Az.: 5 HK O 26513/11
ISIN: DE0007292005 / WKN: 729200
Hauptversammlung: 22.11.2011
Antragsgegnerin: Clariant AG
Tenor
I. Die von der Antragsgegnerin an die ehemaligen Aktionäre der S… AG zu leistende Barabfindung wird auf € 132,30 festgesetzt. Dieser Betrag ist unter Anrechnung geleisteter Zahlungen ab dem 8.12.2011 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
II. Von den ausschließlich nach der KostO berechneten Gerichtskosten tragen der Antragsteller zu 41) ein 1/87 und die Antragsgegnerin 86/87; die weiteren Gerichtskosten insbesondere der Beweisaufnahme trägt die Antragsgegnerin. Die Antragsgegnerin trägt die außergerichtlichen Kosten der Antragsteller zu 1) bis 40) und 42) bis 87); der Antragsteller zu 41) und die Antragsgegnerin tragen ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren erster Instanz sowie der Wert für die Bemessung der von der Antragsgegnerin an den gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre zu leistende Vergütung wird auf € 1.130.279,04 festgesetzt.
Gründe
A.
1. a. Die Hauptversammlung der S… AG (im Folgenden auch: die Gesellschaft) fasste am 22.11.2012 den Beschluss, die Aktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von € 125,26 auf die Antragsgegnerin als Hauptaktionärin zu übertragen, nachdem diese bereits im April 2011 rund 96% des Aktienkapitals von mehreren ehemaligen Aktionären erworben hatte und nach einem Pflichtangebot entsprechend dem WpÜG rund 98,6% des Grundkapitals hielt. Die damals börsennotierte Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand ausweislich der Satzung in der Gewinnung und Verarbeitung von Mineralien, in der Herstellung und dem Vertrieb von chemischen Grundstoffen und Zwischenprodukten, von Hilfs- und Zusatzstoffen wie Adsorptionsmitteln, Binde-und Trockenmitteln und anderen Betonit-Produkten aller Art, von Katalysatoren und ähnlichen chemischen Erzeugnissen für die Industrie sowie von Düngemitteln und anderen Erzeugnissen für die Landwirtschaft und Tierhaltung einschließlich der Durchführung aller Geschäfte, die mit der Betätigung auf diesen Gebieten zusammenhängen und zur Erreichung des Gesellschaftszwecks notwendig oder nützlich erscheinen, insbesondere der Errichtung von Zweigniederlassungen im In- und Ausland, der Gründung und dem Erwerb anderer Unternehmen gleicher oder verwandter Art und der Beteiligung an solchen Unternehmen liegt, verfügte zum Stichtag der Hauptversammlung über ein in 11.840.000 auf den Inhaber lautende Stückaktien eingeteiltes Grundkapital von € 30.300.000,–. Am 17.5.2011 gab die Antragsgegnerin ihre Absicht zur Durchführung eines Squeeze out-Verfahrens gemeinsam mit dem Bieter in einem Pflichtangebot gleichen Datums an die Kapitalmärkte bekannt. Der auf der Basis von Daten der Deutsche Börse AG ermittelte gewichtete Durchschnittskurs in einem dreimonatigen Referenzzeitraum vor dieser Bekanntgabe belief sich auf € 125,26, während der für den gleichen Zeitraum von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht ermittelte Durchschnittskurs bei € 125,03 je Stückaktie lag. Dabei entfielen 88% des Handelsvolumens auf den von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht nicht berücksichtigten Freiverkehr.
Die operative Geschäftstätigkeit der Gesellschaft entfiel auf die beiden großen Unternehmensbereiche „Functional Materials“ sowie „Catalysts & Energy“, die ihrerseits wiederum in insgesamt sechs operative Geschäftsbereiche unterteilt waren – Adsorbentien und Additive, Gießereiprodukte und Spezialharze, Schutzverpackungen, Wasserbehandlung einerseits sowie Katalysatoren-Technologie und Energie und Umwelt andererseits. Dabei trug der Geschäftsbereich „Functional Materials“ im Geschäftsjahr 2010 mit insgesamt 3.351 Mitarbeitern zum 31.12.2010 € 721,3 Mio. oder 59% zum Konzernumsatz bei, während im selben Zeitraum im Unternehmensbereich „Catalysts & Energy“ € 503,7 Mio. oder 41,1% des Gesamtumsatzes erwirtschaftet wurden, wobei hier zum 31.12.2010 2.621 Mitarbeiter tätig waren. Zudem gab es den Bereich „Zentralfunktionen“, in dem vor allem die Verwaltungskosten des Zentralbereichs erfasst werden und bei der Ergebnisplanung die beiden Start up-Projekte „Bioethanol“ und „Cellobiose“.
b. Im Vorfeld der Hauptversammlung der S… AG vom 22.11.2011 erstattete die K… AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden auch: K…) unter dem 8.9.2011 eine gutachtliche Stellungnahme zum Unternehmenswert der Gesellschaft zum 22.11.2011 und zur angemessenen Barabfindung im Rahmen des geplanten Ausschlusses der Minderheitsaktionäre (Anlage zum Schriftsatz vom 30.12.2011, Bl. 6/7 d.A.). Dabei ermittelten die Wirtschaftsprüfer von K… in Anwendung der Ertragswertmethode einen Unternehmenswert von € 1,3692 Mrd., woraus dann ein Wert je Aktie von € 115,65 errechnet wurde. Ausgangspunkt waren dabei die vom Vorstand der Gesellschaft im Herbst 2010 erstellten Planungen, die auf operativer Ebene die Jahre 2011 bis 2013 und auf strategischer Ebene die Jahre 2014 bis 2020 umfassten, woran sich dann ab 2021 ff. die Ewige Rente anschloss. Bei der Kapitalisierung der Ergebnisse gingen die Bewertungsgutachter von K… von einem Basiszins von 3,5% aus, der ungeachtet des zum Stichtag der Hauptversammlung auf 3% vor Steuern abgesunkenen Niveaus auch für den Hauptversammlungsbeschluss zugrunde gelegt wurde. Der unter Anwendung des (Tax-)CAPM ermittelte Risikozuschlag wurde in der gutachtlichen Stellungnahme von K… auf 4,42% vor Anpassung an die periodenspezifische Finanzierungsstruktur festgesetzt, wobei von einer Marktrisikoprämie von 4,5% nach Steuern und einem aus einer sich aus zehn Unternehmen zusammensetzenden Peer Group abgeleiteten unverschuldeten Beta-Faktor von 0,98 ausgegangen wurde. Für die Phase der Ewigen Rente nahmen die Bewertungsgutachter einen Wachstumsabschlag von 1% an. Zudem setzten sie Sonderwerte in Höhe von € 4,1 Mio. aus nicht operativ tätigen bzw. sich in Liquidation befindlichen Beteiligungen sowie Grundstücken der S… AG an. In ihrer Aktualitätserklärung vom 22.11.2011 (Anlage AG 1) führten die Wirtschaftsprüfer von K… aus, warum es aus ihrer Sicht zu keiner Neuberechnung aufgrund des auf 3% vor Steuern gesunkenen Basiszinssatzes kommen müsse.
Die vom Landgericht München I mit Beschluss vom 24.6.2011, Az. ⁵HK O 13402/11 zur Abfindungsprüferin bestellte W… AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: W…) gelangte in ihrem Prüfungsbericht vom 22.9.2011 (Anlage zum Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 30.12.2011 (Bl. 6/7 d.A.) zu dem Ergebnis, die von der Antragsgegnerin festgelegte Barabfindung stelle sich als angemessen dar; in ihrer Stichtagserklärung vom 22.11.2011 (Anlage AG 2) hielten die Abfindungsprüfer die Barabfindung von € 125,26 je Aktie weiterhin für angemessen.
Hinsichtlich der näheren Einzelheiten des Bewertungsgutachtens sowie des Prüfungsberichts einschließlich der beiden Stichtagserklärungen wird in vollem Umfang auf die Anlagen zum Schriftsatz vom 30.12.2011 sowie die Anlagen AG 1 und AG 2 Bezug genommen.
c. Der Beschluss über den Squeeze out wurde am 30.11.2011 in das Handelsregister eingetragen und sodann am 7.12.2011 gemäß § 10 HGB bekannt gemacht. Im Zeitpunkt der Eintragung des Übertragungsbeschlusses waren alle Antragsteller Aktionäre der S… AG.
2. Zur Begründung ihrer spätestens am 7.3.2012 zumindest per Telefax beim Landgericht München I eingegangenen Anträge machen die Antragsteller im Wesentlichen geltend, aufgrund ihrer zulässigerweise gestellten Anträge müsse es angesichts der Unangemessenheit der festgesetzten Barabfindung zu einer Erhöhung kommen.
a. Dabei leiten die Antragsteller die Notwendigkeit dieser Erhöhung bereits aus der mangelnden Plausibilität der Planannahmen der Gesellschaft ab.
(1) Dies resultiere bereits aus einer unterdurchschnittlich angenommenen Entwicklung der Umsatzerlöse bis 2016 und einer geringen Steigerung des Betriebsergebnisses, was auch in Widerspruch zu den sehr positiven Aussichten des Verbandes der Chemischen Industrie (VCI) für 2011 stehe. Zudem sei das um Sondereinflüsse bereinigte Betriebsergebnis im ersten Quartal des Jahres 2011 mit einem weiteren Anstieg um rund 15% auf € 85,7 Mio. zum Stichtag bekannt gewesen und nicht hinreichend berücksichtigt worden. Im Bereich „Wasserbehandlung“ vernachlässige die Planung des Umsatzwachstums die zunehmende Bedeutung des knappen Guts „Wasser“. Ebenso hätte in den Bereichen Gießereiprodukte, Spezialharze und auch bei den Katalysatoren die Preisführerschaft der Gesellschaft einschließlich ihrer Stellung als Weltmarktführer auf dem Gebiet der Bio-Raffinerien stärker berücksichtigt werden müssen. Namentlich bei den Gießereiprodukten und Spezialharzen stelle sich der Ansatz einer Stagnation angesichts starker Wachstumsimpulse in Deutschland und den USA sowie hoher Wachstumsraten in China und Indien als unplausibel dar. Die beiden Start up-Projekte Bioethanol und Cellobiose hätten zudem stärker berücksichtigt werden müssen; dabei könne die deutliche Reduktion der Eintrittswahrscheinlichkeit bei beiden Projekten entgegen der ursprünglichen Vorstandsplanung nicht nachvollzogen werden. Angesichts des Anstiegs der Kosten für Forschung & Entwicklung müsse es auch zu einem stärkeren Umsatzwachstum auf Seiten der Gesellschaft kommen. Das EBIT des Jahres 2011 müsse um Sondereffekte bereinigt werden.
(2) Im Rahmen der Aufwandsplanung müsse die Wahl des Erfassungsverfahrens der Kosten hinterfragt werden. Vor allem aber könne es nicht plausibel sein, wenn die Vertriebs- und allgemeinen Verwaltungskosten angesichts ihres bereits hohen Niveaus ansteigend geplant würden. Insgesamt sei in der Zeit nach 2013 der Rückgang der Bruttomarge gleichfalls nicht plausibel.
(3) Nicht nachvollzogen werden könne die Anpassung der Wechselkurse einschließlich des Ansatzes von Forward Rates sowie der Rückgang des früher positiven sonstigen betrieblichen Ergebnisses, das ab 2015/16 negativ geplant werde. Unklar bleibe bei der Ermittlung auch der Ort des Ansatzes der Wertbeiträge der G…-Gruppe und der B… C… Ltd. im Rahmen der Planung der S… AG. Synergien aus der Zusammenarbeit mit der Antragsgegnerin würden nicht hinreichend in die Planung einfließen.
(4) Die Überleitung in den Terminal Value hätte bereits ab den Jahren 2015 ff. ohne den Ansatz einer zwischengeschalteten Phase erfolgen müssen. Nicht nachvollzogen werden könne der unterhalb der EBIT-Margen der Jahre der Phasen I und II liegende Ansatz einer entsprechenden Marge von lediglich 12,6% in der Ewigen Rente. Ebenso wenig lasse sich erklären, warum das Konzernergebnis mit € 178,7 Mio. deutlich unterhalb des Ergebnisses des letzten Jahres der strategischen Planung mit € 198,1 Mio. liege.
(5) Korrekturbedarf bestehe auch bei der Annahme einer Ausschüttungsquote von 33% in der Detailplanungsphase und von 48% in der Ewigen Rente. Zudem sei es unplausibel, wenn von einer Ausschüttung der Auslandsgewinne ausgegangen werde. Fraglich sei, inwieweit Thesaurierungen werterhöhend in den Ertragswert eingeflossen seien. Nicht nachvollzogen werden könne das Verschwinden eines thesaurierten Betrages von € 917 Mio. in der Planungsrechnung der Gesellschaft.
b. Der Ansatz des Kapitalisierungszinssatzes erfolge in allen drei Parametern nachteilig für die Minderheitsaktionäre und müsse deshalb korrigiert werden.
(1) Dies gelte zunächst für den Basiszinssatz, bei dem der deutliche Rückgang auf jedenfalls 3% vor Steuern, wenn nicht sogar auf 2,75% vor Steuern zum Stichtag der Hauptversammlung zwingend hätte berücksichtigt werden müssen. Auch fehle ein Absenken infolge der Existenz von Credit Default Swaps auch für deutsche Staatsanleihen. Ebenso wird geltend gemacht, für jedes Jahr der Detailplanungsphase müsse ein eigener Basiszinssatz angesetzt werden.
(2) Weiterhin müsse auch der Risikozuschlag reduziert werden, sofern ein solcher überhaupt herangezogen werden dürfe. Das zu seiner Ermittlung herangezogene (Tax-)CAPM stelle sich jedenfalls hierzu als ungeeignet dar, was vor allem dann gelte, wenn anstelle des geometrischen Mittels das arithmetische Mittel mit einjährigem Wiederanlagehorizont herangezogen werde. Das unternehmensindividuelle Risiko lasse sich sachgerecht nur über den originären Beta-Faktor der S… AG abbilden und nicht über eine zudem fehlerhaft zusammengestellte Peer Group mit einer Überrepräsentanz von in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Unternehmen und der Aufnahme eines konzernzugehörigen Unternehmens. Der Ansatz eines adjusted Beta verzerre das Risiko künstlich nach oben. Fehlerhaft sei die Erhöhung des Beta-Faktors durch die Berücksichtigung des Verschuldungsgrades, weil dieser bereits in den Planzahlen angesetzt worden sei.
(3) Deutlich erhöht werden müsse der mit 1% zu niedrig angesetzte Wachstumsabschlag, weil er nicht die langfristige Ergebnisentwicklung der in einem Wachstumsmarkt tätigen Gesellschaft reflektiere und ein wesentlicher Teil der Umsätze in Märkten mit höheren Inflationsraten erzielt werde. Das Erfordernis eines höheren Wachstumsabschlags resultiere auch aus Prognosen des VCI über einen Anstieg der Preise für chemische Erzeugnisse um 4% wegen zunehmender Energie- und Rohstoffkosten. Die Gesellschaft könne Preissteigerungen in den für ein Unternehmen der Spezialchemie relevanten Bereich wie den Rohstoffen durch Preisanpassungen angleichen. Anderenfalls käme es zu einem Schrumpfen der Gesellschaft bei einem unterhalb der allgemeinen Inflationsrate liegenden Wachstumsabschlag.
c. Beim nicht betriebsnotwendigen Vermögen bleibe die Wertermittlung der Grundstücke ebenso unklar wie die der Beteiligungen und der Frage, inwieweit es freie Liquidität, Wertpapiere und Kunstgegenstände oder ebenso als Sonderwert anzusetzende Verlustvorträge gebe. Denkbar seien auch Pläne zur Aufgabe von Werkswohnungen; das Grundstück in der Münchener Innenstadt müsse veräußert werden.
d. Der Börsenkurs der S… AG müsse über einen Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung oder jedenfalls vor dem Übertragungsverlangen ermittelt werden. Zudem müsse eine Hochrechnung angesichts des verbliebenen Zeitraums entsprechend der allgemeinen Entwicklung an den Kapitalmärkten erfolgen. Als Wertuntergrenze müsse zudem auf den zuletzt im Rahmen des Übernahmeangebots gezahlten Preis von € 126,38 abgestellt werden. Die Fehlerhaftigkeit der Berechnung des Unternehmenswerts der Gesellschaft zeige sich auch an der unterbliebenen Ermittlung des Liquidations- und Substanzwerts.
3. Die Antragsgegnerin beantragt demgegenüber die Zurückweisung der Anträge. Zur Begründung beruft sie sich im Wesentlichen auf die Angemessenheit der festgesetzten Barabfindung, wobei die Anträge der Antragsteller zu 77) und zu 78) wegen fehlerhafter Bezeichnung der Antragsgegnerin ohnehin unzulässig seien, nachdem die C… Ltd. nicht einmal Aktien der S… halte.
a. Keinerlei Korrekturbedarf bestehe bei den Planannahmen der S… AG, bei der die künftigen Überschüsse auch durch einen ordnungsgemäßen Abgleich mit den Zahlen der Vergangenheit plausibilisiert worden seien.
(1) Die Entwicklung der Umsatzerlöse bilde das jeweils erwartete Potential der einzelnen Geschäftsbereiche mit Schwankungen bei verschiedenen Produkten und in den unterschiedlichen Absatzmärkten zutreffend ab. Der Rückgang bei den Gießereiprodukten sei entsprechend der Darstellung im Bewertungsgutachten nachvollziehbar. Die durchschnittliche Wachstumsrate im Bereich „Wasserbehandlung“ von 8% mit in einzelnen Jahren erwarteten zweistelligen Wachstumsraten spiegele das sehr gute Potential dieses Bereichs wider. Auch bilde die Planungsrechnung bei den Katalysatoren die zu erwartenden Marktentwicklungen zutreffend ab. Ein Abbau seltener Erden werde von der Gesellschaft nicht betrieben; vielmehr nutze sie diese als Rohstoffe für ihre Produkte und könne Preissteigerungen bei der Beschaffung nicht in gleichem Maße an ihre Kunden weitergeben, was Ergebnisminderungen nach sich ziehe. Bei den Start up-Projekten müsse es – im Vergleich zu den Annahmen in der Unter nehmensplanung – angesichts der diesen Projekten innewohnenden Unsicherheit bei der Umsetzung – entsprechend den Erwartungen des Managements zu Abschlägen kommen; nur durch die konkret angesetzten Wahrscheinlichkeiten von 35% bzw. 10% komme es zu einer konsistenten Anpassung an die Erwartungswerte der übrigen Planung sowie an das im Kapitalisierungszinssatz abgebildete Risikoniveau. Das erwartete Wachstum lasse sich nur mit den in der Planung angesetzten Aufwendungen für Forschung & Entwicklung und den daraus resultierenden Innovationen generieren.
(2) Bei den Material-, Personal- und Vertriebskosten müsse es zu keinen Anpassungen kommen, wobei der Planungsprozess eine detaillierte Planung des operativen Ergebnisses für einzelne Regionen und Produkte nicht vorsehe und zudem aus Gründen des Wettbewerbs ohnehin nicht veröffentlichungsfähig sei. Die erwartete Steigerung der Umsatzerlöse gehe einher mit einer abstrakten Erhöhung der Vertriebskosten, wobei es allerdings bei Vertriebs- und Verwaltungserlösen in Relation zu den Umsatzerlösen nur zu einem unterproportionalen Anstieg komme. Auch müsse das geplante Betriebsergebnis ebenso wie die EBIT-Marge als ambitioniert angesehen werden.
(3) Die vorgenommene Anpassung des Wechselkursverhältnisses im Jahr 2011 beruhe auf dem Ansatz von Forward Rates auf der Basis von Daten des Finanzdienstleisters Bloomberg und berücksichtige das Währungsrisiko im Zähler des Bewertungskalküls, nachdem die operative Planung 2012 bis 2014 der nicht in Euro geplanten Aktivitäten unter der Annahme eines im Planungszeitraum konstanten Wechselkursniveaus erstellt worden sei, andererseits aber erwartete Wechselkursschwankungen zwingend zu berücksichtigen gewesen seien. Der erwartete Anstieg der Kurve in einigen wichtigen Absatzländern führe zu einer negativen Anpassung des sonstigen betrieblichen Ergebnisses.
(4) Die Ewige Rente sei zutreffend erst ab den Jahren 2021 ff. angesetzt worden mit Blick auf die im Jahr 2020 endende strategische Planung des Vorstandes. Angesichts der Konjunkturabhängigkeit der Geschäftstätigkeit der S… AG dürfe zu einer sachgerechten Abbildung nicht auf das letzte Jahr der Detailplanungsphase abgestellt werden, weil sich bei der S… AG wie auch bei den Unternehmen der Peer Group Phasen mit steigenden und fallenden Umsätzen und Ergebnissen abwechseln würden. In dem Zeitraum von zehn Jahren bis 2020 liege das Umsatzwachstum deutlich über dem für die Vergleichsunternehmen angesetzten Wachstum; die EBIT-Marge entspreche dem Durchschnitt der Jahre 2011 bis 2020 und übersteige die des Vergangenheitszeitraums und der ersten Jahre der Detailplanungsphase deutlich.
(5) Die Ausschüttungsquote von 33% in den Phasen der operativen und strategischen Planung könne nicht auch im Terminal Value angesetzt werden, weil es hier keine Planung der Gesellschaft gebe und sich diese Quote aus der durchschnittlichen Ausschüttungsquote der neben anderen auch für die Ableitung der Kapitalkosten herangezogenen Unternehmen orientiere. Der Abzug eines Betrages für nachhaltiges Wachstum in der Ewigen Rente beruhe auf dem Erfordernis, dass ein langfristiges, unendliches Wachstum in der Fortführungsphase eine hinreichende Unterlegung mit Eigenkapital benötige. Daher lasse sich die zur Wachstumsfinanzierung notwendige Thesaurierung nicht in den Wertbeitrag aus Wertsteigerungen einbeziehen.
b. Nicht beanstandet werden könne auch der Kapitalisierungszinssatz in all seinen Komponenten.
(1) Dies gelte zunächst für den angenommenen Basiszinssatz von 3,5% nach Steuern, der entsprechend der allgemein anerkannten Svens son-Methode aus der Zinsstrukturkurve der Deutschen Bundesbank abgeleitet worden sei. Eine Reduktion infolge der Existenz von Credit Default Swaps lasse sich ebenso wenig rechtfertigen wie die Anknüpfung an eine punktuelle Stichtagsrendite. Ein Absenken des Basiszinssatzes auf 3% vor Steuern müsse im Gegenzug eine Erhöhung der Marktrisikoprämie nach sich ziehen.
(2) Ebenso zutreffend erfolgt sei die Ermittlung des zwingend anzusetzenden Risikozuschlages unter Ansatz des (Tax-)CAPM, das als kapitalmarktorientiertes Modell weithin anerkannt sei und die Marktrisikoprämie unter sachgerecht erfolgter Mittelwertbildung mit dem arithmetischem Mittel unter Rückgriff der Daten aus einer Studie von Stehle aus dem Jahr 2004 ableite. Der individuelle Beta-Faktor von 0,98 sei zutreffend aus einer Peer Group von Vergleichsunternehmen hergeleitet worden, nachdem auf den originären Beta-Faktor der S… AG nicht zurückgegriffen werden könne. Die Verwendung des adjusted Beta beruhe auf wissenschaftlich gewonnenen Erkenntnissen, wonach die Beta-Faktoren im Laufe der Zeit eine autoregressive Tendenz entwickeln und daher in Richtung auf den Marktdurchschnitt tendieren würden.
(3) Auch könne nicht gesehen werden, dass der Wachstumsabschlag zu niedrig angesetzt sei, bei dem schon nicht auf die allgemeine Inflationsrate abgestellt werden dürfe, sondern vielmehr die unternehmensindividuelle Fähigkeit zum Überwälzen von Preissteigerungen maßgeblich sei, die wesentlich durch die Preisentwicklung auf den Rohstoffmärkten bestimmt werde. Ein nachhaltiges Schrumpfen des Unternehmens könne angesichts des thesaurierungsbedingten Wachstums nicht angenommen werden.
c. Der Sonderwert der Grundstücke beruhe auf dem m2-Preis oder bei konkreten Verkaufsverhandlungen auf der Grundlage der Informationen zu Verkaufspreisen. Die nicht operativen oder in Liquidation befindlichen Be teiligungen seien zu Buchwerten angesetzt worden, der überschlägig dem Ertragswert oder dem Liquidationswert entspreche. Werkswohnungen müsse man dem betriebsnotwendigen Vermögen angesichts der Berücksichtigung der erwarteten Mieterträge in der G+V-Rechnung der Planung zuordnen. Für Patente und Markten bedürfe es nicht der Ermittlung eines gesonderten Wertes, weil diese implizit im Ertragswert erhalten seien. Weiteres nicht betriebsnotwendiges Vermögen gebe es bei der S… AG nicht.
d. Der Börsenkurs als Grundlage der festgesetzten Barabfindung beruhe auf dem zutreffend zugrunde gelegten Referenzzeitraum von drei Monaten vor der Bekanntmachung, die bereits vor dem formellen Übertragungsverlangen des Hauptaktionärs liegen könne. Angesichts einer Zeitspanne von wenig mehr als sechs Monaten liege auch ein eine Hochrechnung erforderlich machender längerer Zeitraum nicht vor. Abgesehen davon habe sich der Börsenkurs nach der Bekanntgabe deutlich besser entwickelt als das Marktumfeld. Ebenso wenig gebe es einen allgemeinen Rechtsgrundsatz über die Maßgeblichkeit des im Rahmen eines vorangegangenen öffentlichen Übernahmeangebots gezahlten Preises als Wertuntergrenze für die Squeeze out-Abfindung. Der Liquidationswert spiele angesichts der geplanten Fortführung ebenso wenig eine Rolle für die Angemessenheit der Barabfindung wie der Substanzwert.
4. a. Das Gericht hat mit Beschluss vom 9.7.2012 (Bl. 179 d.A.) Herrn Rechtsanwalt … zum gemeinsamen Vertreter der nicht selbst als Antragsteller am Verfahren beteiligten ehemaligen Aktionäre bestimmt. Mit Verfügung vom selben Tag hat der Vorsitzende die Veröffentlichung der Bekanntmachung (Bl. 180 d.A.) dieser Bestellung im elektronischen Bundesanzeiger veranlasst. Der gemeinsame Vertreter rügt in erster Linie die Fehlerhaftigkeit der Herleitung des Kapitalisierungszinssatzes. Beim Basiszinssatz müsse die Alternativanlage entsprechend den durch die Planung vorgegebenen Fristigkeiten fristenadäquat berechnet werden. Auch entkräfte die Realität der Nullzinsphase den Ansatz einer risikofreien Alternativanlage mit einer Rendite von 3,5%. Ebenso stelle sich die Marktrisikoprämie von 4,5% nach Steuern als deutlich überhöht dar, was auch eine Studie der Deutschen Bank AG belege. Angesichts der Tätigkeit der S… AG in wachstumsstarken Märkten müsse ein Wachstumsabschlag zwischen 2% und 3% angesichts der regionalen Produktions- und Absatzschwerpunkte der Gesellschaft angemessen sein.
b. In der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2012 hat das Gericht die gerichtlich bestellten Abfindungsprüfer von W… – Herrn Wirtschaftsprüfer … S… und Herrn Wirtschaftsprüfer … H… – mündlich angehört und um eine schriftliche Erläuterung zu drei Einzelfragen der Unternehmensbewertung gebeten, nachdem der Vorsitzende die Abfindungsprüfer zuvor schon mit Verfügung vom 9.7.2011 (Bl. 181/182 d.A.) gebeten hat, Alternativberechnungen mit geänderter Marktrisikoprämie durchzuführen. Das Gericht hat sodann Beweis erhoben gemäß Beschluss vom 5.4.2013 (Bl. 363/366 d.A.) durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dipl.-Kfm. … C… sowie gemäß Beschluss vom 28.4.2016 (Bl. 624/628 d.A.) durch Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens. Weiterhin hat das Gericht den Sachverständigen entsprechend dem Beschluss vom 28.4.2016 (Bl. 363/366 d.A.) zur Erläuterung seines Gutachtens im Termin vom 8.12. 2016 mündlich angehört und ihm mit Beschluss vom 8.12.2016 (Bl. 758 d.A.) um eine ergänzende Stellungnahme mit Alternativberechnungen zu geänderten Parametern des Kapitalisierungszinssatzes gebeten. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen und schriftlichen Anhörung der Abfindungsprüfer und der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2012 (Bl. 314/340 d.A.) samt den allen Verfahrensbeteiligten zugestellten ergänzenden schriftlichen Stellungnahmen der Abfindungsprüfer vom 14.11.2012 (Bl. 267/269 d.A.) und vom 20.12.2012 (Bl. 344/346 d.A.) sowie die beiden schriftlichen Gutachten des Sachverständigen vom 14.12.2015 (Bl. 420/511 d.A.) und vom 11.10.2016 (Bl. 657/690 d.A.), das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 8.12.2016 (Bl. 736/758 d.A.), berichtigt durch Verfügung vom 3.2.2017 (Bl. 778 d.A.) samt der allen Verfahrensbeteiligten zugestellten ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen C… vom 30.1.2017 (Bl. 769/776 d.A.).
c. Die Antragsteller zu 10) und zu 11) sowie die Antragstellerin zu 18) haben mit an das Landgericht München I adressierten Schriftsätzen vom 10.12., 18.12.2011 bzw. 23.1.2012 jeweils die Festsetzung einer angemessenen Barabfindung beantragt. Die 38. Zivilkammer des Landgerichts München I hat das Verfahren 38 O 28869/11 mit Beschluss vom 24.1.2012 (Bl. 7 d.A.) im Verfahren 38 O 28869/11) zum Verfahren 38 O 27462/11 hinzuverbunden und sich sodann in diesem Verfahren mit Beschluss vom 25.1.2012 (Bl. 7/10 d.A.) im Verfahren 38 O 27462/11 ebenso für funktio-nell unzuständig erklärt wie im Verfahren 38 O 1502/12 mit Beschluss vom 30.1.2012 (Bl. 10/13 d.A.) und dann jeweils auf Antrag der Antragsgegnerin an die funktionell zuständige 5. Kammer für Handelssachen des Landgerichts München I verwiesen. Diese hat diese beiden Verfahren mit Beschlüssen vom 27.1. bzw. 1.2.2012 – wie alle anderen unmittelbar bei dieser Kammer eingegangenen Verfahren auch – zu diesem führenden Verfahren vor dem Landgericht München I, Az. ⁵HK O 26513/11 hinzuverbunden.
d. Der Antragsteller zu 41) hat mit Schriftsatz vom 8.3.2017 (Bl. 789 d.A.) seinen Antrag zurückgenommen.
5. Zur Ergänzung des wechselseitigen Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze samt Anlagen sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2012 (Bl. 314/340 d.A.) und vom 8.12.2016 (Bl. 736/758 d.A.), berichtigt durch Verfügung vom 3.2.2017 (Bl. 778 d.A.).
B.
Die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung sind hinsichtlich aller verbliebenen Antragsteller zulässig und begründet, weil die Barabfindung auf € 132,30 festzusetzen ist.
I. Die Anträge aller noch am Verfahren beteiligten Antragsteller sind zulässig.
1. Alle Antragsteller sind antragsbefugt im Sinne des § 3 Satz 1 Nr. 2 SpruchG, weil sie im Zeitpunkt der Eintragung des Beschlusses über den Squeeze out am 30.11.2011 in das Handelsregister der S… AG Aktionäre dieser Gesellschaft waren. Die Antragsgegnerin hat den entsprechenden Antrag aller Antragsteller entweder von Vornherein nicht bestritten oder spätestens im Termin vom 29.11.2011 unstreitig gestellt, weshalb er gemäß §§ 8 Abs. 3 SpruchG, 138 Abs. 3 ZPO als zugestanden gilt.
2. Die Anträge wurden jeweils fristgerecht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 3 SpruchG beim Landgericht München I eingereicht, also innerhalb einer Frist von drei Monaten ab Bekanntmachung der Eintragung des Übertragungsbeschlusses entsprechend den Vorgaben aus § 10 HGB. Diese Bekanntmachung erfolgte am 7.12.2011, weshalb die Frist am 7.3.2012 endete. Spätestens an diesem Tag gingen die Anträge aller Antragsteller beim Landgericht München I zumindest per Telefax und folglich fristwahrend ein. Dies gilt insbesondere auch für die drei Anträge, die bei einer aufgrund der Regelung in §§ 95 Abs. 2 Nr. 2, 71 Abs. 2 Nr. 4 Buchst e GVG funktionell zuständigen Zivilkammer des Landgerichts München I eingegangen sind. Daher kann auch insoweit kein Zweifel an der Rechtzeitigkeit des Eingangs bestehen, zumal sie sogar innerhalb der Drei- Monats-Frist an die 5. Kammer für Handelssachen verwiesen wurden.
3. Alle im Verfahren verbliebenen Antragsteller haben in ihren Antragsbegründungen die Begründungserfordernisse des § 4 Abs. 2 SpruchG innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG erfüllt.
a. Dies gilt zunächst für die Antragsteller zu 77) und zu 78) in Bezug auf die Antragsgegnerin, auch wenn sie im „Rubrum“ der Antragsschrift jeweils die Clariant International Ltd. aufgeführt haben.
(1) Die Antragsbegründung muss gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 1 SpruchG den Antragsgegner bezeichnen, wobei der Antrag nur dann zulässig sein kann, wenn der richtige Antragsgegner genannt wird. Soweit in der Literatur teilweise die Ansicht vertreten wird, die Bezeichnung des richtigen Antragsgegners stelle sich als Frage der Passivlegitimation und damit der Begründetheit des Antrags dar und es komme nur auf die formale Erfüllung der Nennung eines Antragsgegners an (vgl. Puszkajler in: Kölner Kommentar zum AktG, 3. Aufl., § 11 Rdn. 11; Krieger/Mennicke in: Lutter, UmwG, 4. Aufl., § 4 SpruchG Rdn. 11; Kubis in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 4 Rdn. 13 SpruchG), vermag dem die Kammer mit der überwiegend in Rechtsprechung und Literatur vertretenen Auffassung nicht zu folgen (vgl. OLG Düsseldorf NZG 2012, 1181, 1192 = ZIP 2012, 1713, 1714; LG München I ZIP 2010, 1995, 1996 = Der Konzern 2010, 251, 252; Wasmann in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 5 Rdn. 2; Klöcker/Frowein, SpruchG, Rn. 1 zu § 5; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 8. Aufl., § 4 Rdn. 7; Volhard in: Münchener Kommentar zum AktG, 2. Aufl., § 9 Rdn. 7; Bungert/Mennicke BB 2003, 2021, 2026 f.; Wasmann WM 2003, 821, 824; Lamb/Schluck-Amend DB 2003, 1259, 1261). Für diese Ansicht sprechen insbesondere gesetzessystematische Überlegungen. Zum einen handelt es sich bei dem Spruchverfahren um ein reines Antragsverfahren und beim Spruchverfahrensgesetz um ein reines Verfahrensgesetz. Zum anderen aber muss berücksichtigt werden, dass nur ein zulässiger Antrag, mithin ein von einem Antragsberechtigten fristgerecht gestellter und hinreichend begründeter Antrag, ein Spruchverfahren in Gang setzen kann. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass im Falle eines zulässigen Antrags auch der Gemeinsame Vertreter zu bestellen wäre, dessen Kosten aufgrund von § 6 Abs. 2 SpruchG die Antragsgegnerin zu tragen hat. Dann aber muss gefordert werden, dass auch die Bezeichnung des richtigen Antragsgegners als Frage der Zulässigkeit anzusehen ist. Hierfür spricht auch der Wille des Gesetzgebers, dass auch andere Begründungsdefizite wie beispielsweise eine nicht ausreichende Begründung der Unangemessenheit der Kompensation zur Unzulässigkeit eines Antrags führen soll (vgl. BT- Drucks. 15/371 S. 22).
(2) Die Zulässigkeit muss hier bejaht werden, weil den Antragsschriften durch Auslegung zu entnehmen ist, dass sich der Antrag jeweils gegen die C… AG als Antragsgegnerin richten soll. Bei der Auslegung verfahrensrechtlicher Bestimmungen wie auch Erklärungen ist zu berücksichtigen, dass es oberstes Ziel jeder Auslegung sein muss, möglichst dem materiellen Recht im Prozess zur Durchsetzung zu verhelfen und zu verhindern, dass der Prozess zum Rechtsverlust aufgrund einer zu strikten Auslegung von Verfahrensvorschriften führt (vgl. BVerfGE 84, 366, 369 f. = NJW 1992, 105; BGH NJW-RR 2010, 357; Vollkommer/Geimer in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., Einleitung Rdn. 99). Auf Seite 2 der Antragsschriften ist jeweils ausgeführt, dass die ausgeschiedenen Minderheitsaktionäre die von der C… AG zu zahlende Barabfindung erhalten wollen. Damit aber kann den Schriftsätzen entnommen werden, wer der Hauptaktionär ist, der aufgrund von § 5 Nr. 3 SpruchG auch Antragsgegner ist. Den Regelungen in § 5 SpruchG ist gemeinsam, dass Antragsgegnerin stets die zahlungspflichtige natürliche oder juristische Person ist. Insoweit unterscheiden sich diese beiden Anträge auch grundlegend von dem mittlerweile zurückgenommenen Antrag des Antragstellers zu 41), der durchgehend die C… I… AG als Antragsgegnerin bezeichnete und nicht erkennen ließ, dass die zahlungspflichtige C. AG als Hauptaktionärin Antragsgegnerin sein muss.
b. Alle Antragsteller haben innerhalb der Frist des § 4 Abs. 1 SpruchG konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit der Kompensation erhoben, weshalb die Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 Satz 1 SpruchG erfüllt sind. Aufgrund dieser Vorschrift sind konkrete Einwendungen gegen die Angemessenheit nach § 1 SpruchG oder gegebenenfalls den als Grundlage für die Kompensation ermittelten Unternehmenswert in die Antragsbegründung aufzunehmen. Diesen Anforderungen werden alle Anträge gerecht, weil die Anforderungen an die Konkretisierungslast nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer in Übereinstimmung mit dem BGH nicht überspannt werden dürfen (vgl. BGH NZG 2012, 191, 194 = ZIP 2012, 266, 269 = WM 2012, 280, 283 = DB 2012, 281, 284; LG München I ZIP 2015, 2124, 2126 f.; Beschluss vom 21.6.2013, Az. ⁵HK O 19183/09, Beschluss vom 28.6.2013, Az. ⁵HK O 18685/11; Beschluss vom 9.8.2013, Az. ⁵HK O 1275/12; Beschluss vom 28.5.2014, Az. ⁵HK O 22657/13; Beschluss vom, 2.12.2016, Az. ⁵HK O 5781/15; Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl., § 4 SpruchG Rdn. 21). Die Antragsgegnerin hat insoweit auch keine Bedenken geäußert, weshalb weitere Ausführungen hierzu nicht veranlasst sind.
II. Die Anträge auf Festsetzung einer angemessenen Barabfindung sind auch begründet, weil diese € 132,30 je Aktie beträgt. Dieser Betrag ist ab dem 8.12.2011 mit 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz zu verzinsen.
Aufgrund von § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG legt der Hauptaktionär die Höhe der Barabfindung fest; sie muss die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung ihrer Hauptversammlung berücksichtigen. Die Barabfindung ist dann angemessen, wenn sie dem ausscheidenden Aktionär eine volle Entschädigung dafür verschafft, was seine Beteiligung an dem arbeitenden Unternehmen wert ist, die also den vollen Wert seiner Beteiligung entspricht. Zu ermitteln ist also der Grenzpreis, zu dem der außenstehende Aktionär ohne Nachteil aus der Gesellschaft ausscheiden kann (vgl. nur OLG München WM 2009, 1848 f. = ZIP 2009, 2339, 2340; ZIP 2007, 375, 376; Beschluss vom 11.9.2014, Az. 31 Wx 278/13; OLG Frankfurt AG 2012, 513, 514 = ZIP 2012, 124, 126; Beschluss vom 28.3.2014, Az. 21 W 15/11, zit. nach juris; OLG Stuttgart ZIP 2010, 274, 276 = WM 2010, 654, 646; LG München I ZIP 2015, 2124, 2127; Beschluss vom 10.12.2010, Az. 5 HK O 11403/09, S. 18; Beschluss vom 24.5.2013, Az. ⁵HK O 17096/11, S. 21).
1. Der Unternehmenswert wurde im Ausgangspunkt zutreffend unter Anwendung der Ertragswertmethode ermittelt, bei der es sich um eine in der Wissenschaft wie auch der Praxis anerkannte Vorgehensweise handelt (vgl. hierzu nur Pee-möller/Kunowski in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, 6. Aufl., S. 281), die folglich auch der Ermittlung des Unternehmenswertes der S… AG zugrunde gelegt werden kann. Danach bestimmt sich der Unternehmenswert primär nach dem Ertragswert des betriebsnotwendigen Vermögens; er wird ergänzt durch eine gesonderte Bewertung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens, das regelmäßig mit dem Liquidationswert angesetzt wird.
Der Ertragswert eines Unternehmens wird dabei durch Diskontierung der den Unternehmenseignern künftig zufließenden finanziellen Überschüsse gewonnen, die aus den künftigen handelsrechtlichen Erfolgen abgeleitet werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass es einen exakten oder „wahren“ Unternehmenswert zum Stichtag nicht geben kann. Vielmehr kommt dem Gericht die Aufgabe zu, unter Anwendung anerkannter betriebswirtschaftlicher Methoden den Unternehmenswert als Grundlage der Abfindung im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO zu bestimmen (vgl. nur BGHZ 208, 265, 272 = NZG 2016, 461, 462 = AG 2016, 359, 360 f. = ZIP 2016, 666, 668 = WM 2016, 711, 713 f. = DB 2016, 883, 885 = MDR 2016, 658 f. = NJW-RR 2016, 610, 611 f.; OLG München WM 2009, 1848, 1849 = ZIP 2009, 2339, 2340; AG 2007, 287, 288; Beschluss vom 11.9.2014, Az. 31 Wx 278/13; OLG Stuttgart AG 2007, 128, 130; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2224; AG 2016, 329 = ZIP 2016, 71, 72 = WM 2016, 1685, 1687; OLG Frankfurt AG 2012, 513, 514 = ZIP 2012, 124, 126; LG München I Der Konzern 2010, 188, 189; ZIP 2015, 2124, 2127; Beschluss vom 28.6.2013, Az. 5 HK O 18685/11).
a. Grundlage für die Ermittlung der künftigen Erträge ist die Planung für die Gesellschaft, die auf der Basis einer Vergangenheitsanalyse vorzunehmen ist und vorliegend auch vorgenommen wurde. Bei Anwendung des Ertragswertverfahrens sind die in die Zukunft gerichteten Planungen der Unternehmen und die darauf aufbauenden Prognosen ihrer Erträge allerdings nur eingeschränkt überprüfbar. Sie sind in erster Linie ein Ergebnis der jeweiligen unternehmerischen Entscheidung der für die Geschäftsführung verantwortlichen Personen. Diese Entscheidungen haben auf zutreffenden Informationen und daran orientierten, realistischen Annahmen aufzubauen; sie dürfen zudem nicht in sich widersprüchlich sein. Kann die Geschäftsführung auf dieser Grundlage vernünftigerweise annehmen, ihre Planung sei realistisch, darf diese Planung nicht durch andere – letztlich ebenfalls nur vertretbare – Annahmen des Gerichts oder anderer Verfahrensbeteiligter ersetzt werden (vgl. BVerfG NJW 2012, 3020, 3022 = NZG 2012, 1035, 1037 = AG 2012, 674, 676 = ZIP 2012, 1656, 1658 = WM 2012, 1683, 1685 f.; OLG München BB 2007, 2395, 2397; ZIP 2009, 2339, 2340 = WM 2009, 1848, 1849; Beschluss vom 11.9.2014, Az. 31 Wx 278/13; OLG Stuttgart NZG 2007, 112, 114; AG 2006, 420, 425; 2007, 705, 706; OLG Düsseldorf AG 2016, 329 f. = ZIP 2016, 71, 72 = WM 2016, 1685, 1687). Demzufolge kann eine Korrektur der Planung nur dann erfolgen, wenn diese nicht plausibel und unrealistisch ist (vgl. OLG München WM 2009, 1148, 1849 = ZIP 2009, 2339, 2340; OLG Frankfurt ZIP 2010, 729, 731; OLG Düsseldorf AG 2016, 329 = ZIP 2016, 71, 72 = WM 2016, 1685, 1687; OLG Karlsruhe AG 2013, 353, 354; OLG Stuttgart AG 2014, 291, 296 f.; LG München I Der Konzern 2010, 188, 189 f.; ZIP 2015, 2124, 2127; Beschluss vom 24.5.2013, Az. ⁵HK O 17095/11; Beschluss vom 28.6.2013, Az. 5 HK O 18685/11).
Unter Zugrundelegung dieses Prüfungsmaßstabes bedürfen die Planannahmen der Gesellschaft keiner Korrektur.
(1) Die Darstellung im Prüfungsbericht beruht auf sachgerecht gewonnenen Erkenntnissen der Abfindungsprüfer.
(a) Dabei konnten die Zahlen für diese zehn Jahre zugrunde gelegt werden, nachdem es für diesen langen Zeitraum auch eine offizielle Unternehmensplanung gab, die in eine vier Jahre umfassende operative Planungsphase und eine weitere sechs Jahre umfassende strategische Planung aufgeteilt war. Auch wenn diese Vorgehensweise mit einer insgesamt zehn Jahre andauernden Planungsphase ungewöhnlich ist, wie der Kammer aus einer Vielzahl von Spruchverfahren bekannt ist, konnten die entsprechenden Planzahlen der Ermittlung des Ertragswert zugrunde gelegt werden. Bei dieser Planung des Vorstandes handelt es sich nach den Erkenntnissen der Abfindungsprüfer um die offizielle, vom Vorstand der Gesellschaft erstellte Planung der S… AG, die im Vorfeld des Verkaufsprozesses erstellt wurde und hohe Zielsetzungen enthielt. Dem kann nicht die Aussage des Vorstandes auf der beschlussfassenden Hauptversammlung entgegengehalten werden, es habe bereits seit 2007 strategische Planungen gegeben. Herr S… wies hierzu in dem Anhörungstermin vom 29.11.2012 darauf hin, gerade diese Thematik auch mit den Verantwortlichen besprochen zu haben. Dabei erstellten einzelne Einheiten derartige strategische Planungen, die auch mit dem Vorstand erörtert wurden. Allerdings wurden diese damals – im Gegensatz zu den Planannahmen aus dem Jahr 2010 für die nachfolgenden Jahre nicht zu einem schlüssigen Gesamtkonzept einer Unternehmensplanung zusammengeführt.
(b) Die Prüfung der Planannahmen berücksichtigte insbesondere auch das globale Tätigwerden der Gesellschaft. Dabei wiesen die Abfindungsprüfer darauf hin, dass die Umsätze nach den einzelnen Regionen differenziert geplant wurden, was auch für die Aufwandsseite gegolten habe. Die Steuerung der S… AG und in gleicher Weise die Planung des Unternehmens erfolgte dabei im Wesentlichen nach den Kontinenten, die allerdings nochmals in West- und Osteuropa, Asien und Südostasien, das nördliche und südliche Afrika sowie Nord- und Südamerika aufgeteilt waren, wobei gerade das südliche Afrika im Bereich „Wasseraufbereitung“ eine wesentliche Rolle spielte. Die den Prüfern vorgelegten Unterlagen enthielten differenzierte Aussagen, die die Abfindungsprüfer dann zu dem in ihrem Prüfungsbericht dargestellten Zahlenwerk verdichteten. Eine weitere Bekanntgabe in dem Prüfungsbericht wie auch in diesem Verfahren kann nicht gefordert werden; einer Vorlage an die Antragsteller in diesem Verfahren steht die Vorschrift des § 7 Abs. 7 AktG entgegen. Mit einer Übermittlung würden Geschäftsgeheimnisse preisgegeben, weshalb insbesondere auch § 7 Abs. 7 Satz 1 SpruchG nicht zu einer Vorlageanordnung verpflichtet. Die Antragsgegnerin hat für die Kammer nachvollziehbar vorgetragen, dass aus einer weitergehenden Veröffentlichung von Planzahlen in größerer Detailtiefe strategische Überlegungen zur Planung Rückschlüsse auf Details der Geschäftstätigkeit zulassen; insbesondere könnten aus einer detaillierteren Planung von Umsätzen und Erträgen Rückschlüsse auf die Kalkulation der Preise gezogen werden.
Eine Übermittlung dieser Information ausschließlich an die Kammer oder gar nur den Vorsitzenden ist nicht möglich, weil dieser Vorgehensweise grundlegende rechtsstaatliche Bedenken entgegenstehen. Die Antragsteller haben entsprechend dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Rechtsstaatsgrundsatz einen Anspruch darauf, dass nur solche Tatsachen zur Grundlage einer gerichtlichen Entscheidung gemacht werden, zu denen sie sich äußern konnten, ihnen also auch rechtliches Gehör im Sinne des Art. 103 Abs. 1 GG gewährt wurde (vgl. Puszkajler in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 76). Dies wäre dann nicht der Fall, wenn das Gericht Exklusiverkenntnisse erlangt, wobei es letztlich keinen Unterschied machen kann, ob diese zugunsten oder zulasten der Antragsteller verwertet würden. Vorliegend muss zudem berücksichtigt werden, dass die Aktionäre in dem Bewertungsgutachten von K… wie auch im Prüfungsbericht von W… eingehende Informationen zu den Grundstrukturen der Planung erhielten. Dann aber kann nicht davon ausgegangen werden, nur mit der Kenntnis weiterer Details, die dann aber Rückschlüsse auf die geheim zu haltende Geschäftsstrategie zuließen, könnten die Antragsteller sachgerecht vorgehen und insbesondere hinreichend bestimmte Rügen gegen die Angemessenheit der Planung erheben. In dieser Situation muss das Interesse der Gesellschaft an der Geheimhaltung überwiegen. Ein „in-camera-Verfahren“, wie es beispielsweise in § 99 VwGO mit der Vorlage von Unterlagen ausschließlich an ein Gericht vorgesehen ist, kann nur der Gesetzgeber anordnen (vgl. OVG Münster, Urteil vom 1.4.2014, Az. 8 A 654/12), was indes im Fall des § 7 Abs. 7 SpruchG so nicht vorgesehen wurde.
(c) Auch muss davon ausgegangen werden, dass die Umsatz- und Ertragsplanung auf den aktuell zugänglichen Erkenntnissen aufbaute. Die aktualisierte Stichtagserklärung berücksichtigte nämlich das Ergebnis vom Oktober 2011, das aufgrund einer leichten Abkühlung im Jahr 2011 leicht unterhalb der ForecastErwartungen lag. Dennoch hielt die Gesellschaft an ihrem Forecast fest; auch wenn die aktuellen Entwicklungen etwas schlechter ausfielen, kann sich das Festhalten an der Planung nicht zum Nachteil der Minderheitsaktionäre auswirken.
(2) Die Umsatzerlöse, wie sie in die Planung eingeflossen sind, müssen nicht korrigiert werden, weil sie als plausibel einzustufen sind.
(a) Der Ansatz ihrer Entwicklung steht nicht in Widerspruch zu den positiven Aussichten des Verbandes der Chemischen Industrie für 2011. Die Abfindungsprüfer wiesen im Termin ihrer Anhörung darauf hin, sie hätten nicht feststellen können, die Planung bis 2016 enthalte unterdurchschnittliche Wachstumsraten. Das Jahr 2011 soll ein Umsatzwachstum in allen Bereichen von 14% bringen; nach einem nur moderaten Wachstum im Jahr 2012 geht die Planung für das Geschäftsjahr 2013 wieder von einem Anstieg von 11,7% aus, während im letzten Jahr der operativen Planung nur mehr ein Wachstum um 5,1% angesetzt wurde. Insgesamt steigt aber der Umsatz vom letzten Jahr der Vergangenheitsanalyse mit € 1,225 Mrd. auf € 1,6747 Mrd. im Jahr 2014, was einem Plus von 36,71% entspricht. Die durchschnittliche jährliche Wachstumsrate beim Umsatz beträgt in den Jahren der operativen Planung 6,2% und über einen Zeitraum von 2010 bis 2020 6,7%. Diese Werte liegen zu einem deutlich über dem durchschnittlichen Wachstum der Jahre von 1990 bis 2010, das ausweislich des Bewertungsgutachtens von K… bei rund 5,5% p.a. und bei einer Unterteilung in zwei Zehnjahreszeiträume in den Jahren 1990 bis 2000 rund 7% und in den Jahren 2000 bis 2010 bei rund 4,1% lag. Zum anderen zeigt ein Vergleich mit den Umsätzen der Peer Group-Unternehmen gerade für die Jahre der operativen Planung von 2011 bis 2014, dass die S… AG mit 6,2% um 1,3 Prozentpunk te über den Ansätzen der Vergleichsunternehmen liegt. Angesichts dessen vermag die Kammer in Übereinstimmung mit den Abfindungsprüfern unterdurchschnittliche und zu pessimistische Wachstumsaussichten nicht zu erkennen.
Bei diesen überdurchschnittlichen Entwicklungen sieht die Kammer auch keinen Grund zu der Annahme, aus in Vergütungsprogrammen enthaltenen Zielvorgaben ab 2011 mit einer Beteiligung des Managements an der in diesem Zeitraum erzielten Steigerung lasse sich ein Rückschluss auf die mangelnde Plausibilität ziehen. Zudem hat der gerichtlich bestellte Sachverständige C… in seinem Ergänzungsgutachten darauf verwiesen, es bestehe kein unmittelbarer Zusammenhang zwischen den Zielvorgaben eines internen Steuerungssystems und der Planungsrechnung, nachdem die geplanten Ergebnisse nicht unter der Maßgabe eines Ziel-ROIC von 8% festgelegt worden seien. Auch aus dem in den Jahren 2009 und 2010 erzielten Ergebnissen beim ROIC lässt sich kein Rückschluss auf eine zu pessimistische und folglich unplausible Planung ableiten, weshalb der Ziel-ROIC von 8% im Jahr 2010 mit 9,1% überschritten wurde, während er im Jahr 2009 mit 7,1% verfehlt wurde.
Ebenso wenig kann die fehlende Plausibilität über die unterbliebene Berücksichtigung von Markterwartungen in Marktstudien begründet werden. Die Abfindungsprüfer erläuterten bei ihrer Anhörung nämlich, dass neben Marktplanungen und -erwartungen der Planverantwortlichen auch Marktstudien herangezogen worden seien, die sie entsprechend in die Plausibi-lisierung der Planannahmen einfließen ließen; aus ihnen konnten jedoch keine höheren Wachstumsraten abgeleitet werden, wobei sich diese Studien sowohl auf den Gegenstand der chemischen Industrie wie auch auf die Spezialchemie bezogen. Für den wesentlichen Markt der Spezialchemie nannte das Bewertungsgutachten die Prognose eines durchschnittlichen Wachstums in Höhe von 5,4% jährlich – mithin einen Wert, der niedriger liegt als der Ansatz in der operativen Planung bis 2014.
(b) Im Geschäftsbereich „Wasserbehandlungen“ müssen keine Anpassungen der Planung vorgenommen werden, nachdem die zunehmende Bedeutung des Gutes „Wasser“ nicht unterschätzt wurde. Die Abfindungsprüfer wiesen in diesem Zusammenhang auf den Ansatz überdurchschnittlicher Wachstumsraten in der operativen Planungsphase hin; entsprechend ihren Ausführungen im Prüfungsbericht soll in dem gesamten Planungszeitraum ein CAGR von 6,8% erreicht werden, das auch über dem Gesamtwachstum der Gesellschaft liegt. Dabei bewegen sich die Wachstumsraten in den Jahren 2012 bis 2020 zwischen 16,2% und 4,1%; lediglich im Jahr 2011 ist ein leichter Rückgang von 1,8% angesetzt, dessen Ursache nachvollziehbar darin zu sehen ist, dass Versuche in Asien in diesem Bereich nicht erfolgreich verliefen. Die überdurchschnittlichen Wachstumsraten dieses im Aufbau befindlichen Geschäftsbereichs haben ihre Ursache in der erstrebten und der Planung zugrunde gelegten weiteren Festigung der führenden Marktposition im südlichen Afrika, aber auch in Südostasien und in Deutschland. Dabei soll gerade das im Geschäftsjahr 2009 aufgesetzte Restrukturie-rungsprogramm dazu beitragen, den Fokus der Geschäftsaktivitäten in der Kernregion Afrika auf wachstumsstarke Industriekunden zu verlegen. Ebenso soll ausweislich der auch im Prüfungsbericht vermittelten Erkenntnisse von Herrn S… und Herrn H… der organische Ausbau der Geschäftsaktivitäten im Bereich der industriellen Abwasserbehandlung in den Wachstumsmärkten China, Australien und Lateinamerika zu diesen Wachstumsraten beitragen. Angesichts des Eintritts in den wettbewerbsin tensiven chinesischen Markt und eine erwartete Wettbewerbsintensivierung im Bereich der kommunalen Wasser- und Abwasserversorgung muss nach einem Anstieg der Bruttoer-gebnismarge bis auf 38,6% im Jahr 2013 indes nachvollziehbar ein leichter Rückgang in den Folgejahren angenommen werden; der Eintritt neuer Wettbewerber oder ein wettbewerbsintensiver Markt führt dazu, dass Marktanteile vor allem über die Preispolitik gewonnen oder gehalten werden sollen, weshalb ein Druck auf die Margen besteht.
(c) Aus den ansteigenden Aufwendungen für Forschung & Entwicklung muss nicht auf steigende Umsätze und bessere Ergebnisse geschlossen werden. In den einzelnen Geschäftsbereichen wurde in der Planung – wenn auch in unterschiedlichem Ausmaß – Wachstum angesetzt, so dass sich diese Forschungs- und Entwicklungskosten auch abbilden. Zudem wiesen die Abfindungsprüfer im Rahmen ihrer Anhörung darauf hin, dass ein Teil der Kosten für Forschung & Entwicklung in den Start up-Bereichen anfielen. Vor allem aber zeigt sich ein positiver Einfluss dieser Aufwendungen auf die Umsatzentwicklung, wenn man den Anteil der Aufwendungen für Forschung & Entwicklung in Relation zum Umsatz des jeweiligen Planjahres setzt. Ab dem Beginn der operativen Planung im Jahr 2012 bis zum Ende der strategischen Planung sinkt der prozentuale Anteil von 4,96% jedes Jahr kontinuierlich bis auf 4,07% im Jahr 2020.
(d) Bei den Start up-Projekten „Bioethanol der zweiten Generation“ (im Folgenden: BE2G) und „Cellobiose“ haben die Anhörung der Prüfer und die durchgeführte Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ergeben, dass die Eintrittswahrscheinlichkeiten dieser beiden sich in der Entwicklungsphase befindlichen Projekte mit 35% bei BE2G und mit 10% bei Cellobiose (d) nicht korrigiert werden müssen. Die vorgenommenen Abschläge von 65% bzw. 90% beruhen auf dem Gedanken der Risikoäquivalenz. Start up-Unternehmen zeichnen sich durch ein hohes Risiko aus, das über entsprechende Kapitalkosten berücksichtigt werden muss. Dieses erhöhte Risiko resultiert namentlich auf den hohen anfänglichen Kosten auch im Forschungs- und Entwicklungsbereich, die einem ungewissen Erfolg des Produkts am Markt gegenüberstehen. So verwies der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem Gutachten insbesondere darauf, dass derartige Start up-Unternehmen vielfach von Venture Capital-Unternehmen finanziert werden, wo Kapitalkosten und Renditen deutlich höher liegen als in einem etablierten Bereich. Im Start up-Bereich bewegen sich Renditeerwartungen bzw. Kapitalkosten am häufigsten in einem Bereich zwischen 15% und 25%. Durch den Ansatz einer Bewertung innerhalb des Ertragswerts und nicht als Sonderwert müssen allerdings die Kapitalkosten angesetzt werden, die dem übrigen Geschäft der S… AG entsprechen. Anderenfalls wäre bei derartigen Start up-Aktivitäten ohne jeden Abschlag die Risikoäquivalenz keinesfalls mehr gegeben, weil das Risiko des etablierten Geschäfts der Gesellschaft sehr viel niedriger ist als die Wahrscheinlichkeit einer 100%-igen Realisierung der beiden Projekte BE2G und Cellobiose. Demzufolge muss es als sachgerecht bezeichnet werden, wenn hier Eintrittswahrscheinlichkeiten angesetzt wurden, um die Risiken insbesondere auch eines Fehlschlages oder auch nur deutlicher zeitlicher Verzögerungen infolge von Schwierigkeiten bei der Realisierung abbilden zu können. Bei dem Start up-Projekt BE2G, bei dem es sich um eine verbesserte Vorgehensweise zur Gewinnung von Biokraftstoff aus Ethanol ohne Verwendung essbarer Materialien oder Rohstoffen und ohne Verdrängungswettbewerb um Anbauflächen handelt, gingen die Bewertungsgutachter von K… von einer Eintrittswahrscheinlich von 35% und demgemäß einer Ausfallwahrscheinlichkeit von 65% aus. Dieser Ansatz beruht auf einem fünfstufigen Prozess, wobei die Planung des Projektes BE2G mit einer im Bau befindlichen Demonstrationsanlage zum Stichtag bereits um eine Stufe weiter fortgeschritten war als das Start up-Projekt Cellobiose, bei dem die Demonstrationsanlage lediglich geplant war. Demgemäß war bei Cellobiose auch eine deutlich höhere Ausfallwahrscheinlichkeit mit 90% anzusetzen. Die Risiken zeigen sich gerade auch im Bereich BE2G in Straubing, wo die Demonstrationsanlage im Juli 2010 begann und auf eine Jahreskapazität von 1000 t Bio-ethanol ausgelegt werden sollte; im Laufe der Bauzeit kam es zur Halbierung der geplanten Kapazität aufgrund eines unvorhergesehenen Anstiegs des Investitionsvolumens. Zudem verzögert sich die Realisierung, weshalb entsprechend der Vollständigkeitserklärung vom 23.11.2015 bislang noch keine Umsatzerlöse generiert werden konnten und erstmals im Jahr 2015/2016 Umsatzerlöse erzielt werden sollen. Für das Projekt „Cellobiose“ war zum Bewertungsstichtag noch kein wettbewerbsfähiger Markt vorhanden, weil dieses Produkt bisher nur in kleinen Mengen zu hohen Preisen verfügbar ist. Während der Erstellung des Gutachtens des Sachverständigen C… erhielt er mit der Vollständigkeitserklärung vom 23.11.2015 die Information, dieses Projekt sei noch nicht angelaufen und es gebe auch keine konkrete Planung zur Realisierung, wobei auch eine Entscheidung noch nicht getroffen worden sei, inwieweit dieses Projekt „Cellobiose“ überhaupt fortgeführt werden solle. Derartige spätere Entwicklungen können jedenfalls zur Plausibilisierung der ursprünglichen Planannahmen herangezogen werden.
Das Abstellen auf den Base Case muss in Übereinstimmung mit dem gerichtlich bestellten Sachverständigen als sachgerecht angesehen werden. Dies steht in Einklang mit dem Grundgedanken der Risikoäquivalenz, indem dem höheren Risiko dieser beiden Bereiche eine entsprechende Wahrscheinlichkeit zugemessen wird. Dabei ist das intern von der Gesellschaft angenommene Worst Case-Szenario nicht als wahrscheinlicher anzusehen als der Base Case.
(e) Bei den Batteriematerialien, die innerhalb des Geschäftsbereichs „Energie und Umwelt“ angesiedelt sind, gab es bei den Produkten P1 und P2 keinerlei Abschläge, wohingegen für die Produkte P2 international und P2x eine Korrektur seitens der Bewertungsgutachter dergestalt vorgenommen wurde, dass diese eliminiert wurden. Diese beiden Projekte waren nicht in der Wurzel angelegt und konnten folglich nicht in die Ermittlung des Ertragswertes einfließen. Bei der Ermittlung des Unternehmenswertes sind nämlich entsprechend den Grundsätzen der Wurzeltheorie nur solche Faktoren zu berücksichtigen, die zu den am Stichtag herrschenden Verhältnissen bereits angelegt waren (vgl. nur BGHZ 138, 136, 140; 140, 35, 38 = NZG 1999, 70, 71; BGH NZG 2016, 139, 143 = AG 2016, 135, 141 = ZIP 2016, 110, 115 = WM 2016, 157, 162 = = BB 2016, 304, 305 = DB 2016, 160, 165 = NJW-RR 2016, 231, 236 = DStR 2016, 424, 427 = MDR 2016, 337, 338; OLG München AG 2015, 508, 511 = ZIP 2015, 1166, 1169; OLG Frankfurt AG 2016, 551, 553 = ZIP 2016, 716, 718; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2224; OLG Stuttgart NZG 2007, 478, 479; AG 2008, 510, 514; LG München I, Urteil vom 18.1.2013, Az. 5 HK O 23928/09; Beschluss vom 24.5.2013; Beschluss vom 28.3.2014, Az. ⁵HK O 18925/08; Beschluss vom 28.5.2014, Az. 5 HK O 22657/12; Beschluss vom 6.3.2015, Az. ⁵HK O 662/13; Riegger in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., Anh § 11 SpruchG Rdn. 10; Riegger/Wasmann in: Festschrift für Goette, 2011, S. 433, 435; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 7. Aufl., Rdn. 315). Es bestand keine hinreichend konkrete Wahrscheinlichkeit einer Realisierung zum Stichtag. Es fehlte an fundierten Produktplanungen seitens der Organe der S… AG noch existierten Aussagen zu einem möglichen Markteintritt, wie Herr C… festgestellt hat. Vage Vorstellungen über zukünftige Märkte, mögliche Produktinnovationen bzw. -variationen sowie über Vertriebswege können keine tragfähige Grundlage für die Berücksichtigung innerhalb der Planung sein.
Dagegen ist die Produktgruppe P1 bereits kommerzialisiert und läuft innerhalb der Geschäftseinheit „Energie und Umwelt“, wo dieses auf Lithium Metall Phosphaten bzw. Lithiumeisenphosphat basierende Produkt unter dem Namen „Life Power P1“ vermarktet wird. Das Produkt P2 als eine Weiterentwicklung von P1 befand sich zum maßgeblichen Bewertungsstichtag noch in einer Phase vor der Kommerzialisierung, wobei ausweislich des Gutachtens von Herrn C… bereits konkrete Schritte zur Inbetriebnahme einer Produktionsanlage sowie der Plan bestanden, weitere Maßnahmen wie Investitionen einzuleiten, um zeitnah mit der Herstellung zu beginnen. Die von P2 erwarteten Ergebnisbeiträge wurden indes – wie auch die von BE2G und Cellobiose – im Bereich der Zentralfunktionen geführt, ohne dass hier aber Abschläge vorgenommen wurden.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, die Korrektur der Planung sei vom Bewertungsgutachter und nicht vom Vorstand vorgenommen worden. Der Vorstand machte sich diesen Ansatz jedenfalls zu eigen, indem er die von K… ermittelten Werte dem Beschlussvorschlag für die Hauptversammlung zugrunde legte.
(3) Die Aufwandsplanung bedarf keiner Anpassung zugunsten der Minderheitsaktionäre, weil die entsprechenden Ansätze als plausibel bezeichnet werden müssen.
(a) Die Erfassung der Aufwendungen der S… AG im Rahmen der Planrechnung mit Hilfe des Umsatzkostenverfahrens rechtfertigt keinen Rückschluss auf eine fehlerhafte Planung. Hier werden die einzelnen Aufwendungen nicht nach Aufwandsarten wie Material, Personal oder Abschreibungen, sondern nach Funktionsbereichen wie Vertriebskosten oder Aufwendungen für Forschung & Entwicklung unterteilt. Da sich aber bei beiden Verfahren nur die Zuordnung der konkreten Aufwandsposition unterscheidet, kann es bei zutreffender Anwendung keine unterschiedlichen Ergebnisse in Bezug auf die vom Umsatz abzuziehenden Aufwendungen geben, worauf auch die Abfindungsprüfer – in Übereinstimmung mit Erkenntnissen der Kammer aus anderen Verfahren – hingewiesen haben.
(b) Dem Anstieg der Vertriebskosten sowie der allgemeinen Verwaltungskosten fehlt nicht die Plausibilität. Die Abfindungsprüfer verwiesen auf das steigende Umsatzvolumen, was zwangsläufig auch erhöhte Aufwendungen für den Vertrieb und auch höhere allgemeine Verwaltungskosten nach sich zieht. Bei der Würdigung der Planannahmen muss zudem einfließen, dass diese Kosten im Vergleich zum Umsatz unterproportional ansteigen sollen. Dieser Umstand erhellt dann aber auch, dass Kostendegressions- und Skaleneffekte bei der Planung berücksichtigt wurden. Gerade mit Blick auf das Jahr 2011 muss auch gesehen werden, dass eine spätere Expansion auch gewisse Vorlaufkosten hat, die zum späteren Umsatz beitragen sollen. Angesichts dieser Zielsetzung kann der deutliche Anstieg der Vertriebswie der allgemeinen Verwaltungskosten von € 106,5 Mio. auf € 129,4 Mio. bzw. € 100,2 Mio. auf € 117,4 Mio. vom Ist-Ergebnis des Jahres 2010 auf die Hochrechnung des Jahres 2011 keinen Anpassungsbedarf auslösen.
(4) Die in der Planung angesetzten Margen müssen nicht zugunsten der Minderheitsaktionäre korrigiert werden. Zum einen resultieren die Margen aus einer mathematischen Ableitung der Zahlen, die als plausibel zugrunde gelegt werden müssen. Zum anderen können die hiergegen vorgebrachten Einwendungen nicht überzeugen.
(a) Soweit seitens der Antragsteller geltend gemacht wurde, die Planung vernachlässige hierbei die Preisführerschaft in den Bereichen „Gießereiprodukte und Spezialharze“ und „Katalysatoren“ sowie die Stellung als Weltmarktführerin auf dem Gebiet „Bio-Raffinerie“, ist diese Rüge nach den Erläuterungen der Abfindungsprüfer im Termin vom 29.11.2012 nicht geeignet, eine mangelnde Plausibilität der Planung zu begründen. Die Planung ging mit dem Ausgangspunkt der aktuellen Situation des Jahres 2011 von einem relativ deutlichen Margenrückgang aus, was entsprechend den Erläuterungen der Abfindungsprüfer auf gestiegene Rohstoffpreise zurückzuführen war, die kurzfristig nicht weitergegeben werden konnten. Mittelfristig ging die Planung dann aber von stärker steigenden Margen aus, was mit der guten Stellung der Gesellschaft am Markt zu begründen ist. Demgemäß soll die EBIT-Marge von 4,6% im Jahr 2011, die bereits deutlich über der des letzten Ist-Jahres lag, auf 8% am Ende der operativen Planungsphase und nach einem weiteren Rückgang auf 7,6% bzw. 7,5% in den Jahren 2015 bis 2019 im Jahr 2020 als dem letzten Jahr der strategischen Planung auf 8,1% ansteigen. Gerade diese Entwicklung zeigt, dass Wachstumsimpulse in Deutschland, den Vereinigten Staaten von Amerika, China und Indien hinreichend in die Planung ein geflossen sind. Der Annahme eines zwingend stärkeren Wachstums stehen die Gegebenheiten am Markt entgegen. Herr S… und Herr H… wiesen darauf hin, dass die Rohstoffpreise nach dem konjunkturellen Einbruch im Jahr 2009 in der Folgezeit wieder angestiegen sind, was dem allgemeinen marktwirtschaftlichen Grundsatz von Angebot und Nachfrage entspricht. Dabei lag ihnen die betreffende Planung für die Jahre bis 2014 vor, bei der sie die Zahlen für Rohstoffe mit den aktuellen Ist-Zahlen verglichen, die über den Planannahmen lagen. In einer wachsenden Volkswirtschaft steigt die Nachfrage nach Rohstoffen, die gerade nicht beliebig vermehrbar, sondern ein knappes Gut sind, weshalb dann die Bezugspreise für die Rohstoffe steigen müssen. Andererseits wiesen die Abfindungsprüfer auf den trotz Marktführerschaft bestehenden Wettbewerbsdruck hin, weshalb die Umlegung des Anstiegs der Rohstoffkosten auf die Abnehmer nur schwer erreichbar ist. Dieser Befund steht auch in Einklang mit den Überlegungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen C… im Zusammenhang mit dem Wachstumsabschlag, wo er für die Vergangenheit darauf abstellte, es sei den Unternehmen der Spezialchemie nicht immer gelungen, die Kostensteigerungen vollumfänglich auf die Kunden abwälzen zu können.
(b) Bei der Entwicklung der Margen sind die einzelnen Bereiche der Gesellschaft gesondert zu betrachten. Dabei geht die S… AG in margenschwachen Bereichen von stärkeren Wachstumsraten bei der EBIT-Marge aus als in den margenstarken, was auch insofern nachvollziehbar ist, als es von einem etwas niedrigeren Niveau her einfacher ist, deutlichere Verbesserungen zu erzielen.
(c) Eine Verbesserung der Marge infolge von Kosteneinsparungen und erhöhten Absatzzahlen muss nicht zwingend angenommen (b) werden; insoweit bedürfen die Planzahlen keiner Korrektur. Die Bruttoergebnismarge wurde tendenziell steigend geplant – ausgehend von 29,8% sollte sie am Ende der strategischen Planungsphase 32,2% betragen, wobei das Jahr 2013 mit einem Wert von 33% das beste Jahr war. Die Kosten stiegen unter dem Bruttoergebnis weniger stark an als das Bruttoergebnis selbst. Angesichts dessen führen Kosteneinsparungen tatsächlich zu einer Verbesserung der Bruttomarge. Der Rückgang nach 2013 erklärt sich aus einigen margenschwächeren Bereichen, was auch nachvollziehbar ist, nachdem von insgesamt sechs unterschiedlichen Geschäftsbereichen nicht jedes dieselbe Entwicklung nehmen kann.
(5) Die Ansätze der Wechselkursannahmen in der Ermittlung des Ertragswertes, denen Forward Rates zugrunde lagen, während die Planung der Gesellschaft selbst von festen Wechselkursen ausging, müssen nicht infrage gestellt werden. Die S… AG erzielt einen erheblichen Teil ihrer Umsätze in Währungen außerhalb des EuroRaumes, weshalb wegen dieses Engagements in Fremdwährungsgebieten der Ansatz von Forward Rates im Vergleich zu dem in der Ursprungsplanung geplanten festen Wechselkursen vorzugswürdig ist; der letztgenannte Ansatz aus der ursprünglichen Planung kann als nicht mehr plausibel und sachgerecht bezeichnet werden.
(a) Die ausländischen Tochtergesellschaften der Gesellschaft führen Transaktionen in Fremdwährungen durch und stellen ihre Planungen in der jeweiligen lokalen Währung auf. Die Unternehmensbewertung ist in diesem Zusammenhang geprägt vom Grundsatz der Währungsäquivalenz – demgemäß müssen die Zahlungsströme des Bewertungsobjektes und der Alternativanlage in einer identischen Währung ausgewählt werden. Bei weltweit agierenden Gesellschaften, deren finanziellen Über schüsse nicht ausschließlich in der Heimatwährung des Konzerns – hier also dem Euro – generiert und geplant werden, muss es zu einem Transfer in eine einheitliche Währung kommen. Zudem fordert der Grundsatz der Geldwertäquivalenz zusätzlich, dass die Zahlungsströme auch in gleicher Kaufkraft zu bestimmen sind.
Erfolgt die Planung und die Bewertung in der fremden Währung, bedarf es der Abzinsung mit einem zur landesspezifischen Währung äquivalenten Diskontierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag, wofür ein spezifischer, für die jeweilige Währung auch unterschiedlicher Kapitalisierungszinssatz bezüglich der finanziellen Überschüsse angesetzt werden muss; dann kann mit den zum Bewertungsstichtag aktuellen Wechselkurs in die Heimatwährung übertragen werden. Zwar sind die Kapitalkosten in entwickelten Kapitalmärkten bekannt; vielfach wird es aber in Schwellenländern und Wachstumsmärkten problematisch sein, die entsprechenden Kapitalkosten sachgerecht zu ermitteln, weil nur etwa die Hälfte dieser Emerging Markets über Staatsanleihen mit fixen Zinssätzen und langen Laufzeiten verfügt und Staatsanleihen in vielen dieser Länder auch nicht als risikolos einzustufen sind. Aufgrund dieser gravierenden Schwierigkeiten ist die indirekte Methode vorzugswürdig, bei der die künftigen Zahlungsströme in Fremdwährungen mit dem jeweils zum künftigen Zeitpunkt prognostizierten Wechselkurs in die Heimatwährung umgerechnet und mit dem inländischen Kapitalisierungszinssatz auf den Bewertungsstichtag diskontiert werden. Diese Methode wurde auch bei der S… AG angewandt, indem mit Forward Rates gerechnet wurde. Dies sind zukünftige Wechselkurse, die auf der gedeckten Zinsparitätentheorie beruhen. Zur Ermittlung dieses künftigen Wechselkurses wird dabei auf die Beziehung zwischen in- und ausländischen Nominalzinssätzen abgestellt. Sind die Nominal zinsen im Ausland höher als im Heimatland, wirkt sich dies erhöhend auf den künftigen Wechselkurs. Folglich wird der künftige Wechselkurs durch niedrigere Nominalzinsen im Ausland bzw. eine höhere Nominalverzinsung im Heimatland gemindert. Die Anwendung dieser gedeckten Zinsparitätentheorie ist methodisch kompatibel zur Ermittlung des risikolosen Basiszinssatz nach der Svensson-Methode [hierzu unten näher B. II. 1. b (1) (a)], weil die zugrunde liegende Zinsstrukturkurve mittelbar in die Wechselkursberechnungen zum Euro eingeht. Über die Anwendung laufzeitäquivalenter Forward Rates kann im Einzelfall auch der gesamte Planungszeitraum abgedeckt werden, zumindest aber ein erster Teil bei längeren Detailplanungsphasen und weniger liquiden Währungen, weil das Handelsvolumen von Forward Rates mit steigender Laufzeit zurückgeht. Dem methodisch überlegenen Ansatz von Forward Rates gegenüber konstanten Wechselkursen kann nicht entgegengehalten werden, aus empirischen Erhebungen ergäben sich teilweise hohe Abweichungen zwischen Forward Rates und zukünftigen tatsächlichen Kassakursen. Derartige Unterschiede können auch bei festen Wechselkursen zustande kommen, wenn man deren Ansatz mit der Entwicklung in der Realität vergleicht, weil Schwankungen der Wechselkurse nicht außergewöhnlich sind und vorliegend auch auftraten. Die Analyse der tatsächlichen Entwicklung der Wechselkurse durch Herrn C… belegt, dass es auch bei den konstanten Wechselkursen zum Teil große Abweichungen gab. Er verwies auf den Südafrikanischen Rand (ZAR), bei dem es am 1.1.2014 eine Abweichung von minus 32,8% gab, die noch einmal um ca. 8 Prozentpunkte stärker ausfiel als bei den Forward Rates; auch zum 1.1.2013 war beim Südafrikanischen Rand die Abweichung mit Forward Rate niedriger als bei den konstanten Wechselkursen. Bis zum Jahr 2013 gab es bei beiden Berechnungsmethoden starke Abweichun gen von den Ist-Kursen, die im Jahr 2014 aber rückläufig waren. Insgesamt zeigt aber die tatsächliche Entwicklung, dass Forward Rates in Relation zu den konstanten Wechselkursen der bessere Schätzer waren. Auch verwies der gerichtlich bestellte Sachverständige bei seiner Anhörung darauf, dass gerade bei den Währungen Südafrikanischer Rand, chinesischer Yuan, brasilianischer Real, indischer Rupie, mexikanischer Peso, indonesischer Rupia und koreanischen Won ab dem dritten Jahr die Aussagefähigkeit der Forward Rates deutlich eingeschränkt ist. Daher stellte er eine Alternativberechnung an, in der er die über die Forward Rates ermittelten Wechselkurse des Jahres 2014 konstant fortschrieb – unter Beachtung aller anderen Parameter aus der Unternehmensbewertung von K… gelangte er zu einem um € 9 Mio. oder 0,66% höheren Unternehmenswert. Angesichts der Unsicherheiten, die zwangsläufig mit der Währungsumrechnung verbunden sind, rechtfertigt diese Abweichung indes nicht den Schluss auf einen unplausiblen und damit fehlerhaften Ansatz bei der Ermittlung des Ertragswertes.
(b) Diese Vorgehensweise über Forward Rates konnte demzufolge auch bei der S… AG gewählt werden. Nur auf diese Art und Weise können konsistente Annahmen getroffen werden, die für die hier gegebenen Zwecke der Unternehmensbewertung angemessen und geeignet sind. Dies ist vor allem auch deshalb notwendig, weil die erwarteten künftigen Zahlungsströme des Bewertungsobjektes, die in den Zähler einfließen und die im Kapitalisierungszinssatz – also im Nenner – zum Ausdruck kommenden Alternativanlagen gleiche Chancen und Risiken aufweisen müssen. Dem kann namentlich nicht entgegengehalten werden, es komme somit zu einer doppelten Berücksichtigung von Zinseffekten. Die Forward Rates werden zwar auf der Basis von laufzeitäquivalenten Zinssätzen zweier Währungsströme und daraus abgeleiteten Zinsdifferenzen im Rahmen der Zinsparität ermittelt. Die Forward Rates der einzelnen Planjahre drücken auf Basis von Zinsdifferenzen aus, wieviel Fremdwährung künftig für einen Euro aufgewandt werden muss. Dieses Ergebnis wird dann mit den Kapitalkosten in Euro auf den Bewertungsstichtag abgezinst, ohne dass darin eine doppelte Berücksichtigung von Zinseffekten gesehen werden kann – das Heranziehen der Zinsdifferenzen ist nur Hilfsmittel zur Ermittlung der künftigen Wechselkurse, weil daraus die Entwicklung der Währungen zueinander abgeleitet werden kann. In diesem Ansatz lässt sich auch kein Widerspruch zu den Ausführungen in den Geschäftsberichten der Gesellschaft erkennen. Der Geschäftsbericht auch des Jahres 2010 sieht Wechselkurs-, Ausfall-, Liquiditäts- und Kapitalmarktrisiken mit Auswirkungen auf die Finanz-, Vermögens- und Ertragslage als vergleichbar gering an; auch wenn der Konzerngeschäftsbericht 2010 von relativ geringen Wechselkursrisiken ausgeht, kann daraus kein Widerspruch zum Ansatz der Forward Rates abgeleitet werden. Diese Aussage im Geschäftsbericht beruht darauf, dass die zur Erzielung von Umsätzen anfallenden Aufwendungen angesichts einer dezentralen Produktionsstruktur mit einem hohen Ferti-gungs- und Wertschöpfungsanteil in den jeweiligen Währungsräumen und damit zumindest teilweise in derselben Währung anfallen. Aber auch hier gibt es Wechselkursrisiken infolge von Aufwertungen der eigenen Währung des Bewertungsobjekts, wie der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem Ergänzungsgutachten vom 11.10.2016 anhand eines Beispiels überzeugend dargelegt hat, wobei das Währungsrisiko nur geringer ist als bei einem Unternehmen, das Umsatzerlöse in Fremdwährung und Aufwendungen in Heimatwährung aufweist. Der Einsatz von derivativen Finanzinstrumenten zur Währungssi cherung über Devisentermingeschäfte mit einer Laufzeit von weniger als drei Monaten eignet sich aufgrund der fehlenden Laufzeitäquivalenz nicht für die Darstellung des Wechselkursrisikos.
Analysteneinschätzungen mussten nicht abgefragt werden, weil über Forward Rates tatsächliche Marktwerte anhand der Datenbank von Bloomberg ermittelt werden konnten, die als reale Werte eine deutlich stärkere Aussagekraft haben als entsprechende Schätzungen, zumal die Analysten stets nicht über alle für ein Unternehmen relevante Informationen verfügen können.
Auf die Verwaltungs- und Vertriebskostenquoten hat das Einfließenlassen von Währungseinflüssen keine Auswirkungen. Dies zeigt sich daran, dass die Planung der Aktivitäten, die zunächst in der Heimatwährung erfolgen, unter Verwendung von Forward Rates in einem zweiten Schritt über die Forward-Kurse in Euro umgerechnet wurde. Dann aber werden eventuell bestehende währungsbedingte Verzerrungen der Aufwandsquote aus dem Jahr 2010, die ihre Ursache in einer Aufwertung nahezu aller Fremdwährungen gegenüber dem Euro hatten gerade nicht fortgeschrieben. Die Planung der Aktivitäten der Tochtergesellschaften in Fremdwährungsgebieten erfolgte in diesen Währungen, nicht in Euro, weshalb die im Jahr 2010 zu beobachtenden Wechselkurseffekte keinen Einfluss auf die Planannahmen haben konnten.
(6) Die im Finanzergebnis getroffenen Annahmen bedürfen angesichts ihrer Plausibilität keiner Anpassung.
(a) Die Pensionsverpflichtungen wurden angemessen berücksichtigt, wie namentlich die Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts ergeben hat. Bei der S… AG gab es beitrags- und leis tungsorientierte Zusagen, wobei nur die leistungsorientierten Zusagen, bei denen kein eindeutig festgelegter Betrag von der Gesellschaft zugesagt war, überwiegend rückstellungsfinanziert sind; nur bei ausländischen Tochterunternehmen bestanden fondfinanzierte Versorgungspläne. Dabei sind die leistungsorientierten Zusagen zum jeweiligen Abschlussstichtag auf diskontierter Basis zu bewerten. Der dabei dem Zinsanteil zugrunde liegende Zinssatz richtet sich ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen C… nach der zum Stichtag geltenden Rendite für erstrangige, festverzinsliche Industrieanleihen; wenn in Ländern ein liquider Markt fehlt, wird auf Renditen von Staatsanleihen zurückgegriffen. Zusätzlich muss indes die Währungs- und Laufzeitäquivalenz von Ausleihen und zu erfüllender Verpflichtung berücksichtigt werden. Der Zinsaufwand errechnet sich dann durch die Multiplikation des zu Beginn der Periode festgesetzten Zinssatzes mit dem Barwert der leistungsorientierten Zusage zu Beginn der Periode.
Der angesetzte Zinssatz von 5% bedarf keiner Korrektur und führt zu einem aus der Zuführung zur Rückstellung resultierenden Zinsaufwand von € 7 Mio., dem ein erwarteter Zinsertrag aus dem Planvermögen von etwa € 4 Mio. gegenübersteht. Die Verzinsung mit 5% über den gesamten Zeitraum der Planungsphase hinweg wurde nach versicherungsmathematischen Methoden unter Heranziehung des von der H. AG zum 31.12.2011 ermittelten „Rechnungszins für die internationale Bewertung“ abgeleitet. Nicht zu beanstanden ist ausweislich der Feststellungen von Herrn C… die von den Bewertungsgutachtern von K… vorgenommene Fortschreibung der Verpflichtungen über den Planungszeitraum entsprechend der erwarteten Bilanzwachstumsrate der Verpflichtungen. Dies entspricht der üblichen Vorgehensweise bei Unternehmensbe wertungen, in deren Rahmen Pensionsverpflichtungen einfließen müssen.
Der angenommene Zinssatz von 5% wirkt sich im Vergleich zu niedrigeren Zinssätzen zudem nicht ungünstig aus, weil dies bei einer Verzinsung mit 0% ceteris paribus zu einem niedrigeren Ertragswert führen würde; dieser Effekt ist auf den Wertbeitrag der Steuervorteile aus der Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen zurückzuführen, wie Herr C… dargestellt hat. Da Fremdkapitalzinsen steuermindernd in Abzug gebracht werden können, haben verschuldete gegenüber unverschuldeten Unternehmen einen Wertvorteil durch die Einsparung von Unternehmenssteuern.
Nicht zu beanstanden ist die Berücksichtigung der leistungsorientierten Zusage im Finanzergebnis. Abgesehen davon, dass sich durch diesen Ausweis das operative Ergebnis infolge des unterbliebenen Ausweises im Personalaufwand verbessert, erhöht diese Vorgehensweise über das Finanzergebnis die Aussagekraft, weil alle ergebniswirksamen Finanzierungsbestandteile in einem Posten ausgewiesen werden, nachdem die leistungsorientierten Zusagen einen Kredit der Arbeitnehmer an das Unternehmen gleichen (vgl. Meitner/Streitferdt in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 563). Demgegenüber wurden die beitragsorientierten Zusagen in Form der Verpflichtung des Arbeitgebers, individuelle Beiträge an einen externen Versorger zu zahlen, bei den Personalkosten ausgewiesen. Der Ansatz im Finanzergebnis steht zudem in Einklang mit dem Umsatzkostenverfahren, das hier gewählt wurde. Daher wurden auch in der Vergangenheit diese leistungsorientierten Zusagen stets im Finanzergebnis der S… AG berücksichtigt. Eine Doppelerfassung dieser Aufwendungen ist damit nicht verbunden. Dies würde nur dann in Betracht kommen wenn diese Zinsaufwendungen im Personalaufwand nochmals ausgewiesen worden wären. Der Sachverständige konnte sich bei der Analyse des Bewertungsmodells tatsächlich davon überzeugen, dass eine doppelte Erfassung dieser Werte in den Planzahlen nicht erfolgte.
(b) Die Planung der Entwicklung der Fremdkapitalzinsen erfolgte in plausibler Art und Weise, weshalb hier keine Anpassungen vorgenommen werden müssen. Für den Zeitraum der operativen Planung kam es zu einem Ansatz eines Zinssatzes von 3,2%, der den tatsächlichen Fremdkapitalkosten der Jahre 2008 bis 2010 entspricht. Im Anschluss daran kann die erhobene Rüge, ein Anstieg des Zinsniveaus bereits für die Jahre 2014 und 2015 stehe in Widerspruch zur gesamtwirtschaftlichen Situation und sei deshalb unplausibel, einen Korrekturbedarf bei dem Zinssatz für Fremdkapital von 5,4% nicht begründen. Angesichts deutlich kürzerer Laufzeiten der von der Antragsgegnerin ausgegebenen Unternehmensanleihen konnten diese nicht zur Ermittlung des Credit Spreads herangezogen werden. Der Sachverständige zog vielmehr das Rating der Antragsgegnerin heran, um den Zinssatz zu plausibilisieren. Angesichts des wesentlichen Einflusses der Antragsgegnerin auf die S… AG konnte er davon ausgehen, dass die Gesellschaft auch die Finanzierungskonditionen der Antragsgegnerin nutzen könne. Auf der Grundlage des Ratings von BBB- zum Bewertungsstichtag ergab sich ein Credit Spread von 204 Basispunkten. Bei dem der ursprünglichen Bewertung zugrunde gelegten Basiszinssatz von 3% und dem aus dem Durchschnitt der Peer Group ermittelten Spread von 1,91% sind die Ansätze plausibel. Abgesehen davon gilt auch hier, dass sich das weitere Absenken des Fremdkapitalzinses angesichts des Einflusses auf die Höhe der Unternehmenssteuern mindernd auf den Ertragswert auswirkt.
(c) Keine Bedenken können gegen die Ansätze im Beteiligungsergebnis als Teil des Finanzergebnisses in Richtung auf die dort angesetzten Gesellschaften der G…-Gruppe und der B… C… Ltd. erhoben werden. Diese wurden mit den Ist-Werten von insgesamt € 800.000,– angesetzt und mit dem Wachstum der S… fortgeschrieben.
(7) Bei der Ableitung der Ewigen Rente ab den Jahren 2021 ff. muss zwar – entsprechend den Ausführungen weiter unten unter B. II. 1. b. (3) – mit einer Wachstumsrate von 1,5% gerechnet werden. Keine Bedenken bestehen allerdings hinsichtlich des Ansatzes einer EBIT-Marge von 12,6%. Ein Fortschreiben der Werte des letzten Planjahres der strategischen Planung wäre zur Überzeugung der Kammer nicht sachgerecht.
(a) Dabei kann es zunächst keinen Fehler bedeuten, wenn hier nicht von einer konkreten Planung des Vorstandes für die Ewige Rente ausgegangen wurde. Für die Jahre ab 2021 ff. gab es angesichts des Endes der Detailplanungsphase gerade keine Planzahlen mehr, weshalb die Plausibilität auf der Grundlage der aus der Detailplanungsphase gewonnenen Zahlen zu überprüfen und zu bejahen ist. Ein zwingendes Abstimmen dieser Ansätze mit dem Vorstand der S… AG musste nicht verlangt werden, weil es hier eben gerade keine Planannahmen der Gesellschaft mehr gibt.
(b) Die EBIT-Marge von 12,6% muss nicht verändert werden. Die S… AG ist in einer konjunkturabhängigen Branche tätig. Dies zeigt sich bereits an den Zahlen der Vergangenheit, die deutlich machen, dass die Gesellschaft wie die Branche insgesamt deutlich konjunkturabhängig ist und demzufolge auch die Entwicklung der Ertragslage volatil und nicht linear verlief. Betrach (a) tet man die Abnehmerindustrien der einzelnen Business Lines der S… AG, erhellt dies die Abhängigkeit von konjunkturellen Zyklen. So musste beispielsweise der Geschäftsbereich „Gießereiprodukte und Spezialharze“ im Jahr 2009 einen Umsatzrückgang von 32,7% hinnehmen, während er im Geschäftsjahr 2010, das von dem Erholungsprozess nach dem durch die Insolvenz der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Inc. geprägt war, ein Umsatzwachstum von 27,3% zu verzeichnen hatte. Ebenso gab es 2009 einen – wenn auch leichteren – Rückgang bei der Katalysatoren-Technologie. Der Geschäftsbereich „Energie und Umwelt“ hat seinen Wachstumsmotor im Bereich von Nutzfahrzeugen – allerdings handelt es sich gerade bei Nutzfahrzeugen um einen stark konjunkturabhängigen Industriezweig, wie die Kammer aus einem anderen Spruchverfahren weiß.
Wenn nun aber die Planansätze über zehn Jahre hinweg ein stetiges Wachstum der Umsatzerlöse und vor allem eine sich nahezu konstant verbessernde EBIT-Marge zeigt, so kann im Terminal Value ein Ansatz einer EBIT-Marge von 13,9% nicht als sachgerecht bezeichnet werden. Dieser Wert liegt deutlich oberhalb der Margen, die die Gesellschaft in der Vergangenheit mit 7,4% im Durchschnitt erzielt hatte und die im Verlauf sehr stark schwankend war mit Tiefstständen im Jahr 1993 von knapp über 4% und im Jahr 2001 von sogar unter 4%. In gleicher Weise verlief die Entwicklung der EBIT-Margen der Peer Group-Unternehmen, wobei deren EBIT-Margen in den Jahren von 1990 bis 2010 mit 7% über dem Niveau der S… AG lag, während in der kürzeren Vergangenheitsperiode von 2001 bis 2010 die Peer Group-Unternehmen mit 8,5% eine um 1 Prozentpunkt höhere EBIT-Marge als die Gesellschaft aufwiesen.
In einer zyklischen Branche, in der die S… AG ab 2013 von höheren EBIT-Margen ausgeht als der Durchschnitt der Vergleichsunternehmen, kann nicht von einer fortlaufend positiven Entwicklung ab dem Höchstniveau ausgegangen werden, sondern es ist eine die Zyklizität der Ergebnisse beachtende Durchschnittsbetrachtung für das zu bewertende Unternehmen anzustellen (so ausdrücklich OLG München, Beschluss vom 9.6.2015, Az. 31 Wx 246/14). Die Auswertung der Ergebnisse der Vergangenheit durch die Vertragsprüfer reicht bis zurück in das Jahr 1990. Wenn dann der Durchschnitt der Jahre der operativen und strategischen Planung herangezogen wird, so spielgelt das konjunkturelle Schwankungen hinreichend wider. Dieser Durchschnitt liegt zudem deutlich über dem besten Wert der Jahre ab 1990. Dann aber bildet dies auch die Tatsache hinreichend deutlich ab, dass auch die Vergleichsunternehmen der Peer Group ab 2011 von höheren EBIT-Margen als in en Jahren von 1990 bis 2010 ausgehen, wobei die S… AG ab 2013 von höheren EBIT-Margen ausgeht als der Durchschnitt der Vergleichsunternehmen.
(8) Die bei der Unternehmensbewertung zu berücksichtigenden Synergieeffekte wurden in nicht zu beanstandender Weise angesetzt, wie die Abfindungsprüfer im Rahmen ihrer Anhörung erläutert haben. Bei der Ermittlung des Ertragswerts im Zusammenhang mit aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen finden angesichts des grundlegenden Stand-alone-Prinzips nur solche Synergien oder Verbundeffekte Berücksichtigung, die auch ohne die geplante Strukturmaßnahme durch Geschäfte mit anderen Unternehmen hätten realisiert werden können (vgl. OLG Stuttgart NZG 2000, 744, 745 f. = AG 2000, 428, 429; AG 2011, 420; BayOblG AG 1996, 127, 128; LG München I ZIP 2015, 2124, 2129; Beschluss vom 28.5.2014, Az. ⁵HK O 22657/12; Beschluss vom 21.12.2015, Az. 5 HK O 24402/13; Beschluss vom 28.4.2016, ⁵HK O 9122/14; Beschluss vom 30.12.2016, Az. 5 HK O 414/15; Zeidler in: Semler/Stengel, UmwG, 3. Aufl., § 9 Rdn. 47).
(a) Die bei der S… AG zu realisierenden Verbundeffekte entstammen dem Verwaltungsbereich, nachdem es bei den Produktportfolien keine Überschneidungen zwischen der Antragsgegnerin und der Gesellschaft gab. Ursprünglich stammen die Synergien hinsichtlich ihres Umfangs aus der Due Diligence. Sowohl bei der Anhörung als auch in ihrem Prüfungsbericht verwiesen die Abfindungsprüfer von W… auf das sich ab 2013 auf € 25,5 Mio. jährlich belaufende Einsparpotenzial, wofür allerdings in den beiden ersten Planjahren Implementierungskosten von insgesamt € 52 Mio. als notwendig erachtet wurden. Die Aufteilung zwischen den beiden Unternehmen erfolgte sowohl bei den Implementierungskosten als auch beim Einsparpotenzial nachvollziehbar anhand der Größenverhältnisse, weshalb 1/3 davon jeweils auf die S… AG entfielen. Da zum Prüfungszeitpunkt und dem Stichtag noch nicht festgelegt worden war, in welchen der beiden Unternehmen die zusammengeführten Verwaltungsfunktionen angesiedelt werden würden, muss dies als tauglicher Maßstab angesehen werden. Dabei muss vor allem berücksichtigt werden, dass das Unternehmen, das die jeweilige Verwaltungsfunktion künftig nicht mehr übernehmen wird, gerade nicht die vollständigen Gesamtkosten einspart, sondern eine verursachungsgerechte Umlage an das Unternehmen einbringen wird, in das die Funktion integriert wird.
(b) Weitere Effizienzsteigerungspotenziale außerhalb der Verwaltungsbereiche wurden innerhalb der Planung abgebildet und fanden somit auch bei der Ertragswertermittlung Berücksichtigung.
(9) Bei den Annahmen zur Ausschüttung und Thesaurierung müssen weder in der Detailplanungsphase noch im Terminal Value Veränderungen vorgenommen werden.
(a) Die Ansätze zur Thesaurierung und Ausschüttung der Jahresüberschüsse entsprechen in der Detailplanungsphase dem Unternehmenskonzept der S… AG, weil sie sich an der Dividendenpolitik der Gesellschaft in der Vergangenheit orientieren. Zwar wird diesbezüglich regelmäßig davon ausgegangen, dass sich der Umfang der Ausschüttung bzw. der Thesaurie-rung an den konkreten Planungen der Gesellschaft zu orientieren hat (vgl. LG München I, Beschluss vom 24.5.2013, Az. 5 HK O 17095/11, S. 37; Beschluss vom 6.11.2013, Az. 5 HK O 2665/12; Beschluss vom 28.5.2014, Az. 5 HK O 22657/12; Beschluss vom 31.7.2015, Az. ⁵HK O 16371/13). Allerdings gab es zum Bewertungsstichtag entsprechend den Ausführungen der Abfindungsprüfer im Termin und den Erwägungen in ihrem Prüfungsbericht ebenso wie aus dem im Bewertungsgutachten von K… gewonnenen Erkenntnissen hierzu keine konkreten Planungen. Dann aber kann nicht beanstandet werden, wenn die Ausschüttungsquote der Vergangenheit als Maßstab für die Detailplanungsphase herangezogen wird (vgl. Baetge/Niemeyer/Kümmel/Schütz in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 447). Daher muss die Ausschüttungsquote von 33% nicht korrigiert werden. Die Gewinnausschüttung der Tochtergesellschaften wurde im Rahmen der Steuerplanung bei den Ertragsteuern berücksichtigt.
Nachdem hinsichtlich der Verwendung der thesaurierten Beträge ausweislich der Stellungnahme der Prüfer im Termin vom 29.11.2012 davon ausgegangen wird, dass damit Verbindlichkeiten zurückgeführt werden sollen, führt dies zu einem sinken den Verschuldungsgrad der Gesellschaft, der im ersten Jahr 2011 noch bei 36,42% liegt und bis zum Jahr 2020 auf 3,52% sinken soll, was sich dann vor allem bei der Ermittlung des Risikozuschlags zugunsten der Minderheitsaktionäre auswirkt, selbst wenn durch das gesunkene Niveau der Zinsaufwendungen bei den Unternehmenssteuern ein gegenläufiger Effekt eintritt; durch den niedrigeren Beta-Faktor im Rahmen der Anwendung des (Tax-)CAPM wird der Effekt einer Wertsteigerung durch die Absetzbarkeit von Zinsaufwendungen zweifelsohne überkompensiert. Daher vermag die Kammer auch nicht zu erkennen, inwieweit thesaurierte Beträge im Unternehmen ohne Gegenwert in der Bewertung „verschwunden“ sein könnten.
(b) Die Höhe der Ausschüttungsquote von 48% und damit einer Thesaurierungsquote von 52% muss gleichfalls nicht angepasst werden. Ausweislich der Darstellung im Bewertungsgutachten, im Prüfungsbericht und innerhalb der Anhörung der Abfindungsprüfer wurde die Quote aus dem Ausschüttungsverhalten der Peer Group-Unternehmen abgeleitet. Diese Quote steht auch in Einklang mit den Ausschüttungs- und Thesaurierungs-quoten anderer Unternehmen, wie sie am Markt beobachtet werden. Aus einer Vielzahl von Spruchverfahren ist der Kammer bekannt, dass die Ausschüttungsquote deutscher Unternehmen regelmäßig zwischen 40% und 60% liegt. Damit aber bewegt sich die in der Ewigen Rente angenommene Quote innerhalb der Bandbreite der Thesaurierungs- bzw. Ausschüttungsquoten der Alternativanlage, worauf im Terminal Value regelmäßig abgestellt werden kann.
(c) Gegen das Heranziehen eines Steuersatzes von 13,1875% -also des hälftigen Steuersatzes zuzüglich des Solidaritätszuschlags – auf die Wertbeiträge aus Thesaurierung bestehen (b) keine Bedenken. Die Festlegung eines Steuersatzes bedarf typisierender Annahmen. Aus empirischen Studien, die es wenigstens in den Vereinigten Staaten von Amerika, wenn auch nicht für Deutschland gibt, kennt man eine Haltedauer zwischen 25 und 30 Jahren. Auch wenn diese lange Dauer entsprechend den Erkenntnissen der Kammer aus anderen Spruchverfahren mit der Existenz von sehr langfristig engagierten Pensionsfonds zusammenhängt und dies für Deutschland nicht zwingend sein mag, kann es beim angesetzten Steuersatz bleiben. Dem lässt sich insbesondere auch nicht die Regelung aus § 52 a Abs. 10 EStG entgegenhalten. Ohne eine typisierende Betrachtung ließe sich nämlich ein einheitlicher Unternehmenswert nicht festlegen. Die Verwendung typisierter Steuersätze ist die notwendige Folge der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts und folglich unvermeidbar. Es ist deshalb auch nicht zu beanstanden, wenn eine inländische unbeschränkt steuerpflichtige natürliche Person als Anteilseigner angenommen wird. Wenn für Stichtage nach dem 1.1.2009 im Rahmen der Ermittlung der Zuflüsse an die Anteilseigner von der Besteuerung der Veräußerungsgewinne auszugehen ist, im Einzelfall aber ein Anteilsinhaber einen steuerfreien Veräußerungsgewinn haben kann, so muss dies bei der notwendigen Typisierung außer Betracht bleiben (vgl. OLG München NJW-RR 2014, 473, 474; AG 2015, 508, 511 f. = ZIP 2015, 1166, 1170; Beschluss vom 18.6.2014, Az. 31 Wx 390/13, S. 5; OLG Stuttgart AG 2013, 724, 728; AG 2014, 208, 211; Beschluss vom 18.12.2009, Az. 20 W 2/08; LG München I, Beschluss vom 21.6.2013, Az. ⁵HK O 19183/09; Beschluss vom 28.6.2013, Az. ⁵HK O 18685/11; Beschluss vom 7.5.2014, Az. ⁵HK O 21386/12; Beschluss vom 31.7.2014, Az. ⁵HK O 16371/13; Kunowski/Popp in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 1060 31.7.2014, f.; in diese Richtung auch Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, a.a.O., Rdn. 488 ff., insbesondere 491).
Ein Abstellen auf die individuelle Haltedauer und die individuellen Steuersätze eines jeden einzelnen Aktionärs – gegebenenfalls auch mit Sitz im Ausland – würde eine Unternehmensbewertung unmöglich machen, zumal die Gesellschaft über Inhaberaktien verfügt und folglich die Aktionäre nicht einmal namentlich bekannt sind. Angesichts dessen ist die hier vorgenommene typisierende Betrachtung unausweichlich.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, es handele sich um eine verfassungsrechtlich unzulässige Typisierung oder um einen Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz bzw. das durch Art. 14 Abs. 1 GG grundrechtlich geschützte Eigentum der Aktionäre. Die vom Bundesverfassungsgericht in diesem Kontext getroffenen Entscheidungen betreffen regelmäßig Maßnahmen des Gesetzgebers auf dem Gebiet des Steueroder Abgabenrechts, wobei die dahinter stehenden Überlegungen angesichts der Bedeutung von Art. 14 Abs. 1 GG bei der Beurteilung der Angemessenheit einer Barabfindung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben könne. Steuerregelungen, die in die Bewertung einfließen müssen, betreffen in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens und müssen daher, um praktikabel zu sein, auf typisierende Sachverhalte zurückgreifen, an denen dann die steuerrechtlichen Folgen geknüpft werden; dabei dürfen allerdings die Besonderheiten des Einzelfalles nicht vernachlässigt werden. Indes kann es dabei zu Ungleichbehandlungen kommen, die aber so auszugestalten sind, dass deren Anwendbarkeit und Handhabung praktikabel bleiben muss. Wirtschaftliche Ungleichheiten der Belastung dürfen ein gewisses Maß nicht übersteigen. Vielmehr müssen die Vorteile der Typisierung im rechten Verhältnis zu der mit ihr not wendigerweise verbundenen Ungleichheit der Besteuerung stehen. Zudem darf die Typisierung keinen atypischen Fall abbilden, sondern muss sich realitätsgerecht am typischen Fall orientieren. Eine Typisierung setzt voraus, dass die durch sie eintretenden Härten und Ungerechtigkeiten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, nur eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist (vgl. BVerfGE 112, 268, 280 f. = NJW 2005, 2448, 2449; BVerfGE 133, 377, 412 f. = NJW 2013, 2257, 2260 = FamRZ 2013, 1103, 1105; BVerfGE 137, 1, 21 = NVwZ 2014, 1448, 1450). Gegen diese verfassungsrechtlichen Vorgaben wird nicht verstoßen, wenn im Rahmen der Berücksichtigung der steuerlichen Belastungen an eine unbeschränkt einkommensteuerpflichtige inländische natürliche Person angeknüpft wird und andererseits an eine Veräußerung mit dem Ziel der Realisierung thesaurierungsbeding-ter Wertsteigerungen. Auch wenn statistisch gesehen die unbeschränkt steuerpflichtigen natürlichen Personen an der Gesamtheit der Aktionäre deutlich in der Minderheit sein werden, übersieht dieser Ansatz allerdings, dass es vorliegend um den Ausschluss von Minderheitsaktionären geht, die gerade keine unternehmerische (Mit-)Verantwortung mit ihrem Aktienbesitz verfolgen und dementsprechend auch die Durchsetzung unternehmerischer Entscheidungen gegen einen Mehrheitsaktionär regelmäßig nicht verhindern können (vgl. BVerfG NJW 2007, 3268, 3270 = NZG 2007, 587, 589 = AG 2007, 544, 545 = ZIP 2007, 1261, 1262 = WM 2007, 1329, 1330 = BB 2007, 1515, 1516 = DB 2007, 1577, 1578 = Der Konzern 2007, 524, 526 = DStR 2007, 1177 – Edscha AG). Bei dieser Konstellation des Ausschlusses von Minderheitsaktionären darf angesichts unterschiedlicher Zielsetzungen nicht auf die Gesamtheit der Aktionäre abgestellt werden, wenn es um die Angemessenheit einer Kompensation der Minderheitsaktionäre geht. Ebenso muss gesehen werden, dass es vorliegend gerade nicht um die Besteuerung als solches geht, sondern um eine die Realität widerspiegelnde Besteuerung der Auswirkungen der Wertsteigerungen durch Thesaurierung im Rahmen einer gemäß §§ 738 BGB, 287 ZPO zu schätzenden Kompensation für den Verlust des Aktieneigentums, wobei die künftige Entwicklung des Unternehmens regelmäßig nur anhand üblicherweise zu beobachtender Entwicklungen abgeleitet werden kann. Dazu gehört aber auch, dass thesaurierte Gewinne Wertsteigerungen zur Folge haben. Mittels Thesaurierung können beispielsweise Erweiterungsinvestitionen finanziert werden, die entsprechendes Mengenwachstums und eine Ertragssteigerung nach sich ziehen (vgl. Schieszl/Bachmann/Amann in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 706 f.) Von derartigen Wertsteigerungen wird dann aber auch der Minderheitsaktionär profitieren wollen und seine Aktien veräußern. Dann aber wäre der Veräußerungsgewinn aufgrund von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EStG steuerpflichtig. Infolge des langen Haltezeitraums wird jedoch nur der hälftige Steuersatz zugrunde gelegt. Der Umstand, dass ein Teil der Aktionäre die Aktien bereits vor dem Inkrafttreten der Änderung des Einkommensteuerrechts und der Einführung der Steuerpflicht von Veräußerungsgewinnen erworben hatte, kann dem typisierenden Ansatz nicht entgegengehalten werden, weil anderenfalls eine Unternehmensbewertung, die die persönlichen Einkommenssteuern entsprechend der ständigen höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung berücksichtigt, praktisch nicht mehr durchführbar wäre und die Garantien der Art. 14 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG aus den bereits genannten Gründen keine völlige Gleichstellung gebieten. Ähnliches gilt für im Ausland ansässige Personen, weil insoweit die Grundsätze des jeweiligen Doppel besteuerungsabkommens in die Unternehmensbewertung einfließen müssten, was gleichfalls als nicht mehr praktikabel einzustufen ist.
(d) Die im nachhaltigen Ergebnis angesetzte Thesaurierung berücksichtigt, dass das mit dem langfristig erwarteten Wachstum der G+V-Rechnung bzw. der Überschüsse einhergehende Wachstum der Bilanz entsprechend finanziert werden muss. Demgemäß bedingt das nachhaltige Wachstum der finanziellen Überschüsse auch ein entsprechendes Wachstum der Bilanz, was entweder über Eigenkapital erfolgen kann oder aber durch Fremdkapital aufgebracht werden muss. Für die Finanzierung über das Eigenkapital müssen zu dessen Stärkung Erträge the-sauriert werden. Die Alternative der Finanzierung über Fremdkapital würde zwangsläufig das Zinsergebnis (negativ) beeinflussen. Ein Wachstum ohne den Einsatz zusätzlicher Mittel ist folglich nicht möglich; nachhaltiges Gewinnwachstum kommt ohne Finanzierung nicht in Betracht (so ausdrücklich: OLG Karlsruhe, Beschluss vom 15.11.2012, Az. 12 W 66/06; auch Dörschell/Franken/Schulte, Der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, 2. Aufl., S. 326 f.). Zudem ist zu berücksichtigen, dass bei einer sich im eingeschwungenen Zustand befindlichen Gesellschaft die Kapitalstruktur in der Ewigen Rente konstant bleiben soll. Auch dies spricht für die Notwendigkeit des Ansatzes eines entsprechenden thesaurie-rungsbedingten Wachstums.
Dem kann nicht entgegengehalten werden, dadurch werde der Effekt des Wachstumsabschlags storniert. Es ist nämlich eine differenzierende Betrachtungsweise erforderlich. Die Erfassung von thesaurierungsbedingtem Wachstum erfolgt in der Phase des Terminal Value zum einen zur Abbildung des preisbedingten Wachstums in Form des Wachstumsabschlages und zum anderen zur Berücksichtigung des durch die Thesaurierung generierten Mengenwachstums durch eine nominale Zurechnung des über die Finanzierung des preisbedingten Wachstums hinausgehenden Thesaurierungsbeitrages (vgl. Schieszl/Bachmann/Amann in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 706). Damit aber hat der Wachstumsabschlag eine andere Funktion als der Ansatz des thesau-rierungsbedingten Wachstums.
(e) Die Thesaurierung zum 31.12.2012 ohne Durchschnittsbildung zum 30.6.2012 muss als sachgerecht bezeichnet werden. Entscheidend ist dabei, dass dem Aktionär im laufenden Geschäftsjahr nach den Wertungen des Aktiengesetzes keinerlei Überschüsse zufließen. Über die Verwendung des Bilanzgewinns entscheidet aufgrund von § 174 Abs. 1 AktG unter Bindung an den festgestellten Jahresabschluss die Hauptversammlung; dies bedeutet aber, dass über eine Ausschüttung erst im darauffolgenden Geschäftsjahr entschieden wird. Dann aber hat eine Durchschnittsbildung zum 30.6. des laufenden Geschäftsjahres zu unterbleiben, um nicht gegen den Grundgedanken des § 174 AktG zu verstoßen vgl. LG München I, Beschluss vom 24.05.2013, Az. 5 HK O 17095/11).
(10) Aus den Aussagen im Geschäftsbericht der Muttergesellschaft für das Jahr 2011 über die Zuordnung des Goodwill auf die jeweilige Cash Generating Units (CGU’s) im Rahmen des Impairment-Tests lassen sich keine Rückschlüsse auf die fehlende Plausibilität der Planannahmen und der Ansätze im Terminal Value ziehen. Dabei wurden die erzielten Barwerte der CGU „Functional Materials“ sowie „Catalysts & Energy“ ausweislich der Ausführungen auf Seite 119 des Geschäftsberichts als Marktwert abzüglich beim Verkauf anfallender Kosten jeweils auf der Basis einer Zehnjahresplanung ermit telt und im Anschluss daran ein Umsatzwachstum von 2,8% angesetzt. Allerdings musste bei der Unternehmensbewertung nicht auf den Impairment-Test der Antragsgegnerin als Grundlage des Konzernabschlusses abgestellt werden, soweit es um die Geschäftsbereiche der hinzu erworbenen S… AG geht. Zum einen ergibt sich dies bereits aus der Stichtagsbezogenheit zum Tag der Hauptversammlung, der deutlich vor dem im Zuge des Jahresabschlusses zum 31.12.2011 gewählten Impairment-Test der Konzernmutter lag. Zum anderen werden in den Impairment-Test dann auch echte Synergien eingeflossen sein, nachdem er den zu bilanzierenden Wert innerhalb des C. Konzern darstellt, während die Unternehmensbewertung stand alone, also insbesondere ohne durch die Konzernierung hervorgerufene Synergieeffekte durchgeführt wird. Auch unterscheiden sich die Aufgaben eines Impairment-Tests von der Ermittlung des Ertragswerts eines Unternehmens im Rahmen einer aktienrechtlichen Strukturmaßnahme, weil der Impairment-Test in erster Linie Bezug zur Bilanzierung und zur Rechnungslegung hat, um die Überbewertung von Aktiva zu verhindern, nicht aber die Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswerts zum Ziel hat (vgl. LG München I, Beschluss vom 21.6.2013, Az. ⁵HK O 19183/09; Beschluss vom 31.7.2015, Az. ⁵HK O 16371/13).
Ebenso wenig musste eine Berücksichtigung der Planungsannahmen aus der Due Diligence berücksichtigt werden, die dem Sachverständigen so ohnehin nicht vorlagen; die Planungen im Rahmen der Due Diligence und des Squeeze out bezogen sich nämlich auf unterschiedliche Stichtage, weshalb aus der Due Diligence auch keine Rückschlüsse gezogen werden können, die für die Ermittlung eines objektivierten Werts zum 22.11.2011 von Bedeutung sein könnten. Für Fragen der Währungsumrechnung konnte der Due Diligence-Bericht auch keine weitergehenden Erkenntnisse vermitteln, wie Erkenntnisse liefern, wie Herr C… dargestellt hat. Dies ist für die Kammer nachvollziehbar, weil sich der Sachverständige bei der Frage der Währungsumrechnung in den ersten drei Jahren der Detailplanungsphase an Forward Rates orientierte und nicht die der Planung zugrundeliegenden festen Wechselkurse heranzog.
Angesichts dessen berechnen sich die zu kapitalisierenden Überschüsse der S… AG zum bewertungstechnischen Stichtag am 1.1.2011 folgendermaßen:
Süd-Chemie AG | ||||||||||||
Ist | HR | Operative Planung | Strategische Planung | nachteilig | ||||||||
2010 | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 ff. | |
Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | |
Umsatzerlöse | 1,225.0 | 1,396.6 | 1,426.9 | 1,593.2 | 1,674.7 | 1,852.0 | 1,944.5 | 2,026.4 | 2,137.4 | 2,234.9 | 2,337.1 | 2,372.1 |
Umsatzkosten | 867.8 | 983.6 | 961.5 | 1,067.7 | 1,141.9 | 1,260.6 | 1,322.6 | 1,378.0 | 1,453.9 | 1,514.8 | 1,584.7 | |
Bruttoergebnis | 357.2 | 412.9 | 465.5 | 525.5 | 532.9 | 591.4 | 621.9 | 648.4 | 683.4 | 720.0 | 752.3 | |
in % derUmsatzerlöse | 29.2% | 29.6% | 32.6% | 33.0% | 31. 9% | 31.9% | 32.0% | 32.0% | 32.0% | 32.2% | 32.2% | |
Vertriebskosten | 106.5 | 129.4 | 133.8 | 142.0 | 133.0 | 143.5 | 148.9 | 153.6 | 158.9 | 165.8 | 168.2 | |
Forschungs- und Entwicklungskosten | 60.4 | 63.5 | 70.8 | 75.3 | 73.8 | 73.6 | 81.6 | 83.7 | 88.0 | 91.6 | 95.2 | |
Allg. Verwaltungskosten | 100.2 | 117.4 | 111.9 | 116.3 | 110.9 | 120.3 | 122.7 | 126.2 | 130.6 | 136.2 | 139.9 | |
Sonstiges Ergebnis | 49.7 | (9.2) | 2.0 | 15.6 | 7.0 | (6.4) | 9.8 | (15.1) | (17.5) | (20.6) | (23.3) | |
Betriebsergebnis | 139.7 | 93,3 | 150.9 | 207.5 | 222.2 | 242.6 | 258.9 | 269.9 | 288.5 | 305.9 | 325.8 | 299.6 |
in % der Umsatzerlöse | 11.4% | 6.7% | 1O.6% | 13.0% | 13.3% | 13.1% | 13.3% | 13.3% | 13.5% | 13.7% | 13.9% | 12.6% |
Finanzergebnis | (26.1) | (21.1) | (23.0) | (21.2) | (19.2) | (25.5) | (22.2) | (18.0) | (13.4) | (9.4) | (7.4) | (7.1) |
Ertragsteuern | 32.5 | 21.7 | 38.3 | 58.1 | 67.3 | 72.1 | 79.1 | 84.3 | 92.1 | 99.3 | 106.6 | 100.6 |
Jahresergebnis | 81.1 | 50.5 | 89.5 | 128.2 | 135.7 | 145.0 | 157.5 | 167.5 | 182.9 | 197.2 | 211.9 | 191.9 |
Minderheitenanteile | 10.6 | 4.5 | 6.6 | 8.3 | 8.8 | 9.4 | 10.2 | 10.8 | 11.8 | 12.7 | 13.7 | 12.4 |
Konzernergebnis | 70.5 | 46.0 | 82.9 | 119.9 | 127.0 | 135.7 | 147.4 | 156.7 | 171.1 | 184,4 | 198.1 | 179.5 |
in % der Umsatzerlöse | 5.8% | 3.3% | 5.8% | 7.5% | 7.6% | 7.3% | 7.6% | 7.7% | 8.0% | 8.3% | 8.5% | 7.6% |
b. Der Wert der so ermittelten Überschüsse muss nach der Ertragswertmethode auf den Stichtag der Hauptversammlung abgezinst werden. Der hierfür heranzuziehende Kapitalisierungszinssatz soll die Beziehung zwischen dem bewerteten Unternehmen und den anderen Kapitalanlagemöglichkeiten herstellen.
Zutreffend ist der Ausgangspunkt bei der Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes unter Berücksichtigung persönlicher Ertragsteuern in der Bewertung durch die Antragsgegnerin. Da die finanziellen Überschüsse aus der alternativ am Kapitalmarkt zu tätigenden Anlage der persönlichen Er tragsbesteuerung der Unternehmenseigner unterliegen, ist der Kapitalisierungszinssatz unter Berücksichtigung der persönlichen Steuerbelastung zu ermitteln (vgl. OLG München NJW-RR 2014, 473, 474; AG 2007, 287, 290; ZIP 2006, 1722, 1725; OLG Stuttgart AG 2007, 128, 134: OLG Karlsruhe AG 2013, 353, 355). Dabei ist im Rahmen der Unternehmensbewertung nach dem im Zeitpunkt der Hauptversammlung maßgeblichen Steuerregime der Abgeltungssteuer von einem Steuersatz von 25% entsprechend der gesetzlichen Regelungen in §§ 43, 43 a Abs. 1 Nr. 1, 32 d Abs. 1 Satz 1 EStG auszugehen, der auch angesetzt wurde. Zudem ist der Solidaritätszuschlag zu beachten, woraus sich dann ein Steuersatz von 26,375% errechnet.
(1) Der Basiszinssatz war dabei in Anwendung der Zinsstrukturkurve der Deutschen Bundesbank als sachgerechter Methode auf 3% vor Steuern und demgemäß auf 2,21% nach Steuern festzusetzen.
(a) Der Basiszinssatz bildet eine gegenüber der Investition in das zu bewertende Unternehmen risikolose und laufzeitadäquate Anlagemöglichkeit ab. Die Ermittlung des Basiszinssatzes anhand der Zinsstrukturkurve von Zerobonds quasi ohne Kreditausfallrisiko kann methodisch nicht beanstandet werden. Es ist nämlich betriebswirtschaftlich gefordert, dass der Kapitalisierungszinssatz für den zu kapitalisierenden Zahlungsstrom hinsichtlich Fristigkeit, Risiko und Besteuerung äquivalent sein muss. Die Zinsstrukturkurve stellt den Zusammenhang zwischen der Verzinsung und den Laufzeiten von dem Markt gehandelten Anleihen dar und gibt den Zusammenhang zwischen Verzinsung bzw. Rendite einer Anleihe und deren Laufzeit wider. Die nach der sogenannten Svensson-Methode ermittelte Zinsstrukturkurve bildet den laufzeitspezifischen Basiszinssatz – den sogenannten Zerobond-Zinssatz – ab. Sie ist in der Rechtsprechung zu Recht weithin anerkannt (vgl. OLG Karlsru he, Beschluss vom 15.11.2012, Az. 12 W 66/06; OLG Frankfurt NZG 2012, 1382, 1383; 2013, 69, 70; OLG München ZIP 2009, 2339, 2341 = WM 2009, 1848, 1850; AG 2012, 749, 752 = Der Konzern 2012, 561, 564; AG 2015, 508, 512 = ZIP 2015, 1166, 1170; LG München I AG 2016, 95, 98; Beschluss vom 30.12.2016, Az. 5 HK O 414/15; Beschluss vom 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15; Peemöller/Kunowski in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 323 f.). Nur dadurch kann der Grundsatz der Laufzeitäquivalenz verwirklicht werden. Die Annahme, es müsse auf den zum Bewertungsstichtag aktuellen Zinssatz für langläufige Bundesanleihen abgestellt werden, übersieht, dass die Unternehmensbewertung auf die Ewigkeit ausgelegt ist. Gerade die Anwendung der Svensson-Methode zeigt aber, dass hier eben nicht auf Daten der Vergangenheit abgestellt wird, sondern künftige Entwicklungen der Ermittlung des Basiszinssatzes zugrunde gelegt werden.
Zur Glättung kurzfristiger Marktschwankungen kann dabei allerdings nicht auf den stichtagsgenauen Basiszinssatz abgestellt werden; vielmehr errechnet sich der Basiszinssatz aus einem Drei-Monats-Durchschnitt, wobei der maßgebliche Zeitraum hier von der Hauptversammlung auszugehen hat. Dies ergibt sich aus dem Grundgedanken, dass die Barabfindung gemäß § 327 b Abs. 1 Satz 1 AktG die Verhältnisse der Gesellschaft im Zeitpunkt der Beschlussfassung der Hauptversammlung berücksichtigen muss. In einem Zeitraum von drei Monaten vor der Hauptversammlung ergab sich unter Ansatz einer Wachstumsrate von 1,5% ein Basiszinssatz von 2,9%. Gegen die dann vorgenommene Aufrundung auf 3% bestehen keine grundlegenden Bedenken. Die Verpflichtung zur Zahlung einer angemessenen Barabfindung, die dem vollen Wert der Beteiligung entspricht, liegt ein einfachwie auch verfassungsrechtlich gebotener Ausgleich der jeweils geschützten gegenläufigen Interessen der Minderheitsaktionäre und der Antragsgegnerin als Hauptaktionärin zugrunde. Die Heranziehung von Parametern, die den richtigen Werten möglichst nahe kommen, wird dem gesetzlich vorgegebenen Interessenausgleich am ehesten gerecht. Die vorgenommene Rundung auf 1,75% vor Steuern ist daher von § 287 Abs. 2 ZPO gedeckt (vgl. OLG Frankfurt Der Konzern 2011, 47, 50 f.; LG München I, Beschluss vom 28.5.2014, Az. 5 HK O 22657/12; Beschluss vom 21.8.2015, Az. ⁵HK O 1913/14; Beschluss vom 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15).
(b) Eine Reduktion wegen der Existenz von Credit Default Swaps muss nicht erfolgen. Allein der Umstand, dass am Markt auch Credit Default Swaps in Bezug auf staatliche Anleihen der Bundesrepublik Deutschland zu beobachten sind, rechtfertigt nicht den Ansatz einer Kürzung des Basiszinssatzes. Zum einen ist die Bundesrepublik Deutschland – ungeachtet einer möglichen, aber keinesfalls sicheren Verwirklichung von Haftungsrisiken als Folge der Staatsschuldenkrise innerhalb des Euro-Raums -unverändert ein sicherer Schuldner. Auf ein theoretisches Restausfallrisiko kommt es nicht entscheidend an, weil völlig risikofreie Anlagen ohnehin nicht verfügbar sind. Zudem ist aus anderen Spruchverfahren gerichtsbekannt, dass es zwar Spekulationen gegen die Bundesrepublik Deutschland gibt; diese sind indes zahlenmäßig so gering, dass eine Berücksichtigung beim Basiszinssatz nicht gerechtfertigt sein kann. Weiterhin kann auch nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Staatsschulden der Bundesrepublik Deutschland aufgrund der Neuregelungen in Art. 109 Abs. 3 und Art. 115 Abs. 2 GG zumindest nicht in dem Ausmaß ansteigen dürfen, wie dies in der Vergangenheit immer wieder zu beobachten war (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011, Az. 21 W 7/11; LG München I, Be schluss vom 7.5.2014, Az. 21386/12; Beschluss vom 28.5.2014, Az. 5 HK O 22657/12; Beschluss vom 29.8.2014, Az. 5 HK O 7455/14; Beschluss vom 6.3.2015, Az. 5 HK O 662/13; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 21.12.2015, Az. 5 HK O 24402/13; 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15).
(c) Ebenso wenig ist es geboten, den Basiszinssatz in Phase I jeweils für ein konkretes Planjahr gesondert auszuweisen. Die einheitliche Festlegung des Basiszinssatzes für den gesamten Beurteilungszeitraum stellt eine allgemein übliche und nicht zu beanstandende Vorgehensweise dar (so ausdrücklich OLG München NJW-RR 2014, 423, 474). Dies ergibt sich letztlich auch aus der Überlegung, dass Erträge zwar jährlich erzielt und ausgeschüttet werden sollen, die Dauer des Unternehmens und damit die Ermittlung des Ertragswertes in die Ewigkeit angelegt ist und demzufolge auch nicht von einer jährlich neu stattfindenden Alternativanlage ausgegangen werden kann, wenn Bewertungsanlass das Ausscheiden eines Aktionärs aus der Gesellschaft ist (vgl. LG München I, Beschluss vom 30.3.2012, Az. 5 HK O 11296/06; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 21.12.2015, Az. 5 HK O 24402/13; 8.2.2017, Az. 5 HK O 7347/15).
(d) Die Kammer vermag nicht zu erkennen, dass der mit der Zinsstrukturkurve ermittelte Basiszinssatz aufgrund von Besonderheiten im Zuge der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise erhöht werden müsse, auch wenn der gerichtlich bestellte Sachverständige C… diese Vorgehensweise nicht kritisiert hat, wie sie in der Stichtagserklärung namentlich von den Bewertungsgutachtern von K… gewählt wurde. Auch wenn zum damaligen Stichtag der Bewertung der Basiszinssatz auf ein damals histo (c) risch niedriges Niveau gefallen war, rechtfertigt dies in Relation zu einer anzunehmenden Marktrisikoprämie von 4,5% nach Steuern im Rahmen des (Tax-)CAPM nicht die Veränderung eines der beiden Parameter dergestalt, dass der Basiszinssatz zwingend auf 3,5% vor Steuern festzusetzen wäre. Diese Notwendigkeit lässt sich gerade auch zum hier maßgeblichen Stichtag nicht mit Besonderheiten der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise begründen. Auch die Vergangenheitszahlen, die die Grundlage der vom IDW angesetzten Empfehlung waren und die sich zum maßgeblichen Stichtag im November 2011 auf eine Bandbreite zwischen 4% und 5% nach Steuern belief, umfassen mehrere konjunkturelle Zyklen mit Phasen des Auf-und des Abschwungs. So kam es nach dem durch den Zusammenbruch der US-amerikanischen Investmentbank Lehman Brothers Inc. ausgelösten Finanzmarktkrise mit einem massiven konjunkturellen Einbruch zu einem – sogar unerwartet rasch eintretenden – Aufschwung der Konjunktur. Angesichts dessen scheint es fraglich, inwieweit hier tatsächlich von einer schweren und langen Wirtschaftskrise gesprochen werden kann (vgl. LG Frankfurt, Beschluss vom 8.6.2015, Az. 3-05 O 198/13). Deshalb lässt sich die These einer konstant realen Aktienrendite, die bei einer Beibehaltung der Marktrisikoprämie von 4,5% nach Steuern zu einer Erhöhung des zum Stichtag der Hauptversammlung ermittelten Basiszinssatzes von 3% vor Steuern auf 3,5% vor Steuern führen soll, nicht rechtfertigen. Empirisch valide Untersuchungen des Einflusses eines sinkenden Basiszinssatz auf die Marktrisikoprämie und damit auch umgekehrt waren weder zum Stichtag der Hauptversammlung vorhanden noch sind sie heute bekannt. In einer Vielzahl von Spruchverfahren erhielt die Kammer auch kein überzeugendes Argument für den Ansatz einer konstant realen Aktienrendite vermittelt; regelmäßig wird darauf hingewiesen, dass es auch die Meinung gibt, infolge des Absinkens des Basiszinssatzes reduziere sich die Renditeerwartungen des durchschnittlichen Aktionärs. Die Auswirkungen der Finanzmarkt- und Staatsschuldenkrise auf die Marktrisikoprämie werden sich letztlich erst ex post nach deren Ende und letztlich auch nach dem Ende der expansiven Geldpolitik der Europäischen Zentralbank bewerten lassen. So wird beispielsweise in der Literatur darauf hingewiesen, dass eine anhand des von Datastream bereitgestellten Index „World DS-Market“ aus dem Zeitraum von 1974 bis 2014 eine globale Marktrisikoprämie aus Sicht eines inländischen Investors von 4,55% ermittelt wurde (vgl. Dru-karczyk/Schüler, Unternehmensbewertung, 7. Aufl., S. 251). Auch wenn nicht zu verkennen ist, dass dieser Ansatz Währungsrisiken beinhaltet, deutet seine Tendenz doch darauf hin, dass das Absinken des Basiszinssatz nicht zwingend den Schluss zulässt, die Marktrisikoprämie müsse erhöht werden. Angesichts dessen ist auch der Umkehrschluss, bei gleichbleibender Marktrisikoprämie müsse der Basiszinssatz erhöht werden, nicht zwingend. Das Absinken des Basiszinssatzes um 0,5 Prozentpunkte brutto, was einer Nettodifferenz von knapp 0,4 Prozentpunkten entspricht, rechtfertigt es jedenfalls nicht, den Basiszinssatz mit 3,5% vor Steuern anzusetzen, zumal es bereits zu einer Aufrundung des Basiszinssatzes von 2,9% auf 3% vor Steuern gekommen ist. Bei diesen Unterschieden vermag die Kammer auch einen Verstoß gegen das Prinzip der Risikoäquivalenz von Zähler und Nenner nicht zu erkennen.
(2) Für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes muss der Basiszinssatz um einen Risikozuschlag erhöht werden, der nach Steuern vorliegend im Jahr 2011 auf 5,83%, auf 6,44% im Jahr 2012, auf 6,22% im Jahr 2013, auf 5,91% im Jahr 2014, auf 5,27% im Jahr 2015, auf 5,17% im Jahr 2016, auf 5,03% im Jahr 2017, auf 4,89% im Jahr 2018, auf 4,71% im Jahr 2019, auf 4,44% im Jahr 2020 sowie auf 4,11% im Terminal Value festzusetzen ist.
Der Grund für den Ansatz eines Risikozuschlages liegt darin, dass Investitionen in Unternehmen im Vergleich zur Anlage in sichere oder zumindest quasi-sichere öffentlichen Anleihen einem höheren Risiko ausgesetzt sind. Dieses Risiko wird bei einem risikoaversen Anleger durch höhere Renditechancen und damit einen erhöhten Zinssatz ausgeglichen, weshalb der Ansatz eines Risikozuschlages unumgänglich ist, zumal der Verzicht auf diesen die ohnehin nicht durch die Planung abgegoltenen Risiken wie politische Krisen, Naturkatastrophen oder weitere nicht in die Planungsrechnung einzubeziehenden allgemeinen wirtschaftlichen Risiken vernachlässigen würde. Ebenso kann die Gefahr des Verfehlens der Planungsziele nicht völlig unberücksichtigt bleiben. Angesichts dessen geht die heute nahezu einhellig vertretene obergerichtliche Rechtsprechung vom Erfordernis des Ansatzes eines Risikozuschlages aus (vgl. nur OLG München ZIP 2009, 2339, 2341 = WM 2009, 1848, 1850; KG NZG 2011, 1302, 1304 = AG 2011, 627, 628 f. = ZIP 2011, 2012, 2013 = WM 2011, 1705, 1706 f.; OLG Stuttgart, Beschluss vom 17.10.2011, Az. 20 W 7/11; AG 2014, 208, 211; OLG Frankfurt NZG 2012, 549, 550 = Der Konzern 2012, 199, 205 f.; ebenso Peemöller/Kunowski in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 325).
(a) Die Frage, wie der Risikozuschlag im Einzelnen zu ermitteln ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beurteilt.
(aa) Mehrheitlich wird davon ausgegangen, der Risikozuschlag könne mittels des (Tax-)CAPM (Capital Asset Pricing Model) ermittelt werden. Danach wird die durchschnittliche Marktrisikoprämie, die anhand empirischer Daten aus der langfristigen Differenz zwischen der Rendite von Aktien und risikolosen staatlichen Anleihen errechnet wird, mit einem spezifischen Beta-Faktor multipliziert, der sich aus der Volatilität der Aktie des zu bewertenden Unternehmens ergibt. Zur Begründung der Maßgeblichkeit dieses kapitalmarkttheoretischen Modells wird vor allem ausgeführt, dass bei der Feststellung des Unternehmenswertes intersubjektiv nachvollziehbare Grundsätze unter Zugrundelegung von Kapitalmarktdaten Anwendung fänden und dass es kein anderes Modell gebe, das wie das CAPM die Bewertung risikobehafteter Anlagenmöglichkeiten erläutere. Demgegenüber verfüge die herkömmliche Multiplikatormethode über kein festes theoretisches, sondern eher ein empirisches Fundament und werde zudem nicht durch die theoretische Forschung unterstützt. Mit dem CAPM werde gegenüber der Risikozuschlagsmethode eine ungleich höhere Qualität infolge der größeren Nachprüfbarkeit erreicht (vgl. OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2226; AG 2016, 329, 331 = WM 2016, 1685, 1690; OLG Stuttgart AG 2010, 510, 512; AG 2008, 510, 514 f.; NZG 2007, 112, 117 = AG 2007, 128, 133 f.; OLG Frankfurt AG 2016, 551, 554; Paulsen in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., § 305 Rdn. 126; Simon/Leverkus in: Simon, SpruchG, a.a.O., Anh § 11 Rdn. 126 f.).
(bb) Die Kammer vermag indes der vielfach vertretenen alleinigen Maßgeblichkeit des (Tax-)CAPM in dieser Allgemeinheit nicht zu folgen. Es ist nämlich nicht erkennbar, dass das (Tax-)CAPM den anderen Methoden zur Ermittlung des Risikozuschlages eindeutig überlegen wäre. Auch bei ihm hängt das Ergebnis in hohem Maße von der subjektiven Einschätzung des Bewerters ab, die nur nicht unmittelbar durch die Schätzung des Risikozuschlages selbst ausgeübt wird, sondern mittelbar durch die Auswahl der Parameter für die Berechnung der Marktrisikoprämie sowie des Beta-Faktors. Die rechnerische Herleitung des Risikozuschlages täuscht darüber hinweg, dass aufgrund der Vielzahl von Annahmen, die für die Berechnung getroffen werden müssen, nur eine scheinbare Genauigkeit erreicht wird und nicht etwa eine exakte Bemessung des für die Investition in das konkrete Unternehmen angemessenen Risikozuschlages. Schon die zu treffende Aussage, inwieweit die Daten aus der Vergangenheit auch für die zukünftige Entwicklung aussagekräftig sind, unterliegt subjektiver Wertung. Dies zeigt sich bereits am Auswertungszeitraum, für den die Überrendite ermittelt wird. Aus einer Vielzahl anderer Spruchverfahren ist die auch durch das Gutachten von Herrn C… unterstrichene Tatsache bekannt, dass es eine Reihe von Studien gibt, die für unterschiedliche Zeiträume sich sehr stark unterscheidende Werte für die Marktrisikoprämie vor Steuern in Anwendung des arithmetischen Mittels wie auch des geometrischen Mittels ergaben. Ebenso ist die Auswahl der Unternehmen, die in eine Peer Group vergleichbarer Unternehmen einbezogen werden, stark von der subjektiven Einschätzung desjenigen abhängig, der über die Vergleichbarkeit der Unternehmen im Einzelnen entscheidet (vgl. OLG München WM 2009, 1848, 1850 f. = ZIP 2009, 2339, 2341; LG München I AG 2016, 95, 99; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, a.a.O., Rdn. 694 f.; auch Reuter AG 2007, 1, 5; sehr kritisch zum CAPM auch Emmerich in: Festschrift für Uwe H. Schneider, 2011, S. 323, 328 f., 331).
Auch sieht die Kammer in der Anwendung des arithmetischen Mittels mit einer jährlichen Wiederanlage des voll ständigen Aktienportfolios, wie es in den einzelnen IDW-Standards empfohlen wird, kein hinreichend taugliches Kriterium. Insoweit liegt nämlich ein Widerspruch zu der Annahme einer auf Ewigkeit angelegten Unternehmenstätigkeit vor. Für das aktuelle steuerliche Regime der Abgeltungssteuer unter Einschluss der Versteuerung von Veräußerungsgewinnen gehen empirische Untersuchungen nämlich von einer sehr viel längeren Haltedauer aus. Wenn der Wert des Unternehmens in die Ewigkeit ermittelt werden soll und vor allem auch die Alternativanlage in Aktien anderer Unternehmen vergleichbar sein soll, steht die Annahme eines jährlich stattfindenden vollständigen Aktienaustausches hierzu in Widerspruch. Weiterhin ist gegen das arithmetische Mittel als alleiniger Maßstab zur Ermittlung des Risikozuschlages zu berücksichtigen, dass in all den Fällen, in denen die Anlageperiode nicht 1 ist, es zu Verzerrungen kommt (vgl. Wagner/Jonas/ Ballwieser/ Tschöpel WPg 2006, 1005, 1017 f.).
Die Alternative zum arithmetischen Mittel liegt im geometrischen Mittel, bei dem die Wertpapiere zu Beginn des Untersuchungszeitraumes gekauft und an dessen Ende verkauft werden; die jeweiligen Erträge werden dabei jährlich wieder angelegt. Dabei wird allerdings auch zu berücksichtigen sein, dass das geometrische Mittel ebenso wie das arithmetische Mittel zu Verzerrungen des Unternehmenswertes führt, wenn die Anlageperiode nicht gleich 1 ist (vgl. Wagner/Jonas/Ballwieser/Tschöpel WPg 2006, 1005, 1017 f.).
Insoweit geht die Kammer in ständiger Rechtsprechung unter Berücksichtigung der gebotenen kritischen Auseinandersetzung mit diesem Modell davon aus, zwischen diesen beiden Extremen liegende Werte anzusetzen (vgl. nur LG München I, Beschluss vom 6.11.2013, Az. ⁵HK O 2665/12; Beschluss vom 28.3.2014, Az. 5 HK O 18925/08; Beschluss vom 7.5.2014, Az. ⁵HK O 21386/12; Beschluss vom 29.8.2014, Az. 5 HK O 7455/13; in diese Richtung auch OLG Karlsruhe Der Konzern 2015, 442, 448 f.).
(cc) Abschließend ist hinsichtlich der Methodik festzuhalten, dass der Risikozuschlag mittels einer empirischen Schätzung zu gewinnen ist, die im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Gesichtspunkte der konkreten Situation des zu bewertenden Unternehmens Rechnung trägt. Dabei können auch die unter Anwendung des CAPM gewonnenen Daten als eines der Elemente für die Schätzung des Risikozuschlages herangezogen werden (so auch OLG München ZIP 2009, 2339, 2342 = WM 2009, 1848, 1851).
(b) Beim (Tax-)CAPM als einem der maßgeblichen Elemente zur Ermittlung des anzusetzenden Risikozuschlags ergibt sich dieser aus dem Produkt von Marktrisikoprämie und dem das individuelle Unternehmensrisiko der Gesellschaft reflektierenden Beta-Faktor.
(aa) In Anwendung des (Tax-)CAPM ist von einer Marktrisikoprämie auszugehen, die sich aus der Differenz der erwarteten Rendite des Marktportfolios und dem risikolosen Basiszinssatz ergibt und vorliegend zum Bewertungsstichtag am 22.11.2011 auf 4,5% nach Steuern festzusetzen ist, wie der gerichtlich bestellte Sachverständige zur Überzeugung der Kammer herausgearbeitet hat. Herr C… legte seinen Untersuchungen zur Marktrisikoprämie eine Reihe von Studien zugrunde, die zu unterschiedlichen Ergebnissen führten. Er verwies in seinem Gutachten auf empirische Studien, die eher einen sich abwechselnden Auf-und Abwärtstrend von Wertpapiermärkten bzw. negativ korrelierten Renditen belegen. Aus dieser Sichtweise lässt sich die Schlussfolgerung ziehen, ein gewichteter Durchschnitt aus arithmetischem und geometrischer Mittelwert sei zu bilden, wobei das geometrische Mittel bei einem längeren Investitionszeitraum stärker zu gewichten ist. Angesichts der Vielzahl von Studien, die in Abhängigkeit von kurzen oder langen Referenzzeiträumen und Renditeintervallen sowie der Art und Weise der Berücksichtigung der persönlichen Ertragssteuern der Anteilseigner zu sehr stark divergierenden Ergebnissen führen und folglich auch in der Betriebswissenschaft keine einheitliche Meinung zu finden ist, wie die Marktrisikoprämie zu ermitteln ist, erachtet die Kammer eine Mittelwertbildung mit einer Marktrisikoprämie von 4,5% nach Steuern als sachgerecht. Soweit Studien für den Zeitraum von 1977 bis 2002 bzw. 1982 bis 2002 ein geometrisches Mittel von 1,1% bzw. 1,9% ermittelten, muss davon ausgegangen werden, dass die Aktienperformance in den Jahren 2000 bis 2003 um 65% zurückging und diese Untersuchungen die Aktienentwicklung zur Zeit der starken Marktkorrektur aufgrund der überbewerteten Hightech-Aktien enthielten. Dies gilt zwar auch für die Studie von Stehle aus dem Jahr 2004, die 2003 endete, aber andererseits auch einen Teil der Jahre des Wirtschaftswunders von 1955 bis 1959 abbildete, wodurch dieser Effekt korrigiert sein kann. Angesichts dessen erachtet die Kammer in Übereinstimmung mit anderen Verfahren, die Stichtage im Jahr 2011 enthielten, die hier herangezogene Marktrisikoprämie von 4,5% nach 2002 Steuern für zutreffend. An der Auffassung, es müsse das direkte arithmetische Mittel entsprechend den Ausführungen im Verfahren vor der Kammer, Az. 5 HK O 18685/11 mit einer unter 4% angenommenen Marktrisikoprämie angesetzt werden, wird nicht festgehalten.
(bb) Der zur Ermittlung des unternehmensindividuellen Risikos im Rahmen des (Tax-)CAPM herangezogene Beta-Faktor konnte auf der Grundlage einer Peer Group vergleichbarer Unternehmen abgeleitet werden, weil das unternehmenseigene Beta der S… AG zum Bewertungsstichtag nicht als aussagekräftig eingestuft werden kann. Dies beruht im Wesentlichen auf den nachstehenden Erwägungen.
Gegen das Heranziehen des originären Beta-Faktors der S… AG sprechen bereits die von Herrn C… durchgeführten Analysen zum Bestimmtheitsmaß R2 sowie zum t-Test als wesentliche Indizien.
Das Bestimmtheitsmaß R2 als Korrelationskoeffizient zwischen einer Aktie und dem Referenzindex macht deutlich, in welchem Umfang das Risiko einer Aktie durch Marktfaktoren bestimmt wird. In einem Referenzzeitraum von drei Jahren und wöchentlichen Renditeintervallen, der zu den meisten Datenpunkten im Vergleich zu den vielfach angewandten Kombination von zwei Jahren wöchentlich und fünf Jahren monatlich liefert, lag der Wert des Bestimmtheitsmaßes R2 im Durchschnitt bei 0,02 – überhaupt waren nur drei von 156 Datenpunkten im Jahr 2009 als signifikant zu bezeichnen. In den beiden noch näher zum Stichtag der Hauptversammlung liegenden Jahre 2010 und 2011 konnten überhaupt keine signifikanten Werte ermittelt werden. Der Durchschnitt von 0,02 bedeu tet, dass lediglich 2% des Risikos der Aktie durch Marktfaktoren bestimmt wird. Für einen rollierenden Zwei-Jahres-Zeitraums auf Basis wöchentlicher Renditeintervalle wie auch für eine Zeitspanne von fünf Jahren mit monatlichen Renditeintervallen gab es keine signifikanten Beta-Faktoren.
Der t-Test führte nur teilweise zu statistisch signifikanten Werten. Dieser gibt Auskunft darüber, inwieweit die Marktrendite als unabhängige Variable Einfluss auf die Aktienrendite als abhängige Variable hat. Ein t-Wert für den jeweiligen Regressor – also die Rendite des Aktienindex -wird empirisch aus dem Regressionskoeffizienten BetaFaktor und dessen Standardfaktor berechnet. Auf diese Art und Weise wird mit dem t-Test überprüft, ob der BetaFaktor statistisch signifikant einen vom vorgegebenen Wert verschiedenen Wert annimmt. Somit kann ermittelt werden, ob aufgrund des ermittelten Stichproben-Beta mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden kann, dass das Beta Null ist (vgl. Meitner/Streitferdt in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 532).
In der Rechtsprechung und Literatur werden jedoch Bedenken erhoben, allein auf das niedrige Bestimmtheitsmaß R2 oder den t-Test zur Beurteilung der Aussagekraft des originären Beta-Faktors abzustellen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 24.11.2011, Az. 21 W 7/11, zit. nach juris; auch Meitner/Streitferdt in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 532 f.). Inwieweit diesen zu folgen ist, muss indes nicht abschließend entscheiden werden. Vorliegend kann der BetaFaktor der S… AG, der zwischen minus 0,01 bei einem monatlichen Intervall und einem Referenzzeitraum von zwei Jahren und 0,41 bei einem 5-jährigen Referenzzeitraum mit monatlichen Renditeintervallen ermittelt wurde, nicht herangezogen werden. Entscheidend spricht nämlich die mangelnde Liquidität der Aktie der S… AG gegen diesen Ansatz, wobei sich dies an mehreren Liquiditätskriterien zeigt. Zum einen ist dabei die Entwicklung der jeweiligen Bid-Ask-Spreads zu beachten. Gerade ab dem 20.11.2009 stieg der relative Bid-Ask-Spread deutlich an und betrug bis zum 11.2.2011 im Durchschnitt 1,38% mit Werten von bis zu 18,18% am 6.10.2010 und von 9,81% am 11.2.2011. Mit der Ankündigung des Ziels der Antragsgegnerin vom 16.2.2011, über 95% der Aktien zu erwerben und dem nachfolgend am 17.5.2011 veröffentlichten Pflichtangebot der Antragsgegnerin war der Börsenkurs der Gesellschaft weitgehend zementiert und reagierte nur mehr geringfügig auf allgemeine Marktentwicklungen. Auch dieser Umstand spricht wesentlich gegen die Maßgeblichkeit des unternehmenseigenen Beta-Faktors, weil der Aktienkurs dann in erster Linie vom Übernahmeangebot geprägt ist und folglich nicht mehr hinreichend das eigene Risiko der Gesellschaft widerspiegelt (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 30.8.2012, Az. 21 W 14/11, Beck RS 2012, 20564; LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 27.5.2014, Az. 3-05 O 34/13, Beck RS 2014, 12643; LG München I, Beschluss vom 30.12.2016, Az. 5 HK O 414/15).. Ganz wesentlich gegen die Liquidität der Aktie der Gesellschaft spricht zudem das geringe Handelsvolumen der Aktie nahezu über den gesamten Zeitraum ab dem 22.11.2007. Lediglich der Zeitraum vom 23.11.2006 bis zum 22.11.2007 war durch einen hohen Aktienhandel gekennzeichnet, wobei aber die Handels quote als Quotient aus der Anzahl gehandelter Aktien und dem Streubesitz bei annähernd 0,0% lag. Ab dem Jahresende 2007 bis zu Beginn des Jahres 2009 fand dann -ausgenommen am 27.2.2009 mit einem Handelsvolumen von 15.376 Stück – kein wesentlicher Handel mit Aktien der S… AG statt.
(cc) Der herangezogene Beta-Faktor von unverschuldet 0,98, der über eine Peer Group ermittelt wurde, bedarf keiner Anpassung. Die Zusammensetzung der Peer Group, wie sie in den Bewertungsgutachten von K… und im Prüfungsbericht von W… gewählt wurde, bedarf keiner grundlegenden Korrektur. Ein oder mehrere Unternehmen, die unmittelbar mit der S… AG vergleichbar sind, lassen sich nur schwer oder gar nicht identifizieren. Daher wählte auch der gerichtlich bestellte Sachverständige C… die Unternehmen aus, die bezüglich der Umsatzanteile der einzelnen Segmente mit der Gesellschaft vergleichbar sind -die dabei von ihm identifizierten Unternehmen sind weitgehend deckungsgleich mit der Peer Group von K… und W…; er hielt lediglich noch die in Frankreich ansässige A… S.A. für vergleichbar, die über ein im Vergleich zu der Peer Group von K… leicht unterdurchschnittliches raw Beta verfügte.
Die Ermittlung des Beta-Faktors konnte durch Regression gegen den jeweils größten nationalen Index erfolgen und musste nicht gegen den MSCI World-Index durchgeführt werden, wobei die letztgenannte Methode zu höheren Beta-Faktoren geführt hätte, wofür angesichts des weltweiten Auftritts der Gesellschaft durchaus nachvollziehbare Gründe hätte herangezogen werden können. Der Vorteil einer Regression gegen nationale Indices liegt dabei vor allem darin, dass der Beta-Faktor unbeeinflusst von Währungsschwankungen und den damit verbundenen Unwägbarkeiten ermittelt wird. Folglich muss insoweit keine Anpassung erfolgen. Dasselbe gilt für den Ansatz des adjusted Beta durch den Bewertungsgutachter von K… ebenso wie durch die Abfindungsprüfer von W…, wenngleich auch für den Ansatz eines raw Beta gute Gründe sprechen, wie der gerichtlich bestellte Sachverständige in seinem Gutachten dargestellt hat und wie dies auch in der Rechtsprechung als einzige Möglichkeit vertreten wird (vgl. OLG Frankfurt AG 2015, 241, 245). Allerdings muss dies vorliegend nicht abschließend entschieden werden, nachdem die Unterschiede bei einem adjustierten unverschuldeten Beta-Faktor von 0,98 als nicht sehr groß bezeichnet werden müssen. Dies beruht auf der Adjustierung über die „Blume-Anpassung“, wonach sich das adjusted Beta zu 2/3 aus dem raw-Beta und zu 1/3 aus dem Beta des Marktportfolios von 1 zusammensetzt.
In die Peer Group durfte insbesondere die Das… Inc. einbezogen werden, auch wenn diese über einen fünfjährigen Zeitraum mit monatlichen Renditeintervallen einen BetaFaktor von 2,67 aufwies. In den beiden anderen Beobachtungszeiträumen belief sich der unverschuldete BetaFaktor auf 1,05 bei zwei Jahren wöchentlich und auf 1,15 bei drei Jahren wöchentlich; damit aber liegt der vor allem in dem in einer Vielzahl von Bewertungsfällen herangezogenen zweijährigen Referenzzeitraum von wöchentlichen Renditeintervallen nahezu exakt beim Median der gesamten Peer Group.
Allein die unterschiedliche Größe von Unternehmen führt nicht von vornherein dazu, ein Unternehmen als nicht ver gleichbar einzustufen, solange es nicht sehr viel besser vergleichbare Unternehmen mit ähnlichen Größen bei Umsatz und Ertrag gibt. Ein deutlich wesentlicheres Kriterium ist die Risikostruktur, wie sie sich aus der Branchenzugehörigkeit und ihren Auswirkungen auf Marktverhältnisse, Wettbewerbsintensität und Wachstumschancen ergibt. Insoweit muss gesehen werden, dass Albemarle Corp. Katalysatoren und Kunststoffadditive im Bereich Spezial- und Feinchemikalien herstellt und auch von der Umsatzgröße im Jahr 2010 in etwa mit der S… AG vergleichbar ist; auch vertreibt diese Gesellschaft ihre Produkte weltweit.
Am… International produziert und vertreibt Produkte auf Basis von selbst abgebauter und verarbeiteter Bleicherde; zudem hat dieses Unternehmen verschiedene Mineralien, Tierprodukte, den Abbau und die Weiterverarbeitung von Öl, die Reinigung und Wiederaufbereitung von Prozess-und Abwasser, Materialien und Technologien für die Bauindustrie in ihrem Angebot. Folglich sind die Segmente der Geschäftstätigkeit mit denen der S… durchaus vergleichbar.
Die Vergleichbarkeit der As… Inc. zeigt sich daran, dass es sich dabei um ein Spezialchemieunternehmen handelt, das hauptsächlich Spezialchemikalien und Additive für die Bereich Beschichtungen und Lacke, Automotive, Bauwesen, Energie, Lebensmittel, Körperpflege, Medikamente, Papier- und Wasseraufbereitung herstellt und vermarktet; der Umsatz liegt zwar deutlich über dem der S… AG, während andererseits eine EBIT von € 58 Mio. deutlich unter dem der S… AG lag. Dies allein kann jedoch -wie ausgeführt – kein Ausschlusskriterium sein.
C… I… Inc. positioniert sich als Hersteller von Spezialchemikalien und -materialien am Markt, die namentlich in den Bereichen Kunststoffe, Papierherstellung, Wasseraufbereitung und Automobilindustrie zur Anwendung gelangen, was auch für ihre Vergleichbarkeit spricht, wobei die Umsatzzahlen im Jahr 2010 mit € 2,076 Mrd. nicht gänzlich von denen der S… abweichen.
In Bezug auf Absatzmärkte muss die Vergleichbarkeit der Peer Group-Unternehmen ebenfalls bejaht werden, nachdem die Vereinigten Staaten von Amerika auch für die S… AG ein wichtiger Absatzmarkt sind. Der Anteil von Amerika einschließlich Kanadas sowie Teilen Südamerikas, in denen die Gesellschaft vertreten ist, machte im Geschäftsjahr 2010 rund 20,2% aus – damit aber bildet diese Region ebenso wie bei den herangezogenen Vergleichsunternehmen einen wesentlichen Absatzmarkt. Allein der Umstand, dass die US-amerikanischen Unternehmen aus der Peer Group von der Finanzmarktkrise stärker betroffen waren, rechtfertigt nicht den Rückschluss auf die mangelnde Vergleichbarkeit. Herr C… wies bei seiner Anhörung in diesem Zusammenhang nämlich darauf hin, dass andere Unternehmen aus der Spezialchemie besser durch die Finanzmarktkrise gekommen seien, weshalb allein dieser Umstand keinen Grund bilden kann, die Vergleichbarkeit zu verneinen.
Zur Überprüfung des Beta-Faktors musste der gerichtlich bestellte Sachverständige weder auf den Due Diligence-Bericht noch auf den Impairment-Test zurückgreifen, um weitergehende Erkenntnisse zu gewinnen, nachdem sich die Zielsetzung dieser beiden Erkenntnismittel deutlich vom Ziel der Ermittlung eines objektivierten Unterneh menswertes unterscheidet, der im Rahmen der Unternehmensbewertung im Falle einer aktienrechtlichen Strukturmaßnahme wie dem Squeeze out allein maßgeblich ist. Eine Due Diligence erfolgt regelmäßig im Vorfeld einer Übernahme oder von Verkaufsverhandlungen, wobei die Planungsrechnung im Mittelpunkt steht, um finanzielle Risiken für das übernehmende bzw. erwerbende Unternehmen abklären zu können. Zudem ist bei Verkaufsverhandlungen die Ermittlung eines Verkaufs- bzw. Kaufpreises das Ziel, wobei der Preis gerade nicht mit dem Wert gleichgesetzt werden kann; der Preis ist das konfliktlösende Resultat einer Verhandlung (vgl. Aders in: Meyer-Sparenberg/Jäckle, Beck’sches M & A-Handbuch, 2017, § 10 Rdn. 11). Der Impairment-Test dient einerseits vor allem Rechnungslegungszwecken, also gerade nicht der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes. Andererseits hat sich der gerichtlich bestellte Sachverständige eingehend mit der Zusammensetzung der Peer Group beschäftigt und dabei wesentliche Erkenntnisquellen herangezogen, weshalb bezüglich des unternehmensindividuellen Risikos keine weitergehenden Erkenntnisse zu erwarten gewesen wären.
Die Ableitung der unverschuldeten Beta-Faktoren der jeweiligen Peer Group-Unternehmen begegnet keinen Bedenken. Die aus historischen Kapitalmarktdaten abgeleiteten Beta-Faktoren berücksichtigen neben dem operativen Risiko auch das aus der Verschuldung resultierende Finanzierungsrisiko. Um allerdings das operative Risiko abzuleiten, muss im Wege des Unlevern der Beta-Faktor um diese Einflüsse der historischen Fremdfinanzierung zunächst bereinigt werden. Dabei müssen das verzinsliche Fremdkapital sowie das Eigenkapital in Verhältnis zuei nander gesetzt werden, wobei dabei allerdings nicht die Buch-, sondern Marktwerte zu berücksichtigen sind. Als Marktwert des Eigenkapitals wird regelmäßig der Börsenwert, also die Marktkapitalisierung herangezogen.
Auch gegen den Ansatz des Verschuldungsgrades bei den einzelnen Peer Group-Unternehmen können keine Einwendungen erhoben werden. Allein aus der Tatsache, dass sich die Verschuldungsgrade in der Darstellung des Bewertungsgutachtens und des Sachverständigen unterscheiden, kann vorliegend kein Rückschluss darauf gezogen werden, es sei eine unzulässige Methodik angewandt worden. In der betriebswirtschaftlichen bzw. bewertungsrechtlichen Literatur wird auf unterschiedliche Methoden hingewiesen, wie der Verschuldungsgrad eines Unternehmens abgeleitet wird, wobei das Abstellen auf Basis eines Mittelwerts und nicht auf der Grundlage absoluter Werte vorzugswürdig ist (vgl. Dörschell/Franken/Schulte, der Kapitalisierungszinssatz in der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 248 ff., insbesondere 252). Daraus lassen sich die relativ geringfügigen Abweichungen zwischen den Untersuchungen von K… einerseits und des gerichtlich bestellten Sachverständigen andererseits erklären. Aus dem unverschuldeten Beta-Faktor konnte dann mittels des Relevern der in den Risikozuschlag einfließende verschuldete Beta-Faktor der S… AG für die einzelnen Jahre der operativen und strategischen Planung ermittelt werden. Dabei steigt der Verschuldungsgrad im Jahr 2012 gegenüber dem Vorjahr an, weshalb für das Jahr 2012 auch ein höherer Risikozuschlag anzusetzen ist. Der Anstieg des Verschuldungsgrade auf 45,7% im Jahr 2012 beruht auf dem Finanzierungsbedarf, wie er sachgerecht aus einer integrierten Planungsrechnung abgeleitet wurde, wobei der Bedarf neben geplanten Investitionen unter anderem auch durch die Entwicklung des Net Working Capitals geprägt ist. Dabei betreffen die Investitionen in Höhe von rund € 110 Mio. in erster Linie das Anlagevermögen vor allem mit technischen Anlagen und Maschinen, die künftig zu höheren Erträgen und Cash flows einerseits und andererseits vor allem ab dem Planjahr 2014 zu einer sich deutlich verringernden Verschuldung führen soll, die in den Folgejahren unter den Werten der Vergangenheit liegen wird.
(c) Der mit Hilfe des (Tax-)CAPM abgeleitete Risikozuschlag mit Werten zwischen 4,94% und 6,4% in der Planungsphase bis 2020 und von 4,11% in der Ewigen Rente ab 2021 ff. steht in Einklang mit der sich aus der speziellen Risikosituation der Gesellschaft am Markt ergebenden Risiken, die insgesamt als leicht unterdurchschnittlich mit sinkender Tendenz ab 2013 eingestuft werden muss.
Im operativen Bereich ist das Geschäftsmodell der S… AG allerdings nicht zu vernachlässigenden Risiken ausgesetzt. In den beiden Geschäftsbereichen „Functional Materials“ sowie „Catalysts & Energy“ bestehen teilweise deutliche Abhängigkeiten zu andern Branchen wie beispielsweise der Automobilindustrie, die insgesamt von einer deutlichen Konjunkturabhängigkeit geprägt ist, was sowohl für den PKW- wie auch den Nutzfahrzeugmarkt gilt. Beide Bereiche unterliegen in nicht unerheblichem Ausmaß unmittelbar den konjunkturellen Schwankungen der Volkswirtschaften; bei einer Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage ist die Gesellschaft als Zulieferer für die Unternehmen der Automobilindustrie unmittelbar selbst betroffen, was in gleicher Weise auch für andere Industriezweige gilt, mit denen die S… AG in wirtschaftlichen Beziehungen steht.
Andererseits kann hier nicht unberücksichtigt bleiben, dass durch eine gewisse Diversifikation auf mehrere Geschäftsbereiche bzw. Business Lines sich Veränderungen der Konjunktur in einzelnen Abnehmerindustrien unterschiedlich auswirken können. Diese fehlende Abhängigkeit von einer Abnehmerbranche zeigt ein leicht geringeres Risiko der Gesellschaft an. Ein erhöhtes operatives Risiko muss allerdings auch darin gesehen werden, dass sich gerade im Bereich „Catalysts & Energy“ zum Teil noch sehr junge Produkte befinden, die mit einem deutlich höheren Risiko verbunden sind als der übrige operative Bereich. Ebenso kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass die Gesellschaft die Krise des Jahres 2009 besser überwunden hat als die vor allem in den Vereinigten Staaten von Amerika ansässigen Unternehmen der Spezialchemie. Dies kommt in dem Ansatz des niedrigeren Wertes von 0,98 beim (Tax-)CAPM zum Ausdruck, weshalb die Risikostruktur der Gesellschaft entsprechend eingestuft werden kann. Weiterhin ist zu beachten, dass die Gesellschaft insgesamt weltweit tätig ist – sie verfügt über insgesamt rund 120 Produktions- und Verkaufsstellen und leistet Forschungs- & Entwicklungs-Arbeit an insgesamt 29 Standorten. Eine besonders starke Präsenz war im letzten Jahr der Vergangenheitsanalyse in den Wachstumsregionen China, Brasilien und Südafrika zu beobachten. In diesem Zusammenhang kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass in vielen der Regionen, in denen die Gesellschaft präsent ist, auch zum Stichtag der Hauptversammlung am 22.11.2011 nicht von einer ausgesprochen sicheren politischen Lage ausgegangen werden konnte. Dies gilt vor allem für die Region des Mittleren Ostens wie auch in Afrika. Dann aber bergen die allgemeinen Risiken der politischen Entwicklung in diesen Gebieten, aber auch in Lateinamerika ein nicht unerhebliches Risiko, die Planzahlen zu verfehlen. Demgegenüber wirkt – neben der schon angespro chenen Diversifikation – auch die Tatsache risikomindernd, dass die S… AG in den Bereichen der Schutzverpackungen Weltmarktführer und im Bereich der Wasserbehandlungen im südlichen Afrika, aber auch in Südostasien sowie in Deutschland eine führende Marktposition hat. Da allerdings dieser Bereich „Schutzverpackungen“ sehr kapitalintensiv ist und im Bereich „Wasserbehandlungen“ vor allem in China mit verstärktem Wettbewerbsdruck zu rechnen ist, kann dieser positive Ansatz bei der Gesamteinschätzung nicht überbewertet werden.
Neben diesen operativen Risiken und Chancen muss auch die Finanzierungsstruktur der Gesellschaft in die Gesamtbetrachtung einbezogen werden. Gerade zu Beginn der operativen Planungsphase kommt es durch geplante Investitionen zu einem nicht unerheblichen Anstieg der Verschuldung, was sich bei der Gesamtbetrachtung in einem höheren Risikozuschlag auswirken muss, der dann aber durch die daraus erwarteten Ertragssteigerungen und die angesetzten Thesaurierungen, mit denen Verbindlichkeiten zurückgeführt werden sollen, sinken muss.
(d) Allein der Umstand, dass die S… AG als beherrschte Gesellschaft in ein faktisches Konzernverhältnis eingebunden ist, rechtfertigt nicht die Annahme eines geringeren Risikozuschlags. Auch ein derartiges Unternehmen ist den am Markt zu beobachtenden Risiken ausgesetzt. Zudem muss gesehen werden, dass das adjusted Beta der Antragsgegnerin insbesondere im Durchschnitt der Jahre 2007 bis 2011 bei 0,98 und bei einem zweijährigen Betrachtungszeitraum mit 1,01 über dem für die S… AG angesetzten Wert lag; das von den Sachverständigen herangezogene raw Beta überstieg in allen Be obachtungszeiträumen den angesetzten Wert von 0,98 unverschuldet.
(e) Andere Methoden zur Ableitung des Risikozuschlags müssen nicht herangezogen werden, wobei dies namentlich für die Ableitung der Marktrisikoprämie über die impliziten Kapitalkosten gilt, auch wenn diese zukunftsbezogen ermittelt werden.
Die als Alternative zu kapitalmarkttheoretischen Modellen entwickelte implizite Ableitung von Eigenkapitalkosten aus dem Börsenkurs ist nach Auffassung der Kammer gleichfalls nicht geeignet, einen anderen Risikozuschlag als oben angenommen zu begründen. Das Modell zur Ermittlung der impliziten Kapitalkosten muss nämlich konsistent zum Bewertungsmodell – vorliegend also zum Ertragswertverfahren – sein. Ein in alle Verfahren einfließender Parameter ist der Unternehmenswert bzw. der Marktwert des Eigenkapitals. Üblicherweise wird dabei auf den Aktienkurs bzw. die Marktkapitalisierung zurückgegriffen. Würden aber die übrigen zur Ermittlung der impliziten Eigenkapitalkosten erforderlichen Parameter mit Ausnahme des gesuchten Risikozuschlags entsprechend den Annahmen im Bewertungsmodell angenommen, ist die Ermittlung der impliziten Eigenkapitalkosten nicht erforderlich, weil die Verwendung eines so ermittelten Eigenkapitalkostenansatzes exakt zum Börsenkurs führen und in dem Fall unmittelbar auf den Börsenkurs abgestellt werden könnte. Da dann aber der aktuell beobachtbare Aktienkurs als gegebene Größe in die Ermittlung einfließt, liegt ein Zirkelschluss vor (so bereits LG München I ZIP 2015, 2124, 2130; Beschluss vom 14.2.2014, Az. 5 HK O 16505/08; Beschluss vom 28.3.2014, Az. ⁵HK O 18925/08; Knoll WiSt 2016, 248 ff.; auch Zeidler/Tschöpel/Bertram CF 2014, 70, 72 f.). Zudem beruhen die Ergebnisse auf Gewinnprognosen von Analysten, die fehleranfällig sind, was allenfalls durch eine Durchschnittsbildung bei einer entsprechend großen Anzahl von Analystenschätzungen ansatzweise als zielführend bezeichnet werden kann.
Auch die Tatsache, dass im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank für April 2016 im Zusammenhang mit Bewertungskennzahlen für den deutschen Aktienmarkt auf die impliziten Eigenkapitalkosten abgestellt wird und diese im Rahmen eines Dividendenbarwertmodells herangezogen werden, ändert nichts an den hier geäußerten Bedenken gegen den Ansatz der impliziten Marktrisikoprämie und deren Ableitung aus Analystenschätzungen, die eben den Blick „nur“ von außen auf ein Unternehmen haben und vielfach auch interessengeleitet sind. Vor allem aber weist der Beitrag im Monatsbericht der Deutschen Bundesbank 04/2016 selbst darauf hin, dass die Beantwortung der Frage nach einem gerechtfertigten Bewertungsniveau nicht im Rahmen des Dividendenbarwertmodells allein erfolgen könne. Auch wird ausgeführt, dass es immer wieder auch Perioden gebe, in denen die Aktienrisikoprämie und die impliziten Eigenkapitalkosten sich nicht parallel entwickelten. So wird gerade auch auf den Sommer 2014 verwiesen, ab dem zwar die impliziten Aktienrisikoprämien, nicht aber die Risikoindikatoren stiegen. Auch in der zweiten Jahreshälfte 2010 kam es nach diesem Bericht zu einem starken Anstieg der Aktienrisikoprämie als auch der Eigenkapitalkosten, ohne dass andere Risikoindikatoren reagiert hätten.
(3) Der im Terminal Value ab 2021 ff. angesetzte Wachstumsabschlag muss auf 1,5% erhöht werden.
(a) Mit dem Wachstumsabschlag in der Ewigen Rente wird zugunsten der Aktionäre berücksichtigt, dass sich die Geldentwertung bei festverzinslichen Anleihen stärker auswirkt als bei einer Unternehmensbeteiligung. Das Unternehmen hat in der Regel die Möglichkeit, die Geldentwertung zumindest zu einem Teil durch Preiserhöhungen aufzufangen, während die Anleihe ohne Inflationsausgleich zum Nominalwert zurückgezahlt wird. Die Höhe des festzusetzenden Abschlages ist dabei abhängig von den Umständen des Einzelfalles. Maßgeblich ist vor allem, ob und in welcher Weise Unternehmen die erwarteten Preissteigerungen an die Kunden weitergeben können; daneben sind aber auch sonstige prognostizierte Margen und Strukturänderungen zu berücksichtigen (vgl. OLG Stuttgart AG 2007, 596, 599; NZG 2007, 302, 307; AG 2008, 783, 788 f.; OLG München WM 2009, 1848, 1851 = ZIP 2009, 2339, 2342; AG 2015, 508, 512 = ZIP 2015, 1166, 1171; OLG Düsseldorf WM 2009, 2220, 2227; OLG Karlsruhe Der Konzern 2015, 442, 450 f.; 2016, 35, 41). Ausschlaggebend ist dabei primär die individuelle Situation des Unternehmens, nicht die allgemeine Entwicklung zum Bewertungsstichtag. Dabei kann nicht auf Umsätze und deren Entwicklung in Relation zur allgemeinen Inflationsrate abgestellt werden; entscheidend ist vielmehr das Wachstum der Ergebnisse. Die erwartete durchschnittliche Inflationsrate kann dabei nur einen ersten Ansatzpunkt für die Höhe des Wachstumsabschlages bilden (so auch ausdrücklich OLG Düsseldorf AG 2016, 329, 331 = WM 2016, 1686, 1691; Paulsen in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 305 Rdn. 134). Es ist nämlich zu beachten, dass – wie auch aus anderen Verfahren gerichtsbekannt ist – Unternehmensergebnisse anderen Preiseinflüssen als der Verbraucherpreisindex unterliegen, weil Chancen und Risiken nominaler Ergebnisveränderungen sowohl von der Marktlage und Wettbewerbssituation als auch der Struktur jedes einzelnen Unternehmens abhängen.
Der gerichtlich bestellte Sachverständige C… hat eine eingehende Analyse der Entwicklung der Möglichkeiten der Gesell schaft, Preissteigerungen auf den Beschaffungsmärkten an die Abnehmer der Gesellschaft weiterzugeben, vorgenommen. Dabei zog er die Entwicklung der Preisindices von 1997 bis 2009 mit dem Jahr 2005 als Basisjahr heran, wobei sich der Erzeugerpreisindex der Fein- und Spezialchemikalien in diesem Zeitraum teilweise mit stärkeren und teilweise weniger starken Schwankungen entwickelte, wobei es nach wesentlichen Anstiegen auch ein deutliches Absinken gab, was letztlich die Zyklizität der Branche widerspiegelt. Über den gesamten betrachteten Zeitraum ergab sich ein CAGR von 0,6%. Für den Gesamtbereich der chemisch-pharmazeutischen Industrie gelangte Herr C… bei einer Gegenüberstellung der Veränderung der Erzeugerpreise zum Gewinnwachstum zu der Erkenntnis, dass namentlich im Jahr 2003 die Erzeugerpreise im Gegensatz zu den Vorjahren nicht bzw. nur zum Teil an Kunden weitergegeben werden konnten, weil es eine deutliche Diskrepanz zum Gewinnwachstum gab, wobei sich dies bis 2007 wieder annäherte. Insgesamt konnten die Hersteller höhere Erwerbspreise nicht immer durch Preiserhöhungen an die Kunden weitergeben.
Angesichts der weltweiten Produktionsstandorte und Absatzmärkte musste der gerichtlich bestellte Sachverständige darüber hinaus auch die Preisindices jener Absatzländer einbeziehen, in denen die Gesellschaft wesentliche EBIT-Anteile erzielt – mithin USA und Kanada, Japan, Südafrika, Mexiko, Indonesien, Indien, Südkorea und China; bei Brasilien griff er mangels der Verfügbarkeit von Erzeugerpreisindizes auf den allgemeinen Verbraucherpreisindex zurück. Sodann nahm er hinsichtlich der jeweiligen Veränderungsraten eine Ermittlung entsprechend der von der S… AG in der Planung angesetzten regionalen EBIT-Verteilung vor, die zu einer EBIT-gewichteten Veränderungsrate von 2,75% führte. Sodann setzte er diesen Wert der wesentlichen ausländischen Märkte ins Verhältnis zu den beiden relevanten Preisindices der Fein- und Spezialchemie sowie der gesamten chemisch-pharmazeutischen Industrie, woraus unter Einschluss aller dieser Staaten eine Bandbreite des durchschnittlichen jährlichen Wachstums von 1,83% bis 2,09% errechnet wurde. Allerdings kann diese Bandbreite nicht der Ertragswertermittlung zugrunde gelegt werden, weil diese Preisindizes mit Indonesien, Südkorea und Brasilien auch Staaten mit hoch inflationären Tendenzen enthalten. Da sich Inflationsraten aber langfristig konvergieren und sich somit auch die Preissteigerungsraten in diesen Emerging Markets längerfristig einem normalisierten Niveau annähern werden, berechnete Herr C… das CAGR für das wesentliche Ausland ohne diese drei Staaten und gelangte so in einer Alternativberechnung zu einer jährlichen durchschnittlichen Wachstumsrate für diese Märkte von 1,84% und für die gesamte S… AG zu einer Bandbreite von 1,31% bis 1,57%. Die Annahme sich nachhaltig annähernder Inflationsraten steht auch in Einklang mit der Annahme konstanter Wechselkurse in ferneren Jahren. Bei dieser Bandbreite schätzt die Kammer den Wachstumsabschlag auf 1,5%, nachdem es sich bei dieser – hier aber letztlich unterstellten – Annäherung an die normalisierten Inflationsraten um einen längerfristigen Prozess handeln wird.
Ein höherer Wachstumsabschlag lässt sich nicht aus der Erwägung heraus rechtfertigen, der Verband der Chemischen Industrie rechne mit zunehmenden Energie- und Rohstoffkosten und daraus resultierend mit einem Anstieg der Preise für chemische Erzeugnisse in Höhe von 4%. Die Prognose dieses Verbandes, die im Übrigen nach dem Bericht zur Lage der Chemischen Industrie im ersten Quartal des Jahres 2011 enthalten war, wurde bereits im Bericht zum dritten Quartal des Jahres 2011 dahingehend relativiert, dass der starke Aufwärts trend der Vormonate sich nicht fortsetzen werde und es aufgrund geringerer Nachfrage nicht mehr möglich sein werde, höhere Absatzpreise durchzusetzen. Vor allem aber bezog sich die Prognose ausschließlich auf die Jahre 2011 und 2012 und somit den Beginn der Detailplanungsphase, in der ein Wachstumsabschlag angesichts des Vorliegens einer detaillierten Planung der Umsatzerlöse wie auch des Aufwands und der entsprechenden Margen nicht angesetzt werden kann. Ein für die Jahre 2011 und 2012 prognostizierter Preisanstieg ist folglich nicht geeignet, das Preisniveau nachhaltig für die Jahre der Ewigen Rente ab 2021 ff. zu schätzen.
Aus dem Geschäftsbericht der Antragsgegnerin zum 31.12.2011 lässt sich kein Rückschluss auf einen zu niedrig angesetzten Wachstumsabschlag ziehen, auch wenn dort eine nachhaltige Wachstumsrate der Umsatzerlöse von 2,8% angenommene wurde. Die Gesamtwachstumsrate bei der S… AG liegt entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen mit rund 4,5% nämlich über diesem Wert von 2,8%. Abgesehen davon unterscheiden sich auch die Aufgaben eines Impairment-Tests von den der Ermittlung des Ertragswerts eines Unternehmens im Rahmen einer aktienrechtlichen Strukturmaßnahme, weil der Impairment-Test in erster Linie Bezug zur Bilanzierung hat und nicht der Ermittlung eines objektivierten Unternehmenswertes dient (vgl. LG München I, Beschluss vom 21.6.2013, Az. 5 HK O 19183/09; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13). Dabei ist zu sehen, dass das nachhaltig erzielbare Wachstum davon abhängig ist, in welchem Umfang erwirtschaftete Mittel im Unternehmen reinvestiert werden. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Due Diligence-Bericht, nachdem ein solcher regelmäßig keine Ausführungen zur Wachstumsrate enthält, weshalb dessen Heranziehen auch nicht zielführend gewesen wäre; zudem liegt die Gesamtwachs tumsrate auch deutlich über dem Ansatz im Rahmen des Impairment-Tests.
(b) Allerdings kann nicht angenommen werden, ein unterhalb der erwarteten allgemeinen Inflationsrate liegender Wachstumsabschlag führe auf Dauer zu einem Schrumpfen und vollständigen Verschwinden der Gesellschaft aus dem Markt. Dieser Ansatz lässt die Auswirkungen zwischen Wachstum, Thesaurierung, Inflation, persönlicher Besteuerung und Verschuldung außer Betracht. Gerade die Folgen der Thesaurierung müssen in die Betrachtung zum künftigen Wachstum einfließen. Der Ansatz thesaurierungsbedingten Wachstums ist angesichts der Aufgabe der Vollausschüttungshypothese notwendig. Durch die Berücksichtigung der Thesaurierung in der Ewigen Rente kann reales Wachstum begründet werden. Dabei muss insbesondere gesehen werden, dass die früher der Unternehmensbewertung zugrunde gelegte Vollausschüttungshypothese den Realitäten nicht entsprochen hat, so dass der Ansatz von Thesaurierung und demgemäß auch von thesaurierungsbedingten Wachstum in der Ewigen Rente als sachgerecht und zutreffend bezeichnet werden muss (vgl. auch LG München I, Beschluss vom 28.3.2014, Az. 5 HK O 18925/08; Beschluss vom 7.5.2014, Az. ⁵HK O 21386/12).
Diesem Ansatz können auch nicht neuere Studien aus der Literatur entgegengehalten werden, wie der Kammer in mehreren anderen Verfahren überzeugend dargestellt wurde. Eine Studie von C… (BewP 2011, 24) führt nicht zu einer abweichenden Beurteilung, auch wenn er die Kerngrößen zur Ermittlung des Wachstumsabschlages – Bruttoinlandsprodukt, Inflationsrate und Gewinnwachstum der Unternehmen – zusammenfasst. Dabei lag das Gewinnwachstum der Unternehmen in Deutschland von 1992 bis 2009 bei 2,4% und damit über der Inflations rate von 1,9%. Der Wachstumsabschlag von 0,75% spiegelt dabei aber nicht das Gesamtwachstum der erzielbaren Überschüsse wider. Dieses ist vielmehr unter Einbeziehung des (impliziten) thesaurierungsbedingten Wachstums zu ermitteln, das – wie oben ausgeführt – nach Hinzurechnung des thesaurie-rungsbedingten Wachstum deutlich höher liegt.
Auch eine Dissertation von Bork führt zu keinen abweichenden Erkenntnissen. Dieser Arbeit ist nämlich nicht zu entnehmen, inwieweit der Umstand von Gewinnsteigerungen auch zu Wertsteigerungen des Unternehmens führt. Der auf Zahlen der Deutschen Bundesbank mit der Entwicklung des bilanziellen Eigenkapitals beruhenden Aufstellung ist zu entnehmen, dass das bilanzielle Eigenkapital stärker wuchs als die Gewinne; Ursachen für diese Entwicklung können der Zahlenreihe indes nicht entnommen werden. Das Gewinnwachstum der Vergangenheit konnte nicht kostenlos erfolgen, sondern erforderte Thesaurierungen. Dann aber bestätigen die Zahlen aus der Arbeit von Bork diese Überlegungen – je höher das Wachstum, desto geringer ist der ausschüttungsfähige Teil der Ergebnisse. Etwas anderes lässt sich nicht aus einer Untersuchung von Schüler/Lampenius ableiten, die in Auswertung von 134 Bewertungsgutachten aus dem Zeitraum zwischen 1985 und 2003 zu dem Ergebnis gelangte, für zwei von drei denkbaren Inflationsschätzern sei ein negatives Realwachstum festgestellt worden. Diese Untersuchung rechtfertigt vor allem deshalb kein anderes Ergebnis, weil die Datengrundlage mit dem Ansatz des Verbraucherpreisindex in Deutschland bzw. den Schätzungen der Deutschen Bundesbank nicht zu überzeugen vermag. Wesentlich müssen nämlich – wie bereits ausgeführt – die Preissteigerungen auf den Beschaffungsmärkten für das bewertete Unternehmen sein. Aus demselben Grund überzeugt auch nicht die Annahme von Knoll, eine unvollständige Überwälzung der Infla tion stehe in Widerspruch zum Postulat des eingeschwungenen Zustandes, in dem alle Variablen die gleichen Zuwachsraten aufwiesen. Der Ansatz von Knoll geht indes von der erwarteten langfristigen Inflation seitens der Europäischen Zentralbank in Höhe von 2% aus, was indes nicht hinreichend die relevanten Veränderungen des Preisniveaus auf der Grundlage von Preisänderungen auf den Beschaffungsmärkten für das bewertete Unternehmen berücksichtigt.
Somit ergibt sich zum bewertungstechnischen Stichtag zum 1.1.2011 ein Ertragswert in Höhe von € 1,462 Mrd., der dann auf den Bewertungsstichtag am 22.11.2011 aufzuzinsen ist, woraus sich dann ein Ertragswert in Höhe von € 1,5629 Mrd. wie folgt errechnet:
Ertragswertableitung | 2011 | 2012 | 2013 | 2014 | 2015 | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 ff. | |
Szenario 1 (Tab. 7) | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | Mio. € | |
Konzernergebnis | 46 | 83 | 120 | 127 | 136 | 147 | 157 | 171 | 184 | 198 | 180 | |
Thesaurierungsquote | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 67,0% | 52,0% | |
Thesaurierung | 31 | 56 | 80 | 85 | 91 | 99 | 105 | 115 | 124 | 133 | 93 | |
davon echte Thesaurierung | 31 | 56 | 80 | 85 | 91 | 99 | 105 | 115 | 124 | 133 | 18 | |
davon Wiederanlage zu EK-Kosten | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 0 | 76 | |
effektive Ertragsteuer auf The | – 15 | |||||||||||
saurierungen | ||||||||||||
Ausschüttungsquote | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 33,0% | 48,0% | |
Ausschüttbares Ergebnis | 15 | 27 | 40 | 42 | 45 | 49 | 52 | 57 | 61 | 65 | 86 | |
Einkommenssteuer auf ausschüttbares Ergebnis | – 4 | – 7 | – 10 | – 11 | – 12 | – 13 | – 14 | – 15 | – 16 | – 17 | – 23 | |
Nettoausschüttung | 11 | 20 | 29 | 31 | 33 | 36 | 38 | 42 | 45 | 48 | 63 | |
Gesamt Zahlungsüberschuss | 11 | 20 | 29 | 31 | 33 | 36 | 38 | 42 | 45 | 48 | 124 | |
Basiszins vor pers. Steuern | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | 3,0% | |
Typisierte Einkommenssteuer (26,4%) | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | – 0,8% | |
Basiszins nach pers. Steuern | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | 2,2% | |
Marktrisikoprämie nach pers. Steuern | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | 4,5% | |
Betafaktor (verschuldet) | 1,2 | 1,3 | 1,3 | 1,3 | 1,1 | 1,1 | 1,1 | 1,1 | 1,0 | 1,0 | 0,9 | |
Kapitalisierungszins nach pers. Steuern | 7,7% | 8,2% | 8,1% | 7,8% | 7,3% | 7,2% | 7,1% | 7,0% | 6,9% | 6,6% | 6,4% | |
Wachstu msa bsch lag | 1,5% | |||||||||||
Kapitalisierungszins (nach Wachstumsabschlag) | 7,7% | 8,2% | 8,1% | 7,8% | 7,3% | 7,2% | 7,1% | 7,0% | 6,9% | 6,6% | 4,9% |
Barwertfaktor | 0,928 | 0,858 | 0,794 | 0,736 | 0,686 | 0,640 | 0,597 | 0,558 | 0,522 | 0,490 | 10,08 3 |
Barwerte zum 1. Januar 2011 | 10 | 17 | 23 | 23 | 23 | 23 | 23 | 23 | 23 | 24 | 1.250 |
Ertragswert zum 1. Januar 2011 | 1.462 |
c. Für das nicht betriebsnotwendige Vermögen war in Übereinstimmung mit den Erkenntnissen der Abfindungsprüfer ein Sonderwert von € 4,1 Mio. anzusetzen.
(1) Dabei konnten die Grundstücke in Deutschland sowie ein Grundstück in den Vereinigten Staaten von Amerika, mit einem Wert von € 3,9 Mio. zum bewertungstechnischen Stichtag angesetzt werden. Dieser Wert beruht auf der Bewertung von Vermögensgegenständen bei der S… AG, die während der Prüfung durch die Abfindungsprüfer von W… durchgeführt wurde. Angesichts eines Anteils von ca. 0,25% am Gesamtunternehmenswert mussten die Abfindungsprüfer nicht auf die Einholung eines externen Marktgutachtens drängen, nachdem dieser Wert zudem auf nachvollziehbaren Managementschätzungen beruht. Auch erläuterte die Antragsgegnerin ergänzend, dass der Wert aus tatsächlichen Kaufpreisangeboten bzw. m2-Preisen auf Basis von aktuellen Preisen abgeleitet wurde.
(2) Die gesondert bewerteten Beteiligungen, deren Schwerpunkt in den Anteil an der S… W… & P… T… Ltd., Ch…, Südafrika zu sehen ist, konnten mit den Buchwerten des Eigenkapitals angesetzt werden. Die Abfindungsprüfer wiesen bezüglich dieser Gesellschaft bei ihrer Anhörung darauf hin, der Wert von € 200.000,– entspreche überschlagsmäßig auch dem Ertragswert und dem Liquidationswert. Diese Beteiligungen an insgesamt acht Gesellschaften befinden sich entweder in Liquidation oder sind nicht operativ tätig, weshalb sie zutreffender Weise als nicht betriebsnotwendig qualifiziert wurden.
(3) Weitere Sonderwerte mussten nicht angesetzt werden.
(a) Dies gilt zunächst für das Grundstück, auf dem sich die Firmenzentrale am L. Platz in M. befindet, nachdem diese Immobilie als betriebsnotwendig eingestuft werden muss. Die Abgrenzung zwischen betriebsnotwendigem und nicht betriebsnotwendigem Vermögen wird funktional vorgenommen. Als nicht betriebsnotwendig gelten dabei alle Vermögensgegenstände, die nicht dem Betriebszweck dienen, die für die Erzielung der der Unternehmensbewertung zugrunde gelegten Erträge nicht erforderlich sind und die deshalb ohne Weiteres veräußert werden könnten, ohne dass dadurch der geschätzte Ertrag beeinträchtigt und der eigentliche Unternehmenszweck berührt würde (vgl. OLG Düsseldorf AG 2014, 817, 821; AG 2003, 688, 692; Paulsen in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 305 Rdn. 139; Riegger/Gayk in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., Anh § 11 SpruchG Rdn. 52 ff.; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 305 Rdn. 72). Das Verwaltungsgebäude muss als betriebsnotwendig eingestuft werden, was sich erkennbar bereits aus der Erwägung ergibt, dass ohne eine Verwaltung und damit ohne Verwaltungssitz ein Unternehmen nicht geführt werden kann. Eine Pflicht zur Veränderung des Verwaltungssitzes kann nicht bejaht werden. Dem kann insbesondere nicht entgegengehalten werden, angesichts der zentralen Lage in München und einem daraus abzuleitenden hohen Immobilienwert müsse das Grundstück gewinnbringend verkauft werden und die Verwaltungstätigkeit an anderer Stelle fortgeführt werden. Soweit hierzu in der Literatur zum Teil die Ansicht vertreten wird, bei einer eindeutig gegebenen wirtschaftlichen Vorteilhaftigkeit müsse es zu einer wertoptimierenden Verwendung kommen (vgl. Hüttemann/Meinert in: Fleischer/Hüttemann, Rechtshandbuch Unternehmensbewertung, a.a.O., § 7 Rdn. 28 f.; in diese Richtung auch Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 305 Rdn. 72 a; Ruthardt/Hachmeister DB 2013, 2666, 2670 f.), vermag die Kammer dem nicht zu folgen. Zum einen ist es eine unternehmerische Entscheidung des Vorstandes einer Aktiengesellschaft, von welcher Stelle aus die Verwaltungsfunktion ausgeübt werden soll, die dann einer Überprüfung im Spruchverfahren nicht zugänglich ist. Es ist nicht erkennbar, dass es entsprechend konkrete Überlegungen zur Veräußerung dieses „Filetgrundstücks“ in der Münchner Innenstadt gab, was gegen den Ansatz als nicht betriebsnotwendiges Vermögen spricht. Zum anderen kann gerade nicht davon ausgegangen werden, der Abfindungsberechtigte habe einen Anspruch auf eine möglichst hohe Abfindung – die Abfindung muss lediglich in Einklang mit Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG angemessen sein und die Beteiligung dem wirtschaftlichen Unternehmenswert entsprechen (vgl. BGHZ 207, 114, 130 = NZG 2016, 139, 143 = AG 2016, 135, 141 = ZIP 2016, 110, 115 = WM 2016, 157, 162 = DB 2016, 160, 165 = NJW-RR 2016, 231, 236).
(b) Die Werkswohnungen auf dem Betriebsgelände müssen gleichfalls als betriebsnotwendig qualifiziert werden. Soweit teilweise in Rechtsprechung und Literatur die Ansicht vertreten wird, derartige Wohnungen seien als Sonderwert zu erfassen (vgl. OLG Düsseldorf AG 2004, 324, 328 = ZIP 2004, 753, 758 – EVA; Paulsen in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 305 Rdn. 139), teilt die Kammer diese Auffassung jedenfalls im vorliegenden Fall nicht. Die Werkswohnungen dienen nach dem Vortrag der Antragsgegnerin vor allem der Sicherstellung eines ungestörten Betriebsablaufes. Für ihre Einstufung als betriebsnotwendig gerade auch die rechtliche Einordnung dieser Sozialleistung des Arbeitgebers. Der Gesetzgeber unterscheidet in §§ 576 ff. BGB zwischen Werkmiet- und Werkdienstwohnungen.
Für die Betriebsnotwendigkeit spricht dann, dass der miet- und dienstvertragliche Teil über den Rechtsgedanken der Geschäftsgrundlage oder bei den Werkdienstwohnungen die Einstufung der Wohnraumüberlassung als Teil des geschuldeten Entgelts im Sinne eines gemischten Vertrages miteinander verbunden sind. Zudem werden die Mieteinnahmen im Rahmen der G+V-Rechnung erfasst und wurden demgemäß in der Planung fortgeschrieben.
(c) Ein Sonderwert in Form der Marke „S…“ konnte und durfte nicht in die Bewertung einfließen. Die Marke dient nämlich unmittelbar dem Erzielen der Erlöse, weshalb ihr Wert über die Ertragsplanung in die Unternehmensbewertung einfließt und demzufolge nicht im Rahmen des nicht betriebsnotwendigen Vermögens Berücksichtigung finden kann (vgl. LG München I, Beschluss vom 21.11.2011, Az. ⁵HK O 14093/09; Beschluss vom 24.5.2013, Az. ⁵HK O 17095/11; Beschluss vom 21.6.2013, Az. ⁵HK O 19183/09; Beschluss vom 7.5.2014, Az. 5 HK O 21386/12; Beschluss vom 28.5.2014, Az. ⁵HK O 22657/12; Beschluss vom 31.10.2014, Az. ⁵HK O 16022/07; LG Frankfurt am Main, Beschluss vom 9.8.2010, Az. 3-5 O 73/04). Dasselbe gilt auch für die Patente der Gesellschaft, die ebenfalls dem betriebsnotwendigen Vermögen zugerechnet werden müssen, weil gerade durch den Einsatz von Patenten im operativen Geschäftsbereich Erträge der Gesellschaft generiert werden (vgl. LG München I, Beschluss vom 26.11.2014, Az. 5 HK O 6680/10).
(d) Ebenso wenig mussten weitergehend stille Reserven in die Unternehmensbewertung einfließen. Soweit solche bei der angenommenen Veräußerung des nicht betriebsnotwendigen Vermögens gehoben worden sein sollten, wurde dies beim Unter (d) nehmenswert der S… AG berücksichtigt. Weitergehend konnten stille Reserven nicht einfließen, weil ihr Aufdecken zwingend die Veräußerung des Gegenstandes voraussetzt, der bilanziell zu niedrig bewertet wird. Eine solche Veräußerung zum Stichtag der Hauptversammlung würde beim betriebsnotwendigen Vermögen indes einen Widerspruch zur Fortsetzung des Unternehmens bedeuten, bei dem das betriebsnotwendige Vermögen gerade weiter genutzt werden soll und folglich auch nicht veräußert werden kann (vgl. LG München I, Beschluss vom 8.2.2017, Az. ⁵HK O 7347/15).
Somit ergibt sich ein Unternehmenswert der S… AG zum maßgeblichen Stichtag der Hauptversammlung am 22.11.2011 in Höhe von € 1,466 Mrd., der sich aus einem Ertragswert von € 1,462 Mrd. und Sonderwerten von € 4 Mio. zum bewertungstechnischen Stichtag zusammensetzt, wobei die Summe dann auf den Stichtag der Hauptversammlung aufzuzinsen ist.
d. Die durchgeführte Beweisaufnahme durch Einschaltung des Sachverständigen C… sowie die Anhörung der gerichtlich bestellten Abfindungsprüfer von W… haben zu diesem für die Kammer überzeugenden Ergebnis geführt.
(1) Das Gericht hat keinen Zweifel an der Richtigkeit der von Herrn C… getroffenen Feststellungen. Er hat seine schriftlichen Gutachten unter Zugrundelegung zutreffender Anknüpfungstatsachen widerspruchsfrei erstellt und dabei seine Erkenntnisse nachvollziehbar begründet. Bei der Würdigung muss insbesondere berücksichtigt werden, dass er weder den außenstehenden Minderheitsaktionären noch der Antragsgegnerin in ihrer jeweiligen Argumentation vollumfänglich gefolgt ist und gerade beim Wachstumsabschlag Änderungen für geboten erachtete. Ebenso setzte er sich umfangreich mit den gegen die Plausibilität einzelner Planannahmen vorgetragenen Argumenten auseinander und begründete dabei überzeugend, warum namentlich bei den Wechselkursannahmen wie auch im Start up-Bereich Änderungen nicht veranlasst sind. An der Kompetenz des gerichtlich bestellten Sachverständigen zur Beurteilung auch komplexer Fragen der Unternehmensbewertung hat die Kammer keinerlei Zweifel. Auch aus anderen Verfahren ist bekannt, dass er über die zu deren Beurteilung notwendigen Kenntnisse verfügt. Demgemäß konnte er sich auch argumentativ überzeugend mit den Einwendungen gegen seine Feststellungen auseinandersetzen. Allein aus dem Umstand der Ermittlung anderer (höherer) Beta-Faktoren lässt sich das Gegenteil keinesfalls begründen. In seinem Gutachten vom 14.12.2015 hat er nämlich ausdrücklich darauf verwiesen, dass er mit dem raw Beta rechnete, während die Bewertungsgutachter von K… das adjusted Beta heranzogen. Auch gingen diese über den fünfjährigen Beobachtungszeitraum von fünf separaten Jahresscheiben auf der Basis wöchentlicher Kapitalmarktbeobachtungen aus. Demgegenüber ermittelte Herr C… das raw Beta bei seinen Analysen über andere Beobachtungszeiträume und Renditeintervalle.
Soweit die Kammer Herrn C… in Bezug auf den Basiszinssatz nicht gefolgt ist, beruht dies auf dem Umstand, dass es in der Bewertungsliteratur und -praxis nach wie vor keine einheitliche Linie gibt, inwieweit das Abfallen des Basiszinssatzes Einfluss auf die erwartete Aktienrendite hat. Auch wenn zum Bewertungsstichtag der Basiszinssatz noch nie so niedrig war, ist nicht zu verkennen, dass sich diese Entwicklung auch weiter fortsetzte. In der Literatur wird auch von den Befürwortern einer eher konstant realen Aktienrendite nicht in Abrede gestellt, dass Renditeerwartungen gesunken seien. Bei einem im Vergleich zum Zeitraum der Ermittlung des Unternehmenswerts erstellten Gutachten und dem Basiszinssatz zum Stichtag der Hauptversammlung kam es zu einem vergleichsweise geringfügigen Absinken des Basiszinssatzes. Daher erachtet es die Kammer nicht für gerechtfertigt, insoweit einen höheren Basiszinssatz anzusetzen als er aus der Zinsstrukturkurve mittels der Svensson-Methode abgeleitet wurde. Die Problematik der durchaus sehr umstrittenen Frage der Annahme konstant realer Aktienrendite ist der Kammer aus einer Vielzahl anderer Spruchverfahren mit entsprechenden Anhörungen der Prüfer bekannt, weshalb es insoweit der Einholung eines weiteren Gutachtens nicht bedarf.
Abgesehen von diesem Punkt kann sich die Kammer aber die Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen nach nochmaliger Überprüfung und Würdigung in vollem Umfang zu Eigen machen.
(2) Die Angaben der Abfindungsprüfer in der mündlichen Verhandlung vom 29.11.2012 zu wesentlichen Aspekten der Planung, zu denen die gerichtlich bestellten Sachverständigen nicht beauftragt wurden, können der Entscheidung gleichfalls zugrunde gelegt werden, ohne dass darüber auch ein Sachverständigengutachten von Herrn C… hätte beauftragt werden müssen.
Die Einschaltung eines vom Gericht bestellten sachverständigen Prüfers im Vorfeld der Strukturmaßnahmen soll dem präventiven Schutz der Anteilseigner im Spruchverfahren dienen; deshalb kann sein Prüfungsbericht zusammen mit dem Ergebnis einer auf § 8 Abs. 2 SpruchG gestützten Anhörung im gerichtlichen Verfahren berücksichtigt werden. Im Übrigen haftet der sachverständige Prüfer nach §§ 293 d Abs. 2 AktG, 323 HGB auch gegenüber den Anteilsinhabern. Gerade durch die Verweisung auf die für Abschlussprüfer geltenden Bestimmungen der §§ 319 Abs. 1 bis Abs. 3, 323 HGB ist die Unabhängigkeit des Prüfers sichergestellt. Der Umstand der Parallelprüfung, also der Prüfung durch K… zeitgleich mit dem Erstellen des Berichts von W…, vermag an der Unabhängigkeit der Prüfung nichts zu ändern und begründet für sich genommen keine Zweifel an der Unparteilichkeit und Unvoreingenommenheit des vom Gericht bestellten Prüfers (vgl. OLG München ZIP 2007, 375, 377 f.; OLG Stuttgart AG 2007, 128, 129 f.; LG München I, Beschluss vom 29.6.2012, Az. ⁵HK O 6138/11, S. 38 f.; Beschluss vom 28.6.2013, Az. ⁵HK O 18685/11; Beschluss vom 14.2.2014, Az. ⁵HK O 16505/08; Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 8 Rdn. 21). Die Abfindungsprüfer konnten die Bedenken gegen die Plausibilität dieser Planannahmen, zu denen keine gesonderte Beauftragung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen erfolgte, überzeugend ausräumen.
Der Verwertbarkeit der Ausführungen der Abfindungsprüfer lässt sich namentlich auch nicht der von einigen Antragstellern vorgebrachte Ansatz entgegenhalten, der Prüfungsbericht entspreche nicht den gesetzlichen Anforderungen. Dieser ohnehin nicht näher begründete Vortrag ist nämlich nicht zutreffend. Der Prüfungsbericht entspricht den Anforderungen, die §§ 327 c Abs. 2 Satz 4, 293 e AktG an ihn stellt. Durch ihn soll jeder Minderheitsaktionär in die Lage versetzt werden, die Berechnung des Schwellenwerts als wesentliche Voraussetzung des Squeeze out und vor allem auch die der Festlegung der Abfindung zugrunde liegenden Überlegungen nachzuvollziehen (vgl. BT-Drucks. 14/7034, S. 73; BGH NZG 2006, 905, 906 f. = AG 2006, 887, 889 = ZIP 2006, 2080, 2083 = DB 2005, 2506, 2508 = DB 2543, 2545 = NJW-RR 2007, 99, 100; LG München I AG 2009, 632, 634 = Der Konzern 2009, 364, 369). Gemessen an diesen Grundsätzen enthält der Prüfungsbericht eine Vielzahl von Darlegungen, aus denen die Aktionäre Rückschlüsse ziehen können, ob die der Ermittlung des Ertragswerts zugrunde gelegte Planung plausibel ist oder nicht. Zudem haben die Antragsteller als ehemalige Aktionäre eine Vielzahl von Rügen erheben können, die auf Ausführungen in dem Prüfungsbericht abgeleitet waren – auch dies zeigt, dass er den an seine Tiefe zu stellenden Anforderungen gerecht wurde.
e. Weitere Maßnahmen zur Aufklärung des Sachverhalts sind auch unter Berücksichtigung des in §§ 17 Abs. 1 SpruchG, 26 FamFG verankerten Amtsermittlungsgrundsatzes nicht veranlasst; namentlich musste keine Anordnung zur Vorlage von Planungsunterlagen oder der Arbeitspapiere der beteiligten Wirtschaftsprüfungsgesellschaften K… und W… nach § 7 Abs. 7 SpruchG erfolgen.
(1) Nach dieser sehr weit gefassten Vorschrift sind sonstige Unterlagen, die für die Entscheidung des Gerichts erheblich sind, auf Verlangen der Antragsteller oder des Vorsitzenden des Gerichts und gegebenenfalls eines vom Gericht bestellten gemeinsamen Vertreters unverzüglich vorzulegen. Zwar gehören auch Planungsunterlagen einer Gesellschaft zu den sonstigen Unterlagen im Sinne dieser Vorschrift (vgl. nur Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 7 Rdn. 55). Allerdings haben die Antragsteller die Entscheidungserheblichkeit der Vorlage der vollständigen Planungsunterlagen nicht plausibel dargelegt, was indes zwingende Voraussetzung für eine entsprechende Anordnung wäre (so OLG Stuttgart, Beschluss vom 14.10.2010, Az. 20 W 17/06; OLG Frankfurt, Beschluss vom 17.1.2017, Az. 21 W 37/12; LG München I, Beschluss vom 7.5.2014, Az. ⁵HK O 21386/12; Beschluss vom 25.4.2016, Az. ⁵HK O 20672/14; Beschluss vom 2.12.2016, Az. ⁵HK O 5781/16; Puszkajler in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 57). Eine derartige Entscheidungserheblichkeit vermag die Kammer nicht zu erkennen. In diesem Zusammenhang ist entscheidend zu berücksichtigen, dass wesentliche Grundlagen der Planung im Prüfungsbericht der gerichtlich bestellten Abfindungsprüfer dargestellt wurden, weshalb dieser eine ausreichende Basis für die Erhebung hinreichend substantiierter Einwendungen bildet.
(2) Die Antragsgegnerin ist weiterhin nicht verpflichtet, die Arbeitspapiere der Bewertungsgutachterin K… sowie der Abfindungsprüfer von W… vorzulegen. Einem derartigen Verlangen steht nach h.M. bereits die Regelung in § 51 b Abs. 4 WPO entgegen, weil es keinen durchsetzbaren Anspruch des Auftraggebers – hier also der Antragsgegnerin – gegen den Wirtschaftsprüfer auf Herausgabe der Arbeitspapiere gibt (vgl. nur Bungert/Mennicke BB 2003, 2021, 2029; Wasmann/Roßkopf ZIP 2003, 1776, 1780; Winter in: Simon, SpruchG, a.a.O., § 7 Rdn. 58; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 9). Ob dem mit Blick auf § 17 Abs. 1 SpruchG in Verbindung mit § 26 FamFG in jedem Fall zu folgen sein wird (kritisch zur h.M. Drescher in: Spind-ler/Stilz, 3. Aufl., § 7 SpruchG Rdn. 9), kann vorliegend aber dahinstehen. Es fehlt nämlich jedenfalls an der Entscheidungserheblichkeit. Zwar sind die Arbeitspapiere in der Begründung zum Regierungsentwurf des Spruchverfahrensgesetzes (vgl. BT-Drucks. 15/371 S. 15) beispielhaft aufgeführt. Dies bedeutet indes nicht, dass die Antragsteller verlangen können, ihnen müssten sämtliche Unterlagen in jedem Fall zugänglich gemacht werden, die die Wirtschaftsprüfer verwendet und in ihren Arbeitspapieren festgehalten haben. Der Bericht der Hauptaktionärin wie auch der Bericht des gerichtlich bestellten Prüfers soll neben den allgemein zugänglichen Erkenntnisquellen nur eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen. Diese ist durch die Vorlage des Berichts der Hauptaktionärin sowie des Prüfungsberichts des gerichtlich bestellten Abfindungsprüfers gewährleistet. Zudem fehlt es vorliegend an einem begründeten Vorlageverlangen der Antragsteller, die sich auf einen Anspruch nach § 7 Abs. 7 Satz 1 SpruchG hinsichtlich der Arbeitspapiere berufen. Sie haben nicht hinreichend begründet, warum ihnen nur mit Hilfe der Vorlage der Arbeitspapiere eine hinreichend substantiierte Rüge namentlich in Bezug auf die Planung möglich sein sollen; dies wäre indes erforderlich gewesen (vgl. OLG Karlsruhe AG 2006, 463, 464 = NZG 2006, 670, 671 f.; Puszkajler in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 57; Drescher in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., § 7 SpruchG Rdn. 9; Klöcker in: Schmidt/Lutter, AktG, 3. Aufl., § 7 SpruchG Rdn. 13). Gerade auch unter diesem Gesichtspunkt können – wie oben ausgeführt – keine überspannten Anforderungen an die Substantiierungslast bezüglich einzelner Rügen gestellt werden.
2. Aus anderen Gründen lässt sich eine höhere Barabfindung als € 132,30 je Aktie nicht rechtfertigen.
a. Dies gilt zunächst für den Börsenkurs, weil dieser mit € 125,26 zutreffend ermittelt wurde und die Marktkapitalisierung demgemäß unterhalb des hier anzusetzenden maßgeblichen Ertragswerts liegt.
(1) Der Ansatz eines Börsenkurses von € 125,26 je Aktie auf der Basis eines Referenzzeitraums von drei Monaten vor der im Zusammenhang mit der Veröffentlichung der Angebotsunterlage am 17.5.2011 erfolgten Mitteilung nach § 27 a WpHG ist rechtlich zutreffend erfolgt und damit nicht zu beanstanden.
Nach der Rechtsprechung insbesondere auch des Bundesverfassungsgerichts ist bei der Bemessung der Barabfindung nicht nur der nach betriebswirtschaftlichen Methoden zu ermittelnde Wert der quo-talen Unternehmensbeteiligung, sondern als Untergrenze der Abfindung wegen der Wertung des Eigentumsschutzes aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG der Börsenwert zu berücksichtigen (vgl. BVerfGE 100, 289, 305 ff. = NJW 1999, 3769, 3771 ff. = NZG 1999, 931, 932 f. = AG 1999, 566, 568 f. =ZIP 1999, 1436, 1441 ff. = WM 1999, 1666, 1669 ff. = DB 1999, 1693, 1695 ff. = BB 1999, 1778, 1781 f. = JZ 1999, 942, 944 f. – DAT/Altana; BVerfG WM 2007, 73 = ZIP 2007, 175, 176 = AG 2007, 119 f.; BGH NJW 2010, 2657, 2658 = WM 2010, 1471, 1473 = ZIP 2010, 1487, 1488 f. = AG 2010, 629, 630 = NZG 2010, 939, 940 f. = DB 2010, 1693, 1694 f. = BB 2010, 1941, 1942 = Der Konzern 2010, 499, 501 – Stollwerck; OLG München AG 2007, 246, 247; OLG Frankfurt AG 2012, 513, 514; Hüffer/Koch, AktG, 12. Aufl., § 327 b Rdn. 6 und § 305 Rdn. 29; Schnorbus in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 327 b Rdn. 3; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 327 b Rdn. 9; Simon/Leverkus in: Simon, SpruchG, a.a.O., Anh § 11 Rdn. 197 f.; Meilicke/Kleinertz in: Heidel, Aktienrecht und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 305 AktG Rdn. 36).
Der BGH geht nunmehr in Übereinstimmung mit der überwiegend vertretenen Ansicht in Rechtsprechung und Literatur und unter teilweiser Aufgabe seiner früher vertretenen Auffassung mit Beschluss vom 19.7.2010, Az. II ZB 18/09 (vgl. BGH NJW 2010, 2657, 2658 ff. = WM 2010, 1471, 1472 ff. = ZIP 2010, 1487, 1488 f. = AG 2010, 629, 630 ff. = NZG 2010, 939, 941 ff. = DB 2010, 1693, 1694 f. = BB 2010, 1941, 1942 ff. = Der Konzern 2010, 499, 501 ff. – Stollwerck; bestätigt durch BGH AG 2011, 590 f. = ZIP 2011, 1708 f.; ebenso OLG Stuttgart ZIP 2007, 530, 532 ff. = AG 2007, 209, 210 ff. = NZG 2007, 302, 304 ff. – DaimlerChrysler; ZIP 2010, 274, 277 ff.; OLG Düsseldorf ZIP 2009, 2055, 2056 ff. = WM 2009, 2271, 2272 ff.; Der Konzern 2010, 519, 522; OLG Frankfurt NZG 2010, 664; AG 2012, 513, 514; nunmehr auch LG München I AG 2016, 95, 96; Paulsen in: Münchener Kommentar zum AktG, a.a.O., § 305 Rdn. 88 f.; Hüffer, AktG, a.a.O., § 305 Rdn. 45; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 305 Rdn. 45, 46 und 46 a; Tonner in: Festschrift Karsten Schmidt, 2009, S. 1581, 1597 ff.) überzeugend davon aus, der einer angemessenen Abfindung zugrunde zu legende Börsenwert der Aktie müsse grundsätzlich aufgrund eines nach Umsatz gewichteten Durchschnittskurses innerhalb einer dreimonatigen Referenzperiode vor der Bekanntmachung einer Strukturmaßnahme ermittelt werden.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Angebotsunterlage am 17.5.2011 verfügte die Antragsgegnerin bereits über 96% der Aktien durch den Abschluss von Kaufverträgen mit ehemaligen Aktionären und folglich über eine Mehrheit, die ihr die Durchführung eines Squeeze out im Sinne der §§ 327 a ff. AktG ermöglicht. Dann aber muss die Durchführung des Squeeze out als hinreichend wahrscheinlich angesehen werden, weshalb eine entsprechende Veröffentlichung an die Kapitalmärkte die Basis für die Ermittlung des maßgeblichen Referenzzeitraums ist (vgl. Wasmann ZGR 2011, 83, 90; Bücker NZG 2010, 967, 969).
(2) Da die Hauptversammlung am 22.11.2011 stattfand, also nur etwas mehr als sechs Monate nach der Bekanntgabe der Absicht zur Durchführung eines Squeeze out an die Kapitalmärkte, kann auch nicht von einem längeren Zeitraum ausgegangen werden, der eine Hochrechnung erforderlich machen würde. Ein Zeitraum von doch nicht unerheblich unter 7% Monaten kann noch nicht als längerer Zeitraum angesehen werden (vgl. hierzu BGH NJW 2010, 2657, 2660 = WM 2010, 1471, 1475 = ZIP 2010, 1487, 1491 = AG 2010, 629, 632 = NZG 2010, 939, 942 = DB 2010, 1693, 1697 = BB 2010, 1941, 1944 = Der Konzern 2010, 499, 503 – Stollwerck). Es liegt in der Natur der Sache der Vorbereitung eines Squeeze outBeschlusses, dass sich diese über einen Zeitraum von mehreren Monaten erstreckt, nachdem insbesondere ein Bewertungsgutachten zum Unternehmenswert der S… AG zu erstellen ist und ein – wenn auch zulässigerweise im Wege der Parallelprüfung erstellter – Prüfungsbericht gefertigt werden muss, der die Struktur der S… AG, bei der zwei unterschiedliche Geschäftsbereiche eines international aufgestellten Unternehmens zu bewerten waren, berücksichtigen muss. Würde man den längeren Zeitraum dagegen bereits unterhalb der vom BGH gezogenen Grenze von 7 1/2 Monaten ansetzen, bestünde zudem die Gefahr, dass die als Ausnahme konzipierte Rechtsprechung des II. Zivilsenats des BGH zur Regel wird (vgl. OLG Saarbrücken AG 2014, 866, 867 f. = ZIP 2014, 1784, 1786; Wasmann ZGR 2011, 83, 94 ff., 96; Bungert/Wettich BB 2010, 2227, 2229; Decher ZIP 2010, 1673, 1675 f.). Soweit in einer jüngeren Studie die Ansicht vertreten wird, angesichts eines Durchschnitts von vier Monaten und drei Tagen im Median müsse bei einem längeren, also über diesen Durchschnitt hinausgehenden Zeitraum eine Anpassung im Sinne einer Hochrechnung erfolgen (vgl. Weimann, Spruchverfahren nach Squeeze out, 2015, S. 409), kann dem nicht gefolgt werden. Selbst wenn diese Zeitspanne der Durchschnitt sein mag, führt nicht jede Überschreitung um etwas mehr als einen Monat zu der Annahme, es müsse eine Anpassung oder Hochrechnung erfolgen. Dieser Ansatz in der Literatur berücksichtigt nämlich nicht hinreichend die Besonderheiten des Einzelfalles wie beispielsweise die Größe und Komplexität des zu bewertenden Unternehmens.
(3) Der Börsenkurs von € 125,26 kann nicht zugrunde gelegt werden, weil er stets nur als Mindestwert einer angemessenen Barabfindung anzusehen ist und die über dem Ertragswert ermittelte Barabfindung mit € 132,30 um € 7,05 höher liegt als der Börsenkurs und die Grundsätze einer Bagatellgrenze vorliegend nicht zur Anwendung gelangen können.
Zwar muss im Ausgangspunkt davon ausgegangen werden, dass ein sich innerhalb gewisser Bandbreiten bewegender Ertragswert als angemessen anzusehen ist, weil es nicht möglich ist, einen mathematisch exakten oder „wahren“ Unternehmenswert zum Stichtag zu ermitteln, nachdem dieser angesichts seiner Zukunftsorientiertheit und der damit verbundenen Ungenauigkeit vom Gericht nur geschätzt werden kann und folglich eine Bandbreite von Werten angemessen sein muss (vgl. OLG Stuttgart AG 2011, 205, 210 f.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 6.4.2011, Az. 26 W 2/06 (AktG); OLG Karlsruhe NZG 2008, 791 Ls; BayObLG NZG 2006, 156, 157 = AG 2006, 41, 42 – Pilkington; LG München I, Beschluss vom 27.6.2014, Az. ⁵HK O 7819/09; Beschluss vom 31.7.2015, Az. ⁵HK O 16371/13; Beschluss vom 2.12.2016, Az. ⁵HK O 5781/15). Die Grenze, innerhalb derer diese Werte noch als angemessen angesehen werden müssen, wird von der Kammer regelmäßig bei 5% gezogen (vgl. LG München I, Beschluss vom 27.6.2014, Az. 5 HK O 7819/09; Beschluss vom 31.7.2015, Az. ⁵HK O 16371/13; in diese Richtung auch OLG Frankfurt ZIP 2012, 371, 376). Vorliegend kommt es bereits zu einer Erhöhung um ca. 5,62%, mithin um einen Wert oberhalb der von der Kammer in ständiger Rechtsprechung angenommenen Bagatellgrenze von 5%. Zudem muss Ausgangspunkt für die maßgebliche Vergleichsrechnung der nach gleichen Methoden ermittelte Ertragswert sein, der nach dem Bewertungsgutachten von K… und dem Prüfungsbericht unter Ansatz eines Basiszinssatzes von 3,5% vor Steuern und eines Wachstumsabschlags von 1% bei € 115,65 lag. Der zur Überzeugung der Kammer anzusetzende Ertragswert von € 132,30 liegt indes um etwa 14,4% höher als der ursprünglich errechnete Wert. Den Börsenkurs, der entsprechend der soeben gemachten Ausführungen als Mindestwert zu verstehen ist, liegt folglich unter dem anzusetzenden Ertragswert, dessen ursprüngliche Ermittlung von der Kammer als nicht mehr angemessen eingestuft wird. Die Tatsache, dass auf die Relation der Ertragswerte bei dem Ansatz der Bagatellgrenze abzustellen ist, entspricht auch dem sonst zu beachtenden Grundsatz der Methodengleichheit (vgl. hierzu BayObLG BB 2003, 275, 279; OLG München AG 2007, 701, 705; OLG Karlsruhe NZG 2006, 670, 671 = AG 2006, 463, 464).
b. Eine höhere Barabfindung lässt sich auch nicht aus außerbörslich gezahlten Vorerwerbspreisen ableiten. Dies resultiert schon aus der Überlegung heraus, dass der von der Antragsgegnerin gezahlte Preis im Rahmen des öffentlichen Übernahmeangebots bei € 126,38 und damit unterhalb der hier festgelegten angemessenen Barabfindung lag. Abgesehen davon können Vorerwerbspreise nach ständiger Rechtsprechung der Kammer in Einklang mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung und auch der sonst überwiegenden Auffassung in Rechtsprechung und Literatur auf die Angemessenheit der Barabfindung keinen Einfluss haben (vgl. BVerfGE 100, 289, 306 f. = NJW 1999, 3769, 3771 = NZG 1999, 931, 932 = WM 1999, 1666, 1669 = AG 1999, 566, 568 = ZIP 1999, 1436, 1441 = DB 1999, 1693, 1695 = BB 1999, 1778, 1780 = JZ 1999, 942, 944 – DAT/Altana; BGHZ 186, 229, 241 = NJW 2010, 2657, 2660 = NZG 2010, 939, 943 = ZIP 2010, 1487, 1491 = AG 2010, 629, 632 = DB 2010, 1693, 1697 = WM 2010, 1471, 1475 = Der Konzern 2010, 499, 503 – Stollwerck; LG München I, Beschluss vom 10.12.2010, Az. 5 HK O 11403/09; Beschluss vom 24.5.2013, Az. 5 HK O 17095/11; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Beschluss vom 21.12.2015, Az. ⁵HK O 24402/13; Beschluss vom 25.4.2016, Az. 5 HK O 20672/14; Paulsen in: Münchener Kommentar zum AktG, 4. Aufl., § 305 Rdn. 82; Hüffer/Koch, AktG, a.a.O., § 305 Rdn. 31; Habersack in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 327 b Rdn. 9; Ruiz de Vargas in: Bürgers/Körber, AktG, 4. Aufl., Anh § 305 Rdn. 54 b; Vetter AG 1999, 569, 572; a.A. LG Köln AG 2009, 835, 838 = Der Konzern 2009, 494, 496 f.; Schüppen/Tretter in: Frankfurter Kommentar zum WpÜG, 3. Aufl., § 327 b AktG Rdn. 16; Behnke NZG 1999, 934; in diese Richtung auch Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 305 Rdn. 50; Hüttemann in: Festschrift für Hoffmann-Becking, S. 603, 615; für einen Sonderfall auch LG Frankfurt, Beschluss vom 25.11.2014, Az. 3-05 O 43/13), wobei dies auch dann gilt, wenn sie im Rahmen eines öffentlichen Übernahmeangebots erfolgte (vgl. LG München I ZIP 2010, 1995, 1997 = Der Konzern 2010, 251, 253; ZIP 2013, 1664, 1671 f.), zumal der so ermittelte Durchschnittspreis deutlich vor dem maßgeblichen Stichtag der Hauptversammlung liegt.
c. Über den Liquidationswert ist es nicht möglich, zu einer höheren Barabfindung je Aktie zu gelangen.
Der Liquidationswert stellt sich als Barwert der Nettoerlöse aus dem Verkauf aller Gegenstände des Unternehmens dar, wenn also Vorräte, Ma schinen, Patente, Marken, Gebäude oder Grundstücke veräußert werden; sodann sind die Schulden, Liquidationskosten und eventuell anfallende Ertragsteuern abzuziehen (vgl. LG München I, Beschluss vom 29.6.2012, Az. 5 HK O 6138/11; Beschluss vom 28.5.2014, Az. 5 HK O 22657/12; Sie-ben/Maltry in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O. S. 761). Soweit teilweise die Ansicht vertreten wird, der Liquidationswert bedeute stets die Untergrenze des Unternehmenswertes (vgl. KG WM 1971, 764; Ruthardt/Hachmeister DB 2013, 2666, 2671), vermag die Kammer dieser Ansicht nicht zu folgen. Der Liquidationswert ist dann nicht als Wertuntergrenze anzusehen, wenn keine Absicht besteht, das Unternehmen zu liquidieren, nicht die finanzielle Notwendigkeit besteht, den Betrieb ganz oder teilweise aufzulösen, die Betriebsfortführung wirtschaftlich nicht unvertretbar erscheint oder der Unternehmer den Anspruchsgegnern nicht zur Liquidation verpflichtet war (vgl. BGH NJW 1982, 2497, 2498; OLG Düsseldorf AG 2004, 324, 327 = DB 2004, 1032, 1035 – EVA; LG München I, Beschluss vom 31.10.2007, 5 HK O 16022/07; Beschluss vom 19.12.2014, Az. ⁵HK O 20316/09; Riegger/Gayk in: Kölner Kommentar zum AktG, a.a.O., Anh. § 11 SpruchG Rdn. 82). Dies resultiert aus der Überlegung heraus, dass bei nicht geplanter Liquidation der Liquidationswert rein hypothetisch wäre und der Aktionär keine Aussicht auf die Realisierung des Liquidationswerts hätte, wenn es nicht zu der Strukturmaßnahme gekommen wäre.
Vorliegend erwirtschaftete die S… AG in den Jahren der Vergangenheitsanalyse Überschüsse. Demgemäß ging die Planung auch für die Detailplanungsphase ebenso wie im Terminal Value stets von nicht unerheblichen Jahresüberschüssen aus. Dann aber bestand keinerlei Notwendigkeit, das Unternehmen zu liquidieren; vielmehr war ersichtlich die Fortführung des Unternehmens geplant. Dies aber bedeutet, dass bei Zugrundelegung eines höheren Liquidationserlöses die Antragsteller einen Wert erhielten, auf dessen Realisierung sie ohne die aktienrechtliche Strukturmaßnahme wie hier den Squeeze out keinerlei Aussicht gehabt hätten.
d. Ebenso wenig waren die Abfindungsprüfer oder der gerichtlich bestellte Sachverständige gehalten, den Substanzwert zu ermitteln. Der Substanzwert stellt keine geeignete Grundlage für die Festlegung einer angemessenen Barabfindung im Sinne des § 327 b Abs. 1 Satz AktG dar und musste folglich nicht ermittelt werden. Dieser wird definiert als Summe von isoliert bewerteten Vermögensgegenständen abzüglich der Summe von isoliert bewerteten Schulden des zu bewertenden Unternehmens (vgl. Sieben/Maltry in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S. 655; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, a.a.O., Rdn. 1286). Da der Substanzwert als Rekonstruktionswert gilt, weil er die Aufwendungen erfassen soll, die nötig sind, um ein gleiches Unternehmen zu errichten, fehlt ihm der Bezug zu den künftigen finanziellen Überschüssen, weshalb ihm für die Unternehmensbewertung keine Bedeutung zukommen kann (vgl. OLG Celle DB 1979, 1031; LG München I Der Konzern 2010, 188, 194; ZIP 2013, 1664, 1667; Beschluss vom 21.11.2011, 5 HK O 14093/09; Beschluss vom 30.3.2012, Az. 5 HK O 11296/06; Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, a.a.O., Rdn. 1286; auch Sieben/Maltry in: Peemöller, Praxishandbuch der Unternehmensbewertung, a.a.O., S.676).
3. Die Entscheidung über die Zinsen beruht auf § 327 b Abs. 2 1. Hs. AktG.
a. Die Verzinsung beginnt dabei mit der Bekanntmachung der Eintragung in das Handelsregister, die hier am 7.12.2011 erfolgte. Da die Zinspflicht mit Ablauf des Tages beginnt, an dem die Bekanntmachung vorgenommen wurde (vgl. Singhof in: Spindler/Stilz, AktG, a.a.O., § 320 b Rdn. 11), war die Verzinsung ab dem 8.2.2015 auszusprechen. Eine bereits mit dem Tag der Hauptversammlung beginnende Verzinsung kann nicht angenommen werden. Die an die Bekanntmachung der Eintragung anknüpfende gesetzliche Regelung entspricht verfassungsrechtlichen Vorgaben (vgl. BVerfG NJW 2007, 3268, 3271 = NZG 2007, 587, 589 f. = AG 2007, 544, 546 = ZIP 2007, 1261, 1263 = WM 2007, 1329, 1330 = DB 2007, 1577, 1579 = BB 2007, 1515, 1517; OLG Stuttgart ZIP 2006, 27, 30 = AG 2006, 340, 343 = WM 2006, 292, 296; LG München I, Beschluss vom 30.3.2013, Az. ⁵HK O 11296/06; Beschluss vom 24.5.2013, Az. 5 HK O 17095/11; Hüffer, AktG, a.a.O., § 305 Rdn. 26). Dabei durfte insbesondere berücksichtigt werden, dass die Aktionärsstellung und damit der Verlust des durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Aktieneigentums erst mit der Eintragung des Beschlusses in das Handelsregister eintritt, nicht aber bereits im Zeitpunkt des Beschlusses der Hauptversammlung.
b. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich unmittelbar aus § 327 b Abs. 2 1. Hs. AktG.
III. 1. a. Die Entscheidung über die Gerichtskosten hat ihre Grundlage in § 15 Abs.
Satz 1 SpruchG a.F., der aufgrund der Überleitungsvorschrift in § 136 Abs. 5 Nr. 2, Abs. 1 GNotKG noch Anwendung findet, weil das Verfahren mit Eingang des Antrags beim Landgericht München am 2.12.2011 und somit noch vor dem Inkrafttreten der Änderung von § 15 Abs. 1 SpruchG durch das Zweite Gesetz zur Modernisierung des Kostenrechts (2. Kos-tenrechtsmodernisierungsgesetz) vom 29.7.2013, BGBl I S. 2586 eingeleitet wurde. Nach dieser Vorschrift ist die Antragsgegnerin Schuldnerin der Gerichtskosten. Für einen hiervon abweichende Beurteilung auf der Basis von § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. besteht – mit Ausnahme in Richtung auf den Antragsteller zu 41) – kein Anlass, weil es zu einer Erhöhung der Kompensationsleistung gekommen ist.
Hinsichtlich des Antragstellers zu 41) musste indes bezüglich der ausschließlich nach der KostO zu berechneten Kosten § 15 Abs. 2 Satz 2 SpruchG a.F. zur Anwendung gelangen. Sein zurückgenommener Antrag war nämlich von Anfang an unzulässig gewesen, weil er sich gegen den falschen Antragsgegner richtete, weshalb er dann auch den Antrag zurücknahm. Seinem Schriftsatz konnte auch nicht durch Auslegung der richtige Antragsgegner ermittelt werden. In einem solchen Fall der offensichtlichen Unzulässigkeit und der dann darauf gestützten Rücknahme können die Gerichtskosten dem betreffenden Antragsteller auferlegt werden (vgl. LG München I, Beschluss vom 26.4.2014, Az. 5 HK O 6680/10; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13; Klöcker in: Schmidt/Lutter, AktG, a.a.O., § 15 Rdn. 11; Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 15 SpruchG Rdn. 14). Auch wenn die Rücknahme des Antrags erst nach Abschluss der Beweisaufnahme erfolgte, ist es nicht gerechtfertigt, den Antragsteller zu 41) anteilig die Kosten der Beweisaufnahme tragen zu lassen. Keines der Beweisthemen in den Beweisbeschlüssen beruht auf ausschließlich vom Antragsteller zu 41) vorgetragenen Rügen, der wie die Mehrzahl der anderen Antragsteller auch die einzelnen Elemente des Kapitalisierungszinssatzes als fehlerhaft angesetzt bezeichnete, ohne dabei auch nur ein Argument vorgebracht zu haben, auf das sich nicht auch andere Antragsteller berufen hätten. Daher hätte selbst bei einer früheren Antragsrücknahme das Verfahren keinen anderen Verlauf genommen.
b. Bezüglich der außergerichtlichen Kosten findet die Entscheidung ihre Rechtsgrundlage in § 15 Abs. 4 SpruchG a.F.; danach ordnet das Gericht an, dass die Kosten der Antragsteller, die zur zweckentsprechenden Erledigung der Angelegenheit notwendig waren, ganz oder zum Teil vom Antragsgegner zu erstatten sind, wenn dies unter Berücksichtigung des Ausgangs des Verfahrens der Billigkeit entspricht.
(1) Vorliegend entspricht die Kostentragungspflicht bezüglich der außergerichtlichen Kosten der im Verfahren verbliebenen Antragsteller der Billigkeit. Soweit teilweise in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, selbst bei einer Erhöhung der Kompensationsleistung un terhalb einer Größenordnung von 15 bis 20%, sei eine Kostenteilung angemessen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 5.11.2009, Az. 5 W 48/09), vermag dem die Kammer nicht zu folgen. Auch wenn es wie hier zu einer Erhöhung der maßgeblichen Kompensationsleistung von ca. 5,62% kommt, ist eine Kostenaufteilung nicht gerechtfertigt. Da Informationsmängel hinsichtlich der Angemessenheit der Kompensation ebenso wenig wie die Rüge der fehlenden Angemessenheit eine erfolgreiche Anfechtungsklage begründen können, was sich bezüglich Informationsmängeln nunmehr aus § 243 Abs. 4 Satz 2 AktG ergibt, indes schon vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechtes am 1.11.2005 auch für den Squeeze out von der h.M. vertreten wurde, stellt sich die Kostenbelastung der Antragsteller bei Anträgen, die sogar zu einer Erhöhung der Barabfindung führen – unabhängig von prozentualen Werten im Einzelnen -, als dazu angetan dar, Aktionäre von ihrem Rechtsschutz abzuhalten, wenn sie selbst bei einem erfolgreichen Ausgang des Spruchverfahrens einen Teil ihrer außergerichtlichen Kosten selbst tragen müssten (so ausdrücklich Emmerich in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, a.a.O., § 15 SpruchG Rdn. 20).
(2) Infolge der Antragsrücknahme durch den Antragsteller zu 41) kann sich der Kostenerstattungsanspruch allerdings nicht auf diesen Antragsteller beziehen. Andererseits ist dieser Antragsteller auch nicht anteilig zur Kostenerstattung an die Antragsgegnerin verpflichtet. Für eine Auferlegung eines Teils der außergerichtlichen Kosten auf einen Antragsteller, der seinen Antrag zurückgenommen haben, besteht trotz der Antragsrücknahme keine Rechtsgrundlage, weil § 15 Abs. 4 SpruchG eine abschließende Regelung enthält und dort eine Erstattungspflicht hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten des Antragsgegners durch die Antragsteller nicht vorgesehen ist (so ausdrücklich BGH NZG 2012, 191, 193 f. = AG 2012, 173, 174 f. = ZIP 2012, 266, 268f.= WM 2012, 280, 282 f. = DB 2012, 281, 282 f. = MDR 2012, 293 f.; LG München I, Beschluss vom 27.6.2014, Az. 5 HK O 7819/09; Beschluss vom 31.7.2015, Az. 5 HK O 16371/13).
2. Die Entscheidung über den Geschäftswert beruht auf § 15 Abs. 1 Satz 2 2 . Hs. SpruchG a. F., der ausweislich der Übergangsvorschrift des § 136 Abs. 5 Nr. 2 GNotKG gleichfalls zur Anwendung gelangt. Der Erhöhungsbetrag der Abfindung beläuft sich auf € 7,04. Da ausweislich einer Mitteilung der Antragsgegnerin insgesamt 160.551 außenstehende Aktien betroffen sind, errechnet sich daraus ein Geschäftswert des Verfahrens von € 1.130.279,04. Dieser Wert bildet auch die Grundlage für die gesondert zu erfolgende Festsetzung der von der Antragsgegnerin geschuldeten Vergütung des gemeinsamen Vertreters.