Az.: 2 W 154/08
ISIN: DE0007007908 / WKN: 700 790
Hauptversammlung: 22.05.2002
Antragsgegnerin: EDEKA Handelsgesellschaft Nordbayern-Sachsen-Thüringen mbH
Tenor:
Die sofortigen Beschwerden gegen den Beschluss des Landgerichts Berlin vom 20. März 2008 – 102 O 139/02 AktG – werden zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin zu 2. hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 200.000 Euro festgesetzt.
Gründe
A.
Mit der sofortigen Beschwerde wenden sich die Antragstellerinnen zu 4. und 13. gegen die Festsetzung des Abfindungsbetrags in dem angegriffenen Beschluss.
Die Antragstellerinnen zu 4. und 13. waren Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1. vor deren Umwandlung in eine GmbH. Am 22. Mai 2002 beschloss die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1., die im Streubesitz befindlichen Aktien auf die Antragsgegnerin zu 2. zu übertragen. Dieser Beschluss ist am 18. Oktober 2002 im Handelsregister eingetragen worden.
Bei der Beschlussfassung legte die Antragsgegnerin zu 2. einen Abfindungsbetrag von … Euro pro Aktie fest. In dem anschließenden Vergleich im Rahmen eines Beschlussanfechtungsverfahrens ist die Abfindung auf … Euro pro Aktie angehoben worden.
Die Antragstellerinnen zu 4. und 13. haben die in dem Vergleich festgelegte Barabfindung für zu niedrig gehalten. Sie haben gemeint, dass ihnen ein höherer Betrag zustehe, da die Wertermittlung auf andere Weise vorzunehmen sei, als dies die Antragsgegnerin zu 2. getan hat. Dabei haben sie insbesondere Einwendungen gegen die Ertragsplanung und die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes erhoben sowie auf die im Immobilienvermögen der Antragsgegnerin zu 1. ruhenden stillen Reserven verwiesen.
Die Antragstellerinnen zu 4. und 13. haben beantragt,
eine höhere Abfindung als … Euro pro Aktie festzusetzen.
Die Antragsgegnerin zu 2. hat beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Das Landgericht hat die Barabfindung in dem angegriffenen Beschluss auf … Euro pro Aktie festgesetzt.
Zur Begründung hat das Landgericht sich im Wesentlichen den Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen S… AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft (im Folgenden: gerichtliche Sachverständige) in deren Hauptgutachten vom 19. Mai 2006 angeschlossen. Zudem hat sie entsprechend dem Ergänzungsgutachten der gerichtlichen Sachverständigen vom 26. Juni 2007 den Gesamtwert des nicht betriebsnotwendigen Vermögens mit 10.695.000 Euro angesetzt und nach Abzug dieses Betrages vom Unternehmenswert einen Abfindungsbetrag von … Euro pro Aktie errechnet (Urteilsumdruck S. 30 f.).
Gegen den ihr am 18. April 2008 zugestellten Beschluss hat die Antragstellerin zu 4. mit am 2. Mai 2008 eingegangenem Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt. Die Antragstellerin zu 13. hat gegen den ihr am 19. April 2008 zugestellten Beschluss am 5. Mai 2008 sofortige Beschwerde eingelegt.
Die Antragstellerin zu 13. meint, die in dem angegriffenen Beschluss festgesetzte Abfindung sei zu niedrig. Sie wendet sich insbesondere gegen die Annahme eines Wachstumsabschlags von 0,5 %. Dieser Abschlag müsse höher ausfallen, und zwar in einer Größenordnung von 3 %, da nur dann ein „reales“ Wachstum unterstellt werde, wenn der Abschlag über dem mit ca. 2 % p.a. anzusetzenden Inflationsausgleich liege. Zudem dürfe für das reale Wachstum nicht nur eine Momentaufnahme in der Rezession 2000/2003 herangezogen werden.
Die Antragstellerin zu 4. hat sich zur Begründung ihrer sofortigen Beschwerde zunächst darauf beschränkt, auf den Vortrag aller weiteren Antragsteller und Beschwerdeführer Bezug zu nehmen und sich diesen in vollem Umfang zu eigen zu machen, soweit er nicht ausdrücklich im Widerspruch zu eigenem Vortrag stehe. Mit Schriftsatz vom 24. Januar 2011 hat sie nach Wechsel des Bevollmächtigten ebenfalls die Höhe des Wachstumsabschlags mit weniger als 1,5% als zu niedrig und zusätzlich die Marktrisikoprämie als zu hoch angegriffen. Insbesondere sei der Ansatz des arithmetischen Mittels ungeeignet.
Die Antragstellerin zu 13. beantragt,
den Beschluss des Landgerichts aufzuheben und eine höhere als die darin festgesetzte Barabfindung von … Euro pro Stückaktie festzusetzen.
Die Antragstellerin zu 4. stellt keinen Antrag.
Die Antragsgegnerin zu 2. stellt keinen Antrag.
B.
I.
Auf das nach dem 1. September 2003 eingeleitete Beschwerdeverfahren ist gem. § 17 Abs. 2 S. 2 SpruchG dieses Gesetz anwendbar. Gegen den angegriffenen Beschluss ist gem. § 12 Abs. 1 SpruchG die sofortige Beschwerde statthaft. Nach § 12 Abs. 2 S. 1 SpruchG ist das Kammergericht zur Entscheidung darüber berufen.
Die Beschwerden sind innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Beschlusses am 19. April 2008 und somit fristgerecht eingelegt worden (§§ 12 Abs. 1, 17 Abs. 1 SpruchG in Verbindung mit § 22 Abs. 1 FGG). Weil der 3. Mai 2008 ein Sonnabend war, endete die Frist erst mit Ablauf des 5. Mai 2008 (§§ 187 Abs. 1, 188 Abs. 2, 193 BGB in Verbindung mit § 17 FGG).
Die Beschwerde der Antragstellerin zu 13. ist auch im Übrigen zulässig. Ob dasselbe für die Beschwerde der Antragstellerin zu 4. gilt, obwohl diese ohne substantielle Begründung eingereicht wurde, kann hier letztlich dahinstehen. Nach dem Gesetzeswortlaut unterliegt die sofortige Beschwerde nach § 12 SpruchG anders als der erstinstanzliche Antrag gemäß § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG nicht einem formellen Begründungserfordernis. Dementsprechend wird in Judikatur und Schrifttum verbreitet davon ausgegangen, dass ein solches Erfordernis nicht bestehe (OLG Zweibrücken ZIP 2004, 1666; OLG München ZIP 2007, 375, 376; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, 6. Aufl. 2010, § 12 SpruchG Rn. 7; Hüffer, AktG, 9. Aufl. 2010, Anh. § 305, § 12 SpruchG Rn. 5; Kubis, in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl. 2010, § 12 SpruchG Rn. 8; Gude, AG 2005, 233, 236 f.). Allerdings erscheint die vom Gesetzgeber mit dem Begründungserfordernis in § 4 SpruchG verfolgte Absicht zu verhindern, dass Beteiligte „praktisch mit einem Satz und ohne jede sachliche Erläuterung ein aufwendiges und kostenträchtiges Überprüfungsverfahren in Gang setzen können“ (Regierungsbegr., BT-Drucks. 15/371, S. 13), nach Ansicht des Senats auch für die sofortige Beschwerde nach § 12 SpruchG sinnvoll. Dementsprechend wird das Fehlen eines ausdrücklichen Begründungserfordernisses im Wortlaut jener Vorschrift teils als unsachgemäß angesehen (Hüffer, AktG, Anh. § 305, § 12 SpruchG Rn. 5: das Fehlen des Erfordernisses sei „unverständlich“; s. auch Kubis, in: MünchKomm-AktG, 3. Aufl. 2010, § 12 SpruchG Rn. 8 (Begründung sei „zweckmäßig“). In Teilen des Schrifttums wird über diese nach Ansicht des Senats berechtigte rechtspolitische Kritik hinaus bereits nach geltendem Recht eine entsprechende Anwendung des § 4 Abs. 2 S. 2 Nr. 4 SpruchG befürwortet (Wilske, in: Kölner Komm. zum SpruchG, 2005, § 12 Rn. 31; eingehend Wittgens, Das Spruchverfahrensgesetz, 2005, S. 243 f.; in dieser Richtung auch, wenngleich widersprüchlich Klöckner/Frowein, SpruchG, 2004, § 12 Rn. 8; offen lassend Büchel, AG 2004, 682, 683). Ob die für eine derartige Analogie erforderliche Regelungslücke besteht, kann der Senat hier dahingestellt sein lassen, da die Beschwerde der Antragstellerin zu 4. jedenfalls unbegründet ist.
II.
In der Sache haben die Beschwerden keinen Erfolg. Der Senat kann ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da im Beschwerdeverfahren nur mehr über Rechtsfragen zu befinden ist (vgl. BVerwG NVwZ 2004, 108, 110; OLG Zweibrücken NZG 2004, 872, 874; Wilske, in: Kölner Komm. zum SpruchG, 2005, § 12 Rn. 34; Simon/Simon, SpruchG, 2007, § 12 Rn. 25).
Die Sachprüfung ergibt, dass die angegriffene Entscheidung zutreffend ist. Keiner der von der Antragstellerin zu 4. und 13. vorgebrachten Einwände verfängt; auch aus anderen Gründen erweist sich die vom Landgericht zugrunde gelegte Unternehmensbewertung nicht als fehlerhaft. Der Rechtsstreit ist zur Entscheidung reif, ohne dass es der neuerlichen Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer mündlichen Verhandlung sowie einer Vernehmung von Zeugen bedürfte. Vielmehr ist der Sachverhalt nach Überzeugung des Senats durch die vorliegenden Sachverständigengutachten, insbesondere die erstinstanzlich eingeholten Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen, in der gebotenen Intensität aufgeklärt.
Im Spruchverfahren gem. § 1 Nr. 3 SpruchG nach einem sog. Squeeze-out ist eine Unternehmensbewertung anzustellen mit dem Ziel sicherzustellen, dass die ausscheidenden Aktionäre den ihnen nach § 327a Abs. 1 S. 1 AktG zustehenden angemessenen Ausgleich erhalten. Diese Regelungen sind verfassungsgemäß (BVerfG NJW 2007, 3268 ff.). Bei dem zu leistenden Ausgleich geht es um eine vollwertige Kompensation für den durch den Entzug der Aktionärsstellung eintretenden Verlust („volle Entschädigung“; BVerfG ZIP 1999, 1436, 1440 – DAT/Altana). Hierzu bedarf es einer Unternehmensbewertung. Für die „richtige“ Bewertung eines Unternehmens zu Zwecken der Bemessung einer Abfindung ausscheidender Aktionäre gibt es keine näheren gesetzlichen Vorgaben. Auch in der wirtschaftswissenschaftlichen Diskussion haben sich bislang keine einheitlichen Grundsätze herausgebildet. Vor diesem Hintergrund kann es im Spruchverfahren von vornherein nicht darum gehen, mit gleichsam naturwissenschaftlich-mathematischer Genauigkeit eine objektiv verifizierbare Berechnung vorzunehmen. Vielmehr genügt es, wenn das Gericht – erforderlichenfalls mit sachverständiger Unterstützung – zu der Überzeugung gelangt, dass eine bestimmte konkret vorgenommene Berechnung auf der Grundlage zutreffender Ausgangszahlen zu einem plausibel hergeleiteten Ergebnis führt. Maßgeblich sind damit – richtige Ausgangsdaten vorausgesetzt – im Wesentlichen Plausibilitäten (Senat, OLGReport KG 2009, 657 = BeckRS 2009, 20226;LG Frankfurt/M. AG 2007, 42, 43). Dabei steht den Gerichten ein großer Spielraum vertretbarer Annahmen zu, innerhalb dessen letztlich durch Schätzung nach § 287 ZPO zu entscheiden ist (Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 305 Rn. 53). Von diesen Grundsätzen hat sich das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss leiten lassen; sie gelten auch für das Beschwerdeverfahren.
Zutreffend ist das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss davon ausgegangen, dass die Unternehmensbewertung sich an der Ertragswertmethode zu orientieren hat (statt vieler Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 305 Rn. 52d, 54 f.; dies billigt auch BVerfG ZIP 1999, 1436, 1441 – DAT/Altana). Maßgeblich sind die Verhältnisse zum Bewertungsstichtag; als diesen hat das Landgericht richtig den Tag der Hauptversammlung, hier also den 22. Mai 2002, angesehen.
Der Kapitalisierungszinssatz ist bereits in erster Instanz umfassend erörtert worden. Zutreffend hat das Landgericht hierzu ausgeführt, dass es insoweit gilt, im Wege der Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO einen angemessenen Wert zu bestimmen. Als maßgeblichen Basiszinssatz hat die gerichtlich bestellte Sachverständige einen Wert von 5,7 % angesetzt. Jener Basiszinssatz ist nahezu identisch mit demjenigen, den der Senat in einem anderen Verfahren für einen gut einen Monat später liegenden Stichtag zugrunde gelegt hat (Senat, OLGReport KG 2009, 657 = BeckRS 2009, 20226: 5,3 % für Stichtag 27. Juni 2002). Das Landgericht hat diesen Wert übernommen; hiergegen bringt die Antragstellerin keine Einwände vor.
In Übereinstimmung mit dem Landgericht hält der Senat den Ansatz eines allgemeinen Marktrisikozuschlags für sachgerecht (Senat, OLGReport KG 2009, 657 = BeckRS 2009, 20226). Allein der Umstand, dass Risiken bereits in der Unternehmensplanung berücksichtigt werden, macht einen solchen Zuschlag nicht entbehrlich. Für die Berechnung des Risikozuschlags folgt das Landgericht dem Standard IDW S1 a.F. aus dem Jahr 2000. Diese Anwendung der alten Fassung wird aus Sicht des Senats dem Umstand gerecht, dass es sich um die am für die Bewertung maßgeblichen Stichtag geltende Fassung handelt und dass die neue Fassung aus dem Jahr 2005 nicht als generell überlegen angesehen werden kann (dafür etwa auch BayObLG AG 2006, 41, 42 f.; implizit OLG München AG 2007, 411; s. auch OLG Stuttgart AG 2007, 128, 132; zutr. das Ermessen des Gerichts betonend Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 305 Rn. 53). Auch die Antragstellerin zu 13. wendet sich nicht gegen diesen (ihr günstigen) Ansatz.
Das Landgericht setzt in Übereinstimmung mit der gerichtlichen Sachverständigen einen Wert von 3,0 % an. Auch beim Beta-Faktor folgt es der sachverständigen Einschätzung mit 0,75. Beides hält der gebotenen Plausibilitätskontrolle stand und wird auch von der Antragstellerin zu 13. nicht abweichend beurteilt.
Auch die Angriffe der Antragstellerin zu 4. gegen den Ansatz einer Marktrisikoprämie von 3% bleiben ohne Erfolg. Auch bezüglich dieses für die Abzinsung relevanten Faktors gilt das bereits Ausgeführte, dass es nämlich die mit Eindeutigkeit festzustellende Marktrisikoprämie nicht gibt. Sogar für die Methode, mit der man diese Größe feststellen kann, gilt, dass eine allgemein akzeptierte Entscheidung für das arithmetische oder das geometrische Mittel nicht existiert. Dies belegt auch die Stellungnahme von Stehle, die die Antragstellerin zu 4. mit dem Schriftsatz vom 24. Januar 2011 hat vorlegen lassen. In dieser sich allerdings gar nicht unmittelbar zur Unternehmensbewertung verhaltenden Äußerung werden auf Seiten 7 und 8 beide Ansätze verwertet. Gerade diese Tatsache, dass es bisher keine eindeutigen Ansätze und Ergebnisse gibt, legt der gerichtliche Sachverständige auch seinen Überlegungen auf den Seiten 59 ff seines Gutachtens vom 19. Mai 2006 zugrunde. Er berücksichtigt auf Seite 63 Studien zu zahlreichen Kapitalmarktuntersuchungen, die zu einer erheblichen Streuung der gefundenen Werte geführt haben. Wollte man sich in dieser Situation auf einen bestimmten Wert als zwingendes Ergebnis der Untersuchung festlegen, wäre dies offenbar ohne jede wissenschaftliche Grundlage. Dem oben bereits erwähnten Maßstab der Plausibilität ist der gerichtliche Sachverständige in ausreichendem Maße dadurch gerecht geworden, dass er bei den unterschiedlichen Ergebnissen der Kapitalmarktuntersuchungen eine Marktrisikoprämie als gemittelten Wert zugrunde gelegt hat.
Sofern das Landgericht – auch insoweit der Einschätzung der gerichtlichen Sachverständigen folgend – einen Wachstumsabschlag von 0,5 % angesetzt hat, führt die von der Antragstellerin zu 13. geäußerte Ansicht, der vom Landgericht gebilligten Unternehmensbewertung liege eine zu pessimistische Einschätzung der Zukunftsaussichten der Antragsgegnerin zu 1. zugrunde, zu keiner abweichenden Beurteilung. Hinsichtlich der Ermittlung der für die Unternehmensbewertung maßgeblichen Faktoren und deren Gewichtung hat das Gericht sich mangels eigener Sachkunde regelmäßig sachverständiger Unterstützung zu bedienen. Es ist anerkannt, dass das Gericht von der Einschätzung eines von ihm bestellten Sachverständigen nur unter engen Voraussetzungen abweichen darf. So berechtigt insbesondere das Studium von Fachliteratur das Gericht nicht ohne Weiteres, von einem Sachverständigengutachten abzuweichen (Zöller/Greger, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 402 Rn. 7a). Das Gericht darf nicht seine eigene (vorhandene oder vermeintliche) Sachkunde an die Stelle von derjenigen des gerade zwecks Aufklärung des Sachverhalts eingeschalteten Sachverständigen setzen; vielmehr ist es insoweit auf die bereits angesprochene Plausibilitätskontrolle beschränkt.
Diese Plausibilitätskontrolle ergibt, dass gegen den Wachstumsabschlag von 0,5 % keine durchgreifenden Bedenken bestehen. Den Antragstellern zu 4. und 13. ist zuzugeben, dass sich der angesetzte Wachstumsabschlag am unteren Rand der üblichen Bandbreite, die zwischen 0,5 und 3 % liegt (Großfeld, Recht der Unternehmensbewertung, 5. Aufl. 2009, Rn. 931), bewegt. Die gerichtliche Sachverständige hat indessen eine plausible Einschätzung geäußert, indem sie einerseits auf das schwierige Marktumfeld des Lebensmitteleinzelhandels, andererseits auf die stabile Wettbewerbsposition der Antragsgegnerin zu 1. abgehoben und daher die Einschätzung der von der durch die Antragsgegnerin zu 2. beauftragten Sachverständigen B…, der Wachstumsabschlag sei mit Null zu beziffern, korrigiert hat (Hauptgutachten, S. 71-75). Wie bereits das Landgericht (Umdruck, S. 27 f.) zutreffend dargelegt hat, kann dieser sachverständigen Einschätzung nicht die Überlegung entgegengehalten werden, dass das Wachstum jedenfalls über der Inflationsrate liegen müsse. Ein derartiger Erfahrungssatz lässt sich gerade im Lebensmitteleinzelhandel nicht aufstellen (vgl. auch OLG Stuttgart AG 2008, 510, 515: 1 % Wachstumsabschlag für Vertrieb von Nahrungsmitteln).
C.
I.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 15 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 SpruchG. Der Senat hält es nicht für geboten, abweichend hiervon die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen nach § 15 Abs. 2 S. 2 SpruchG zumindest teilweise den Antragstellerinnen aufzuerlegen.
Die Beschwerden waren nicht offensichtlich unbegründet, auch wenn sie im Wesentlichen allein solche Fragen betrafen, die bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens waren. Der Umstand, dass eine Beschwerde erfolglos geblieben ist, genügt für sich genommen nicht, um dem Beschwerdeführer die Kosten aufzuerlegen (BayObLG NZG 2003, 483).
II.
Der Wert ist gem. § 15 Abs. 1 S. 2 SpruchG für die Beschwerdeinstanz auf 200.000 Euro festzusetzen, da die Beschwerdeentscheidung nicht zu einer Erhöhung der Abfindung geführt hat.