substanz zu beachten.
Unternehmenswerte sind zeitpunktbezogen. Gemäß § 305 Abs. 3 Satz 2 AktG muss eine
angemessene Abfindung die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung
der Hauptversammlung über den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag
berücksichtigen. Dementsprechend ist der Tag der Hauptversammlung der gesetzlich bestimmte
Bewertungsstichtag. Im Fall der EU AG ist dies der 29.8.2007.
Mit dem Bewertungsstichtag wird zum einen festgelegt, ab welchem Zeitpunkt finanzielle
Überschüsse den künftigen Eigentümern zuzurechnen sind. Die erwarteten Auswirkungen von
Investitionen und Desinvestitionen sind dabei insoweit zu berücksichtigen, als hierfür am
Bewertungsstichtag konkrete Schritte eingeleitet, bzw. sichere Anhaltspunkte hätten erkennbar
sein können („Wurzeltheorie“, BGH, 17.1.1973, DB 1973, S. 563 ff.). Spätere Entwicklungen
sind daher nur zu berücksichtigen, soweit sie zum Stichtag im Kern bereits angelegt waren (OLG
Stuttgart NZG 2007, 112; BayObLG NZG 2001, 1137, 1138, je m. w. Nachw.).
Damit hängen die Erwartungen über die künftigen finanziellen Überschüsse sowohl des
Bewertungsobjekts als auch der Alternativinvestition vom Umfang der im Zeitablauf
zufließenden Informationen ab. Bei Auseinanderfallen von Bewertungsstichtag und Zeitpunkt
der Durchführung der Bewertung ist daher nur der Informationsstand zu berücksichtigen, der bei
angemessener Sorgfalt zum Bewertungsstichtag hätte erlangt werden können.
Technisch werden Unternehmenswerte i. d. R. – und von der Rechtsprechung auch
unbeanstandet – zunächst auf den Bilanzstichtag des Vorjahres ermittelt, da die der
Unternehmensbewertung zugrunde liegenden Planergebnisse normalerweise auf Geschäftsjahre
bezogen werden. Bei mit dem Kalenderjahr übereinstimmendem Geschäftsjahr ist technischer
Bewertungsstichtag somit der 31. Dezember des Vorjahres. Der so ermittelte Wert wird
anschließend mit dem Kapitalisierungszinssatz auf den eigentlichen Stichtag der Bewertung
aufgezinst.
Nicht betriebsnotwendiges Vermögen ist im Rahmen der Unternehmensbewertung grundsätzlich
gesondert zu bewerten und dem Ertragswert hinzuzufügen. Es umfasst solche
Vermögensgegenstände, die frei veräußert werden können, ohne dass davon der eigentliche
Unternehmenszweck berührt wird.
Im Rahmen der Tatsachenfeststellung zur Unternehmensbewertung im Spruchverfahren sind die
in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen
ihrer Erträge nur eingeschränkt überprüfbar. Sie sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen
unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese
Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen
Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die
Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei
realistisch, darf diese Planung nicht durch andere – letztlich ebenfalls nur vertretbare Annahmen des Gerichts ersetzt werden (OLG Stuttgart AG 2007, 596, 597 f; AG 2007, 705,
706; NZG 2007, 112, 114; AG 2006, 420, 425).
Zu berücksichtigen ist weiter bei der Bewertung zudem, dass sie nach ihren zu Grunde liegenden
Erkenntnismöglichkeiten nicht in der Lage sein kann, mathematisch einen exakten oder
„wahren“ Unternehmenswert am Stichtag festzustellen.
Einschätzungen der Bewerter (vgl. hierzu im Einzelnen Kammerbeschluss v. 13.3.2009 – 3-05 O
57/06 – a.a.O.) letztlich nur eine Schätzung des Unternehmenswerts darstellt, müssen es die
Verfahrensbeteiligten hinnehmen, dass eine Bandbreite von unterschiedlichen Werten als
angemessene Abfindung existiert (vgl. OLG Stuttgart ZIP 2004, 712/714; BayObLG AG 2006,
41/43) und das erkennende Gericht unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände (vgl.
BGH NJW-RR 2002, 166/167) hieraus einen Wert festsetzt.
Bei der Feststellung und Bewertung der erforderlichen Tatsachen, aus denen sich die
Angemessenheit der Abfindung ergibt, hat sich das Gericht der ihm nach der Verfahrensordnung
zur Verfügung stehenden Erkenntnismöglichkeiten zu bedienen, soweit das nach den Umständen
des zu entscheidenden Falles geboten ist. Soweit zu umstrittenen Bewertungsfaktoren
Tatsachenfeststellungen erforderlich sind, entscheidet das Gericht über Notwendigkeit, Art und
Umfang einer Beweisaufnahme nach pflichtgemäßem Ermessen; hier ist außerdem § 287 Abs. 2
ZPO auch im Hinblick darauf anwendbar, dass jede Bewertung naturgemäß eine mit
Unsicherheiten behaftete Schätzung – wobei zudem § 738 BGB als Grundnorm der
Unternehmensbewertung selbst von Schätzung spricht – und keine punktgenaue Messung sein
kann und dass deshalb Aufwand, Kosten und Dauer des Verfahrens in einem angemessenen
Verhältnis zum Erkenntnisgewinn liegen müssen (OLG Stuttgart AG 2006, 423 m. w. Nachw.).
Das Gericht kann im Spruchverfahren nach pflichtgemäßem Ermessen und insb. nach Maßgabe
des § 287 Abs. 2 ZPO auch auf sonstige Erkenntnismöglichkeiten zurückgreifen.
Der Prüfungsbericht des gerichtlich bestellten Vertragsprüfers und die vorliegend von der
Kammer von ihm eingeholte zusätzliche schriftlichen Stellungnahme sind geeignet und
ausreichend, über die entscheidungserheblichen Bewertungsfragen zu befinden und den
Unternehmenswert zu schätzen (§ 287 Abs. 2 ZPO). Insbesondere ist die Einholung eines
weiteren Gutachtens eines anderen Sachverständigen zum Unternehmenswert nicht erforderlich.
Der Schutz der Minderheitsaktionäre erfordert es nicht, im Spruchverfahren grundsätzlich neben
dem gerichtlich bestellten Vertragsprüfer einen weiteren Sachverständigen heranzuziehen. Die
Einschaltung eines vom Gericht bestellten Vertragsprüfers soll dem präventiven Schutz der
Anteilseigner dienen, indem der Vertragsbericht einer sachkundigen Plausibilitätskontrolle
unterworfen wird. Gerade die Angemessenheit der Abfindung und des Ausgleichs sind
Gegenstand dieses präventiven Aktionärsschutzes. Das Gutachten des Vertragsprüfers kann
deshalb im gerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden (OLG Düsseldorf, NZG 2000, 1079 =
BB 2000, 1108). Im Übrigen haftet der Vertragsprüfer nach § 293d Abs. 2 AktG auch gegenüber
den Anteilsinhabern. Dass seine Prüfung regelmäßig gleichzeitig mit dem Erstellen des
Vertragsberichts erfolgt, ändert nichts daran, dass es sich um eine unabhängige Prüfung handelt,
und begründet für sich genommen auch keine Zweifel an der Unparteilichkeit und
Unvoreingenommenheit des vom Gericht bestellten Prüfers (vgl. OLG München, Beschluss vom
19. 10. 2006 – 31 Wx 92/05 – NJOZ 2007, 340; OLG Stuttgart, NZG 2004, 146 = ZIP 2003,
2363; OLG Hamburg, ZIP 2004, 2288).
Der Vorwurf der Antragsteller der Prüfungsbericht weise erhebliche fachliche Mängel auf, greift
nicht durch. Die Einwände gegen einzelne Ansätze wurden im Rahmen der ergänzenden
Stellungnahme nachvollziehbar erläutert. Die Kammer sieht keine konkreten Anhaltspunkte
dafür, dass die sachverständige Einschätzung hier, jedenfalls nicht zu Lasten der
Minderheitsaktionäre, nicht zutreffend sein soll.
Es kann auch hier nicht als durchgreifender Mangel des Prüfungsberichts angesehen werden,
dass dieser nicht vollständig wortgenau auf alle im Bestellungsbeschluss angesprochenen Fragen
eingeht und daher zwingend zu einer gerichtlichen Neubegutachtung führen müsste.
Sachverständigengutachten erstellen zu lassen. Bei der pflichtgemäßen Ermessensausübung ist
auch der Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit zu berücksichtigen; im vorliegenden Fall ist nicht
ersichtlich, dass der damit verbundene Aufwand ein entsprechendes Mehr an Zuverlässigkeit der
Aussage des Sachverständigen geschaffen hätte.
Das Gericht sieht keinen weiteren Erkenntnisgewinn darin, wenn die von den Antragstellern und
vom Vertreter der aussenstehenden Aktionäre gewünschte Neubegutachtung der EU AG
durchgeführt würde. Der Sachverständige müsste selbst die Planung bewerten und ein Ergebnis
herleiten. Ob diese Planung aus der Sicht des Jahres 2007 heraus letztlich zwingend anders
ausfallen müsste erscheint fraglich, insbesondere ob sich diese Planung insbesondere dann auch
zu Gunsten der Aktionäre der EU AG auswirken würde.
Hier ist bedeutsam, dass bei der Planung und die darauf beruhende Unternehmensbewertung im
Vertragsbericht und durch den sachverständigen Prüfer, die zwischenzeitlich eingetretene
Finanzkrise, die insbesondere allgemeinkundig bei Hypothekenbanken und auch bei der
Eurohypo zu erheblichen Verlusten und Berichtigung der Werte geführt hat, nicht berücksichtigt
wurde, obwohl im August 2007 die Grundlagen für diese Entwicklung – auch bei der Eurohypo
– angelegt waren und bei der gebotenen sachgerechten Beurteilung der Risiken insbesondere von
subprime-Papieren die künftige Ertragsplanung hätte erheblich schlechter und weniger stark
wachstumsorientiert hätte ausfallen müssen.
Das die spätere sog. Finanzkrise schon angelegt war – und damit zu berücksichtigen wäre -,
ergibt sich daraus, dass einkommensschwache Schuldner in den Vereinigten Staaten die
gestiegenen Raten für ihre variabel verzinslichen Kredite nicht mehr bezahlen konnten und ihr
Haus verkaufen mussten. Wegen der zunehmenden Immobilienverkäufe brachen die
Häuserpreise ein. Durch den fallenden Wert der Immobilien hatten die Banken und Investoren
zunehmend ungesicherte Kreditforderungen. Schon im Frühjahr 2007 erreichten in den
Vereinigten Staaten die Zahlungsausfälle auf Subprime-Kredite den höchsten Stand der letzten
Jahre. Einige Immobilienfonds, die in strukturierte Finanzprodukte investiert hatten, setzten die
Annahme von Fondsanteilen aus, weil sie sonst in finanzielle Schwierigkeiten geraten wären. Im
Juni 2007 teilte Bear Stearns den Kunden zweier seiner Hedgefonds mit, dass die Einlagen, die
Ende 2006 noch mit 1,5 Mrd. US-Dollar bewertet worden waren, jetzt fast nichts mehr wert
seien. Dutzende Baufinanzierer, die sich gerade auf diese Kredite spezialisiert hatten, mussten
Gläubigerschutz beantragen. Die Schließung von Hedgefonds und die Verluste bei den
Investmentbanken führten zu einer Abnahme der Risikobereitschaft der Anleger. Diese zogen
daraufhin in kurzer Zeit erhebliche Beträge aus dem Kapitalmarkt ab oder hielten sich mit neuen
Investitionen in risikoreiche Anlagen zurück. Die abnehmende Risikobereitschaft der Investoren
brachte die Refinanzierung der von Banken gegründeten Zweckgesellschaften zum Stillstand. Im
Juli und August 2007 waren die Inhaber der Commercial Papers nicht mehr bereit waren, diese
nach Fälligkeit erneut zu erwerben. Die kurzfristigen Kredite wurden nicht weiter verlängert.
Dadurch gerieten die Zweckgesellschaften unter Druck. Sie konnten aber auch die strukturierten
Wertpapiere nicht mehr verkaufen, da sich dafür auch keine Käufer mehr fanden. Deshalb
mussten die Zweckgesellschaften jetzt auf die Kreditzusagen der Banken zurückgreifen. Dies
trug zur Vertrauenskrise zwischen den Banken bei, die sich am Geldmarkt durch einen Anstieg
der Geldmarktzinsen widerspiegelte. Am 9. August 2007 – dieser Tag gilt inzwischen als der
Beginn der eigentlichen Finanzkrise (vgl. zu vorstehendem z. B: : Zeise, Ende der Party – Die
Explosion im Finanzsektor und die Krise der Weltwirtschaft, S. 22; Schweizerische
Nationalbank: Bericht zur Finanzstabilität, Juni 2008, Deutsche Bundesbank: Ergebnisse der
gesamtwirtschaftlichen Finanzierungsrechnung für Deutschland 1991 bis 2007,
Sonderveröffentlichung, 4. Juni 2008) – stiegen die Aufschläge für Interbankkredite im
Vergleich zum Zentralbankleitzins weltweit, vor allem in den USA, sprunghaft an. In
wonach die Bank als Folge der Krise am US-amerikanischen Subprime-Markt in eine
existenzbedrohende Schieflage geraten sei.
Angesichts dieser allgemeinkundigen Umstände, die bei einer Bewertung der Eurohypo zum
Stichtag 29.8.2007 bereits bekannt und damit in der Wurzel angelegt und damit bei der
Bewertung der Planung zu berücksichtigen wären, erscheint es der Kammer ausgeschlossen, dass
eine Neubewertung durch ein gerichtlichen Sachverständigen zu einem höheren Ertragswert pro
Anteil als EUR 23,54 zum Stichtag 29.8.2007 kommen würde, zumal die Kammer die im
Übertragungsbericht und vom sachverständigen Prüfer verwendeten Zinssätze des
Kapitalisierungszinssatzes im Ergebnis zu Lasten der Minderheitsaktionäre für nicht zu
beanstanden hält.
Die Kammer hält die Festlegung des Basiszinses, die entsprechend der Empfehlung des
Arbeitskreises Unternehmensbewertung des Instituts der Wirtschaftsprüfer – AKU –( IDWFachnachrichten 2005, 555, s. a. IDW Fachnachrichten 11/2008; Kniest, Bewertungspraktiker
Beilage Finanzbetrieb Oktober-Dezember 2005 S. 9 ff) anhand der Zinsstrukturkurve der
Deutschen Bundesbank zum Stichtag 28.4.2008 vorzunehmen ist, für sach- und
interessengerecht (seit Kammerbeschluss vom 2.5.2006 – 3-05 O 153/04 -, AG 2007, 42 und
seitdem in ständiger Rechtsprechung). Durch das Abstellen auf die (kostenfreien und für
jedermann zugänglichen) hypothetischen Zerobond-Zinssätze der Deutschen Bundesbank wird
einer notwendigen Objektivierung Rechnung getragen (vgl. auch OLG München ZIP 2006,
1722, 1725; AG 2007,411, 412; Jonas/Wieland-Blöse/Schiffarth Basiszinssatz in der
Unternehmensbewertung, Finanzbetrieb 2005, 647 m. w. Nachw.; s. a. Kammerbeschluss vom
13.11.2007 – 3-05 O 174/04 -, BeckRS 2008, 19899).
Unter Berücksichtigung dieser Methode ergibt sich jedenfalls kein niedrigerer Basiszins für den
Stichtag 29.8.2007 als der angesetzte Wert von 4,5 % (nach eigner Berechnung der Kammer 4,6,
was aber auch auf Rundungsvorgänge im Rahmen der Berechnung beruhen kann).
Den im Vertragsbericht und vom sachverständigen Prüfer nicht beanstanden Risikozuschlag
nach Steuern von insgesamt 4,95 % sieht die Kammer im Ergebnis als geeignet an, um hier zu
einer angemessenen Abfindung zu gelangen.
Es kann hier dahingestellt bleiben, ob das CAPM (bzw. TAX-CAPM) Modell (zur Kritik
vgl.BayObLG NZG 2006, 156, 157; Erdmann in Bewertungspraktiker 2/2006 S. 8; Gleißner in
Newsletter 1/06 Private Equity S. 4 zur 6. Handelsblatt Jahrestagung 2006; Großfeld DB 2004,
2799, 2809 m. w. Nachw.; Böcking/Nowack DB 1998, 685) überhaupt grundsätzlich zu
objektivierten Zuschlägen führen kann, oder ob es nicht sachgerechter wäre, das Risiko allein im
Nenner der Bewertungsformel (d.h. bei der Planung) zu berücksichtigen.
Bei der Feststellung der Marktrisikoprämie hängt das Ergebnis immer vom subjektiv gewählten
Marktindex und vom Beobachtungszeitraum ab (vgl. hierzu OLG München Beck RS 2009,
21658; Kammerbschluss vom 13.3.2009 – 3-05 O 57/06 – a.a.O.),
Gegen die Verwendung der CAPM-Modelle spricht vorliegend zunächst neben den
grundsätzlichen Bedenken der Anwendung dieses Modells bei der Unternehmensbewertung (vgl.
BayObLG NZG 2006, 156, 157; OLG München ZIP 2007, 375; OLG München Beck RS 2009,
21658; LG Dortmund ZIP 2007, 2027; Kammerbeschluss v. 13.3.2009 – 3-05 O 57/06 a. a. O.;
Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5.Aufl., Rz. 780 ff; Ballwieser,
Unternehmensbewertung, 2. Aufl., S. 93 ff; Erdmann in Bewertungspraktiker 2/2006 S. 8;
Gleißner in Newsletter 1/06 Private Equity S. 4 zur 6. Handelsblatt Jahrestagung 2006; Großfeld
DB 2004, 2799, 2809 m. w. Nachw.; Böcking/Nowack DB 1998, 68; Fama, E.; French, K.
Fama, E., French, K., (1993): Common risk factors in the returns on stocks and bonds. Journal of
Financial Economics, 33, 3–56; Fama, E.F.; French, K.R. (2002): The Equity Premium, in: The
Journal of Finance, Vol. 57, S. 637-659; a. A. OLG Celle ZIP 2007, 2025; OLG Stuttgart 2007,
530) das vorliegend die Ermittlung des eigenen Betafaktors der nicht möglich sein soll. Es
kommt aber auf die Verhältnisse der Gesellschaft zum Zeitpunkt der Beschlussfassung an.
Besonders problematisch ist -und wird nie näher problematisiert wie auch vorliegend – die
Verwendung ausländischer Gesellschaften in der sog. peer-group.
Die Vergleichbarkeit ausländischer Betafaktoren, insbesondere durch ein anderes Bilanzrecht,
andere Zeitmuster bei den Abschlüssen (vgl. Luttermann RIW 2009, 1) andere Marktverhältnisse
und andere kulturelle Sichten über fair value fließen bei der Betrachtung regelmäßig nicht ein.
Auf Betas anderer Gesellschaften kann es daher hier nicht entscheidend ankommen. Ein eigenes
Beta der Gesellschaft lässt sich aber in Bezug zum gesetzlich vorgegebenen Stichtag (durch
einen bestimmten Zeitraum bis zum Hauptversammlungstermin) nicht mit der durch das CAPMModell vorgegebenen Prämissen ermitteln, wenn – wie vorliegend der Börsenkurs aufgrund des
Handelsvolumens der Aktie oder anderer Umstände keine Aussagekraft zum Wert des
Unternehmens haben soll.
Tatsächlich ist dieses Verfahren – welches grundsätzlich zur Bewertung einer Aktienanlage
entwickelt wurde und nicht zur Bewertung eines Unternehmens – jedoch nur unter der Annahme
,,vollkommener Kapitalmärkte“ sinnvoll, wenn sich alle Informationen korrekt in den Kursen
widerspiegeln und unternehmensspezifische Risiken durch Diversifikation keine Relevanz für
den Unternehmenswert haben. Die Realität spricht jedoch gegen vollkommene Kapitalmärkte.
Gründe für diese Unvollkommenheiten sind durch Transaktionskosten, Konkurskosten,
Informationsdefizite der Aktionäre, schlecht diversifizierte Portfolios sowie
Verfahren zur Bewertung der unsicheren Zahlungen psychologisch bedingte Bewertungsfehler
der Investoren am Aktienmarkt. So führt ein hoher Vermögensanteil in einem einzelnen
Unternehmen, zu einer Bedeutung unternehmensspezifischer Risiken, die im Betafaktor des
CAPM nicht erfasst werden wohl aber im Rating.
Das CAPM im Rahmen der Unternehmensbewertung wird aber schon seit langem, selbst von
den Vertretern der Theorie effizienter Märkte als unbrauchbar eingeschätzt, was z.B. die
empirischen Veröffentlichungen der Professoren Fama und French (z.B. Fama, E.; French, K.
(1992): The Cross-Section of Expected Stock Returns, in: Journal of Finance, 47, S. 427–465.;
Fama, E., French, K., (1993): Common risk factors in the returns on stocks and bonds. Journal of
Financial Economics, 33, 3–56; Fama, E.F.; French, K.R. (2002): The Equity Premium, in: The
Journal of Finance, Vol. 57, S. 637-659; vgl. hierzu auch Wiese Finanzbetrieb 2006, 242) zeigen
(vgl. auch OLG München BeckRS 2009, 21658).
Der Kapitalmarkt bietet aufgrund solcher Unvollkommenheit keine zuverlässigen Informationen
über den zukünftigen Risikoumfang eines Unternehmens und damit den Kapitalkostensatz
(Diskontierungszins).
Allerdings ist die Kammer nicht der Ansicht, dass hier überhaupt kein Risikoschlag anzusetzen
ist, da ansonsten nicht dem Umstand Rechnung getragen wäre, dass eine Kapitalanlage in einem
Unternehmen regelmäßig mit höheren Risiken verbunden ist als bei einer Anlage in öffentlichen
Anleihen (vgl. OLG München Beck RS 2009, 21658; OLG Stuttgart OLG Düsseldorf AG 2004,
324, 329 m. w. Nachw.). Zudem gebietet dies das Äquivalenzprinzip des Zwecks der Abfindung.
Der Ausscheidende soll hierdurch auch die Chance erhalten eine andere gleichwertige Anlage
Risiko zu einer vergleichsweise sicheren festverzinslichen Anlage einfließen.
Der Kammer ist bewusst, dass eine Festlegung hier daher in gewisser Weise pauschal erfolgen
muss (vgl. BayObLG NZG 2006, 156; OLG München a.a.O.; LG Dortmund a.a.O.;
Kammerbeschlüsse vom 2.5.2006 – 3-05 O 153/04 – AG 2007, 42; v. 13.6.2006 – 3-05 O 110/04
– v. 4.7.2007 – 3-05 O 52/05 – und vom 13.11.2007 – 3-05 O 174/04 – a.a.O.).
Bei dieser Festlegung ist nach Ansicht der Kammer eine entsprechende Renditeerwartung nach
der eigenen Planungsrechung der Gesellschaft zu berücksichtigen. Hierbei wird aufgrund der
Renditeplanung das der konkreten Anlage zugemessene spezifische Risiko besser abgebildet. Da
die Unternehmensbewertung in die Zukunft gerichtet ist und man sich mit künftigem Cash-flow,
Gewinnen oder Ausschüttungen beschäftigt, sollte auch der Risikozuschlag im
Kalkulationszinsfuss die erwartete Zukunft des konkreten Unternehmens widerspiegeln.
Dabei setzt die Kammer als Bezugswert den gewichteten Börsenkurs zum Zeitpunkt der
Bekanntgabe der Maßnahme von EUR 24,32 an.
Eine entsprechende Überlegung anhand eines (modifizierten) dividend discount models (vgl. z.
b. Kammerbeschluss vom 13.11.2007 – 3-05 O 174/04 – a.a.O. m.w.Nachw.) unter
Berücksichtung des für vertretbar gehaltenen Wachstumsabschlags von 1,3 % – hierzu unten führt dann zu einem Risikozuschlag von 5 %, mithin über dem verwendeten Risikozuschlag vom
4,95 %. Im Hinblick darauf kann auch dahingestellt bleiben, ob sich der Risikozuschlag nach
Steuern nicht noch erhöhen müsste (vgl. Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl.,
Rz. 632; Kruschwitz/Löffler/Essler, a.a.O. S. 157 ff, Munkert, Der Kapitalisierungszins in der
Unternehmensbewertung S. 330; Lippmann, Betriebswirtschaftliche Gutachten, S. 29; Nicklas,
Vergleich nationaler und internationaler Standards der Unternehmensbewertung, S. 102; WPHandbuch 2008 Bd. II. S. 112 ff m.w.Nachw.).
Entgegen der an dieser Methodik der Kammer geäußerten Kritik (vgl. z. B. Kuhner WPg 2007,
825, 832 f) liegt hierin auch nicht eine Verletzung des Grundsatzes, dass es bei der
Wertermittlung bei dem Bewertungsanlass des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre um die
Findung des sog. objektiven Wertes geht. Abgesehen davon, dass dieser sog. objektive Wert
ohnehin auf subjektiven Prämissen aufbaut, wie Schätzung künftiger Erträge und auch die Frage
inwieweit ein zukünftiges Wachstum möglich ist (vgl. Jonas WPg 2007, 835, 840), bzw. bei
Anwendung des CAPM, welche Unternehmen der „peer-group“ aufgenommen werden sollen
(vgl. Hüttemann WPg 2007, 812, 820) erscheint es jedenfalls zur Festlegung des für das
konkreten Unternehmens anzusetzenden Risikozuschlags angebracht, auf die (nur) der
Gesellschaft bekannten Informationen und ihren hieraus sich ergebenden Renditevorstellungen
abzustellen. Ihr ist es möglich, durch die hierdurch erlangen (objektiven) Insiderinformationen
die Eigenschaften des Bewertungsobjekts mit den Eigenschaften eines Vergleichsobjekts (d.h.
mit der Rendite der Alternativanlage = dem Kapitalisierungszinssatz) zu vergleichen. Verzichtet
man auf Verwertung dieser Insiderinformation wird wirklichkeitsfremd auf Kapitalmarktdaten
eines vollkommenen Kapitalmarktes zurückgegriffen, wobei modelllogisch auf Kapitalkosten
anderer Unternehmen, die vergleichbar sein sollen – was aber letztlich aus den oben
dargestellten Gründen regelmäßig nicht gegeben ist – , zurückgegriffen wird.
Mit der Berücksichtigung der von der Gesellschaft erlangten Kenntnisse lässt sich jedoch die an
sich gebotene Simulation der Verhandlung bei gleichen Erkenntnissen auf beiden Seiten bei
einem freiwilligen Verkauf der Aktie, bei dem der Minderheitsaktionär wie dargelegt den vollen
Wert seines Anteils erhalten soll entsprechend realisieren. Das Risiko und damit die
Kapitalkosten des konkreten Unernehmens werden somit marktbezogen ermittelt und damit dem
geforderten objektiven Realitätsbezug entsprochen.
Im vorliegenden Fall ist den nachvollziehbaren Erwägungen der sachverständigen Prüfers, denen
sich die Kammer nach Überprüfung anschließt, der Wachstumsabschlag in dieser Höhe bei der
Phase 2 (nachhaltige Planung – ewige Rente) vorzunehmen. Die Höhe des Abschlags vom
Kapitalisierungszins hängt davon ab, in weichem Umfang erwartet werden kann, dass das
Unternehmen die Fähigkeit besitzt, die laufende Geldentwertung aufzufangen.
Der sachverständige Prüfer hat hierzu in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 30.10.2008
ausgeführt:
„Erster Anhaltspunkt für die Höhe des Wachstumsabschlags sind in der Vergangenheit
beobachtbare oder für die Zukunft erwartete Inflationsraten. Aus methodischen Überlegungen
sollte im Rahmen der Unternehmensbewertung zukunftsbasierten Daten gegenüber
vergangenheitsorientierten Daten der Vorzug gegeben werden, sofern sie verfügbar und von
hinreichender Verlässlichkeit sind. Die erwartete Teuerungsrate kann etwa aus
Finanzmarktdaten abgeleitet werden. Beispielsweise können Renditedifferenzen zwischen
klassischen nominalen Anleihen und inflationsindexierten Anleihen mit gleicher Restlaufzeit
(sog. Break-even-Inflationsraten) herangezogen werden, um Informationen über
Inflationserwartungen der Marktteilnehmer zu gewinnen. In den so gewonnenen
finanzmarktbasierten Indikatoren ist jedoch nicht nur die erwartete Teuerungsrate enthalten,
sondern auch zeitvariable Inflationsrisiko- und Liquiditätsprämien.
Auf der Basis eines Renditevergleichs inflationsgeschützter Bundesanleihen mit gleich lang
laufenden nominalen Bundesanleihen ergab sich zum Bewertungszeitpunkt eine Renditedifferenz
(inkl. einer zeitvariablen Inflationsrisikoprämie) in Höhe von ca. 2,1 %. Unter Berücksichtigung
dieser Prämie ist davon auszugehen, dass die erwartete Inflationsrate unter 2 % beträgt, konkret
sind wir von 1,8 % ausgegangen.
Die in der Vergangenheit über den Zeitraum von 1997 bis 2006 beobachtbaren Inflationsraten
liegen für den Euroraum in einer Bandbreite von 1,1 % bis 2,3 %.
Inflationsraten können immer nur einen ersten Anhaltspunkt für die Ableitung der
Wachstumsrate sein, da sich nicht nur Preissteigerungen, sondern auch Mengen- und
Strukturveränderungen in den nominalen Überschüssen niederschlagen. Dabei war zu
berücksichtigen, dass für die Bereiche CBG und Retail Banking kein nennenswertes Wachstum
zu erwarten ist. Während dies für den Bereich CBG aus verhaltenen Markterwartungen
resultiert, ergibt sich dies im Bereich Retail Banking daraus, dass die EU AG hier kein
Neugeschäft tätigt und nur noch ein über die Jahre abschmelzendes Altgeschäft im Portfolio
verbleibt. Selbst wenn für alle übrigen Geschäftsbereiche eine Wachstumsrate in Höhe der oben
erwähnten Renditedifferenz von 2,1 % angesetzt würde, führten allein diese Überlegung zu einer
geringeren Wachstumsrate für den Gesamtkonzern. Mit der angesetzten Wachstumsrate von 1,3
% wurde unter Berücksichtigung der anteiligen Bedeutung der Bereiche CBG und Retail
Banking (gemessen am Ergebnisanteil des letzten Planjahres) genau diesen Überlegungen
Rechnung getragen.
Entsprechenden Niederschlag haben diese Zusammenhänge bei der Ableitung der
wachstumsbedingten Thesaurierung im nachhaltigen Ergebnis gefunden, vgl. dazu Abschnitt
Demgegenüber ist es unzutreffend, höhere Wachstumsraten bereits daraus abzuleiten, dass
während der Detailplanungsphase keine Vollausschüttung der Erträge angenommen wurde.
Vielmehr ist damit keine Erhöhung der Kapitalausstattung verbunden, da die thesaurierten
Beträge den Anteilseignern unmittelbar werterhöhend zugerechnet werden. …“
Wachstumsabschlag als 1,3 % nicht geboten gewesen ist. Im Übrigen stimmt die Kammer der
weiteren Einschätzung des sachverständigen Prüfers zu, dass im Hinblick auf die subprime-Krise
und die damit notwendigerweise einhergehende geringere Wachstumsortientierung für
Kreditinstitute wie die EU AG für die Zukunft ein höherer Wachstumsabschlag als 1,3 % kaum
zu rechtfertigen wäre.
Die Bemessung der Abfindung aufgrund des höheren Börsenkurses als dem Ertragswert ist nicht
zu beanstanden
Angesichts der Unsicherheit der zahlreichen auf Prognosen zukünftiger Entwicklungen
beruhenden Parameter des Ertragswertverfahrens ist bei der Ermittlung des Unternehmenswerts
das Marktgeschehen verstärkt in die Betrachtung einzubeziehen. Börsenkurs und nach
betriebswirtschaftlichen Methoden ermittelte Anteilswerte können zwar differieren, sich aber
auch decken (BGHZ 147, 108 = NJW 2001, 2080 [2082]). Im Gegensatz zu fundamental
analytisch gewonnenen Bewertungen durch Sachverständigengutachten aufgrund
betriebswirtschaftlicher Methoden stellen die Börsenkurse das Ergebnis eines tatsächlich
stattfindenden Preisbildungsprozesses am Markt dar und beruhen auf einer Beurteilung des
Unternehmens durch die Anleger aufgrund der diesen bekannten oder zumindest allgemein
zugänglichen Unternehmensdaten und sonstiger für den Markt relevanter Informationen. Da
auch das Ergebnis einer fundamental analytischen Bewertung letztendlich nichts anderes als eine
Schätzung des Unternehmenswertes darstellt, ergibt sich, dass der Börsenkurs der
Wertermittlung aufgrund betriebswirtschaftlicher Methoden jedenfalls nicht unterlegen ist (vgl.
Kammerbeschluss vom 13.3.2009 – 3-05 O 57/06 a.a.O.; Veil in Spindler/Stilz, AktG, § 305 Rz.
51, Tonner in Festschrift für Karsten Schmidt, S. 1581, 1589; kritisch: Großfeld, recht der
Unternehmensbewertung a.a.O., S. 310 ff), zumal für den (Klein)anleger sich der Börsenwert als
der Wert seiner konkreten Anlage im Regelfall darstellt (vgl. Luttermann ZIP 1999, 45, 49;
Tonner a.a.O. S. 1587) Der Börsenkurs bildet aber auch darüber hinaus, beruhend auf der
Annahme, dass die Börse auf der Grundlage der ihr zur Verfügung gestellten Informationen und
Informationsmöglichkeiten die Ertragskraft des Unternehmens zutreffend bewertet, unter der
Voraussetzung eines funktionierenden Markts einen Indikator für den Unternehmenswert (vgl.
BGHZ 147, 108 = NJW 2001, 2080 [2081]). Hierdurch wird das Zusammenspiel von Angebot
und Nachfrage bei der Wertbestimmung berücksichtigt und darüber hinaus auch der
Verkehrsfähigkeit von börsennotierten Aktien Rechnung getragen (BVerfGE 100, 289 = NJW
1999, 3769 [3771]). Im Allgemeinen kann man davon ausgehen müssen, dass bei
funktionierenden Marktkräften der Börsenwert der Aktie dem Wert des damit verkörpern
Unternehmensanteils entspricht. d.h. der Markt nicht bereit wäre, einen bestimmten Preis für die
Aktie zu zahlen, wenn dieser dem darin verkörperten (Zukunftswert) nicht entspricht.
Eine Schlechterstellung der (Minderheits)aktionäre ist damit nicht erkennbar, denn alle
betriebswirtschaftlichen Bewertungsmethoden beschäftigen sich auch nur damit, auf möglichst
gesicherter Basis theoretisch den wirklichen Marktwert zu ermitteln bzw. die interessengerechten
Grenzpreise. Die Widerlegung mittels einer anderen Bewertungsmethode würde im Übrigen
voraussetzen, dass die andere Bewertungsmethode, z.B. die üblicherweise angewandte
Ertragswertmethode, für eine höhere Richtigkeitsgewähr stünde und damit der Preisbildung am
Markt überlegen wäre. Dass die Ertragswertmethode ein realitätsgerechteres Ergebnis
hervorbringen würde, kann aber nicht angenommen werden, weil sie mit Schätzungen und
Plausibilisierungen arbeitet (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 9.12.2008 – WpÜG 2/08 – NZG
2009, 74; Kammerbeschluss v. 13.3.2009 – 3-05 O 57/06 – a. a. O.; Tonner a.a.O. S. 1590).
Ob der Börsenkurs immer nur die Funktion einer Untergrenze hat, bzw. sogar ggf. eine
Bewertung nach dem Ertragswertverfahren unterbleiben könnte, kann hier dahingestellt bleiben,
dem oben dargelegten jedenfalls nicht darüber liegt.
An ihrer bisher geäußerten Auffassung (seit Beschl. vom 17.01.2006 – 3-5 O 74/03 – AG 2006,
757) geäußerten Auffassung, dass der für den durchschnittlichen Börsenkurs maßgebliche
Referenzzeitraum der Zeitraum von drei Monaten vor der die Strukturmaßnahme beschließenden
Hauptversammlung sei und nicht der Zeitraum vor Bekanntgabe der Strukturmaßnahme, hält die
Kammer nicht mehr fest.
Die Kammer folgt nunmehr der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Ansicht,
wonach statt dessen die Frist von im Regelfall drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme
heranzuziehen ist (vgl. OLG Stuttgart v. 16.2.2007 – 20 W 6/06, NZG 2007, 302 [303 ff.]; v.
6.7.2007 – 20 W 5/06, AG 2007, 705 [710]; vgl. auch KG v. 16.10.2006 – 2 W 148/01, NZG
2007, 71 = ZIP 2007, 75; BVerfG v. 29.11.2006 – 1 BvR 704/03, AG 2007, 119 = ZIP 2007, 175
[178]).
Es erscheint schon generell fraglich, ob es angemessen ist, die Referenzperiode erst mit der
beschlussfassenden Hauptversammlung und nicht mit der Bekanntgabe der Maßnahme enden zu
lassen. Die Berücksichtigung eines mit der Hauptversammlung endenden Zeitraums ist an sich
schon nicht praktikabel, weil das Abfindungsangebot und der Bericht über die Prüfung seiner
Angemessenheit ab Einberufung der Hauptversammlung, die über die zur Abfindung
verpflichtende Maßnahme beschließen soll, bereits vorliegen müssen, mithin zumindest vor dem
Zeitraum vorliegen (und geprüft werden) muss in dem nach § 123 AktG die Hauptversammlung
einzuberufen ist.
Aus der Finanzierungstheorie heraus ist der Tag als Stichtag zu wählen, welcher zu einer
Veränderung des Gleichgewichtspreises, d.h. einem neuen Gleichgewicht, führt. Der
ökonomisch korrekte Stichtag ist also der Tag, an dem das die Abfindung auslösende somit
Erwartungen der Marktteilnehmer ändernde Ereignis dem Markt erstmalig bekannt wird. Da der
Tag der Hauptversammlung, insbesondere wenn die Mehrheitsverhältnisse des Unternehmens
einen Beschluss direkt implizieren, keine neue Information bringt, spricht nichts für diesen als
Stichtag. Es bestehen aber sachliche Bedenken gegen diesen Zeitraum, weil der Börsenkurs
zunächst durch die Bekanntgabe der Maßnahme als solcher und dann insb. durch die
Bekanntgabe der zu erwartenden Abfindung nachhaltig beeinflusst wird (OLG Stuttgart v.
16.2.2007 – 20 W 6/06, AG 2007, 209 = NZG 2007, 302 [304 ff.]; KG v. 16.10.2006 – 2 W
148/01, ZIP 2007, 75 [77]; Weber, ZGR 2004, 280 [284 ff.]; Großfeld, Recht der
Unternehmensbewertung, 5. Aufl. S. 316). Die Anknüpfung an diesen Referenzzeitraum kann
also nicht zu sachlich richtigen und im Interesse der Rechtssicherheit vorhersehbaren
Ergebnissen führen, nicht nur wegen der Gefahr einer Manipulation in die eine oder andere
Richtung, sondern vor allem deshalb, weil die Abfindung nach Art eines Zirkelschlusses von
einem Börsenkurs abhängig gemacht wird, der sich seinerseits nach der Höhe der angebotenen
und erwarteten Abfindung entwickelt (OLG Stuttgart v. 16.2.2007 – 20 W 6/06, AG 2007, 209 =
NZG 2007, 302 [304 ff.], m.w.N.).
Selbst wenn im Fall von Unternehmensverträgen auch Synergieerwartungen mit eine wahrscheinlich geringere – Rolle für Kursveränderungen nach Bekanntgabe von Maßnahme und
Abfindungsangebot spielen sollten, ließe sich dies nicht quantitativ von dem Einfluss der
Abfindungserwartungen abschichten. Deren Eliminierung wäre aber zur Vermeidung der
Zirkularität geboten. Auch weil diese Erwartungen unberücksichtigt bleiben müssen, ist der
zugrunde zu legende Desinvestitionswert notwendigerweise hypothetisch. Er muss aus Sicht des
das Abfindungsangebot unterbreitenden Unternehmens auf den Zeitpunkt der Beschlussfassung
in der Hauptversammlung prognostiziert oder im Nachhinein im Spruchverfahren überprüft
werden. Für diese Hypothese bzw. Prognose ist also ein Durchschnittswert aus einem
nicht herausgerechnet werden können (vgl. auch Adolff, Unternehmensbewertung im Recht der
börsennotierten Aktiengesellschaft, 2007, S. 341 f.). Insgesamt ist aus diesen Gründen der
Referenzzeitraum von im Regelfall drei Monaten vor Bekanntgabe der Maßnahme zur
Bestimmung des Börsenwerts vorzuziehen. Er weist noch eine hinreichende Nähe zum
Bewertungsstichtag auf, um als Grundlage für die Prognose des Desinvestitionswerts zu diesem
Zeitpunkt zu dienen (vgl. OLG Stuttgart, Beschl. v. 14.2.2008 – 20 W 9/06 , AG 2008, 783). Ob
dies in allen Fällen zutrifft kann hier dahingestellt bleiben, da der Tag der Bekanntmachung hier
der 30.3.2007 war, mithin nur ein Zeitraum von ca. 5 Monaten zwischen diesem Tag und der
Tag der Hauptversammlung lag, somit die zu fordernde hinreichende Nähe zum
Bewertungsstichtag noch gegeben ist, zumal dieser Zeitraum für die vorzunehmende
Unternehmensbewertung, die gerichtliche Bestellung des sachverständigen Prüfers und dessen
Prüfung und die Ladung zur Hauptversammlung eher knapp bemessen ist.
Die Kammer verkennt hierbei jedoch nicht, dass es gewissermaßen der Hauptaktionär, (bzw. die
Gesellschaft) in der Hand hat, diesen Referenzzeitraum durch Mitteilung der Strukturmaßnahme
zu bestimmen, mithin auch gewisse Manipulationsmöglichkeiten hinsichtlich des sich so dann
ergebenden Abfindungsbetrages hat, indem ein Zeitpunkt für die Mitteilung gewählt wird, an
dem sich ein besonders niedriger gewichteter durchschnittlicher Börsenkurs ergibt. In diesem
Falle ist dieser Zeitpunkt dann nicht geeignet.
Anhaltspunkte für eine derartige Manipulation sind hier jedoch nicht ersichtlich wie sich aus
dem Kursverlauf und dem Aktienhandelsvolumen der EU AG 6 Monate vor der Bekanntgabe am
20.3.2007 ergibt.
Datum Eröffnung Hoch Tief Schluss Ø Volumen
2007-03-19, 25.25, 25.25, 25.25, 25.25, 800
2007-03-16, 25.25, 25.25, 25.25, 25.25, 400
2007-03-15, 24.92, 24.92, 24.92, 24.92, 100
2007-03-14, 23.51, 26.30, 23.51, 23.51, 0
2007-03-13, 23.51, 26.30, 23.51, 23.51, 0
2007-03-12, 25.00, 26.50, 25.00, 25.00, 0
2007-03-09, 24.10, 24.10, 24.10, 24.10, 300
2007-03-08, 23.80, 23.80, 23.80, 23.80, 100
2007-03-07, 22.00, 26.50, 22.00, 22.00, 0
2007-03-06, 22.00, 26.50, 22.00, 22.00, 0
2007-03-05, 22.00, 26.50, 22.00, 22.00, 0
2007-03-02, 24.20, 26.50, 24.20, 24.20, 0
2007-03-01, 23.75, 23.75, 23.75, 23.75, 0
2007-02-28, 24.40, 24.40, 24.40, 24.40, 100
2007-02-27, 24.40, 25.90, 24.40, 24.40, 0
2007-02-23, 24.41, 24.41, 24.41, 24.41, 300
2007-02-22, 22.50, 25.90, 22.50, 22.50, 0
2007-02-21, 25.00, 25.00, 25.00, 25.00, 0
2007-02-20, 22.50, 25.90, 22.50, 22.50, 0
2007-02-16, 25.40, 25.40, 25.40, 25.40, 0
2007-02-15, 22.50, 25.95, 22.50, 22.50, 0
2007-02-14, 22.50, 25.95, 22.50, 22.50, 0
2007-02-13, 22.50, 25.90, 22.50, 22.50, 0
2007-02-12, 22.50, 25.90, 22.50, 22.50, 0
2007-02-09, 22.50, 25.60, 22.50, 22.50, 0
2007-02-08, 24.52, 24.52, 24.52, 24.52, 0
2007-02-07, 22.50, 25.60, 22.50, 22.50, 0
2007-02-06, 22.50, 24.95, 22.50, 22.50, 0
2007-02-05, 22.50, 24.95, 22.50, 22.50, 0
2007-02-02, 24.50, 24.50, 24.50, 24.50, 0
2007-02-01, 22.50, 24.50, 22.50, 22.50, 0
2007-01-31, 24.30, 24.30, 24.30, 24.30, 500
2007-01-30, 22.50, 24.00, 22.50, 22.50, 0
2007-01-29, 22.50, 24.00, 22.50, 22.50, 0
2007-01-26, 22.50, 24.50, 22.50, 22.50, 0
2007-01-25, 22.50, 22.50, 22.50, 22.50, 0
2007-01-24, 23.50, 23.50, 23.50, 23.50, 100
2007-01-23, 22.85, 22.85, 22.85, 22.85, 100
2007-01-22, 22.50, 22.50, 22.50, 22.50, 200
2007-01-19, 22.20, 22.20, 22.20, 22.20, 300
2007-01-18, 22.00, 22.10, 22.00, 22.00, 0
2007-01-17 22.05, 22.05 22.05, 22.05, 1004
2007-01-16, 21.95, 21.95, 21.95, 21.95, 0
2007-01-15 22.00, 22.00, 22.00, 22.00, 1409
2007-01-11, 21.95, 22.20, 21.95, 21.95, 0
2007-01-10, 21.85, 22.20, 21.85, 21.85, 0
2007-01-09, 22.10, 22.20, 22.10, 22.10, 0
2007-01-08, 21.52, 21.52, 21.52, 21.52, 100
2007-01-05, 22.00, 22.00, 22.00, 22.00, 0
2007-01-04, 21.85, 21.85, 21.85, 21.85, 0
2007-01-03, 21.75, 21.75, 21.75, 21.75, 0
2007-01-02, 21.80, 21.80, 21.80, 21.80, 0
2006-12-29, 21.80, 22.20, 21.80, 21.80, 0
2006-12-28, 22.10, 22.10, 22.10, 22.10, 100
2006-12-27, 22.10, 22.10, 22.10, 22.10, 0
2006-12-22, 22.00, 22.00, 22.00, 22.00, 0
2006-12-21, 21.91, 21.91, 21.91, 21.91, 0
2006-12-20, 22.00, 22.20, 22.00, 22.00, 0
2006-12-19, 21.80, 21.80, 21.80, 21.80, 0
2006-12-18, 22.20, 22.20, 22.20, 22.20, 500
2006-12-15, 21.80, 21.80, 21.80, 21.80, 0
2006-12-14, 21.51, 23.00, 21.51, 21.51, 0
2006-12-13, 21.80, 23.00, 21.80, 21.80, 0
2006-12-12, 21.55, 21.55, 21.55, 21.55, 0
2006-12-11, 22.10, 22.10, 22.10, 22.10, 400
2006-12-08, 21.51, 23.00, 21.51, 21.51, 0
2006-12-07, 21.51, 21.51, 21.51, 21.51, 0
2006-12-06, 21.80, 21.80, 21.80, 21.80, 0
2006-12-05, 21.80, 22.35, 21.80, 21.80, 0
2006-12-04, 21.51, 21.51, 21.51, 21.51, 700
2006-12-01, 21.90, 21.90, 21.90, 21.90, 500
2006-11-30, 21.30, 23.00, 21.30, 21.30, 0
2006-11-29, 21.30, 21.30, 21.30, 21.30, 0
2006-11-27, 21.81, 21.81, 21.81, 21.81, 3700
2006-11-24, 22.22, 23.00, 22.22, 22.22, 0
2006-11-23, 22.22, 22.22, 22.22, 22.22, 0
2006-11-22, 22.55, 23.00, 22.55, 22.55, 0
2006-11-21, 22.22, 22.22, 22.22, 22.22, 0
2006-11-20, 22.22, 23.00, 22.22, 22.22, 0
2006-11-17, 22.75, 22.75, 22.75, 22.75, 200
2006-11-16, 22.75, 23.00, 22.75, 22.75, 0
2006-11-15, 23.00, 23.00, 23.00, 23.00, 0
2006-11-14, 22.99, 23.00, 22.99, 22.99, 0
2006-11-13, 23.00, 23.00, 23.00, 23.00, 0
2006-11-10, 22.30, 22.30, 22.30, 22.30, 0
2006-11-09, 22.50, 22.50, 22.50, 22.50, 400
2006-11-08, 23.00, 23.00, 23.00, 23.00, 0
2006-11-07, 22.90, 22.90, 22.90, 22.90, 0
2006-11-06, 23.30, 23.30, 23.30, 23.30, 0
2006-11-03, 23.02, 23.30, 23.02, 23.02, 0
2006-11-02, 23.00, 23.00, 23.00, 23.00, 500
2006-11-01, 23.00, 23.30, 23.00, 23.00, 0
2006-10-31, 23.00, 23.30, 23.00, 23.00, 0
2006-10-30, 23.00, 23.30, 23.00, 23.00, 0
2006-10-27, 23.00, 23.30, 23.00, 23.00, 0
2006-10-26, 23.30, 23.30, 23.30, 23.30, 0
2006-10-25, 23.00, 23.30, 23.00, 23.00, 0
2006-10-24, 23.00, 23.00, 23.00, 23.00, 100
2006-10-23, 23.00, 23.00, 23.00, 23.00, 0
2006-10-20, 23.00, 23.00, 23.00, 23.00, 100
(Quelle:
http://de.finance.yahoo.com/q/hp?s=EHY.DE&a=00&b=27&c=2004&d=07&e=27&f=2007&g=
d&z=66&y=0)
im letzten halben Jahr vor Bekanntgabe eher ein ungünstiger Zeitpunkt war.
Es besteht daher keine Veranlassung einen höheren Abfindungsbetrag festzusetzen, als den, der
sich aus dem gewichteten Durchschnittlichen Börsenkurs zum Zeitpunkt der Bekanntgabe der
Maßnahme ergibt.
Hingegen kann es nicht bei dem im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vereinbarten
festen Ausgleich verbleiben, dieser ist vielmehr für das Jahr 2007 auf netto EUR 1,51 und ab
dem Jahr 2008 auf netto EUR 1,65 zu erhöhen.
Gemäß § 304 Abs. 1 AktG muss ein Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag einen
angemessenen Ausgleich für die außen stehenden Aktionäre durch eine auf die Anteile am
Grundkapital bezogene wiederkehrende Geldleistung (Ausgleichszahlung) vorsehen.
Als Ausgleichszahlung an die außen stehenden Aktionäre ist mindestens die jährliche Zahlung
des Betrags zuzusichern, der nach der bisherigen Ertragslage der Gesellschaft und ihrer
künftigen Ertragsaussichten unter Berücksichtigung angemessener Abschreibungen und
Wertberichtigungen, jedoch ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen, voraussichtlich als
durchschnittlicher Gewinnanteil auf die einzelne Aktie verteilt werden könnte (§ 304 Abs. 2
AktG). Die jährliche Ausgleichszahlung gemäß § 304 AktG wird ermittelt, indem der
Unternehmenswert verrentet wird.
Die künftigen Erträge finden ihren Niederschlag im Ertragswert des Unternehmens, der – unter
Berücksichtigung des zeitlichen Anfalls – das Ausschüttungspotenzial des Unternehmens an die
Anteilseigner repräsentiert.
Daraus ergibt sich schon, dass entgegen der Auffassung einiger Antragsteller hier nicht wie bei
der Abfindung der Börsenkurs zugrunde gelegt werden kann.
Der nach Maßgabe des § 304 Abs. 2 AktG auf der Grundlage der bisherigen Ertragslage und
künftigen Ertragsaussichten angemessene Ausgleich kann nach hier nur aus dem Ertragswert, der
für die Barabfindung berechnet worden ist, mittels dessen Verzinsung abgeleitet werden (vgl.
nur BGHZ 156, 57, 63; Koppensteiner in KölnKomm-AktG, 2. Aufl., § 304 Rn. 67), denn damit
kann methodisch der Durchschnitt der künftigen Gewinnerwartungen ermittelt werden (Jonas
Wpg. 2007, 835, 836 f). Die Rechtsprechung des BVerfG, die bei der Bestimmung des variablen
Ausgleichs nach der Verschmelzungswertrelation die Berücksichtigung der Börsenkurse des
beherrschten Unternehmens verlangt, ist auf den festen Barausgleich nicht übertragbar
(Koppensteiner a. a. O. § 304 Rn. 55 m. w. N.). Hier geht es ausschließlich um die Erwartungen
an die künftige Ertragsfähigkeit des Unternehmens der beherrschten Gesellschaft; dafür ist ein
Desinvestitionsinteresse ohne Belang (vgl. auch OLG Hamburg AG 2003, 583, 585). Der
Ertragswert des Unternehmens, der – unter Berücksichtigung des zeitlichen Anfalls repräsentiert das Ausschüttungspotenzial des Unternehmens an die Anteilseigner.
Im so genannten „Ytong-Urteil“ (BGH v. 21.7.2003 – II ZB 17/01 – NJW 2003, S. 3272 = NZG
2003, 1017) führt der Bundesgerichtshof aus, dass den außen stehenden Aktionären als (fester)
Ausgleich der voraussichtlich verteilungsfähige durchschnittliche Bruttogewinnanteil je Aktie
abzüglich der von der Gesellschaft hierauf zu entrichtenden (Ausschüttungs-) Körperschaftsteuer
in Höhe des jeweiligen Steuertarifs zuzusichern ist. In dem Urteil wird ausgeführt, dass als
erwirtschafteter Gewinn das Ergebnis vor Körperschaftsteuer anzusehen sei, von dem die
Körperschaftsteuerbelastung in der jeweils gesetzlich vorgegebenen Höhe abzusetzen sei. Ferner
ist hier die Verrentung des Unternehmenswerts mit dem vollen risikoadjustierten
Kapitalisierungszinssatz erfolgt und das gesondert bewertete Vermögen – insbesondere das nicht
worden.
Bei der Berechnung des angemessenen Ausgleichs danach auf den Bruttogewinnanteil je Aktie
abzustellen. Hiervon ist die Körperschaftsteuerbelastung in der jeweils gesetzlich angegebenen
Höhe abzusetzen. Daher muss auch die gesetzlich bestimmte Höhe des Solidaritätszuschlags
berücksichtigt werden (vgl. BayObLG, NZG 2006, 156 = AG 2006, 41).
Auszugehen ist deshalb vom dem im Vertragsbericht ermittelten und vom sachverständigen
Prüfer gebilligten und jedenfalls zu Lasten der Minderheitsaktionäre nicht zu niedrigen
Unternehmenswert nach dem Ertragswertverfahren zum 29.08.2007 in Höhe von insgesamt Mio.
EUR 9.335,2 (dort Bl. 58, Anlage AG 1). Dabei war es auch – entgegen der Auffassung des
Bundesgerichtshofs – sachgerecht, das nicht betriebsnotwendige Vermögen einzubeziehen, da
ansonsten den Aktionären dauerhaft Vermögensbestandteile vorenthalten würden, die ggf. auch
einen ausschüttungsfähigen Ertrag erzielen können (vgl. Koppensteiner a.a.O. § 404 Rz. 61 m.
w. Nachw.).
Zu beanstanden ist auch nicht, dass der Ertragswert unter Berücksichtigung einer Thesaurierung
ermittelt wurde. Dies widerspricht nach dem Schutzzweck des § 304 AktG auch nicht dem
Wortlaut des § 304 AktG, der für die Bestimmung der Ausgleichszahlung festgelegt, dass die
Ertragsaussichten „ohne Bildung anderer Gewinnrücklagen“ zu berücksichtigen sind. Das hier
verwendete Modell der Unternehmenswertermittlung sieht vor, dass wertgleich zur Wideranlage
der Thesaurierungsbeträge im Unternehmen angenommen werden kann, dass
Thesaurierungsvorteile den Aktionären steuerfrei zugewendet werden. Diese modelltheoretische
Annahme ist nicht mit der in § 304 AktG genannten Bildung von Gewinnrücklagen, die zunächst
einer Ausschüttung an die Aktionäre vorenthalten werden, vergleichbar. Von Zinseffekten
abgesehen wirkt sich – jedenfalls unter dem Halbeinkünfteverfahren – im Wesentlichen die
Belastung der Ausschüttungen mit typisierter Ertragsteuer der Anteilseigner mindernd auf den
Unternehmenswert und damit positiv auf die Höhe der Ausgleichszahlung unter der Annahme
der Vollausschüttung aus. Im gleichen Verhältnis wie sich die geplante Ausschüttungsquote auf
die Höhe der persönlichen Ertragsteuerbelastung offen ausgeschütteter Jahresüberschüsse
auswirkt, wird die Ausgleichszahlung anteilig von der typisierten Ertragsteuer des Anteilseigners
freigestellt. Die Übertragung der Steuerfreiheit fiktiv nicht ausgeschütteter Gewinnanteile auf die
Ausgleichszahlungen bewirkt, dass diese auch nur anteilig der typisierten Ertragsteuer
unterworfen werden, mithin ein höherer Ertragswert entsteht (vgl. Stephan in Schmidt/Lutter,
AktG § 304; Rz. 84; Emmerich/Habersack, Aktien und GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl., § 304
AktG, Rz. 34 m. w. Nachw.)
Dieser Unternehmenswert ist mit dem Verrentungszinssatz kapitalisieren.
Für die Bemessung dieses Verrentungszinssatzes legt die Kammer einen risikoadjustierten
Zinssatz i.H.v. 6,975 % zugrunde. Entgegen der Auffassung einiger Antragsteller hält es die
Kammer bei der Berechnung des angemessenen Ausgleichs nicht für geboten, den
Kapitalisierungszinssatz zur Gänze für die Verrentung des ausgleichsbezogenen
Unternehmenswerts heranzuziehen (vgl. auch OLG München AG 2008, 28 m. w. Nachw.). Die
Ytong-Entscheidung des BGH steht einer solchen Berechnungsweise nicht entgegen, da sich der
Bundesgerichtshof – offensichtlich wegen insoweit unstreitigem Parteivorbringen – nicht näher
mit der rechtlich gebotenen Art und Weise der Berechnung des angemessenen
Verrentungszinssatzes auseinandergesetzt hat.
Die Kammer hält es für sachgerecht – wie es auch nahezu einhellig (jedenfalls in den der
Kammer vorliegenden Fällen) in der Bewertungspraxis erfolgt – als Zinssatz für die Verrentung
der aus einer Schätzung abgeleitete Mittelwert aus dem der Unternehmensbewertung zugrunde
Basiszinssatz zu verwenden (vgl. OLG München AG 2008, 28), was hier zu einem
Verrentungszinssatz von 6,975 % ( 4,5 Basiszins + 2,47 als hälftiger Risikozuschlag) führt.
Der Auffassung der Antragsgegnerin, dass sich der Risikozuschlag zum Basiszins hier über den
Credit Default Swap der Commerzbank ableiten ließe und daher nur 0,15 % betrage, mit der
Folge dass sich ein Verrentungszinssatz von 4,65 % ergebe, kann nicht gefolgt werden.
Bei dieser Betrachtung wird nämlich allein darauf abgestellt, dass das Risiko der
Minderheitsaktionäre dem Risiko eines Inhaber einer Unternehmensanleihe (der Commerzbank)
entspreche, wobei angesichts der auch schon zum Zeitpunkt der Hauptversammlung in der
Wurzel angelegten Bankenkrise – von der die Commerzbank allgemeinkundig schwer betroffen
wurde und staatliche Hilfe in Anspruch nehmen musste (wobei die staatliche Hilfe im August
2007 nicht voraussehbar war)- die Einschätzung dieses geringen Bonitätsrisikos nicht
sachgerecht ist. Beim Abstellen zur Ermittlung des Risikos auf eine Kreditderivatsrate zum
Handeln von Ausfallrisiken von Krediten und Anleihen der CO AG wird zudem die gebotene
Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapitalgeber vernachlässigt. Die Rate von Credit
Default Swaps bezieht sich immer auf Fremdkapitalgeber, während es sich bei
ausgleichsberechtigten Aktionären der EU AG um Eigenkapitalgeber handelt. Es ist jedoch in
der Kapitalkostentheorie anerkannt
– insbesondere in dem von der Antragsgegnerin verwendeten CAPM – , dass der
Eigenkapitalgeber – wegen des höheren Risikos gegenüber dem Fremdkapitalgeber eine höhere
Rendite des eingesetzten Kapitals verlangen kann.
Zudem wird weiter übersehen, dass allein schon wegen der kurz nach der verfolgten Eintragung
des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages in das Handelsregister die herrschende
Gesellschaft schnell auf die Geschäftsentwicklung der Eurohypo Einfluss nehmen kann, der für
das Konzern-Unternehmen nachteilige Folgen haben und die Ertragskraft mindern kann und
auch durch die Integration der Essen Hyp im Jahre 2008 erkennbar erfolgt ist. Daneben trägt der
Ausgleichsberechtigte das grundsätzliche Risiko, dass nach Beendigung der Vertragsbeziehung
das durch den Vertrag unbeeinflusste Risiko wieder aufleben kann und die Risikostruktur nicht
mehr mit der des Bewertungsstichtags übereinstimmt. Insbesondere ist hier zu berücksichtigen,
dass wegen des in gleicher Hauptversammlung beschlossenen und ca. 11 Monaten später im
Handelsregister eingetragene Ausschlusses der Minderheitsaktionäre der EU AG, dass in § 5
Abs. 6 des Vertrages eingeräumte Recht bei Kündigung des Vertrages durch die herrschende
Gesellschaft, die Abfindung verlangen zu können leer läuft, wobei dieser Zeitablauf jedoch zum
Zeitpunkt des Stichtags nicht sicher voraussehbar war.
Es ergibt sich danach ein jährlicher Bruttoausgleich von EUR 1,85. Unter Berücksichtigung der
Körperschaftsteuerbelastungen und des Solidaritätszuschlags folgt daraus für das Geschäftsjahr
2007 ein Nettoausgleich von EUR 1,51 und ab dem Geschäftsjahr 2008 ein Nettoausgleich von
EUR 1,65.
Die Kostenentscheidung bezüglich der Gerichtskosten und der Kosten des Vertreters der
aussenstehenden Aktionäre ergibt sich aus §§ 15 Abs. 2, 6 Abs. 2 SpruchG. Danach hat
grundsätzlich die Antragsgegnerin diese Kosten zu tragen. Im Hinblick auf die vorgenommene
Erhöhung des Ausgleichs und der noch nicht höchstrichterlich geklärten Frage des
Referenzzeitraums für den Börsenkurs entsprach es nicht der Billigkeit die Antragsteller mit
Gerichtskosten des Verfahrens zu belasten.
Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten folgt aus § 15 Abs. 4 SpruchG. Danach
findet eine Kostenerstattung grundsätzlich nicht statt, es sei denn, die Billigkeit gebietet eine
Klöcker/Frowein SpruchG § 15 Rz. 15). Dies ist hier nicht der Fall. Im Hinblick darauf, dass das
es zu keiner gerichtlichen Korrektur des Abfindungsbetrags kommt und nur der Ausgleich erhöht
wird, was sich jedoch wegen des im Juli 2008 bereits eingetragenen Ausschlusses der
Minderheitsaktionäre sich nur für kurze Zeit auswirkt, sind keine Billigkeitsgründe ersichtlich,
die eine (teilweise) Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller durch die
Antragsgegnerin rechtfertigen könnte.
Die Bestimmung des Geschäftswerts für das Gericht ergibt sich aus § 15 Abs. 1 Satz 3 SpruchG.
Danach richtet sich der Geschäftswert nach dem Betrag, den alle antragsberechtigten Aktionäre
zu dem ursprünglich angebotenen Betrag insgesamt fordern können, mindestens jedoch
200.000,– EUR und höchstens 7,5 Mio. EUR (§ 15 Abs. 1 Satz 2 SpruchG).
Hinsichtlich der Abfindung ist für den Geschäftswert auf die Differenz zwischen der
angebotenen und der angemessenen Abfindung, bezogen auf die jeweils gehaltenen Aktien,
abzustellen. Mangels Erhöhung bleibt es insoweit bei dem gesetzlichen Mindestwert von EUR
200.000,-Für die Bemessung des Streitwertes des Ausgleichs kann dahingestellt bleiben, ob wegen der
Eintragung des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre am 25.7.2008 die Minderheitsaktionäre
überhaupt einen Ausgleich verlangen können (bejahend Kammerurteile v. 18.3.2008 – 3-05 O
211/07 -; v. 16.5.2008 – 3-05 O 357/07 –; v. 25.7.2008 – 3-05 O 95/08, ebenso LG Köln Urteil v.
13.3.2009 – 82 O 93/08 -; FG München EFG 2008, 1582; Dreier/Riedel BB 2009, 1822; a. A.:
OLG Frankfurt am Main, Urteil v. 26.8.2009 – 23 U 69/08 -). Da gem. § 15 Abs. 1 Satz 3
SpruchG für die Bemessung des Streitwerts es maßgebend auf den Zeitpunkt des Endes der
Antragsfrist (8.12.2007) ankommt und zu diesem Zeitpunkt hier noch unklar war, wann und ob
der Ausschluss der Minderheitsaktionäre überhaupt eingetragen werden würde, da erst am
15.1.2008 die mündliche Verhandlung im Freigabeverfahren gem. §§ 327e Abs. 2, 319 Abs. 6
AktG stattfand und am 29.1.2008 eine erstinstanzliche stattgebende Entscheidung – 3-05 O
275/07 – verkündet wurde, die durch Beschluss des Rechtsmittelgerichts vom 14.7.2008 – 23 W
14/08 – bestätigt wurde, ist gem. § 15 Abs. 1 Satz 1 SpruchG § 24 Abs. 1 KostO anzuwenden.
Der Geschäftswert bezüglich des Ausgleichsanspruchs beträgt danach 12,5 fache der Differenz
des gesamten Jahres(netto)betrages, da der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag auf
unbestimmte Dauer geschlossen worden war (vgl. Rosskopf in KölnKomm, SpruchG § 15 Rz.
12, Drescher in Spindler/Stilz, AktG § 15 SpruchG Rz. 4; Emmerich/Habersack, Aktien- und
GmbH-Konzernrecht, 5. Aufl. § 15 SpruchG, Rz. 8; Weingärtner in Heidel (Hrsg.) Aktien- und
Kapitalmarktrecht, 2, Aufl. § 15 SpruchG Rz. 7).
Nach der Angabe der Antragsgegnerin sind von dem Beherrschungs- und
Gewinnabführungsvertrag 5.171.828 Stückaktien betroffen gewesen, wodurch sich bei der
Nettoerhöhung nur für 2007 ein Jahresgesamterhöhungsbetrag gem. § 15 Abs. 1 Satz s SpruchG
von EUR 2.585.914 ergibt. Bereits das 12,5 fache dieses Jahresbetrages liegt –unabhängig
davon, dass die Nettodifferenz ab dem Jahr 2008 noch größer ist – aber über dem gesetzlichen
Höchstwert von EUR 7.500.000,– wodurch als Geschäftswert der gesetzliche Höchstbetrag von
EUR 7.500.000 festzusetzen war.
Wegen des Erreichens des gesetzlichen Höchstgeschäftswertes konnte dahingestellt bleiben, ob
eine Addition mit dem Wert für die Abfindung zu erfolgen hat (so: Weingärtner in Heidel
(Hrsg.) Aktien- und Kapitalmarktrecht, 2, Aufl. § 15 SpruchG Rz. 6; für einen Zuschlag:
Rosskopf a.a.O. Rz. 13; gegen Zusammenrechung: Winter in Simon SpruchG § 15 Rz. 27
m.w.Nachw.).
einer gesonderten Beschlussfassung vorzubehalten, da der Kammer derzeit nicht vollständig
bekannt ist, in welcher Höhe zu erstattende Auslagen entstanden sind. Im Hinblick auf den
Abschluss der Instanz durch die vorliegende Entscheidung erfolgt jedoch auch keine
Entscheidung mehr über den weiteren Vorschussantrag im Schriftsatz vom 9.7.2009, da über die
Vergütungs- und Auslagenfestsetzung des Vertreters der aussenstehenden Aktionäre der Instanz
nunmehr eine abschließende Entscheidung ergehen kann.