Az.: 33 O 1/07
ISIN: DE0006560303 / WKN: 656030
Hauptversammlung: 11.06.2002
Antragsgegnerin: Vodafone Deutschland GmbH
Tenor
Die Anträge gegen die Antragsgegnerin zu 1) werden als unzulässig zurückgewiesen.
Die den außenstehenden Aktionären der WpAG aus Anlass der am 11. Juni 2002 beschlossenen Übertragung der Aktien auf die Antragsgegnerin zu 2) gemäß §§ 327a ff Aktiengesetz zu gewährende Barabfindung wird auf 251,31 EUR je Stammaktie der WpAG festgesetzt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der Vergütung des Vertreters der außenstehenden Aktionäre sowie die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller trägt die Antragsgegnerin zu 2).
Die Geschäftswerte für die Gerichtskosten und der Wert für die Vergütung des Vertreters der außenstehenden Aktionäre werden auf insgesamt 74.124.336,22 EUR festgesetzt
Gründe
I.
Im Jahre 1890 wurde die deutsch-österreichische Nb Röhren-Werke AG in Berlin gegründet. Als Montan-Konzern stellte sie zunächst Stahl Produkte auf eigener Rohstoff-Basis her. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Gesellschaft in drei Nachfolgegesellschaften aufgeteilt, die 1954 wieder unter dem Namen Nb Aktien Gesellschaft zusammengeführt wurden. Ende der 1960er Jahre begann man Beteiligungen in den Bereichen Engineering und Automotive aufzubauen. Im Jahre 1989 erfolgte mit der Gründung der Nb -N GmbH, an der Gesellschaften des Wp-Konzerns mit 34,8 % beteiligt waren, und dem Erwerb der Lizenz zum Betrieb eines Mobilfunk-Netzes das Engagement im Bereich der Telekommunikation. Diese führte mit der wachsenden Bedeutung der Telekommunikation zu einer gesteigerten Entwicklung des Mobilfunksektors.
Im Dezember 1999 erhielten die Aktionäre der Nb AG von der WpBu Plc ein Angebot zur Übernahme sämtlicher Aktien. Dem stimmte die Nb AG nach einer NachbF.ung am 3. Februar 2000 zu. Am 10. Februar 2000 erwarb die WpBu Plc im Rahmen dieses Umtausch Angebotes eine Mehrheitsbeteiligung an der Nb AG. In der Folge konzentrierte sich die Nb AG auf den Geschäftsbereich Telekommunikation. Im April 2000 wurden die Geschäftsbereiche Engineering und Automotive an die Siemens AG und die Robert Bosch AG veräußert. Die Röhrenaktivitäten veräußerte die Nb AG im Mai 2000 an die Salzgitter AG.
Am 22.12.2000 wurden 475 Millionen Aktien Nb-Aktien von einer luxemburgischen Konzerngesellschaft der Nb AG auf die Wp-AG zum Preis von 309,31 EUR/Aktie übertragen.
Am 23. Juni 2001 schlossen die Nb AG als beherrschtes und die Wp Deutschland GmbH als herrschendes Unternehmen einen Beherrschung- und Gewinnabführungsvertrag. In diesem wurde den außenstehenden Aktionären der Nb AG eine einheitliche Abfindung in Höhe von seiner 206,53 EUR je Aktie sowie eine Ausgleichszahlung in Höhe von 11,77 EUR/Aktie zugesagt.
Am 22. August 2001 stimmte die Hauptversammlung der Nb AG dem Abschluss eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrages zu, der am 20. September 2001 ins Handelsregister der Nb AG (Amtsgericht Düsseldorf HRB XXX) eingetragen wurde. Gegen die Höhe des in der Hauptversammlung beschlossenen Ausgleichs und der Barabfindung wenden sich zahlreiche Antragsteller in einem ebenfalls beim Landgericht Düsseldorf anhängigen Spruchverfahren (33 O 55/07 [AktE]). Die Nb AG wurde sodann zunächst mit Wirkung zum 20. September 2001 in „WpAG“ umfirmiert und zum 30. September 2002 durch Formwechsel (§§ 190. ff UmwG) in eine GmbH – die Antragsgegnerin zu 1. bzw. die Beteiligte zu 24. – umgewandelt.
Zur Vorbereitung des Begehrens der Mehrheitsaktionärin ihr die Aktien der Minderheitsaktionäre zu übertragen wurde für den Übertragungsbericht das Gutachten über den Unternehmenswert der WpAG, Düsseldorf, zum 11. Juni 2002 des Wirtschaftsprüfers M, Düsseldorf, vom 12. April 2002 (nachfolgend auch Erstbewertung, oder Bewertungsgutachter) erstellt. Aufgrund des Beschlusses des Landgerichts Düsseldorf und der entsprechenden Bestellung wurde der Bericht über die Prüfung der Angemessenheit der Barabfindung der Minderheitsaktionäre gem. § 327c Abs. 2 AktG im Zusammenhang mit der beabsichtigten Übertragung der Aktien der WpAG auf die Wp Deutschland GmbH, der GGesellschaft mbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaft, I. vom 19. April 2002 vorgelegt.
Der Bewertungsgutachter ermittelte in seinem Gutachten vom 12. April 2002 einen Unternehmenswert der WpAG zum 11. Juni 2002 in Höhe von € 103.016 Mio. bzw. € 203,20 je Aktie. Die noch nicht ausgeschütteten Ergebnisse für das Geschäftsjahr 2001 sowie für das erste Quartal 2002 (Rumpfgeschäftsjahr) sind damals nicht in die Ertragswertermittlung eingegangen. Zusätzlich zum vorgenannten Betrag sollen im Rahmen der Barabfindung die Ansprüche auf Ausgleichszahlung für das Geschäftsjahr 2001 und das Rumpfgeschäftsjahr 1. Januar 2002 bis 31. März 2002 berücksichtigt werden. Unter Hinzurechnung dieser Ausgleichszahlung in Höhe von insgesamt € 14,71 pro Aktie ergab sich ein Abfindungswert von insgesamt € 217,91 pro Aktie. Die Wertermittlung des Bewertungsgutachters hat sich die Geschäftsleitung der WpDeutschland GmbH vollumfänglich zu Eigen gemacht und im Übertragungsbericht wiedergegeben.
Auf der Hauptversammlung der WpAG vom 11. Juni 2002, 0,39 % (rund 1.976.122) der Aktien befanden sich noch im Streubesitz, wurde auf der Grundlage des Verlangens der Antragsgegnerin zu 2. (Beteiligte zu 25.) die Übertragung der Aktien der übrigen Aktionäre auf die Antragsgegnerin zu 2. gemäß § 327 a Aktiengesetz zu den dargelegten Werten beschlossen.
Am 16. August 2002 wurde zur Beendigung von Anfechtungsklagen gegen diese Beschlussfassung ein Vergleich (LG Düsseldorf – 35 O 105/02, 35 O 107/02 und 35 O 132/02) zwischen der WpAG und Aktionären der WpAG als echter Vertrag zugunsten Dritter (§§ 328 ff. BGB) dergestalt geschlossen, dass der im Übertragungsbeschluss über den Ausschluss der Minderheitsaktionäre festgesetzte Abfindungswert von € 217,91 um € 10,60 je Aktie auf € 228,51 erhöht wurde und zwar mit Wirkung für alle im Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister der WpAG noch vorhandenen Minderheitsaktionäre der WpAG.
Der Übertragungsbeschluss wurde sodann am 21. August 2002 in das Handelsregister beim Amtsgericht Düsseldorf eingetragen.
Die Antragsteller rügen die Höhe der auf der Hauptversammlung beschlossenen Barabfindung.
Sie sind der Auffassung,
es sei nicht nachvollziehbar, dass im Dezember 2000 die Aktie im Rahmen der Übernahme von einer luxemburgischen Konzerngesellschaft der Nb AG auf die WpAG noch mit 309,31 EUR/Aktie bewertet worden sei und sich der Wert der Aktien sodann bis zum 20.07.2001 auf 206,53 EUR/Aktie gemindert haben solle.
Auch die Unternehmensplanung sei fehlerhaft. So seien die Zukunftsaussichten des Unternehmens zu pessimistisch beurteilt worden. Dies gelte insbesondere bezüglich der Ergebnisplanung im Mobilfunkbereich. Weiterhin sei unberücksichtigt geblieben, dass im Festnetzbereich mit bedeutenden Kostendegressionen zu rechnen gewesen sei.
Auch die anzusetzenden Werte der Reinvestitionsquote seien fehlerhaft. Insbesondere die Reinvestitionsbeträge für die UMTS-Lizenzen seien deutlich zu hoch angesetzt worden. Auch sei der Abzug der ausländischen Ertragsteuer zu hoch. Diese hätten überhaupt nicht abgezogen werden dürfen.
Schließlich sei auch der Kapitalisierungszins fehlerhaft berechnet worden. Der angesetzte Basiszinssatz von 6 % sei deutlich überhöht, es sei von einem Basiszinssatz von höchstens 4,79 % auszugehen. Der Risikozuschlag sei deutlich geringer als 3 %, möglichst bei 0 bestenfalls – zu Gunsten der Antragsgegner – bei einem Prozent.
Der britische Mehrheitsaktionär der WpHolding GmbH habe diese Gesellschaft zum eigenen Vorteil zerschlagen und sich aus der Zerschlagung der Summe von mindestens rd. 60 Milliarden Euro zugeeignet. Daher sei dieser „Minderungsbetrag“ bei der Berechnung des Unternehmenswertes hinzuzurechnen.
Schließlich sei auch der Wachstumsabschlag von 3,5 % noch zu niedrig angesetzt.
Auch die Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens sei nicht nachvollziehbar. Dies gelte sowohl für die Bewertung des Grundbesitzes als auch die Beteiligungen an der C AG und der J, bei der der Verkaufserlös zu niedrig angesetzt worden sei. Gleiches gelte hinsichtlich des Verkaufspreises für die Nb Atecs.
Weiterhin seien die Zahlungen, deren zivilrechtliche Rechtswidrigkeit das Landgericht Düsseldorf bzw. der Bundesgerichtshof in dem Strafverfahren gegen F. und andere festgestellt hat, zu berücksichtigen, auch dann wenn die Alleingesellschafterin der Antragsgegnerin zu 2) erklärte, dass sie keinen Wert darauf lege, diese Beträge erstattet zu erhalten. Vorstand und Aufsichtsrat sei verpflichtet gewesen, diese Beträge von den ehemaligen Vorständen zu beanspruchen und mit Hilfe der Gerichte – auch zwangsweise – einzunehmen.
Weiterhin habe bei der Feststellung der Erträge die im Rahmen der Unternehmenswertermittlung der Nb AG nach § 8 Abs. 5 KStG in der Fassung des Steuersenkungsgesetzes vom 23. Oktober 2000 vorgenommene Pauschalierung der nicht abzugsfähigen Betriebsausgaben nicht erfolgen dürfen. Dies sei auch vom Bundesfinanzhof im Jahre 2006 in der Umsetzung der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes ausdrücklich festgestellt worden, da § 8 Buchst. b Abs. 5 KStG europarechtswidrig gewesen sei. Dass der Gesetzgeber dem Betriebsausgabenabzug im Jahre 2004 zu Beseitigung der europarechtswidrige Diskriminierung auf Inlandserträge erstrecken würde (anstelle ihn gänzlich zu streichen) mit der Folge, dass eine Berücksichtigung dieser Änderung in der Planung einen „Heilungseffekt“ gehabt habe, sei im Jahre 2001 nicht voraussehbar gewesen.
Die Antragsteller beantragen,
eine angemessene Barabfindung der außenstehenden Aktionäre der Nb AG als Folge der am 11. Juni .2002 beschlossen Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre der WpAG/Nb AG auf die WpDeutschland GmbH festzusetzen
die Antragsgegnerinnen beantragen,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Antragsgegnerinnen sind der Auffassung,
die Übertragung der Aktien im Dezember 2000 von einer luxemburgischen Konzerngesellschaft auf die WpAG sei auf der Basis des der Beteiligung der Antragsgegnerin zu 1. seinerzeit zugemessen Verkehrswertes erfolgt. Dieser Wert sei von den Parteien einvernehmlich bestimmt worden. Grundlage der Bewertung seien eine Reihe von im Jahre 2000 von Seiten verschiedener Investmentbanken erstellter Werteinschätzungen gewesen, die mit einfachen statistischen Mittelwert- und Verteilungsverfahren den Minimal-, Maximal- und den Mittelwert des Marktwertes der Nb AG ermittelt hätten. Eine echte Unternehmensbewertung habe dieser Preisermittlung nicht zu Grunde gelegen, diese sei seinerzeit mangels Vorliegen verlässlicher Planzahlen unmittelbar nach der Übernahme sowie dem unerwarteten Ausgang der UMTS-Versteigerung nicht zu erstellen gewesen. Dieser Wert sei daher auf Basis einfacher „Investmentbank-Verfahren“ ermittelt bzw. geschätzt worden. Darüber hinaus sei die zwischen den Stichtagen zu verzeichnende grundlegende Veränderung der Markteinschätzung im Hinblick auf die Zukunftsaussichten von Telekommunikationsunternehmen zu berücksichtigen gewesen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Gutachten des Sachverständigen Xb vom 11. Dezember 2013 sowie die mündliche Anhörung des Sachverständigen im Termin zur mündlichen Verhandlung am 27. März 2014 Bezug genommen.
II.
Die Anträge auf Erhöhung der angemessenen Abfindung (§ 327 a Abs. 1 AktG) sind mit dem sich aus dem Tenor ergebenden Inhalt begründet.
1.
a)
Auf das vorliegende Verfahren ist das vor dem 1. September 2003 geltende Recht anzuwenden (§ 17 Abs. 2 SpruchG).
b)
Die Anträge gegen die Antragsgegnerin zu 1) sind unzulässig. Antragsgegnerin ist lediglich die Antragsgegnerin zu 2) als Hauptaktionärin.
Es entspricht der überwiegenden Meinung, der sich die Kammer anschließt, dass bis zum Inkrafttreten des SpruchG der Antrag gegen den Hauptaktionär zu richten ist (vgl. dazu noch zuletzt: OLG Düsseldorf – I-26 W 4/09 [AktE] – Beschluss vom 4. Juli 2012, OLG Frankfurt NZG 2010, 664, OLG Hamburg NZG 2004, 622; Krieger BB 2002, 53). Im Gegensatz zu Spruchverfahren aus Anlass eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag stehen bei einem Squeezeout die Interessen des Hauptaktionärs im Vordergrund.
2.
Der Wert je Stammaktie der AG wird auf 251,31 EUR (§ 327a Abs. 1 AktG) festgesetzt.. Die auf der Hauptversammlung beschlossene zusätzliche Ausgleichszahlung in Höhe von insgesamt 14,71 EUR bleibt davon – auch in Ansehung der Entscheidung in dem Verfahren des Landgerichts Düsseldorf – 33 O 55/07 [AktE] – unberührt.
Zur Bemessung der angemessenen Barabfindung sind die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung zu berücksichtigen (§§ 327 a Abs. 1, 327 b Abs. 1 AktG).
Angemessen ist eine Abfindung, die dem Aktionär eine volle Entschädigung für den Wert seiner Beteiligung an dem Unternehmen verschafft (vgl. BVerfGE 100, 289, 304, BGH NJW 2003, 3272). Dabei darf die sogenannte „volle“ Entschädigung nicht unter den Verkehrswert liegen, der bei börsennotierten Unternehmen nicht ohne Rücksicht auf den Börsenkurs festzusetzen ist. Da der volle Wert höher sein kann als der Verkehrswert in Ansehung des Börsenkurses, ist sowohl eine Anteilsbewertung über den Börsenkurs als auch über Abstimmung des sogenannten inneren Unternehmenswertes vorzunehmen. Der Börsenkurs stellt nicht die Obergrenze der Bewertung dar. Ergibt die Bewertung nach der Ertragswertmethode einen höheren Wert als er im Börsenkurs zum Ausdruck gekommen ist, ist der höhere Wert maßgeblich (vgl. BGHZ 147, 108, OLG Düsseldorf NZG 2003, 588, Großfeld Unternehmens- und Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., Seite 191).
Nach der Stollwerk-Entscheidung des Bundesgerichtshofes (Beschluss – II ZB 18/09 – vom 19. Juli 2010) ist für die Ermittlung des Börsenwertes der Aktie der gewichtete Durchschnittskurs innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor der Bekanntmachung der Strukturmaßnahme zu ermitteln.
Aufgrund der Feststellungen des Sachverständigen Dipl.-Kaufmann Xb ist aber der danach maßgebliche Durchschnittskurs, den er mit 214,02 EUR/Aktie ermittelt hat, deutlich höher als die den ausgeschiedenen Minderheitsaktionären zunächst zugestandene Abfindung in Höhe von 203,20 EUR, die dann durch den Vergleich in den Anfechtungsverfahren um 10,60 EUR auf 213,60 EUR (ohne die zugestandenen Ausgleichszahlungen für das Geschäftsjahr 2001 (€ 11,77) und für das Rumpfgeschäftsjahr 2002 (€ 2,94) erhöht wurde, aber weitaus geringer als die mit dieser Entscheidung zugesprochene Abfindung. Dementsprechend ist auch unerheblich, ob der Zeitraum zwischen der Bekanntgabe der Strukturmaßnahme und dem Tag der Hauptversammlung noch gering im Sinne der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist.
Aufgrund des nach der Ertragswertmethode ermittelten Unternehmenswertes ist eine höhere Abfindung zuzusprechen
a)
Der Ertragswert wird auf Basis der finanziellen Überschüsse, die bei Fortführung des Unternehmens und Veräußerung etwaigen nicht betriebsnotwendigen Vermögens erwirtschaftet werden, errechnet, wobei in der Regel – auch vorliegend – von einer unbegrenzten Lebensdauer des Unternehmens ausgegangen wird.
Der Ertragswert berechnet sich aus der Summe der mit dem Kapitalisierungszinssatz (nachfolgend d)) abgezinsten Barwerten der den Aktionären künftig zufließenden finanziellen Überschüsse (nachfolgend c)), die aus den künftigen Ertragsüberschüssen des betriebsnotwendigen Vermögens abgeleitet werden.
Die zu kapitalisierenden Nettozuflüsse werden in der Bundesrepublik Deutschland nach der ständigen Praxis der Wirtschaftsprüfer, die von der Rechtsprechung gebilligt wird, bei gesellschaftsrechtlichen und vertraglichen Bewertungsanlässen nach den Empfehlungen des IDW (dazu nachfolgend b)) unter Berücksichtigung der Ertragsteuern des Unternehmens und der aufgrund des Eigentums am Unternehmen entstehenden Ertragsteuern der Aktionäre ermittelt. Bezüglich der Ausschüttung der erwarteten Überschüsse an die Aktionäre ist sowohl die Finanzierung der Ausschüttungen als auch die Erhaltung der Ertrag bringenden Substanz zu beachten.
Das sogenannte nicht betriebsnotwendige Vermögen wird im Rahmen der Unternehmensbewertung grundsätzlich gesondert bewertet und dem Ertragswert hinzuzufügt. Es umfasst solche Vermögensgegenstände, die, ohne dass davon der eigentliche Unternehmenszweck berührt wird, veräußert werden können. Bei der Bewertung des gesamten Unternehmens zum Ertragswert werden die nicht betriebsnotwendigen Vermögensgegenstände und ihre Schulden sowie ggf. dabei anfallende Ertragsteuern unter Berücksichtigung ihrer bestmöglichen Verwertung gesondert bewertet und unter Berücksichtigung der Verwendung freigesetzter Mittel in den Gesamtwert einbezogen.
Die Ertragswertmethode ist allgemein anerkannt, um die „volle“ Entschädigung für das Anteilseigentum zu berechnen (vgl. dazu OLG Düsseldorf- I-26 W 7/07 [AktE]- Beschluss vom 28. Januar 2009, Großfeld, Unternehmens- und Anteilsbewertung, 4. Auflage Seite 39 und 152 ff jeweils m.w.N.). In einem Spruchverfahren ist es jedoch nicht möglich, mit einer naturwissenschaftlichmathematischen Genauigkeit eine objektiv verifizierbare Berechnung vorzunehmen. Vielmehr muss es genügen, wenn das Gericht mit der Unterstützung eines Sachverständigen zu der Überzeugung gelangt, dass eine bestimmte konkret vorgenommene Berechnung auf der Grundlage zutreffende Ausgangszahlen zu einem plausibel hergeleiteten Ergebnis führen (vgl. dazu Landgericht Frankfurt- 3 – 5 0 73/04 – Beschluss vom 04. August 2010 Rdnr. 37 (zit. nach Juris)). Der Unternehmenswert und die angemessene Abfindung sind letztlich zu schätzen (§ 287 Abs. 2 ZPO). Das von der Kammer eingeholten Gutachten des Sachverständigen Xb und seine ergänzende Stellungnahmen – auch in den mündlichen Verhandlungen – sind nach Maßgabe der nachstehenden Erwägungen hinreichend und ausreichend, über die entscheidungserheblichen Bewertungsfragen zu entscheiden und die für die Schätzung erforderlichen Parameter festzustellen.
b)
Die Kammer hält, worauf sie bereits in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich hingewiesen hat, die Anwendung des IDW S1 (2000) welcher am Stichtag galt, für sachgerecht.
aa)
Der in der Rechtsprechung und der Literatur und vom Sachverständigen vertretenen Auffassung, insbesondere in Ansehung des Halbeinkünfteverfahrens sei die Anwendung des IDW S 1 in der Fassung 2005 geboten, wird von der Kammer in nunmehr ständiger Rechtsprechung nicht geteilt. Auch das OLG Düsseldorf hat in nunmehr ständiger Rechtsprechung entschieden, dass für die Bewertung in Spruchverfahren im Regelfall der IDW-Standard anzuwenden ist, der im Zeitpunkt der Unternehmensentscheidung gegolten hat.
Es ist im Hinblick auf das Stichtagprinzip und der Rechtssicherheit praktisch ausgeschlossen – gerade bei über Jahre laufenden Spruchverfahren – einen im Zeitpunkt der Entscheidung im Vergleich zum Ende der Unternehmensmaßnahme abgeänderten Bewertungsstandard rückwirkend anzuwenden (vgl. dazu ausführlich Oberlandesgericht Düsseldorf – I-26 W 2/11 [AktE] – Beschluss vom 21. Dezember 2011, – I-26 W 3/11 [AktE] – Beschluss vom 21. Dezember 2011; – I-26 W 11/11 [AktE] – Beschluss vom 4. Juli 2011; Landgericht Düsseldorf – 33 O 128/06 [AktE] – Beschluss vom 11. Januar 2012; 33 O 133/07 [AktE] und 33 O 137/07 [AktE] – Beschlüsse vom 11. Januar 2012; 33 O 126/06 [AktE] – Beschluss vom 29. August 2012 jeweils m.w.N.)
Darüber hinaus ist zu beachten, dass dem in der Literatur und der Rechtsprechung ständig wiederholten Argument, dass in dem Standard IDW S 1 (2000) die Gesetzesänderung bezüglich des Halbeinkünfteverfahrens noch nicht berücksichtigt wurde, entgegen zu treten ist. Aus dem Anhang des IDW S 1 (2000) folgt, dass in dieser Fassung des IDW S 1 dem Steuersenkungsgesetz, dem der Bundesrat am 14. Juli 2000 zugestimmt und mit dem das Halbeinkünfteverfahren ab dem 1. Januar 2001 eingeführt wurde, bereits Rechnung getragen wurde. Dies bedeutet wiederrum, mit der Einführung des IDW S 1 (2005) ist nicht dem Halbeinkünfteverfahren Rechnung getragen worden sondern der Erkenntnis, dass die Unternehmenswerte zu hoch sein sollen und mit rund 25% niedriger angesetzt werden sollten. Dies Ansicht mag zutreffen oder nicht, führt aber dazu, dass sich die nachträgliche Anwendung des IDW S 1 (2005) auf Fälle, deren Bewertungsstichtage vor der Bekanntgabe des IDW S 1 (2005) liegen, so dass auch der Vertragsprüfer diesen Standard nicht anwenden konnte, verbietet.
Vorliegend lag zum Bewertungsstichtag, der IDW S 1 in der Fassung vor, die vom Hauptfachausschuss des IDW am 28. Juni 2001 (IDW S 1 2000) verabschiedet worden war. Am 18. Oktober 2005 wurde der IDW S 1 2005 verabschiedet. Danach hat es bei dem Bewertungsstichtag gültigen Standard zu verbleiben. Diese Erwägungen werden insoweit und im Grundsatz auch vom Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt – 21 W 15/11 – Beschluss vom 28. März 2014- Wella) geteilt (vgl. OLG Frankfurt a.a.O. Wella Rdnr. 32 bis 45 zitiert nach Juris), wenn es danach auch Ausnahmen zulassen will. Für die Anwendung dieser Ausnahmen sieht die erkennende Kammer jedoch keine rechtliche Grundlage.
bb)
Soweit das Oberlandesgericht Frankfurt diese Ausnahme dann zulässt, wenn der neuere Standard mit einem in Wissenschaft und Praxis anerkannten und dem Gericht nachvollziehbaren echten Erkenntnisfortschritt verbunden ist (OLG Frankfurt Wella Rdnr. 47 zitiert nach Juris), vermag dem die Kammer ebenso wie der Auffassung des Sachverständigen Xb aus Rechtsgründen nicht zu folgen.
Soweit der Sachverständige in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2013 ausführlich dargelegt hat, dass, wenn schon nicht der IDW S 1 2005 angewendet wird, der IDW S 1 2000 zumindest so angewendet werden muss, dass das Halbeinkünfteverfahren – ergänzend zu den im IDW S 1 festgelegten Regeln – konsistent abgebildet wird, ist dies praktisch nichts anderes als eine Umsetzung der vom Oberlandesgericht Frankfurt vertretenen Rechtsauffassung nur in eine „wissenschaftlich exakt ausformulierte rechnerische Form)
Der Sachverständige Dipl. Kfm. Xb hat ausführlich und zunächst nachvollziehbar dargestellt, dass sich die Inkonsistenz insbesondere daraus ergibt, dass gemäß der Regelungen im IDW S1 2000 (IDW S1 2000, Tz. 99) hinsichtlich der persönlichen Besteuerung zwar eine Alternativanlage in eine risikofreie Anlage, die einer vollen Besteuerung unterliegt, unterstellt wird, jedoch der zur Berücksichtigung der Unsicherheit der finanziellen Überschüsse erforderliche Risikozuschlag vor persönlichen Steuern üblicherweise auf Grundlage von Aktienrenditen abgeleitet wurde (IDW S1 2000, Tz. 94-98), die mit Einführung des Halbeinkünfteverfahrens aber keiner vollständigen persönlichen Besteuerung unterliegen. Des Weiteren wird im IDW S1 2000 (IDW S1 2000, Tz. 44) eine empirisch nicht beobachtbare und unter Geltung des Halbeinkünfteverfahrens steuerlich oftmals nicht vorteilhafte Vollausschüttung unterstellt (Wagner et. al., Weiterentwicklung der Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen, WPg 2004, S. 894; Jonas, Ausschüttungsverhalten und Betafaktor deutscher Aktiengesellschaften, FB 2006, S. 482 f.; WP Handbuch, Bd. II, 2002, A Tz. 120). Dies war dann auch Veranlassung, dass der HFA des IDW am 9. Dezember 2004 den Entwurf und am 18. Oktober 2005 die Neufassung des IDW S1 (IDW S1 2005) verabschiedet hat.
Die erkennende Kammer verkennt nicht, dass mit der Hinwendung vom Standard IDW S 1 2000 zum Standard IDW S 1 2005 ein in der Fachliteratur und der Praxis anerkannter Paradigmenwechsel verbunden war (OLG Frankfurt Wella Rdnr. 50 zitiert nach Juris).
Entscheidender Unterschied der Standards ist, wie auch in dem vorliegenden Verfahren der Sachverständige Xb ausgeführt hat, die Neuorientierung bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes, die durch die Abkehr des Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren veranlasst war. Hiernach beruht die Ableitung des Kapitalisierungszinssatzes nicht mehr auf der Überlegung einer risikoadjustierten Alternativanlage in festverzinsliche Wertpapiere. Vielmehr wird nunmehr die Anlage in ein Aktienportfolio angenommen. Gleichzeitig erfolgt die technische Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes unter Anwendung des Tax CAPM und nicht mehr auf der Basis des Standard CAPM. Zudem beinhaltet der neue Standard maßgeblich eine Abkehr von der Vollausschüttungsannahme (zitiert von OLG Frankfurt Wella Rdnr. 51 zitiert nach Juris).
Die Einführung des Halbeinkünfteverfahrens alleine vermag aber die Qualifizierung einen Paradigmenwechsel und damit eine Änderung des anzuwendenden Standards in einem laufenden Spruchverfahren nicht zu begründen.
Bereits der IDW S 1 2000 hat, wie bereits ausgeführt wurde, diese Halbeinkünfteverfahren berücksichtigt hat (so auch OLG Frankfurt Wella Rdnr. 57 zitiert nach Juris). Auch bezüglich der Wahl der Alternativanlage liegt kein Verstoß gegen den Grundsatz der Steueräquivalenz vor. Auch wenn bei Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens ein Kapitalsteuersatz von 17,5 % unterstellt wird, bei der Alternativanlage hingegen ein Steuersatz von 35 % zu Grunde gelegt wird, zwingt dies nicht zu einer Anwendung des IDW S 1 2005. Eine identische Höhe der Besteuerung ist nicht erforderlich, entscheidend ist nur die zutreffende steuerliche Einordnung. Die steuerliche Einordnung der im Standard IDW S1 2000 unterstellten Alternativanlage, nämlich ein risikoäquivalentes Wertpapier, ist aber zutreffend erfolgt, weil Anleihen auch im Rahmen des Halbeinkünfteverfahrens mit 35 % besteuert wurden (so auch OLG Frankfurt Wella Rdnr. 59 zitiert nach Juris).
Entscheidend für die Annahme eines Paradigmenwechsels können damit lediglich die Wahl der optimalen Alternativanlage und die Annahme der Vollausschüttung sein.
Diese beiden Einzelaspekte vermögen aber im Ergebnis die aus den vorgenannten Argumenten nicht gebotene Änderung des Bewertungsstandards in einem laufenden Spruchverfahren auch nicht zu rechtfertigen. Auch die vom Sachverständigen Xb herausgearbeiteten Inkonsistenzen des IDW S 1 2000 sind nicht zu korrigieren.
Ansonsten gelangt man praktisch zu einer Anwendung des IDW S 1 2005, wie es vom Oberlandesgericht Frankfurt tatsächlich angenommen wurde. Rechnerisch würden sich die Werte, wie der Sachverständige auch dargestellt hat, nicht mehr wesentlich unterscheiden. Die wirtschaftswissenschaftlich möglicherwiese gebotene konsistente Anwendung des IDW S 1 2000, also über dem in diesem Regelwerk festgelegten Berechnungsgrundlagen hinaus würde zu einer von der oben dargestellten Rechtsprechung – aus Rechtsgründen – verworfenen Anwendung eines zum Stichtag nicht geltenden Regelwerkes führen, wie es auch das Oberlandesgericht Frankfurt angenommen hat.Für den Aktionär würden damit alle Nachteile – auch unter Berücksichtigung länger dauernder Spruchverfahren – eintreten, die gerade durch die reine Anwendung des zum Bewertungsstichtag geltenden Regelwerkes vermieden werden sollen.
Ob man die Anwendung des IDW S 1 2005, der im Vergleich zur „unbereinigten“ Anwendung des IDW S 1 2000 zu rund 25% geringeren Unternehmenswerten führt, mit der – aus den dargestellten Rechtsgründen nicht zutreffenden – Übergangsregel des IDW S 1 2005 (Fußnote 1 des IDW S1 2005) begründet oder zum praktisch gleichen Ergebnis mit einer im Regelwerk des IDW S 1 2000 nicht vorgesehen Berechnungsmethode kommt, mag sie im Hinblick auf das zu berücksichtigende Steuerrecht und die tatsächlichen Verhältnisse auch konsistent sein, ist im Ergebnis unerheblich. Es wird immer eine Methode angewendet, die nicht der Bewertungspraxis zum Stichtag entspricht.
Der Sinn des Spruchverfahrens ist es jedoch zu überprüfen, ob die zum Stichtag geltende Bewertungsmethode, die, richtig angewandt, auch eine Vergleichbarkeit der Unternehmenswerte zu einem bestimmten Stichtag ermöglicht, tatsächlich durch das Unternehmen und den Vertragsprüfer auch unter Berücksichtigung der Einwände der Aktionäre dem in der Wissenschaft und der Rechtsprechung – zumindest auch – anerkannten Regelwerk zum Bewertungsstichtag entspricht. Ändert man aber das Regelwerk, sei es durch eine Änderung des Textes, sei es durch eine praktische Änderung und/oder konsistentere Methode der tatsächlichen Anwendung der Regeln im Hinblick auf die tatsächlichen rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse, sei es – wie das Oberlandesgericht Frankfurt mit dem in der Rechtsordnung nicht vorgesehen Begriff und der Rechtfertigung „Paradigmenwechsel“ wird im Spruchverfahren nicht mehr eine Überprüfung der angewandten Regeln zum Stichtag vorgenommen sondern eine Neubewertung mit neuen um Stichtag nicht bekannten, nicht allgemeingültigen und akzeptierten Methoden und Regeln. Dieses ist aber, wie in den zitierten Entscheidungen ausführlich dargestellt, gerade nicht Sinn und Zweck des Spruchverfahrens. Insbesondre auch wegen des von den Antragsgegnern aber auch vom Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt Wella Rdnr. 60 zitiert nach Juris) hervorgehobenen Grundsatzes „Bewerten heißt Vergleichen“ (Moxter, Grundsätze ordnungsgemäßer Unternehmensbewertung, 1983 S. 123f – zitiert nach Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 29. Oktober 2013 Seite 9) muss es bei der Anwendung des IDW S 1 2000 auch in der möglicherweise inkonsistenten Anwendung verbleiben. Vergleichbar sind Unternehmen zu einem Bewertungsstichtag nur, wenn sie nach der gleichen Methode, also auch identischen Grundparametern verglichen werden. Wenn – wie vorliegend – sich während eines länger andauerndes Spruchverfahren die wissenschaftliche Erkenntnisse zu einzelnen Bewertungsparametern ändern, aber diese neueren Erkenntnisse nunmehr auf diese noch nicht abgeschlossenen Bewertungsverfahren angewendet werden, wird gerade dieser Grundsatz des „Vergleichens“ aufgehoben ja geradezu umgedreht. Die Bewertungen von Unternehmen zu einem Stichtag sind gerade nicht mehr vergleichbar, sie werden vielmehr abhängig gemacht von der Konsistenz oder Inkonsistenzen der Meinungsbildung in der betriebswirtschaftlichen Wissenschaft und dem Zeitpunkt der rechtskräftigen Entscheidung zu einem Bewertungsfall. Das auch der IDW S 1 2005 zahlreichen Einwendungen ausgesetzt ist, zeigt das Oberlandesgericht Frankfurt ausführlich auf (vgl. OLG Frankfurt Wella Rdnr. 63 zitiert nach Juris). Ob diese Argumente in der allerletzten Konsequenz wirtschaftswissenschaftlich tragen oder nicht, kann und muss die Kammer nicht beantworten. Sie zeigen aber auf, dass ein stark kritisiertes Bewertungsmodell (IDW S 1 2000) durch ein ebenfalls erheblichen Einwendungen ausgesetztes Modell (IDW S 1 2005) ausgetauscht werden soll bzw. ab dem Jahre 2005 auch ersetzt worden ist.Letztlich drängt sich der Eindruck auf, dass der IDW S 1 2005 die Folge der von interessierter Seite verbreiteten Ansicht ist, mit der konsequenten Anwendung des IDW S 1 2000 würden zu hohe Unternehmenswerte errechnet (vgl. dazu auch OLG Frankfurt Wella Rdnr. 67 zitiert nach Wella). Dies mag – aus der Sicht der Unternehmen – so sein oder – aus der Sicht der Minderheitsaktionäre – auch nicht. Der IDW S 1 2005 mag sich in der Praxis und Wissenschaft auch durchgesetzt haben, was die den Minderheitsaktionären zugewandte Wissenschaft natürlich durchgehend bestreitet, dies alles rechtfertigt es jedoch nicht – in einem laufenden Spruchverfahren – den Standard zu wechseln und eine wissenschaftliche Unsicherheit durch eine andere neue Unsicherheit zu ersetzten.
c)
Wie bereits dargestellt, bestimmt sich nach dem Ertragswertverfahren der Wert eines Unternehmens durch den Barwert der mit dem Eigentum an dem Unternehmen verbundenen Nettozuflüsse an die Unternehmenseigner. Dieser Wert beruht auf den finanziellen Überschüssen, die bei Fortführung des Unternehmens und Veräußerung etwaigen – nicht betriebsnotwendigen – Vermögens in Ansehung der nicht widersprüchlichen und als noch realistisch anzusehenden Planungen (dazu nachfolgend aa)) erwirtschaftet werden sollen (dazu nachfolgend bb)).
aa)
Von dem Sachverständigen wurden die in die Zukunft gerichteten Planungen des „Nb Konzerns“ und die darauf aufbauenden Prognosen geprüft. Er hat dabei keine wesentlichen Unstimmigkeiten vorgefunden. Soweit er – ergänzend zu den eigenen Berechnungen der Antragsgegnerinnen – in seinem Gutachten eine „Grobplanungsphase“ eingeführt hat, diente diese alleine dazu, die Transparenz der Ermittlung des Wachstumsabschlags zu erhöhen. Aufgrund der ausführlichen Erörterungen und als Ergebnis der Anhörung des Sachverständigen in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2013 erachtet es die Kammer jedoch für sachgerecht, die Planungsrechnung der Antragsgegnerinnen – mit der nachfolgenden Einschränkung bezüglich der Reinvestitionskosten für die UMTS-Lizenzen – zu übernehmen. Insbesondere sollen auch die Planphasen des Unternehmens, die so von dem Vorstand beschlossen wurden, übernommen werden.
Soweit von den Antragstellern gegen die Feststellungen der Planzahlen eingewandt wird, sie würden die rasante Entwicklung im Telekommunikationsbereich nicht hinreichend berücksichtigen und andererseits seitens der Antragsgegnerinnen eingewandt wird, ihre Planungen seien viel zu ambitioniert gewesen, sind diese nicht geeignet, durch das Gericht eine Neuplanung vorzunehmen.
Im Rahmen der Tatsachenfeststellungen zur Unternehmensbewertung in einem Spruchverfahren sind nach der ständigen Rechtsprechung die in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen der Erträge durch ein Gericht nur eingeschränkt zu prüfen.
Planungen und Prognosen sind ureigenste unternehmerische Entscheidungen der Geschäftsführung und auf zutreffende Informationen und daran orientierten realistischen Annahmen aufzubauen. Weiterhin dürfen sie nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere – letztlich ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts ersetzt werden (vgl. Landgericht Frankfurt a.a.O. Rdnr. 34; OLG Stuttgart – 20 W 9/8- Beschluss vom 13.03.2010; OLG Frankfurt/Main – 5 W 51/09 – Beschluss vom 22.12.2010).
Die Berechnung der sich aus den Planzahlen ergebenden Ausschüttungen, die maßgeblich sind für die Ermittlung der Barwerte, ist nach der Prüfung durch den Sachverständigen nur in einem Punkt zu korrigieren.
bb)
Dies betrifft die berücksichtigungsfähige Reinvestitionsrate neuer UMTS-Lizenzen.
UMTS war die dritte Generation der Mobilfunktechnologie und beschreibt eine Technik zur Übertragung von Datenvolumen aus bzw. von mobilen Endgeräten. Zum Zeitpunkt der Versteigerung der UMTS Lizenzen im August 2000 gab es weder die funktionsfähigen Netze noch die entsprechenden Endgeräte. In der Folge verschob sich der Start des UMTS-Netzes aufgrund von technischen Unzulänglichkeiten immer mehr in die Zukunft und es zeichnete sich ab, dass andere, sehr viel leistungsfähigere Standards geeigneter und kostengünstiger waren, um den mobilen Datenverkehr der Bevölkerung zu ermöglichen. Diese technischen Probleme und die bereits absehbare rasante Entwicklung anderer im Vergleich zu UMTS deutlich verbF.ter und kostengünstiger Übertragungsstandards von Daten an mobile Empfangsgeräte machten es auch im Jahre 2002 praktisch unmöglich, die Reinvestitionskosten nach Ablauf der UMTS Lizenzen im Jahre 2020 abzuschätzen. Dementsprechend wurde die Ersteigerung der UMTS-Lizenzen bereits zum damaligen Zeitpunkt von Vorständen der Telekommunikationsunternehmen als der „größte Blödsinn der Geschichte“ (so der Vorstand der Nb Mobilfunk GmbH) bzw. als „ökonomischer Wahnsinn“ (so der Vorstand der T-Mobile René Obermann) dargestellt. Die tatsächlichen Hintergründe werden aus einem Urteil des Oberlandesgerichts Köln – 18 U 90/05 – vom 27.04.2006 deutlich, dessen Inhalt durch den Sachverständigen wie folgt zusammengefasst wurde:
„Nach Darstellung des Gerichtes wurde die UMTS-Technologie allgemein als der Kulminationspunkt für die Wachstumschancen der gesamten Mobilfunkbranche in Deutschland angesehen, was zu einer sehr hohen Preisbereitschaft bei allen Interessenten geführt habe. Die Deutsche Telekom AG und auch die anderen Marktführer seien davon ausgegangen, dass zu viele Wettbewerber vorhanden waren und der Markteintritt von Newcomern ohne eigenes Mobilfunknetz möglichst verhindert werden sollte. Dementsprechend hätte auch die Verdrängung eines Mitbewerbers nach verbreiteter Meinung ein Angebot in Milliardenhöhe gerechtfertigt. Ausweislich des genannten Urteils hat die Deutsche Telekom AG dargelegt, dass die Strategie, einen oder mehrere Mitbieter aus dem Wettbewerb zu drängen bzw. zu schwächen, wirtschaftlich sinnvoll war und aus damaliger Sicht eine zusätzliche Investition im Milliardenbereich gerechtfertigt erschien. Insgesamt ist aus der Urteilsbegründung ableitbar, dass im Rahmen der deutschen UMTS-Versteigerung die beteiligten Unternehmen, insbesondere aber wohl T-Mobile, den Preis bewusst nach oben gebracht haben, um lästige Wettbewerber aus dem Markt zu drängen“.
Daher lagen nach den Feststellungen des Sachverständigen bezüglich dieser Reinvestitionsrate auch keinerlei Planungen vor. Weder zum damaligen Zeitpunkt noch heute kann die Frage beantwortet werden, ob nach Ablauf der UMTS-Lizenzen im Jahre 2020 eine weitere Lizenz zur Nutzung der UMTS-Technologie oder einer Anschluss-Technologie und wenn, zu welchem Preis zu erwerben sein wird. Nach den Feststellungen des Sachverständigen hat sich der Vorstand der Nb AG zur Höhe der Reinvestitionsrate insbesondere der UMTS-Lizenzen weder in der Planung für die Geschäftsjahre bis 2005 noch in der unverbindlichen Fortschreibung der Planung für die Jahre bis 2010 geäußert. Weitergehende Unterlagen sind nicht vorgelegt worden. Dementsprechend kann auch der Ansatz der Reinvestitionsrate nicht Bestandteil der Prognosen der Vorstände der beteiligten Gesellschaft gewesen sein. Die in dem Bericht zur Hauptversammlung dargestellte Begutachtung des Erstbewerters M, die ab dem Jahre 2010 eine jährliche Abschreibung in Höhe von 570.000.000 EUR für diese Lizenzen vorgesehen hat bedeutet, dass nach Ablauf der ursprünglichen UMTS-Lizenz im Jahre 2020, die für rd. 8,5 Milliarden EUR erworben wurde, die neue Lizenz zu einem weit über dem Preis der Erstlizenz liegenden Betrag erworben werden soll. Für eine derartige Annahme gibt es aber keinerlei Grundlage. Wie der Sachverständige auch nach der Einschätzung der Kammer zutreffend festgestellt hat, geht der Ansatz einer derartigen Reinvestitionsrate von einer Verlängerung der UMTS-Lizenz nach Ablauf des Jahres 2020 aus. Es wird jedoch nicht berücksichtigt, dass es sich bei UMTS im Jahre 2020 um bereits eine am Markt eingeführte Technologie handelt, so dass der ursprüngliche Innovationscharakter bei Erstvergabe der Lizenz im Jahre 2000 fehlt. Die Exklusivität dieser neuen Technologie wird bei einer erneuten Versteigerung in keinem Fall mehr gegeben sein. Es wird daher in jedem Fall der Anreiz fehlen, wenn es im Jahre 2020 überhaupt noch UMTS geben wird, woran deutliche Zweifel erlaubt sein dürfen, in den Erwerb dieser Lizenz nochmals erhebliche Mittel zu investieren.
Dazu führt der Sachverständige auch aus:
Bereits die unveränderte Übernahme des Abschreibungsbetrages für die UMTS-Lizenz aus dem Jahr 2010/2011 von € 570,3 Mio. in die Phase der ewigen Rente stößt auf erhebliche Bedenken:
Die Abschreibung der UMTS-Lizenz erfolgte nach dem Erwerb nicht linear über die Laufzeit, sondern entsprechend UK GAAP nutzungsabhängig und demzufolge in den ersten Jahren wegen fehlender Nutzung mit geringen Beträgen. Der Abschreibungsbetrag betrug in der ersten Planperiode € 0,2 Mio. und stieg kontinuierlich auf € 570,3 Mio. an, um ab 2007/2008 auf diesem Niveau zu verharren. Im Betrag von € 570,3 Mio. ist damit aufgrund der nutzungsabhängigen Abschreibungsmethode ein „Nachholeffekt“ gegenüber einer linearen Abschreibung enthalten.
Für die Ermittlung der Reinvestitionsquote in der Phase der ewigen Rente ist zunächst auf eine Abschreibungsmethode abzustellen, die die gesamten Anschaffungskosten des Jahres 2000 von € 8,5 Mrd. – aber auch nicht mehr – aufwandswirksam verteilt. Bei unterstellter linearer Abschreibung eines unveränderten Investitionsbetrages ausschließlich für die Phase der ewigen Rente über 20 Jahre ergäbe sich eine Abschreibung je Jahr von lediglich € 410,0 Mio. Der nahezu 40 % über diesem Wert liegende Ansatz von € 570,3 Mio. in der Phase der ewigen Rente wäre nur mit erheblichen Preissteigerungen künftiger UMTS-Lizenzen zu erklären, die jedoch erstmals bei der nächsten Folgeinvestition im Jahr 2020 zu tragen kommen könnten.
Der vom Erstbewerter unterstellte Ansatz eines Betrages von € 570,3 Mio. als Reinvestitionsrate ab dem Geschäftsjahr 2010/2011 hatte aufgrund der gleichzeitigen Verwendung eines Wachstumsabschlags in der Phase der ewigen Rente bereits eine stetige Steigerung der fortgeführten Abschreibungen zur Folge.
Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die auf diese Weise abgebildete preissteigerungsbedingte Erhöhung der Aufwendungen für die Abschreibung der bereits im Jahr 2000 erworbenen UMTS-Lizenz unzweifelhaft nicht sachgerecht wäre. Eine Preissteigerung wäre als Sprungintervall erstmals für eine Ersatzinvestition in eine neue UMTS-Lizenz im Jahr 2020/2021 zu berücksichtigen.
Die Kammer vermag auch der Ansicht des Sachverständigen zu folgen, dass noch ein Anteil für die noch zu erwerbende Lizenz zu berücksichtigen ist. Dies zeigen bereits die umfangreichen Berechnungen, die der Sachverständige insoweit vorgenommen hat. Diese beruhen auf europaweite Beobachtungen. Sie sind zwar im Ergebnis auch noch spekulativ. Im Jahre 2002 konnte niemand vorhersagen, mit welcher Technologie und auch mit welchem technischen und finanziellen Aufwand im Jahre 2020 der mobile Datenverkehr abgewickelt wird. Da diese Erkenntnis auch in den maßgeblichen Planungsgremien der Nb AG nicht vorhanden war, konnten und haben diese keine entsprechenden seriösen Planung vorgenommen. Andererseits ist auch aufgrund der ausführlichen Diskussion im Rahmen der Erörterungstermine mit dem Sachverständigen nicht zu verkennen, dass es zu einer Neulizensierung kommen wird.
Die Kammer schließt sich auch den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu Pn an, bezüglich dessen er ausgeführt hat:
Die Geschäftstätigkeit von Pn konzentriert sich auf die Errichtung und den Betrieb eines Mobilfunknetzes in Italien. Mit der Marke „Pn Wp“ war Pn der zweitgrößte Mobilfunkanbieter in Italien. Pn verfügte über einige operativ tätige Tochtergesellschaften, die sich im Wesentlichen mit mobilfunknahen Dienstleistungen bzw. deren Entwicklung und Verbreitung beschäftigen, wie beispielsweise der elektronischen Bezahlung über Mobiltelefone.
Bei den nachstehend dargestellten Planwerten handelt es sich um eine konsolidierte Planung des Pn-Teilkonzerns, d.h. inkl. der Tochtergesellschaften. Da diese Gesellschaften sowohl vom Umsatz als auch vom Ergebnisbeitrag zum Bewertungszeitpunkt von untergeordneter Bedeutung waren, wird im Folgenden ausschließlich auf die Verhältnisse von Pn eingegangen.
Der italienische Mobilfunkmarkt galt zum Bewertungsstichtag als einer der am weitesten fortentwickelten Mobilfunkmärkte in Europa und war durch seine hohe Wettbewerbsintensität gekennzeichnet. Dies ist insofern bemerkenswert, als bis 1995 eine faktische Monopolsituation gegeben war, die durch die dominierende Marktpräsenz der U S.p.A., Turin/Italien (nachfolgend auch TIM), einer Tochtergesellschaft der ehemaligen staatlichen Telefongesellschaft U S.p.A., Rom/Italien geprägt wurde. Der ab 1995 tätige, erste private Mobilfunkanbieter in Italien war Pn.
Bis 1998 waren in Italien mit TIM und Pn zunächst nur zwei Mobilfunkgesellschaften am Markt aktiv. Erst Anfang 1999 kam als weiterer Wettbewerber Xj Telecomunicazioni S.p.A., Rom/Italien (nachfolgend auch Xj), und ein Jahr später Ck Telecomunicazioni S.p.A., Neapel/Italien (nachfolgend auch Ck), hinzu, so dass zum Bewertungszeitpunkt das Wettbewerbsumfeld durch insgesamt vier Mobilfunkgesellschaften geprägt war. Mobilfunkstandard aller Anbieter war der GSM-Standard.
Der Ende 2001 mit einem Marktanteil von 46,7 % mit Abstand größte Anbieter war TIM, gefolgt von Pn mit 32,4 % und Wind mit rd. 15,4 %. Ähnlich wie Rv in Deutschland hat auch der vierte Anbieter Ck seine Tätigkeit erst vergleichsweise spät aufgenommen und verfügte dank hohem Kundenzulauf 2001 bereits über einen Marktanteil von rd. 5,5 %. Infolge der Marktliberalisierung entwickelte sich in den 1990er Jahren eine nicht vorhersehbare Wachstumsdynamik, die dazu führte, dass der italienische Markt von 1997 bis etwa Mitte 2000 im Hinblick auf die Teilnehmerzahlen der größte in Europa war. Die hohen Teilnehmerzuwächse führten nicht nur zu einem der größten Mobilfunkmärkte Europas sondern auch zu außergewöhnlich hohen Penetrationsraten. Im europäischen Vergleich hatte der italienische Markt eine führende Position in Bezug auf Mobilfunkteilnehmer und Penetration. Trotz der bereits vorhandenen hohen absoluten wie relativen Abdeckung der Bevölkerung mit SIM-Karten wurden dem italienischen Mobilfunkmarkt zum Bewertungsstichtag weiterhin beachtliche Wachstumschancen bescheinigt. Anders als im deutschen Mobilfunkmarkt, für den eine maximale Penetrationsrate von rd. 80 % erwartet wurde, hielt man in Italien eine Penetrationsrate von über 100 % für sehr wahrscheinlich.
Penetrationsraten oberhalb der 100 %-Marke konnten bereits in Luxemburg beobachtet werden. Aufgrund der geographischen Lage und des damit verbundenen hohen Anteils an Grenzgängern, die über eine SIM-Karte bzw. Mobilfunkgerät verfügten, wurden statistisch mehr Mobilfunkteilnehmer als Einwohner erfasst.
Als ursächlich für die in Italien hohe Penetrationsrate galt daneben die weite Verbreitung von Prepaid-Verträgen. Kunden besaßen zur Ausnutzung des jeweils günstigsten Tarifs mehrere Prepaid-Karten bzw. Mobiltelefone. Nicht zuletzt hat dieser Sachverhalt auch zu dem starken Anstieg der Teilnehmerzahlen beigetragen.
Der in Italien hohe Verbreitungsgrad von Prepaid-Verträgen führte – anders als in Deutschland – nicht zu hoch subventionierten Prepaid-Angeboten.
Zu Beginn des Jahres 2002 waren am italienischen Mobilfunkmarkt, trotz der Auffassung, dass Penetrationsraten größer 100 % möglich sind, mit dem Erreichen einer 90 %igen Penetration erste Anzeichen einer Marktsättigung erkennbar, mit der Folge langsameren Wachstums. Da gleichzeitig die Kunden in der Lage waren, nahezu frei zwischen Anbietern und Tarifen zu wechseln, galt es für Mobilfunkanbieter in Italien, durch die Entwicklung neuer Produkte die Kundenbindung zu steigern.
Im italienischen Mobilfunkmarkt war das erste Halbjahr 2002 durch hohe Umsatzzuwachsraten im Datenverkehr gekennzeichnet. Zwar stellten Sprachdienste unverändert das Kerngeschäft dar, doch konnten insbesondere durch SMS erhebliche Umsatzsteigerungen erzielt werden. Ferner führte die zunehmende Nutzung von GPRS-Diensten zu deutlichem Wachstum bei Datendiensten. Mit der Einführung von Flatrate-Tarifen versuchten die Mobilfunkanbieter zum einen höhere Umsätze aus der vermehrten Nutzung von Datendiensten zu erzielen. Gleichzeitig sollte mit den Tarifen aber auch die Kundenbindung verstärkt werden.
Die italienischen UMTS-Lizenzen wurden im Oktober 2000 versteigert. An der Versteigerung beteiligten sich neben den vier etablierten Mobilfunkgesellschaften die Konsortien. Von den maximal erhältlichen fünf Lizenzen mit einer Laufzeit von 15 Jahren erhielten Pn und die Konsortien mit einem Gebot von jeweils rd. € 2,45 Mrd., sowie aaa mit jeweils rd. € 2,42 Mrd. den Zuschlag. Mit Ck erhielt erstmals bei einer europäischen UMTS-Auktion ein etablierter GSM-Anbieter keine Lizenz, was darauf zurückzuführen war, dass die Gesellschafter von Ck kurz vor der Auktion von der Teilnahme an der Versteigerung zurücktraten.
Mit Ausnahme der in Deutschland deutlich höheren Anschaffungskosten – der Preis der von E3 in Deutschland ersteigerten UMTS-Lizenz lag um rd. 350 % über dem Preis der italienischen Lizenz von Pn – sind die Ungewissheiten über den wirtschaftlichen Erfolg der UMTS-Technologie von D2 auf Pn übertragbar. Auch bei Pn lag zum Bewertungszeitpunkt das Kernproblem bei der Beurteilung der UMTS-Technologie in der Frage, wie der künftige Bedarf für mobile Telekommunikationsdienstleistungen konkret aussehen würde.
Zwar führte die Versteigerung der UMTS-Lizenzen in Italien aufgrund der Uneinigkeit der Ck-Gesellschafter zu im europäischen Vergleich unerwartet niedrigen Lizenzkosten. Dennoch bestand bei allen Anbietern die Notwendigkeit, zeitnah UMTS-Dienstleistungen anzubieten, damit die Lizenzinvestitionen zu entsprechenden Einnahmen führen konnten. Gleichzeitig und aufgrund des noch nicht vollständig aufgebauten UMTS-Netzes wurde die geplante UMTS-Einführung von 2001 auf Ende 2002 verschoben. Dennoch wurde am Markt erwartet, dass in einem Best-Case-Szenario Ende 2003 bereits mehr als 1 Mio. Kunden UMTS nutzen würden. Bis Ende 2005 sollte sich dieser Wert erwartungsgemäß mehr als verzehnfachen.
Für die Beurteilung des zukünftigen Wettbewerbsumfeldes war allerdings auch zu berücksichtigen, dass an der UMTS-Versteigerung zwei Gesellschaften erfolgreich teilnahmen, die bis dahin noch nicht aktiv auf dem italienischen Markt tätig waren und demnach auch noch über keine Kundenbasis verfügten. Gleichzeitig erhielt Ck als etablierter Mobilfunkanbieter keine Lizenz. So wurde bereits damals davon ausgegangen, dass Ck kurzfristig durch Konkurrenten übernommen bzw. zerschlagen wird und als Mobilfunkanbieter nicht mehr am Markt auftritt. Im Weiteren hatte bereits das Konsortium IPSE 2000 den Start seines Mobilfunkbetriebes verschoben. IPSE 2000 stieg nicht wie geplant in den GSM/GPRS-Markt ein, sondern sollte erst mit UMTS-Diensten eine eigene Kundenbasis schaffen. Hintergrund waren die unsicheren Perspektiven hinsichtlich der UMTS-Technologie sowie Uneinigkeiten innerhalb der Anteilseigner U. Madrid/Spanien, und U Stockholm/Schweden. Pn ging davon aus, dass die fünf UMTS-Lizenznehmer zukünftig am Markt auftraten und es insoweit zu mindestens einem weiteren Netzbetreiber im italienischen Mobilfunkmarkt kommen würde, der die Wettbewerbsbedingungen weiter verschärft.
Neben UMTS galt zum Bewertungsstichtag in Italien vor allem Wi-Fi als erfolgsversprechende Technologie. So genannte Hot-Spots waren bereits mit großem Erfolg an Flughäfen und Hotels eingerichtet worden und erfreuten sich einer zunehmenden Beliebtheit.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass für den italienischen Mobilfunkmarkt aus Sicht des Jahres 2002 trotz einer bereits hohen Penetrationsrate von weiterem Teilnehmerwachstum ausgegangen wurde, wenn auch auf deutlich geringerem Niveau. Dieses Wachstum wurde insbesondere auf die Nutzung von Zweit- bzw. Dritt-SIM-Karten zurückgeführt. Durch die bevorstehende Einführung von UMTS-Diensten erhofften sich die Mobilfunkgesellschaften weitere Impulse, so dass durch eine zunehmende Nutzung mit weiterem Wachstum gerechnet wurde. Insbesondere wegen der nicht hinreichend konkretisierten Verwendung der UMTS-Technologie für spezifische Mobilfunkprodukte war diese grundsätzlich positive Zukunftserwartung jedoch mit Unsicherheiten behaftet.“
Berücksichtigt man diese Erwägungen des Sachverständigen und seine Berechnungen der voraussichtlichen Kosten für eine Neulizensierung, denen die Kammer auch nach den ausführlichen Erörterungen insbesondere in dem Spruchverfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag errechnet sich ein Neulizenzpreis für E3 in Höhe von 4.543,3 Mio. EUR, der sich auf Grundlage eines laufzeitgewichteten europäischen Durchschnittspreises von 16,43 EUR p.a. je Einwohner ohne Berücksichtigung von Inflation ergibt (Sachverständigengutachten vom 11. Dezember 2013, S. 90).
Auf Grundlage des gleichen Vorgehens ergibt sich für Pq ein Neulizenzpreis in Höhe von € 2.848,2 Mio. (Sachverständigengutachten vom 11. Dezember 2013, S. 109).
Die Korrektur betrifft lediglich die Phase der ewigen Rente und wurde, entsprechend dem Vorgehen des Erstbewerters, in eine Annuität umgerechnet
Daraus ergeben sich für die Ermittlung des Barwertes der WpAG folgende zu berücksichtigende Ausschüttungen, durch die Annuität bei Arcor wird berücksichtigt, dass bei Arcor zum Ende der Detailplanungsphase (2005/2006) noch ein Verlustvortrag besteht, durch die Annuität bei UMTS wird die dargestellte Korrektur der Reinvestitionsrate berücksichtigt und durch die Korrektur beim „nachhaltigen Zinsergebnis“ wird das Zinsergebnis im Jahr 2006/2007 an den dort bestehenden Fremdkapitalbestand und die nachhaltigen Zinssätze angepasst.
WpAG
Detailplanung
Ewige Rente
2002/2003
2003/2004
2004/2005
2005/2006
ab 2006/2007
Ertragswert
Mio. €
Mio. €
Mio. €
Mio. €
Mio. €
EBIT
4.045
4.499
5.496
7.307
7.544
Zinsergebnis
1.176
1.296
1.352
1.399
1.445
Ergebnis vor Steuern
5.221
5.794
6.848
8.706
8.989
Unternehmenssteuern
-2.071
-2.304
-2.700
-3.392
-3.502
Ergebnis nach Steuern
3.150
3.490
4.148
5.314
5.486
auf Minderheiten entfallendes Ergebnis
870
938
1.139
1.542
1.592
zur Ausschüttung verfügbares Ergebnis
2.280
2.552
3.009
3.772
3.894
Ausschüttungen
2.280
2.552
3.009
3.772
3.894
Persönliche Ertragsteuer auf Ausschüttungen
399
447
527
660
681
Ausschüttung nach persönlichen Ertragsteuern
1.881
2.105
2.483
3.112
3.213
Fiktive steuerfreie Zurechnung von Thesaurierungen
Annuität Verlustvortrag B
-4
Annuität UMTS-Lizenzen
62
Korrektur nachhaltiges Zinsergebnis
56
zu kapitalisierende Nettoausschüttungen
1.881
2.105
2.483
3.112
3.326
33
d)
Der Kapitalisierungszinssatz errechnet sich aus dem so genannten Basiszins (nachfolgend: aa)), dem Risikozuschlag (nachfolgend: bb)) und dem Wachstumsabschlag für den Zeitraum der ewigen Rente (nachfolgend: cc)).
aa)
Der Basiszinssatz vor persönlichen Steuern ist auf 5,69 % festzusetzen.Die Kammer hält es, wie sie auch bereits in der mündlichen Verhandlung zum Ausdruck gebracht hat, für sachgerecht, den Basiszinssatz entsprechend der ständigen Rechtsprechung nach der Zinsstrukturkurve als einheitlicher Basiszinssatz zum Bewertungsstichtag zu ermitteln. Die Kammer vermag den von dem Vertragsprüfer ermittelten Basiszinssatz von 6%, der auf der Grundlage des IDW S1 in der Fassung des Jahres 2000 ermittelt wurde, nicht als sachgerecht anzusehen.
Dabei geht die Kammer von einem unter Verwendung der Zinsstrukturkurve ermittelten Basiszinssatz aus, bei dem grundsätzlich typisierend eine Wachstumsrate von einem Prozent unterstellt wird. Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist eine Berücksichtigung des unternehmensspezifischen Zahlungsstroms und Wachstumsfaktors nicht erforderlich. Der IDW und der FAUB, an deren Empfehlungen sich die Wirtschaftsprüfer im Rahmen von Unternehmensbewertungen in der Bundesrepublik Deutschland ansonsten strengstens orientieren, geht von der typisierten Annahme eines Wachstums von einem Prozent aus. Entgegen der Auffassung der Antragsteller ist von dieser typisierten Annahme des IDW in Spruchverfahren auszugehen. Sie dient der Herbeiführung einer Vergleichbarkeit zwischen den Unternehmenswerten zu einem bestimmten Stichtag. Soweit in dem Erstgutachten des Sachverständigen Xbt die neueren Empfehlungen des IDW zum Basiszinssatz, nämlich zu berücksichtigen, wie nach dem dreißigsten Jahr des Planungshorizonts die Zinsstrukturkurve weiter verlaufen sein könnte, ist zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt der Erstellung dieses Gutachtens die entsprechenden Empfehlungen des FAUB noch nicht vorlagen. Berücksichtigt man diese, hat der Sachverständige nach der neuen Methodik des IDW als einheitlichen Basiszinssatz gemäß der Empfehlungen des Fachausschusses nach Anfrage durch das Gericht zwecks Herstellung einer einheitlichen Methodik mit der Berechnung in dem Verfahren zum Beherrschungs- Gewinnabführungsvertrag unter Berücksichtigung des typisierten Wachstums von einem Prozent einem Basiszinssatz von 5,69 % ermittelt.
Der Ermittlung des Basiszinssatzes unter Berücksichtigung der so genannten Svensson-Methode steht – wie der Sachverständige nachvollziehbar dargelegt hat – nicht entgegen, dass die nachfolgend noch dargestellte Ermittlung der Marktrisikoprämie gegen den REXP gemessen wird. Die für die Svensson-Methode erforderlichen Daten der Deutschen Bundesbank lassen sich lediglich anhand der Zinssätze für hypothetische Anleihen mit einer Laufzeit von bis zu 30 Jahren auf der Grundlage von Marktdaten schätzen. Zwar sollte im theoretischen Ideal die in dem gesamten Bewertungsmodell unterstellte risikolose Anlage derjenigen Anlage entsprechen, die auch der Ermittlung der Marktrisikoprämie zugrunde liegt. Da in der Bewertungspraxis aber üblicherweise die Höhe der Marktrisikoprämie aus historischen Daten abgeleitet wird, ist dieses nicht unmittelbar möglich. Mittels der Zinsstrukturkurve lässt sich zum Bewertungsstichtag nicht die realisierte Rendite ableiten, vielmehr wird die künftige Rendite der risikolosen Anlage ermittelt. Während der einheitlich unendliche Basiszinssatz aus hypothetischen Nullkuponanleihen abgeleitet wird, die sowohl längere als auch kürzere Laufzeiten aufweisen, weisen die dem REXP zu Grunde liegenden Anlagen eine Laufzeit von rund 5,5 Jahren auf. Jedoch ist zu berücksichtigen, dass zwar der aus der Zinsstrukturkurve ermittelte Basiszinssatz im Bewertungsmodell einheitlich bis ins undendliche gesetzt wird, jedoch ist die durchschnittliche Kapitalbindung der so unterstellten risikolosen Anlage tatsächlich nicht unendlich. So ergibt sich für den zum Stichtag ermittelten Basiszinssatz eine durchschnittliche Kapitalbindung von rund 21 Jahren. Es bleibt auch zu berücksichtigen, dass die Rendite des REXP anders als die Rendite der hypothetischen Nullkuponanleihen eine Rendite enthält, die auf Markt-Zinsänderungen beruht. In der Rendite des REXP sind damit auch risikobehaftete Renditen enthalten. Durch die Berücksichtigung der Rendite im REXP wird aufgrund dessen der Vergangenheit tendenziell sinkenden Zinsniveaus die Rendite der risikolosen Anlage überschätzt und damit die Marktrisikoprämie unterschätzt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen konnte auf der Grundlage der monatlichen Daten der Deutschen Bundesbank für den Zeitraum 2001 ein durchschnittlicher einheitlicher unendlicher Basiszinssatz von rund 7,59 % festgestellt werden. Demgegenüber ist die durchschnittliche Rendite einer 5,5-jährigen Nullkuponanleihe und somit eine Anleihe mit einer zum REXP vergleichbaren Laufzeit im gleichen Zeitraum 0,48 %-Punkte geringer als der durchschnittliche einheitliche Basiszinssatz. Auf der Grundlage des Rex-Indexes ergeben sich für die risikobehaftete Rendite eine geometrische Rendite von 0,51 % und ein arithmetisches Mittel der einjährigen Rendite von 0,64 %. Danach wird die Marktrisikoprämie isoliert durch diesen Aspekt um rund 0,5 % bis 0,6 %-Punkte unterschätzt. Aufgrund der vom Sachverständigen festgestellten Schwächen des REXP bei gegenläufigen Effekten ergibt sich keine wesentliche Auswirkung auf die Höhe der Marktrisikoprämie vor persönlichen Steuern. Dementsprechend ist es auch unerheblich, dass für die Ermittlung des Basiszinssatzes und der Marktrisikoprämie unterschiedliche Vergleichsindices Verwendung finden.
Es besteht auch kein Grund, vorliegend von dieser ständigen Übung für die Ermittlung des Basiszinssatzes, die bereits Gegenstand zahlreicher Spruchverfahren war, abzusehen. In den Hinweisen des AKU sowie den ergänzenden Hinweisen des FAUB finden sich keine Hinweise, die eine Berücksichtigung des unternehmensspezifischen Risikos bei der Ermittlung des einheitlichen Basiszinssatzes verlangen (vgl. dazu Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Auflage, Seite 88). Auch die sachkundig beratenen Antragsgegner haben – auch aufgrund der vorstehenden Erwägungen – keinen Grund aufgezeigt, von diesen ständigen Empfehlungen vorliegend abzuweichen. Es widerspricht auch nicht den vorstehenden Darlegungen zur Anwendung eines Standards, ergänzend neuere Erkenntnisse zu berücksichtigen, wenn längerfristig angelegte Entwicklungen plausibilisierend berücksichtigt werden. So kann, wie nunmehr in IDW S1 (2005) ausdrücklich ausgeführt wird, für die Festlegung des Basiszinssatzes zur Orientierung die aktuelle Zinsstrukturkurve herangezogen werden. Diese gibt den Zusammenhang zwischen der Verzinsung einer Anleihe und deren Laufzeit wieder. Soweit folgt die Kammer den diesbezüglichen Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten. Sie entspricht auch der ständigen Rechtsprechung der mit Spruchverfahren befassten Gerichte in den letzten Jahren (vgl. dazu auch OLG Düsseldorf a.a.O.). Im WP-Handbuch 2014, Band II, Abschnitt A, Tz. 356 wird zur Berechnung des einheitlichen Basiszinssatzes aus der Zinsstrukturkurve auf Basis der Svensson-Methode folgendes ausgeführt:
„Im Hinblick auf eine theoretisch exakte und möglichst genaue Lösung könnte ein einheitlicher Basiszinssatz im einzelnen Bewertungsfall ausgehend von der im Regelfall nicht konstant wachsenden Zahlungsreihe der Detailplanungsphase und der ggf. vom Berechnungsbeispiel [Anmerkung: In dem Rechenbeispiel wird typisierend ein Wachstum von 1 % unterstellt] abweichenden Annahme zum nachhaltigen Wachstum in der Phase der ewigen Rente abgeleitet werden. Angesichts der i.d.R. marginalen Größenordnung des Ergebniseinflusses unterschiedlicher Wachstumsraten kann jedoch im Regelfall die oben erläuterte, um 1 % wachsende Zahlungsreihe als typisierende Annahme zur Ableitung des Basiszinssatzes verwendet werden.“
Auf Grundlage dieser Typisierung (ein 1 % wachsender Zahlungsstrom) ergibt sich ein einheitlicher Basiszinssatz in Höhe von 5,69 %.
bb)
Der Basiszinssatz ist um einen Risikozuschlag zu erhöhen. Der Basiszinssatz bezieht sich alleine auf sichere festverzinsliche Anleihen. Da der Markt demgegenüber aufgrund der Investition in Aktien aufgrund des damit verbunden nicht unerheblichen Risikos einen höheren Ertrag erwartet, ist dieses Risiko durch eine Erhöhung des Zins auszugleichen.
Der Risikozuschlag ergibt sich aus der Multiplikation der Marktrisikoprämie (nachfolgend bbb) mit der unternehmensindividuellen Risikohöhe (Betafaktor) (nachfolgend aaa)).
aaa)
Der Betafaktor ist mit 0,75 festzusetzen.
Der Betafaktor dient dazu, das Risiko des zu bewertenden Unternehmens in eine Beziehung zu dem Gesamtmarkt zu setzen. Danach ist festzustellen, inwieweit das zu bewertende Unternehmen risikobehafteter ist als der Durchschnitt der notierten Unternehmen. Ist die Volatilität – die Schwankungsbreite des Verlaufes – größer als beim Durchschnitt, so ist das Risiko relativ größer, ist sie geringer, ist auch das Risiko relativ geringer (vergleiche: Großfeld, Unternehmensund Anteilsbewertung im Gesellschaftsrecht, 4. Auflage, Seite 136).
Der Sachverständige hat den Betafaktor auch im Rahmen seiner mündlichen Anhörung belastbar festgestellt und die Herleitung auch nochmals im Rahmen seiner Anhörung erläutert. Der Sachverständige hält sodann aufgrund der Entwicklung der Börsenkurse und Handelsvolumina der Nb AG im Zeitraum von 1999 bis 2001, die alleine aufgrund der erheblichen Handelsvolumina, die im Wesentlichen durch die Übernahme der Nb AG durch Wp geprägt waren, für die Einschätzung des zukünftigen Betafaktors Zeiträume bis Februar 2000 nicht für geeignet. Aufgrund des danach verbleibenden Zeitraumes von ca. einem Jahr können bei Verwendung von Wochenbetas, die auch grundsätzlich der Sachverständige bevorzugt, wie die Antragsgegnerinnen in ihrer Stellungnahme hervorgehoben haben, aber lediglich 52 Datenpunkte betrachtet werden. Dies machte es nach der Auffassung des Sachverständigen erforderlich, tägliche Betas zu betrachten, die in dem Jahreszeitraum Betrachtung von 256 Datenpunkten ermöglichen. Daraus ergibt sich auch vorliegend – wie in dem Verfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag von Betafaktor von 0,70. Dies ist jedoch ein Wert ca. ein Jahr vor dem hier maßgeblichen Stichtag. Es ist daher nachvollziehbar, dass der Sachverständige insoweit festgestellt hat, dass ab Juni 2001 der sich daran anschließende Kursverlauf „nicht durch die operativen Risiken des Geschäftsmodells, sondern durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag und den erwarteten anschließenden Squeeze-Out geprägt“ wurde. „Somit ist lediglich der Zeitraum vor der Bekanntgabe der Beabsichtigung des Abschlusses des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages grundsätzlich geeignet einen Betafaktor abzuleiten, der die operativen Risiken des Geschäftsmodells widerspiegelt“.
Zwar ist die Ermittlung des unternehmenseigenen Betafaktors dem Betafaktor, der anhand einer Peer Group bestimmt wird, grundsätzlich vorzuziehen.
Aufgrund des täglichen Handels der Nb Aktie ist die Grundvoraussetzung für die Ableitung eines unternehmensbezogenen Betafaktors erfüllt. Weiterhin zeigt der Vergleich mit dem DAX, dass die Aktie der Nb AG in dem betrachteten Zeitraum zu den handelsstärksten Aktien Deutschlands gehörte. Auch die Höhe des Standardfehlers ist mit dem Durchschnitt der damaligen DAX-Unternehmen vergleichbar und liegt nur geringfügig oberhalb des Durchschnitts von DAX-Unternehmen. Wie die Antragsgegnerin zu Recht ausführt, dient der Betafaktor als Maß dafür, das zukünftige systematische Risiko eines Unternehmens zu bestimmen. Das systematische Risiko eines Unternehmens kann aber nur anhand der Risikofaktoren des konkret zu bewertenden Unternehmens und nicht bzw. nicht vorzugswürdig durch die Faktoren vergleichbarer Unternehmen bestimmt werden. Dies ergibt sich bereits zwangsläufig daraus, dass eben das Risiko des konkreten Unternehmens gefragt ist und nicht das einer Branche. Es ist bekannt, dass die von den Antragsgegnerinnen insoweit mit einer gutachterlichen Stellungnahme beauftragte Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (Warth & Klein Grant Thornton AG) ständig die Auffassung vertritt, dass der Betafaktor aus einer Peer Group abzuleiten ist. Gerade aus dem fundamentalen Grundsatz „Bewerten heißt vergleichen“ folgt, dass eben ein konkretes Unternehmen mit anderen Unternehmen verglichen werden muss und nicht eine Branche – also eine Gruppe von Unternehmen – mit anderen Unternehmen.
Wenn in dem von der Antragsgegnerin vorgelegten Gutachten insoweit ausgeführt wird, dass gegen die Verwendung von unternehmenseigenen Betafaktoren insbesondere spricht:
„Ein Unternehmen mit der eigenen Rendite zu bewerten, ist in sich unlogisch und führt zu einem Zirkelschluss: Wer die künftige Rendite eines Unternehmens kennt, muss den heutigen Wert kennen. Wer aber den heutigen Wert kennt, braucht keine Rendite mehr, um damit den heutigen Wert zu berechnen.
Auf die konkrete Verwendung von Beta-Faktoren übertragen: Wer glaubt, dass der die Aktienkursentwicklung der jüngeren Vergangenheit reflektierende Betafaktor eines konkreten Unternehmens die bestmögliche Schätzung für seinen künftigen Betafaktor darstellt, der glaubt gleichzeitig, dass der heutige Aktienwert die beste Schätzung für den heutigen Unternehmenswert darstellt. In diesem Fall wäre jede Unternehmensverwertung bei börsennotierten Unternehmen überflüssig.“
wird bereits nicht berücksichtigt, dass es durchaus gewichtige Stimmen gibt, die den durch den Aktienkurs eines Unternehmens zu einem bestimmten Stichtag für die beste Unternehmenswertberechnung halten. Wenn die Gerichte in Deutschland aber, wie einleitend ausgeführt, diese Aktienkurs lediglich als Mindestwert betrachten und tatsächlich den Unternehmenswert auf Grundlage des Ertragswertes berechnen, muss auch der Ertragswert des konkreten Unternehmens berechnet werden. Dies bedeutet, es müssen möglichst alle Parameter des konkreten Unternehmens verwendet werden und nicht die Werte anderer Vergleichsobjekte. Dies wird bereits daran deutlich, dass eine Peer Group die Möglichkeit bietet, einem Betafaktor in jeder gewünschten Richtung zu manipulieren. Abhängig davon welche Peer Group für richtig gehalten wird, kann der Betafaktor steigen oder fallen. Aus der Sicht des Unternehmens wird also immer eine Peer Group zusammengestellt, die die Ermittlung eines möglichst hohen Betafaktors ermöglicht. Aus der Sicht der Aktionäre müsste die Peer Group so zusammengestellt werden, dass der Betafaktor möglichst gering ist. Bereits diese nicht in Übereinstimmung zu bringenden Positionen, für die sich auch immer Sachverständige finden werden, die sie jeweils zu begründen vermögen, zeigt, dass gerade der Peer Group Beta in besonderem Umfang ungeeignet ist, einen, wenn es diesen überhaupt gibt, objektiven Unternehmenswert zu ermitteln. Vielmehr muss es gerade in Ansehung dieser Erwägungen für den Regelfall bei dem unternehmenseigenen Beta bleiben, soweit dieser mit signifikanten Zahlen ermittelt werden kann. Würde man immer von Peer-Group Betas ausgehen, wäre es zudem auch ausgesprochen schwierig, die Unternehmen einer bestimmten Branche miteinander zu vergleichen. Im Ergebnis hätten alle diese Unternehmen das gleich Beta, unabhängig davon, mit welchem systematischen Risiko sie konkret am Markt tätig sind. Der Vorrang des unternehmenseigenen Betas wird auch überwiegend in der Rechtsprechung und der Literatur betont. So führt das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.8.2012, 21 W 14/11, Rdn. 72 mit Verweis auf OLG Stuttgart, Beschluss vom 17. März 2010, 20 W 9/08, Rdn. 163) dazu aus:
„Grundlage für die Schätzung des Betafaktors ist in erster Linie der historische Verlauf der Börsenkurse der zu bewertenden Aktie selbst. Ersatzweise können es auch die Faktoren einer Gruppe von Vergleichsunternehmen oder auch allgemeine Überlegungen zum individuellen Unternehmerrisiko im Vergleich zum Risiko des Marktportfolios sein.“
Ergänzend legt das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.12.2013, 21 W 36/12, Rdn. 90) dar:
„Wenngleich der Senat die Auffassung der Antragsteller teilt, dass zur Bestimmung des Risikozuschlags zunächst auf das eigene Beta der Gesellschaft zurückzugreifen ist (…).“
Das LG Berlin (LG Berlin – 102 O 134/06 AktE – Beschluss vom 23. April 2013) meint dazu:
„Soweit die Vertragsprüferin … in ihrem Bericht ausführt, zur Erfassung des operativen Geschäftsrisikos des Bewertungsobjekts sei nach der üblichen Praxis der durchschnittliche Betafaktor einer Gruppe von Vergleichsunternehmen heranzuziehen, ist dies so nicht zutreffend.
Zwar ist der Kammer bekannt, dass die Vertragsprüferin … durchgängig diese Auffassung vertritt, in der Bewertungspraxis wird aber – zutreffender Weise – auf eine Peer Group nur dann zurückgegriffen, wenn sich ein valider eigener Betafaktor des zu bewertenden Unternehmens nicht feststellen Iässt. Maßgeblich für die Ermittlung des Risikozuschlages ist nämlich das unternehmensindividuelle Risiko, für dessen Bewertung durch den Markt in der Vergangenheit nur auf den eigenen Betafaktor zurückgegriffen werden kann. Vor diesem Hintergrund erscheint es verfehlt, dieses Datum, wenn es verfügbar ist, zu ignorieren und stattdessen ausschließlich auf die historischen Betafaktoren anderer Unternehmen zurückzugreifen.“
Dem schließt sich Dörschel/Franken/Schulte (Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 7. Auflage 2012. S. 145 ff), das IDW (IDW S1 2005, Rn. 131):
„Der unternehmensindividuelle Betafaktor ergibt sich als Kovarianz zwischen den Aktienrenditen des zu bewertenden oder vergleichbarer Unternehmen und der Rendite eines Aktienindex, dividiert durch die Varianz des Aktienindex.“
und die weitere Literatur (Fragen und Antworten zur praktischen Anwendung der IDW Standards: Grundsätze zur Durchführung von Unternehmensbewertungen (Stand: 25.04.2012) (WPg Supplement 2/2012, S. 73 ff., FN-IDW 5/2012, S. 323 ff., WPg Supplement 3/2013, S. 56 ff., FN-IDW 8/2013, S. 363 ff.):
Zu: Kapitalisierungszinssatz bei der Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte – Bewertung von KMU:
„… Die Berücksichtigung kapitalmarkttheoretischer nicht nachvollziehbarer Risikozuschläge ist für die Ermittlung objektivierter Unternehmenswerte nicht sachgerecht. Bei fehlender Börsennotierung des Bewertungsobjekts kann zur Ableitung des operativen Geschäftsrisikos der Beta-Faktor aus einer Gruppe von Vergleichsunternehmen (Peer-Group) ermittelt werden…“
an.
Jedoch kann und darf vorliegend die besondere Situation des Kursverlaufs und insbesondere die in der Öffentlichkeit geführte Diskussion des „Nb-Deals“ nicht unberücksichtigt bleiben. Daher kann sich die Kammer, trotz der dargestellten kritischen Haltung zu „Peer-Group-Betas“ hier der Bewertung des Sachverständigen anschließen, der insoweit ausgeführt hat:
„Die Betafaktoren der Vergleichsunternehmen liegen in dem Einjahreszeitraum vor dem Bewertungsstichtag in einer Bandbreite von 0,33 bis 0,83 und im Mittel (Median) bei 0,67 (0,81).
Wenngleich der Standardfehler des Betafaktors verdeutlicht, dass die statistische Verlässlichkeit bei diesem kurzen Zeitraum geringer ist als bei dem zuvor betrachteten Zweijahreszeitraum, lässt sich über die gesamte Peer Group eindeutig feststellen, dass das operative Risiko in der Branche zum Bewertungsstichtag abgenommen hat. Anzumerken ist, dass der durchschnittliche Betafaktor der Peer Group auch bei einem Einjahreszeitraum und einem wöchentlichen Renditeintervall auf 260 Datenpunkten beruht und daher die statistische Verlässlichkeit deutlich höher ist als bei einem einzelnen Unternehmen, bei dem lediglich 52 Datenpunkte betrachtet werden.
Im Ergebnis halte ich auf Grundlage meiner Analysen zu den Betafaktoren der Vergleichsunternehmen sowie der Branchenentwicklung im Zeitablauf einen unverschuldeten Betafaktor von 0,75 für einen guten Schätzer des operativen Risikos der WpAG zum Bewertungsstichtag.“
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass abweichend von dem Vorgehen des Erstbewerters die nicht betriebsnotwendige Liquidität als Sonderwert berücksichtigt wurde. Wird jedoch – wie vorstehend ausgeführt – im Wesentlichen – auf die Planung des Erstbewerters abgestellt, ist zu beachten, dass dort Zinserträge für die nicht betriebsnotwendige Liquidität enthalten sind. Da die Zinserträge eine geringere Unsicherheit aufweisen als das operative Geschäft des Nb-Konzerns ist der unverschuldete Betafaktor, der die operativen Risiken widerspiegelt, anzupassen (vgl. hierzu auch Sachverständigengutachten vom 11. Dezember 2013 in dem Squeeze Out) Verfahren, S. 184 f.). In der nachstehend wiedergegebenen Excel-Datei sind daher die „verschuldeten Betafaktoren“, die das geringere Risiko der liquiden Mittel berücksichtigen, niedriger als die unverschuldeten Betafaktoren.
bbb)
Die Marktrisikoprämie wird auf 4,5% vor Steuern geschätzt und festgesetzt.
Diese nur auf Schätzungen beruhende Festsetzung der Marktrisikoprämie auf 4,5% steht zunächst, dies auch – vorrangig – als Kontrollüberlegung aller Schätzungen und Überlegungen der vorgetragenen betriebswirtschaftlichen Forschungen, in Übereinstimmung mit den Werten in dem Renditedreieck des deutschen Aktieninstituts (https://www.dai.de/files/dai_usercontent/dokumente/renditedreieck/2013-06%20DAX-Renditedreieck%20WEB.pdf).
Bei einem Ankauf von Aktien zwischen 1963 und einem Verkauf im Jahre 2001 wurden vor persönlichen Steuern Renditen zwischen – 19,8% und + 14,8% erzielt. Der größte Teil der Werte liegt zwischen 9,6 und 11%. Setzt man davon den Basiszinssatz von 5,78% ab, verbleibt eine Bandbreite zwischen 3,82% und 5,22%. Dann handelt es sich bei der angenommenen Marktrisikoprämie von 4,5% um einen realistischen Mittelwert. Würde man, wie mit den von der Antragsgegnerin vorgelegten Studien begründet, eine Marktrisikoprämie von 5,5% nach Steuern annehmen, errechnet sich daraus eine Marktrisikoprämie vor Steuern von (5,5 * 1,35) 7,425% und unter Berücksichtigung des Basiszinssatzes von 5,78% eine Gesamtrendite von 13,205%. Eine derart hohe und aber auch weitaus höhere Renditen konnten nach dem bereits angesprochenen Renditedreieck für Ankäufe und Verkäufe zwischen 1963 und 2013 nur in ganz wenigen Ankaufs- und Verkaufszeiträumen (1966 bis 1969 und 1980 bis 1998) erzielt werden.
Das Gericht ist auf eine derartige Schätzung angewiesen.
Nach der umfassend Anhörung des Sachverständigen, den Stellungnahmen der Beteiligten und der Auswertung der von den Parteien vorgelegten Gutachten wird die von der Kammer bereits wiederholt geäußerte Auffassung, dass eine „richtige oder bF. gesagt: eindeutige Festlegung“ einer Marktrisikoprämie nicht möglich ist, im vollem Umfang bestätigt.
Es kommt daher auch vorliegend zunächst nicht entscheidungserheblich darauf an, ob die vielzitierten Studien von Stehle eine Marktrisikoprämie nun richtig ableiten, ob das arithmetische oder das geometrische Mittel anzuwenden ist oder anhand der Kritik in den wissenschaftlichen Studien, die auch zum Inhalt der Akte gemacht wurden oder auf den Fachkongressen (IACVA am 1. Juni 2011 in Frankfurt) diskutiert wurden, neue Ansätze zur Bestimmung der Marktrisikoprämie gefunden werden müssen. Jeder, der eine Studie zu diesem Thema veröffentlicht, auf die dann die gerichtlich bestellten Sachverständigen und auch das Gericht zurückgreifen müssen, handelt offensichtlich interessengeleitet. Es existieren daher eine Vielzahl von Studien (vgl. OLG Düsseldorf – I-26 W 2/12 (AktE) – Beschluss vom 3. September 2012.). Diese Studien sind jedoch nur selten vergleichbar, da sie teilweise sehr unterschiedliche Zeiträume betrachten und sodann von den interessierten Seiten auch aufgrund der gewählten Betrachtungszeiträume, aber auch ihrer Methode veröffentlicht oder angegriffen werden (vgl. kritisch zum CAPM: OLG München WM 2009, 1848; Reuter AG 2007, 1; Emmerich in Festschrift für Uwe H. Schneider, 2011, 323 ff). Teils werden besonders „aktienfreundliche“ Jahre bewusst weggelassen, teilweise bewusst in die zu betrachtenden Zeiträume aufgenommen, teilweise werden nicht mehr nachvollziehbare Mittelwerte, teilweise werden Staaten und Zeiträume mehrfach verwendet (vgl. den Vortrag von Stehle IACVA am 1. Juni 2011 in Frankfurt). Jeder fachkundige Betriebswirt und Parteivertreter ist danach in der Lage, durch die Bezugnahme auf eine Studie das für ihn passende Ergebnis zu finden. Dieses sehr grundsätzliche und bisher nicht gelöste Problem der Betriebswirtschaft hat der Sachverständige im Rahmen seiner Anhörung eindrucksvoll deutlich gemacht, indem er übersichtlich die bekanntesten Studien aufgeführt, ihre Schwächen und Vorzüge sowie die Folgen ihrer Anwendung für die Festsetzung der Marktrisikoprämie deutlich gemacht hat, bevor er dann seinen eigenen nachvollziehbaren Vorschlag dargelegt hat, der aber auch letztlich auf Kapitalmarktdaten der Vergangenheit beruht, und eine Spannbreite zwischen 5% und 6% ausweist. Nach einem Abschlag für die Unsicherheiten der Zukunft gelangt er zu 4,5% nach Steuern.
Auch der Fachausschuss für Unternehmensbewertung (FAUB) macht immer wieder deutlich, dass, wenn eine bereits seit Jahren angewandte Methode in der aktuellen Situation nicht mehr passt bzw. aus wirtschaftlichen Gründen nicht mehr für passend angesehen wird, situationsbedingt eben die Methode geändert wird. Dies wird deutlich in dem Schreiben vom 19. September 2012 (http://www2.nwb.de/portal/content/ir/downloads/169807/FAUB_Kapitalisierungszinssatz_Unternehmensbewertung.pdf). Der damals aktuelle niedrige Basiszinssatz machte es nach der Ansicht des FAUB erforderlich, unabhängig von allen Studien in der Vergangenheit die Bestimmung der Marktrisikoprämie auf der Grundlage einer neuen Dogmatik abzuleiten und zu erhöhen, dies führt zwangsläufig zu einer Reduzierung der Unternehmenswerte. Dies bedeutet aber, auch nach der Ansicht des FAUB ist die Marktrisikoprämie nicht aus der Vergangenheit zu errechnen und dann daraus eine Erwartung für die Zukunft aufgrund dieser Erfahrungen abzuleiten. Sie ist vielmehr anhand der konkreten Erwartungen der Gegenwart zu bestimmen. Die vielfach erörterten Studien und Analysen der Vergangenheit spielen danach lediglich noch eine untergeordnete Rolle.
Alle Analysen entbehren daher letztlich einer sie tragenden Grundlage. Sie differieren erheblich, da bereits die notwendige Festlegung des Referenzzeitraumes zur Bestimmung der Werte in der Vergangenheit zwangsläufig zu nicht ganz unerheblichen Schwankungen bei der Bestimmung der Marktrisikoprämie führt, was zu der bereits angeführten Vielzahl von Studien mit der Bandbreite an Ergebnissen geführt hat. Dieses ist und bleibt das zentrale Problem in Spruchverfahren. Ein instruktives Beispiel und als Beleg für diese nur scheinbare Genauigkeit und die Möglichkeiten von rein ergebnisbezogenen Argumenten findet sich in dem Untersuchungsbericht des Untersuchungsausschusses des Landtages Baden-Württemberg „Ankauf der EnBW-Anteile“ (Drucksache 15/5300).
Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass neben der Auswahl des Referenzzeitraumes, also der zu betrachtenden Jahre auch die Kenntnis der Haltedauer von Aktien eine nicht unerhebliche Bedeutung hat. Auch insoweit gibt es keine gesicherten Studien, die eine auch nur einer mehr als 50prozentigen Wahrscheinlichkeit sichere Festlegung ermöglichen.
Aufgrund dieser damit „fast als Willkür“ zu bezeichnenden Festlegung einer Marktrisikoprämie für die Vergangenheit will die Wirtschaftswissenschaft sodann – prüfbar und nachvollziehbar -mit hoher Wahrscheinlichkeit und in mit hoher Wahrscheinlichkeit sicheren Kenntnis hinsichtlich der künftige Entwicklung über mehr als 30 Jahre die zu erwartende Überrendite von Aktien festlegen. Mit dieser aber nur scheinbaren wissenschaftlichen Grundlage aus der Analyse der Vergangenheit könnte man für die auf reinen Schätzungen beruhenden Festlegung der Überrendite für die Zukunft fast auch Lose ziehen oder würfeln, die Wahrscheinlichkeit einen auch nur annährend richtigen Wert zu finden dürfte in der gleichen Größenordnung liegen wie bei der Berücksichtigung der Vergangenheitsanalyse. Einer gerichtsfesten Überprüfung, selbst wenn man nur eine überwiegende Wahrscheinlichkeit (mehr als 50%) und nicht eine an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit für erforderlich hält, halten somit alle diese Gutachten letztlich nicht stand. Dies wird auch durch das dargestellte Schreiben des FAUB mehr als hinreichend deutlich.
In dieser Situation ist es nicht die Aufgabe der Rechtsprechung, den auf hohem Niveau aber durchaus auch mit interessengeleiteten Motiven und Argumenten geführten betriebswirtschaftlichen Meinungsstreit, teilweise sind es wohl reine „Glaubensfragen“ einen Wert für die Vergangenheit festzulegen. Noch weniger ist es möglich, aufgrund dieser Vergangenheitsanalyse für die Zukunft zu entscheiden. Den Wirtschaftswissenschaften ist es bisher – wohl unstreitig – leider nicht gelungen, ein nicht angreifbares Modell für die Ermittlung einer Marktrisikoprämie zu finden, der tragfähig ist. In der Vergangenheit wurde von den Wirtschaftswissenschaften – offen kommuniziert – geschätzt. Heute will man aufgrund von mathematischen Modellen den Wert festlegen. Diese Modelle sind jedoch wohl auch nur wenig geeignet, da wohl niemand weiß, welche Zahlen in dieses Modell eingesetzt werden müssen, um „die Marktrisikoprämie“ zu erhalten. Alle diesbezüglichen Versuche wird man leider als gescheitert ansehen müssen. Letztlich ist auch der neue und eindrucksvoll dargelegte Versuch des Sachverständigen der Festlegung einer Marktrisikoprämie „lediglich“ eine neue aber wenigstens von ihm gut begründete Schätzung, aufgrund der ihm bekannten Veröffentlichungen der Wissenschaft. Da die von den Sachverständigen verwendeten Studien, andere Erkenntnisquellen sind mit einem vertretbaren Aufwand in einem Spruchverfahren nicht zu beschaffen, keine sichere Aussage ermöglichen, kann auch sein Ergebnis lediglich eine Schätzung sein. Dass man auch mit identischen Erkenntnisquellen zu einer davon erheblich abweichenden Festlegung/Schätzung kommen kann, zeigen die von den Antragsgegnerinnen vorgelegten Studien ihrer beigezogenen Privatsachverständigen.
Letztlich mag die gesamte Unsicherheit bezüglich dieser Frage darin begründet sein, dass das gesamte Rechenmodell darauf beruht, dass eine wesentliche Komponente der Bestimmung einer Marktrisikoprämie eine Analyse der Vergangenheitswerte darstellt, aber tatsächlich niemand in die Zukunft sehen kann.
Die Rechtsprechung hat daher nur die Wahl, entweder dem in dem jeweiligen Spruchverfahren tätigen Sachverständigen zu vertrauen und zu folgen. Dies kann aber bei drei unterschiedlichen Sachverständigen zu drei sehr unterschiedlichen Ergebnissen führen, wie auch die auf höchstem Niveau geführte wissenschaftliche Diskussion zwischen dem Sachverständigen und den sachverständigen Beratern der Antragsgegnerin, die auch in Spruchverfahren von Gerichten als Sachverständige bestellt wurden, gezeigt hat. Die andere Möglichkeit ist, dass ein Gericht sich darauf beschränkt zu überprüfen, ob ein Parameter – im Ergebnis – nachvollziehbar ist und in der Größenordnung den üblichen Ansätzen entspricht, wenn es – wie vorliegend – keinen Grund gibt, von den gängigen Größen deutlich abzuweichen (OLG Karlsruhe – 12 W 5/12 – Beschluss vom 30. April 2013). Von der zweiten Möglichkeit hat die Kammer Gebrauch gemacht. Sie kann diesen wissenschaftlichen Disput nicht entscheiden, auch der Kammer ist es nicht möglich, in die Zukunft zu schauen kann.
Die Kammer hat in der Vergangenheit, Marktrisikoprämien von 4% (vgl. dazu auch 33 O 128/06 [AktE], 33 O 128/06 [AktE], aber auch von 4,5% (33 O 137/07 [AktE]) vor Steuern für den streitgegenständlichen Zeitraum für angemessen gehalten. In diesen Fällen haben die Sachverständigen mit der gleichen Überzeugungskraft wie der Sachverständige und die sachverständigen Berater der Antragsgegner den Ansatz einer Marktrisikoprämie von 4% bzw. 4,5% vertreten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat eine Marktrisikoprämie von 4,5% für sachgerecht gehalten, die auch im Rahmen des gerichtlichen Schätzungsermessens nicht zu beanstanden ist. Es bleibt also nur, da diese Marktrisikoprämie nun mal Gegenstand der „Berechnungsformel“ ist, ein weites richterliches Schätzungsermessen auszuüben, andere Möglichkeiten stellen die Wirtschaftswissenschaftler den Gerichten – leider – nicht zur Verfügung. Dieses ist die ständige Rechtsprechung der Kammer und wird auch in der übrigen Rechtsprechung so gesehen:
So führt das OLG Frankfurt (OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 7. Juni 2011, 21 W 2/11) aus:
„Dem hat sich der Senat unter Berücksichtigung des Umstandes, dass es sich bei der Marktrisikoprämie stets um eine mit Zweifeln behaftete Schätzung handelt, deren tatsächliche Höhe nicht abschließend ermittelt werden kann und entsprechend trotz jahrelanger intensiver Diskussion in betriebswirtschaftlichen Kreisen weiterhin ungeklärt ist, angeschlossen (vgl. Senat, Beschluss vom 2. Mai 2011 – 21 W 3/11 -, unveröffentlicht).“
Das Landgericht Berlin (LG Berlin – 102 O 134/06 AktE – Beschluss vom 23. April 2013 ist der Ansicht:
„Da sich eine aus der Sicht der Kammer überzeugend begründete Meinung unter Wirtschaftswissenschaftlern mit welcher Methode und unter Ansatz welcher Parameter die Risikoprämie zutreffend zu bestimmen ist, noch nicht durchgesetzt hat, bleibt nur der Weg einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO (vgl. auch Großfeld-Ströver, BB 2004, 2799, 2802)“
Das insoweit in jeder Hinsicht zu folgenden OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe – 12 W 5/12 – Beschluss vom 30. April 2013) drückt es deutlich aus:
„Solange die wirtschaftswissenschaftliche Diskussion nicht abgeschlossen ist, kann die Marktrisikoprämie nur durch eine stets mit Zweifeln behaftete Schätzung ermittelt, ihre Höhe aber nicht abschließend bestimmt werden (OLG Stuttgart NZG 2011, 1346 – juris-Rdnr. 383; Senat Beschluss vom 06.02.2012 – 12 W 69/08 und vom 12.04.2012 – 12 W 57/10). An diesen Grundsätzen für die Bewertung der Marktrisikoprämie hält der Senat auch im vorliegenden Spruchverfahren fest.“
Das OLG Düsseldorf (Düsseldorf – I-26 W 8/10 – Beschluss vom 4. Juli 2012) bringt dies wie folgt zum Ausdruck:
„Die konkrete Höhe der Marktrisikoprämie ist innerhalb der Wirtschaftswissenschaften sehr umstritten. […] Eine allgemein anerkannte Höhe hat sich bislang nicht herausgebildet. Hinzu kommen grundsätzliche konzeptionelle Bedenken, die daraus resultieren, dass die erwähnten Studien jeweils die Ableitung historischer Marktrisikoprämien zum Gegenstand haben, zum Zwecke der Unternehmensbewertung aber der für die Zukunft erwartete Wert heranzuziehen ist. Aus diesem Grund ist eine Marktrisikoprämie im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu ermitteln“
Aufgrund der Diskussionen ist eine Marktrisikoprämie von 4,5% vor Steuern noch angemessen. Sie entspricht der von der Kammer und dem Oberlandesgericht Düsseldorf in ständiger Rechtsprechung durch Schätzung (§ 287 ZPO) ermittelten Größenordnung einer Marktrisikoprämie bei Anwendung des IDW S 1 2000. Soweit teilweise höhere Marktrisikoprämien angenommen werden (vgl. dazu OLG Düsseldorf – I-26 W 8/10 [AktE]) betrifft dies einen anderen IDW-Standard und deutlich spätere Bewertungsstichtage und eine andere Steuergesetzgebung.
cc)
Der Wachstumsabschlag der ewigen Rente ist mit 3,25% anzusetzen.
Durch einen Wachstumsabschlag wird technisch in der Unternehmensbewertung das Wachstum im Anschluss an das erste Jahr der ewigen Rente abgebildet, jedoch nicht das Wachstum des Jahres selbst. Es wird damit zugunsten des Aktionärs berücksichtigt, dass durch eine Unternehmensbeteiligung die Geldentwertung sich weniger stark auswirkt als bei festverzinslichen Wertpapieren. Wie bereits in der mündlichen Verhandlung vom 30. Januar 2013 ausführlich dargestellt, soll die gesamte Planung des Unternehmens, die auch durch den Vertragsprüfer weitgehend übernommen wurde, möglichst nicht abgeändert werden sollen. Dann ist es aber auch sachgerecht, die Selbsteinschätzung des Nb AG zu übernehmen, die einen Wachstumsabschlag von 3,25% für die Zeit ab 2006 annahm. BF.e Erkenntnisse konnten auch in der ausführlichen Erörterung dieser Problematik in der Sitzung vom 30. Januar 2013 nicht gewonnen werden. Jedoch ist es nach den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen nicht sachgerecht, dass der Erstbewerter für das Jahr 2004/2005 (letztes Detailplanungsjahr) und das Jahr 2005/2006 (erstes Jahr der ewigen Rente) identische Ausschüttungen unterstellt hat und daher im ersten Jahr der ewigen Rente kein Wachstum (siehe hierzu Sachverständigengutachten in dem Verfahren zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag vom 5. April 2007, S. 10 – Tabelle oben, Gutachten vom 11. Dezember 2013 Seite 182). berücksichtigt hat. Dementsprechend wird in der nachfolgenden Berechnung ein Wachstum in Höhe des Wachstumsabschlages (3,25 %) auch für das erste Jahr der ewigen Rente angenommen.
dd)
Daraus ergibt sich zunächst folgende Berechnung des Kapitalisierungszinssatzes und sodann des Ertragswertes:
WpAG
Detailplanung
ab2006/2007
Kapitalisierungszinssatz
2002/2003
2003/2004
2004/2005
2005/2006
Basiszinssatz vor pers. Ertragsteuern
5,69%
5,69%
5,69%
5,69%
5,69%
pers. Ertragsteuern
1,99%
1,99%
1,99%
1,99%
1,99%
Basiszinssatz nach pers. Ertragsteuern
3,70%
3,70%
3,70%
3,70%
3,70%
Marktrisikoprämie vor pers. Ertragsteuern
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
4,50%
Beta unverschuldet
0,75
0,75
0,75
0,75
0,75
Beta verschuldet
0,61
0,62
0,62
0,63
0,63
Risikoprämie vor pers. Ertragsteuern
2,73%
2,77%
2,81%
2,83%
2,84%
pers. Ertragsteuern
0,96%
0,97%
0,98%
0,99%
0,99%
Risikoprämie nach pers. Ertragsteuern
1,77%
1,80%
1,82%
1,84%
1,85%
Wachstumsabschlag
3,25%
Kapitalisierungszinssatznach pers. Ertragsteuern
5,47%
5,50%
5,52%
5,54%
2,30%
WpAG
Detailplanung
Ewige Rente
2002/2003
2003/2004
2004/2005
2005/2006
ab 2006/2007
Ertragswert
Mio. €
Mio. €
Mio. €
Mio. €
Mio. €
EBIT
4.045
4.499
5.496
7.307
7.544
Zinsergebnis
1.176
1.296
1.352
1.399
1.445
Ergebnis vor Steuern
5.221
5.794
6.848
8.706
8.989
Unternehmenssteuern
-2.071
-2.304
-2.700
-3.392
-3.502
Ergebnis nach Steuern
3.150
3.490
4.148
5.314
5.486
auf Minderheiten entfallendes Ergebnis
870
938
1.139
1.542
1.592
zur Ausschüttung verfügbares Ergebnis
2.280
2.552
3.009
3.772
3.894
Ausschüttungen
2.280
2.552
3.009
3.772
3.894
Persönliche Ertragsteuer auf Ausschüttungen
399
447
527
660
681
Ausschüttung nach persönlichen Ertragsteuern
1.881
2.105
2.483
3.112
3.213
Fiktive steuerfreie Zurechnung von Thesaurierungen
Annuität Verlustvortrag B
-4
Annuität UMTS-Lizenzen
62
Korrektur nachhaltiges Zinsergebnis
56
zu kapitalisierende Nettoausschüttungen
1.881
2.105
2.483
3.112
3.326
Kapitalisierungszinssatz
5,47%
5,50%
5,52%
5,54%
2,30%
Barwert zum jeweiligen Periodenbeginn
125.220
130.191
135.247
140.233
144.884
Ertragswert zum 1. April 2002
125.220
Aufzinsungsfaktor
1,011
Ertragswert zum 11. Juni 2002
126.543
3.
Auch bezüglich der bewertungstechnischen Sonderwerte bezüglich der ehemaligen Unternehmensbeteiligungen folgt die Kammer den Feststellungen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 11. Dezember 2013.
Sonderwerte
IDW S1 2000
in Mio. €
C GmbH, Essen
737,8
BS GmbH, Frankfurt am Main (2. Tranche)
44,7
Grundbesitz
53,5
836,0
4.
Der Ertragswert ist um einen weiteren Sonderwert zu erhöhen.
Vorliegend ist diese Erhöhung vorzunehmen (dazu nachfolgend d)), da es die WpAG unterlassen hat, den ehemaligen Vorstand der Nb AG Dr. F. (nachfolgend a) sowie zumindest die Mitglieder des Präsidiums der Nb Prof. Dr. G. (nachfolgend b), Dr. B und A (nachfolgend a) auf Schadensersatz oder Rückzahlung von rechtsgrundlos Erlangtem in Anspruch zu nehmen.
Derartige Ansprüche sind in einem Spruchverfahren zu berücksichtigen (OLG München ZIP 2007, 699).
Im Rahmen der Übernahme der Nb AG wurden an den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Anerkennungsprämien eine Anerkennungsprämie von 16 Mio. EUR, weiterhin erhielten vier weitere Vorstandsmitglieder zusätzlich zu den in den Dienstverträgen vereinbarten Bezügen 1,89 Mio. Euro, 1,38 Mio. EUR, 1,02 Mio. EUR und 770.000,- EUR. Dies sind zusammen 20,29 Mio. EUR (dazu nachfolgend a)).
Weiterhin erhielt Prof. Dr. G eine Zahlung von 4,8 Mio. EUR (dazu nachfolgend b)).
Außerdem wurden 18 Pensionären Abfindungsangebote für Alternativpensionsansprüche von 31. Mio. EUR gemacht und ausgezahlt und diese dann nochmals um 394.000 EUR, 380.000 EUR und 450.000 EUR erhöht (dazu nachfolgend c)).
a)
Die Rechtswidrigkeit der an die ehemaligen Vorstandsmitglieder ausgezahlten Beträge in Höhe von 20,29 Mio. EUR ergibt sich aus den folgenden – nichts hinzuzufügenden – Ausführungen des Bundesgerichtshofes (BGH – 3 StR 470/04 – Urteil vom 21. Dezember 2005), denen sich die Kammer anschließt:…
b)
Auch die an Prof. Dr. G. erfolgte Zahlung von 4,8 Mio. EUR war rechtswidrig.
Dies hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) wie folgt begründet, dem sich die Kammer ebenfalls in vollem Umfang anschließt:…
c)
Demgegenüber können keine Feststellungen dazu getroffen werden, dass auch die Zahlungen an die 18 Pensionären aufgrund von Abfindungsangeboten für Alternativpensionsansprüche Höhe von 31. Mio. EUR, welche nochmals um 394.000 EUR, 380.000 EUR, 450.000 EUR erhöht wurden, zu einer Schädigung der Nb AG und damit auch der Aktionäre in dieser Höhe geführt haben. Insoweit hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) ausgeführt:…
Weitere Feststellungen sind auch der Kammer nicht möglich. Insoweit ist seitens der Antragsteller kein hinreichender Sachvortrag erfolgt, der es der Kammer erlaubt hätte, diesen Fall weiter aufzuklären. Auch die Amtsermittlungsverpflichtung der Kammer in einem Spruchverfahren geht nur soweit, dass von den Beteiligten zumindest Anhaltspunkte für weitere Ermittlungen der Kammer dargelegt werden. Daran fehlt es hier. In dem Strafverfahren und in dem Revisionsverfahren konnten entsprechende Feststellungen zu einer Pflichtverletzung und dem kausalen Schaden nicht getroffen werden. Die Kammer sieht insoweit keine Möglichkeiten, von Amts wegen darüber hinausgehende Ermittlungen, anzustellen. Ermittlungsansätze werden von den Antragstellern insoweit auch nicht vorgetragen. Das Gericht wurde insoweit von den Beteiligten nicht in die Lage versetzt, aufgrund von spezifischen Angriffspunkten die Einwendungen zu prüfen und Ermittlungen anzustellen.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass in einem Spruchverfahren der Abfindungsbetrag nur hinsichtlich solcher Tatsachen zu korrigieren ist, die als wesentlich zu betrachten sind. Bei den hier streitgegenständlichen Pensionszusagen ist aber nicht ansatzweise bekannt und auch nicht vorgetragen, ob sie überhaupt und wenn ja, in welcher Höhe sie schadensträchtig sind. Der Bundesgerichtshof hat insoweit lediglich den Freispruch aufgehoben, es lässt sich aber weder der Entscheidung des Bundesgerichtshofes noch dem Sachvortrag der Parteien, der insoweit ganz allgemein auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofes Bezug nimmt, ob überhaupt ein Betrag verbleibt, der den Ausgleichsbetrag auch nur um 0,01 EUR erhöht.
d)
Insgesamt belaufen sich diese aus den vorstehenden Gründen als rechtswidrig zu bewertende Zahlungen auf 25.090.000,00 EUR.
Sie haben das Vermögen der Nb AG geschädigt und damit auch die an die Minderheitsaktionäre auszuzahlende Abfindung reduziert.
Da es an wirksamen Entscheidungen bezüglich dieser Zuwendungen fehlt, wären diese zurück zu erstatten gewesen (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB). Ob darüber hinaus Haftungsansprüche nach §§ 93, 116 AktG bestanden haben, kann mithin dahinstehen.
Die Empfänger der vorgenannten Leistungen haben diese ohne rechtlichen Grund erhalten (§ 812 Abs. 1 Satz 1 1. Alt. BGB).
In Ansehung der Erwägungen des Bundesgerichtshofes, denen sich die Kammer in vollem Umfang anschließt, lag den Zahlungen keine wirksame rechtliche Grundlage zugrunde. Die Zahlungen verstießen gegen das AktG und damit zumindest gegen ein gesetzlichem Verbot (§ 134 BGB).
Auch die Zustimmung der WpAG zu diesen Zahlungen bzw. die Entscheidung von Regresszahlungen abzusehen, steht der Berücksichtigung vorliegend nicht entgegen. Auch diese Erklärungen zu einem vermeintlichen Rechtsgrund für die Zahlungen hat der Bundesgerichtshof (a.a.O.) wie folgt beurteilt:…
e)
Soweit die Antragsgegnerin insoweit einwendet, dass der Berücksichtigung dieser Ansprüche entgegensteht, dass sie nicht rechtskräftig festgestellt oder anerkannt sind, hält dies die Kammer vorliegend nicht für entscheidungserheblich. Im Unterschied zu den insoweit bisher bekannt geworden Fällen lag dort keine Entscheidung des Bundesgerichtshofes zu der rechtlichen Bewertung der dargestellten Zahlungen vor. Wenn dann in einer Allianz der übernommen und übernehmenden Gesellschaft und ihrer Vorstände aus – insoweit tatsächlich nachvollziehbaren, rechtlich jedoch nicht nachvollziehbaren – Gründen davon abgesehen, die ohne Rechtsgrundlage erbrachen Zahlungen zurückzuverlangen, würde das Abstellen auf die Kriterien „Rechtskraft und Anerkenntnis“ einen unzulässigen Vertrag zu Lasten Dritter, nämlich der Aktionäre darstellen. Auch die Grundsätze der Wurzeltheorie stehen der Berücksichtigung nicht entgegen. Diese Zahlungen sind bereits im Jahre 2001 Gegenstand intensiver öffentlicher Diskussionen gewesen. Es hatte sich eine breite Meinung dazu gebildet, dass hier eine Art „rechtswidriger Selbstbedienung“ erfolgt sein, um den „Übernahmekampf“ zu beenden. Diese Ansicht aller gerecht und billig denkenden hatte in rechtlicher Hinsicht schließlich auch das bekannte Strafverfahren zur Folge.
5.
Damit errechnet sich die festzusetzende Abfindung unter Berücksichtigung der 506.967.978 Aktien wie folgt:
WpAG
€ je Aktie
Unternehmenswert
Mio. €
Ertragswert zum 11. Juni 2002
126.543
249,61
nicht betriebsnotwendiges Vermögen
836
1,65
Schadenersatz F. u. a.
25,090
0,05
Unternehmenswert zum 11. Juni 2002
127.404
251,31
6 .
Dieser Abfindung steht auch die bilanzielle Bewertung des Unternehmenswertes der Nb AG im Konzernabschluss der Wp Group Plc. nicht entgegen.
Der Sachverständige Xb hat insoweit in seiner ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 8. Mai 2014, die er auch im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 27. März 2014 in dem Verfahren zum Squeeze-Out (Landgericht Düsseldorf 33 O 1/07 AktE – ausführlich dargestellt hat, dass aus den unterschiedlichen Abschreibungen auf die im Rahmen der Nb AG aktivierten Vermögenswerte im Einzelabschluss der WpHolding GmbH/WpDeutschland GmbH und im Konzernabschluss der WpGroup Plc. nicht abgeleitet werden kann, das bei den Wertminderungsprüfungen wesentlich abweichende Unternehmenswerte berechnet wurden. Der Sachverständige hat dies in seinem Gutachten und auch in der Anhörung im dem Verfahren Landgericht Düsseldorf – 33 O 1/07 AktE – ausführlich erörtert und dargestellt. Soweit dagegen eingewandt wird, dass der Sachverständige zwar nach den in der Bundesrepublik geltenden Standards richtig gerechnet habe, diese aber nicht richtig sei, da nach den internationalen Bewertungsstandards sowohl die Zukunftserträge als auch der Kapitalisierungszinssatz vor Ertragssteuern angesetzt werde und lediglich das gegen internationalen Gepflogenheiten verstoßende deutsche Bewertungsverfahren ursächlich für den Werteverfall zwischen dem Einbringungswert der Nb AG im Jahre 2000 (rund 309 EUR) und dem Wert zum maßgeblichen Bewertungsstichtag im August 2001 sei, vermag die Kammer diesen verbliebenen Bedenken nicht zu folgen.Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine Unternehmensbewertung in der Bundesrepublik Deutschland nun mal nach deutschen Bewertungsstandards durchgeführt und von den Gerichten auch nach diesen Standards – mögen sie teilweise, wie erörtert auch unzulänglich sein – überprüft werden. Es gilt in der Bundesrepublik Deutschland nach dem IDW S 1 nun mal das Nettoprinzip, relevant ist das, was in den Verfügungsbereich des Eigentümers gelangt. Die dabei relevanten Steuersätze werden auch nach der ständigen Rechtsprechung pauschaliert und führen in der Regel zu einem höheren Unternehmenswert.
7.
Der Abfindungsbetrag ist auch nicht aufgrund der nicht berücksichtigten Vorteile aus der Europarechtswidrigkeit des § 8b Abs. 5 KStG, nämlich aufgrund der ungünstigeren steuerlichen Behandlung von Auslandsdividenden, zu erhöhen.
Aufgrund der Bekundungen des Zeugen T. steht fest, dass er, als der Zuständige für steuerrechtliche Fragen keine positive Kenntnis der später festgestellten Europarechtswidrigkeit der Norm hatte, die zu unterschiedlichen Besteuerungen von Inlands- und Auslandsdividenden geführt hat, und die sich daraus ergebenden Vorteile, weil die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Norm gerade nicht sicher vorhersehbar war, nicht berücksichtigt hat und daher auch bei der Planungsrechnung die geltenden deutschen Gesetze angewandt worden sind. Dass dies dann zu einem späteren Zeitpunkt im Rahmen der erst lange nach dem Bewertungsstichtag erfolgten Betriebsprüfung in der Steuererklärung möglicherweise berücksichtigt wurde, ist unerheblich. Es gilt alleine die Wurzeltheorie, was also im Jahre 2001 vorhersehbar war. Zu diesem Zeitpunkt waren die aus der Europarechtswidrigkeit der Norm sich noch ergebenden steuerlichen Vorteile eben nicht sicher vorhersehbar.
8.
Soweit eingewandt wird, die Nb AG sei hinsichtlich eines Betrages von 60 Mrd. von der Mehrheitsaktionärin ausgeplündert worden, kann die Kammer daraus nichts ableiten.
Die Kammer sieht insoweit keine Möglichkeiten von Amts wegen Ermittlungen, anzustellen. Ermittlungsansätze werden von den Antragstellern insoweit auch nicht vorgetragen. Das Gericht wurde insoweit von den Beteiligten nicht in die Lage versetzt, aufgrund von spezifischen Angriffspunkten die Einwendungen zu prüfen und Ermittlungen anzustellen.
9.
Zinsen waren nicht zuzusprechen (vgl. dazu OLG Düsseldorf – I-26 W 6/07 [AktE] – Beschluss vom 25.11.2009).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 18 a Abs. 1 FGG in der bis zum 31.08.2003 geltenden Fassung. Es entspricht bis zur Einführung des Spruchgesetzes der Billigkeit, den Antragsgegnern auch die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller aufzuerlegen.
Der Geschäftswert für das gerichtliche Verfahren sowie die Vergütung der Vertreter der außenstehenden Aktionäre ergibt sich aus der Multiplikation der Anzahl der außenstehenden Aktien mit der Differenz zwischen dem nunmehr festgesetzten Abfindungsbetrag und dem in der Hauptversammlung festgesetzten Betrag.
Der Geschäftswert für die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller ergibt sich aus der Anzahl der von ihnen gehalten Aktien, die noch nachzuweisen sind und der Differenz zwischen dem nunmehr festgesetzten Abfindungsbetrag und dem in der Hauptversammlung festgesetzten Betrag zuzüglich der Erhöhung aufgrund des Vergleiches, also mindestens 37,51 EUR/Aktie (251,31 EUR abzüglich (203,20 EUR+10,60 EUR). Wird der Besitz von mehr als einer Aktie nicht nachgewiesen, wird der Geschäftswert für die anwaltliche Tätigkeit insoweit auf 37,51EUR festgesetzt. Der Mindestgeschäftswert von 5.000 EUR ist auf diesen Altfall nicht anwendbar (vgl. dazu Oberlandesgericht Düsseldorf – I-26 W 4/12 [AktE] – Beschluss vom 10. April 2013).