Die WMF AG war lange Zeit die nach der BASF älteste Aktiengesellschaft Baden-Württembergs. Gegründet wurde die AG im Jahre 1880, als sich die Metallwarenfabrik Straub & Schweizer mit der Metallwarenfabrik Ritter & Co aus Esslingen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft zur Württembergischen Metallwarenfabrik (WMF) zusammenschloss.
Am Firmensitz in in Geislingen begann kurz darauf auch die Serienproduktion erster galvanisch versilberter Bestecke. Zur Jahrhundertwende beschäftigte die WMF AG bereits rund 3000 Mitarbeiter. In den 1920er Jahren wurde das Sortiment um Schnellkochtöpfe und Großkaffeemaschinen erweitert.
Die Saat für den späteren Squeeze-out und das Ende der Aktiengesellschaft wurde Ende der 1970er Jahre gesät. 1979 übernahm die Rheinmetall AG in Düsseldorf die Mehrheitsanteile an der WMF AG. Das Kartellamt drängte den Rüstungskonzern jedoch dazu, die Anteile wieder zu veräußern. So übernahm 1985 der Versicherungs- und Hypothekenmagnat Wolfgang Schuppli die Aktienmehrheit für damals 60 Millionen D-Mark. 1988 wurde Schuppli Aufsichtsratsvorsitzender des Unternehmens. Im selben Jahr wurde Rolf Almendinger zum Vorstandschef berufen. Unter dem Duo Schuppli und Almendinger beschritt WMF den Weg zu einem Mehrmarkenkonzern, darunter Marken wie „alfi“ (Isolierkannen), „Auerhahn“ (Besteck), „Silit“ (Töpfe), „Kaiser“ (Backformen) und „Schaerer“ (Kaffeemaschinen).
In den 90er Jahren veräußerte Schuppli erste Aktienpakete an institutionelle Investoren: darunter jeweils rund 17-Prozent an die Deutsche Bank, die Münchener Rück und die Württembergische Lebensversicherung. Das Miteinander der verschiedenen Großaktionäre erwies sich allerdings als schwierig. Zu Beginn der 2000er Jahre stagnierte das Geschäft. Die Krise im deutschen Einzelhandel führte zu Insolvenzen bei vielen Fachhändlern und Partnern von WMF. 2003 übernahm Thorsten Klapproth den Vorstandschefposten von seinem Vorgänger Rolf Allmendinger. Klapproth legte den Fokus stärker auf Technologie und Lifestyle. Personalabbau und der Ausbau des eigenen Filialnetzes führten den Konzern zwar aus den roten Zahlen.
Die Großaktionäre verfolgten zu diesem Zeitpunkt allerdings schon nicht mehr dieselbe Linie. So äußerte Schuppli schließlich Interesse an einem Verkauf seiner verbliebenen Anteile. Und die seit Anfang 2002 in Deutschland geltende Steuerbefreiung für Beteiligungsgewinne bewog auch die anderen Großinvestoren zum Verkauf. Im Jahr 2006 erwarben zwei Finanzinvestoren die Mehrheit an der WMF AG. Fiba, eine österreichische Beteiligungsgesellschaft, erwarb im April 2006 ein Schuppli-Aktienpaket und baute den Anteil an WMF bis September 2006 auf knapp 37 Prozent aus. Capvis, eine Schweizer Beteiligungsgesellschaft, zahlte Mitte 2006 rund 92 Millionen Euro für rund 52 Prozent der Stammaktien von Deutscher Bank, Münchener Rück und Württembergischer Lebensversicherung.
Die Beteiligungsstruktur änderte sich erst 2012 wieder. In diesem Jahr verkaufte die Beteiligungsgesellschaft Capvis ihr Aktienpaket für rund 238 Millionen Euro an den US-Finanzinvestor KKR (Kohlberg Kravis Roberts & Co.). KKR einigte sich mit der Fiba darauf, die jeweiligen Anteile in die gemeinsamen Holding Finedining Capital einzubringen. Die Komplettübernahme der WMF AG durch die Finedining Capital AG per Squeeze-out wurde schließlich im Januar 2015 auf einer außerordentlichen Hauptversammlung in Stuttgart beschlossen.
Die Bewertung
Die WMF AG war beim Einstieg der Finanzinvestoren schon kein Sanierungsfall mehr. Den Turnaround hatte das Unternehmen bereits 2005 geschafft, also vor dem Einstieg von Fiba und Capvis. Seither haben sich sowohl Umsatz als auch Gewinn vergleichsweise stetig entwickelt. 2006 erlöste der Konzern 731,8 Millionen und erwirtschaftete 32,4 Millionen Euro operativen Gewinn (EBIT). 2012, im Jahr des Einstiegs von KKR, lag der Umsatz bei 1,027 Milliarden Euro und der operative Gewinn bei 71,4 Millionen. 2013 lag der Erlös bei 1,015 Milliarden Euro und der operative Gewinn – belastet vom Verkauf einer Konzerntochter – bei 47,4 Millionen Euro.
Zu diesem Zeitpunkt war der Konzern in fünf Geschäftsfelder unterteilt: die mehr als 200 WMF-Filialen (Umsatz: 156,5 Mio. Euro; EBIT: -11,1 Mio. Euro), den Bereich Tisch und Küche mit den Markenprodukten alfi, Auerhahn, Kaiser, Silit und WMF (Umsatz: 454,9 Mio. Euro; EBIT: 24,9 Mio. Euro), Elektrokleingeräte (55,5 Mio. Euro; EBIT: -6,88 Mio. Euro), Produkte und Dienstleistungen für Hotels und Gaststätten (Umsatz: 77,0 Mio. Euro; EBIT: 3,2 Mio. Euro) und Kaffeemaschinen der Marken Schaerer und WMF (Umsatz: 324,1 Mio. Euro; EBIT: 47,2 Mio. Euro).
Die neuen Haupteigner KKR und Fiba begannen bereits im Jahr 2013, an mehreren Stellschrauben zu drehen, um vor allem das internationale Wachstum der Schwaben voranzutreiben. So wurde Vorstandschef Thorsten Klapproth im August 2013 durch den ehemaligen Beiersdorf-Manager Peter Feld ersetzt. Vorstandschef Feld nannte daraufhin auf einer Pressekonferenz das Ziel von 80 Prozent Auslandsanteil. 2013 lag dieser Anteil noch bei 46,3 Prozent. Speziell für den wichtigsten Wachstumsmarkt China wurde Anfang 2014 die Stelle eines Regionalchefs geschaffen.
Auch durch Einsparungen soll das Ergebnis des Konzerns in den kommenden Jahren verbessert werden. Von der neuen WMF-Führung angekündigt wurde ein Programm, das die Kosten des Konzerns jährlich um 30 Millionen Euro drücken soll. Ein Drittel davon soll durch die Streichung von bis zu 600 der zur Verkündung rund 6100 Stellen eingespart werden. Gut 50 Filialen der bis dato rund 230 Filialen sollten überdies geschlossen, die 33 Logistikzentren an zwei Standorten zusammengefasst, die IT-Strukturen vereinfacht werden.
Eine Bereinigung und Konzentration des Markenportfolios sind ebenfalls Teil des Wachstumsplans. So wurde beispielsweise die im Tiefpreissegment für Elektroartikel angesiedelte defizitäre Princess Gruppe im Mai 2013 verkauft, was kurzfristig zu einer außerordentlichen Belastung des Konzernergebnisses führte. Im November 2014 verkündete der Konzern darüber hinaus den Verkauf der Isolierkannen-Marke „alfi“ an den Weltmarktführer Thermos. Künftig will sich die WMF Gruppe vor allem auf Premiumprodukte für das Geschäftsfeld Tisch und Küche sowie professionelle Kaffeemaschinen konzentrieren.
Die Übertragung der Aktien der Minderheitsaktionäre auf die Hauptaktionärin, Finedining Capital AG, eine Enkelgesellschaft der KKR, erfolgte im Wege des sogenannten verschmelzungsrechtlichen Squeeze-outs nach § 62 Abs. 5 UmwG: „Die auf den Inhaber lautenden Stamm- und Vorzugsaktien der übrigen Aktionäre der WMF AG (Minderheitsaktionäre) werden gemäß § 62 Abs. 5 Umwandlungsgesetz in Verbindung mit § 327a Abs. 1 Satz 1 Aktiengesetz gegen Gewährung einer von der Finedining Capital AG mit Sitz in München (Hauptaktionärin) zu zahlenden angemessenen Barabfindung in Höhe von EUR 58,37 je Stamm- und Vorzugsaktie der WMF AG auf die Finedining Capital AG übertragen“, heißt es im Beschluss der Hauptversammlung.
Nach Vollzug der Verschmelzung im März 2015 wurde die Hauptaktionärin zunächst in WMF AG umbenannt und dann in eine GmbH (WMF Group GmbH) umfirmiert. Die Firma ist damit untergegangen, aber der Name WMF lebt fort.
Die Hauptaktionärin hat den Unternehmenswert der WMF nach dem Ertragswertverfahren ermittelt. Dieser betrage 814,5 Millionen Euro. Eine disquotale, also ungleichmäßige Aufteilung dieses Werts auf Stamm- und Vorzugsaktien erfolgte nicht, so dass die Barabfindung für beide Aktienarten auf 58,37 Euro festgesetzt wurde. Zwar habe sich der Diskontierungszinssatz zwischen Abschluss der Bewertungsarbeiten und Hauptversammlung vermindert, was grundsätzlich zu einer Erhöhung der Barabfindung führen würde. Jedoch sei der Unternehmenswert trotzdem aufgrund höherer Pensionsverpflichtungen und verändertem Wechselkurs zwischen Euro und US-Dollar auf 57,57 Euro je Aktie gesunken. Dennoch habe man sich entschlossen, die angebotene Barabfindung von 58,37 Euro je Aktie nicht zu verändern.
Das Spruchverfahren
Den Bewertungsannahmen der Hauptaktionärin widersprechen zahlreiche Minderheitsaktionäre. Sie halten die angebotene Barabfindung für zu gering und haben ein Spruchverfahren vor dem Landgericht Stuttgart beantragt.
Zwar gilt es für die Antragsteller keine Lücke zwischen Ertrags- und Börsenwert zu schließen, was in vielen anderen Verfahren ein Hindernis darstellt. Allerdings dürfte sich die Durchsetzung ihrer Ansprüche dennoch schwierig gestalten. Denn statistisch sticht das hier zuständige Gericht in Stuttgart nicht durch Erhöhungen von Kompensationsansprüchen nach aktienrechtlichen Strukturmaßnahmen hervor. Als Achtungserfolg ist daher schon zu werten, dass sich das Landgericht entschlossen hatte, Beweis zum Unternehmenswert durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben.
Die Kernkritikpunkte der Antragsteller
Auslandsgeschäft: WMF sei noch ein junges Unternehmen auf den asiatischen Wachstumsmärkten. Mit ihrem Produktsegment zielt die Gesellschaft auf die Belieferung gehobener Gaststätten und Hotels. Aus diesem Grund sei WMF mit dem Asienexperten DKSH eine strategische Partnerschaft eingegangen. Ziel ist laut eigenen Angaben: „Das Unternehmen will in Zukunft im Ausland deutlich schneller wachsen und den Auslandsumsatz steigern. China ist hierfür einer der wichtigsten Zielmärkte für die WMF.“ Eben dieses Wachstum spiegele sich in der Planungsrechnung nicht wider, kritisieren Antragsteller.
Ergebnismargen: Die EBITDA-Margen werden von 12,39 auf 11,25 Prozent kontinuierlich sinkend geplant. WMF weise damit erheblich niedrigere Ergebnismargen auf als die mit ihr für Zwecke der Bildung einer Peer Group verglichenen Unternehmen, insbesondere die DUNI AB und die De´Longhi S.p.A. Wenn sich die Hauptaktionärin auf den Moxter`schen Grundsatz berufe, „bewerten heißt vergleichen“, so ende dieser Vergleich nicht beim Zinssatz, sondern müssten auch die Ergebnismargen verglichen werden, argumentieren die Antragsteller.
Abschreibungen/Reinvestitionen: Die Planung der Abschreibungen bzw. Reinvestitionen im Terminal Value stünden in keinem Verhältnis zur geplanten Entwicklung der Erlöse. Während die Erlöse gegenüber dem Durchschnitt der Vergangenheit bis zur ewigen Rente nur um 24 Prozent steigen sollen, plane die Antragsgegnerin eine Steigerung der Abschreibungen bzw. Reinvestitionen von fast 70 Prozent. Das widerspreche der kaufmännischen Logik.
Stichtagsanpassungen: Auch die Anpassungen auf den Bewertungsstichtag, die trotz gesunkenem Zinssatz zu einer Verminderung des Unternehmenswerts geführt haben sollen, greifen die Antragsteller an. Der kurzzeitige tiefe Fall des US-Dollar werde von der Antragsgegnerin auf Dauer perpetuiert. Dies stehe im Widerspruch zu den Prognosen der OECD. Außerdem seien die von der Antragsgegnerin errechneten Auswirkungen überzogen, wie aus dem Geschäftsbericht der WMF folge.
Betafaktor: Ein Streitpunkt wird – unter Anwendung des CAPM-Modells – der Betafaktor der WMF sein. Die Antragsgegnerin beurteilt das Risiko der Investition in Aktien der WMF durch Vergleich mit einer Peer Group. Der eigene Betafaktor der WMF sei nicht anwendbar. Dies folge aus der Illiquidität der Stammaktie. Dem halten Antragsteller entgegen, dass nur ein kleiner Teil der Stammaktien überhaupt im Streubesitz war. Das Risiko des Investments sei am Markt durch die Vorzugsaktie bestimmt worden. Diese aber sei sowohl statistisch signifikant als auch ausreichend liquide.
Die Parteien
Zuständiges Gericht: Landgericht Stuttgart, 31. Kammer für Handelssachen
Vorsitzender Richter: VRichterLG Wolfgang Schmidt
Aktenzeichen: LG Stuttgart, 31 O 53/15 KfHSpruchG
Antragsgegner: Finedinig Capital AG (nach Umfirmierung: WMF Group GmbH)
Antragsgegnervertreter: Hengeler Mueller, Rechtsanwalt Prof. Dr. Jochen Vetter, Rechtsanwältin Dr. Petra R. Mennicke
Gemeinsamer Vertreter: Rechtsanwalt Ulrich Wecker
Sachverständiger: Wirtschaftsprüfer Ulrich Frizlen
Gesellschaft: WMF AG, ISIN: DE0007803009 und DE0007803033
Der aktuelle Verfahrensstand
zum verschmelzungsrechlichen Squeeze-out der Minderheitsaktionäre der WMF AG (Zielgesellschaft):
Die Hauptversammlung der WMF AG hat am 20. Januar 2015 den Beschluss gefasst, die Stamm- und Vorzugsaktien der Minderheitsaktionäre gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 58,37 Euro je Aktie auf die Antragsgegnerin zu übertragen.
Der Beschluss ist mit Eintragung der Verschmelzung im Handelsregister der Antragsgegnerin am 23. März 2015, welcher am 24. März 2015 bekannt gemacht wurde, wirksam geworden. Die Frist zur Beantragung eines Spruchverfahrens endete am 24. Juni 2015. Zahlreiche Minderheitsaktionäre haben einen solchen Antrag gestellt.
Die Antragsteller sehen sich durch die „konservative“ Planung der zukünftigen finanziellen Überschüsse und deren überhöhte Abzinsung auf den Bewertungsstichtag benachteiligt. Auch sei der Börsenkurs der als Sonderwert berücksichtigten BHS tabletop AG fehlerhaft ermittelt worden.
Die Antragsgegnerin, die WMF Group GmbH, hat am 15. Dezember 2015 auf die Anträge der Antragsteller erwidert. Auf insgesamt 177 Seiten verteidigen die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin, die Rechtsanwälte der Kanzei Hengeler Mueller, die auf der Hauptversammlung vom 20. Januar 2015 beschlossene Barabfindung. Die Anträge werden als zum Teil unzulässig, in jedem Fall aber unbegründet beurteilt.
Das Landgericht Stuttgart (Az. 31 O 53/15 KfHSpruchG) hat den Antragstellern und dem Gemeinsamen Vertreter anheimgestellt, auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin bis zum 29. April 2016 zu erwidern.
Am 23. Mai wurde bekanntgegeben, dass der Investmentfonds KKR seine Anteile an der WMF AG an die französische Groupe SEB weiterverkauft hat. SEB, hierzulande bekannt für seine Küchengeräte unter den Marken Moulinex und Krups, bestätigte in einer Pressemitteilung vom 23. Mai 2016, dass sie mit KKR eine Vereinbarung zum Erwerb der Anteile an der WMF AG getroffen hat. Der Gesamtkaufpreis beträgt 1,585 Milliarden Euro, wovon 565 Millionen Euro auf übernommene Verbindlichkeiten entfallen. Die Vereinbarung steht noch unter dem Vorbehalt kartellrechtlicher Genehmigung. Legt man diesen Kaufpreis zugrunde, würde sich eine Barabfindung in Höhe von 113,58 Euro je Aktie – entspricht rund 95 Prozent mehr – errechnen.
In der ersten mündlichen Verhandlung am 17. Januar 2017 ging es folglich auch nur darum, ob der Weiterverkauf der Anteile bei der Festlegung der Barabfindung zu berücksichtigen ist. Nach Vorberatung erklärte das Gericht dazu, dass es dazu neige, hierzu ein Sachverständigengutachten einzuholen. Die Antragsgegnerin bestätigte zwar, dass zwischen Ausschluss der Minderheitsaktionäre und Weiterverkauf die Gesellschaft keinen strukturellen Veränderungen unterworfen war, wendete aber ein, der Käufer könnte eigene Synergiepotenziale und sein Interesse, chinesische Wettbewerber vom Markt fernzuhalten, in den Kaufpreis eingepreist haben. Außerdem seien die Verbindlichkeiten in Abzug zu bringen. Dem widersprachen die Antragsteller: Die von SEB erwarteten Synergiepotenziale belaufen sich auf höchstens 40 Mio.Euro jährlich; die Verbindlichkeiten seien nicht abzuziehen, weil sie von der Antragsgegnerin zu verantworten seien, welche entsprechende Mittel abgezogen habe.
Mit Beschluss vom 28. September 2017 hat das Landgericht Stuttgart die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und den Wirtschaftsprüfer Ulrich Frizlen als Sachverständigen beauftragt. Der Sachverständige soll unter anderem prüfen, ob es Indizien dafür gibt, dass der ermittelte Unternehmenswert wegen dem Weiterverkauf durch KKR höher anzusetzen gewesen sei, weil der „Wertsprung“ zum Bewertungsstichtag bereits in der Wurzel angelegt war.
In seinem Sachverständigengutachten vom 29. Juli 2020 stellt der Sachverständige fest, dass er keine Anhaltspunkte dafür gefunden habe, dass keine aktuelle Unternehmensplanung für die Jahre 2015 bis 2017 kommuniziert worden seien. Es bestehe eine deutliche Differenz von ca. 880 Mio. Euro zwischen der Bewertung zum Squeeze-out-Zeitpunkt und der impliziten Bewertungsbasis im späteren Verkauf an die Group SEB. Seiner Bewertung nach gebe es eine Reihe von plausiblen Erklärungsansätzen für diese Differenz, auch die positive Entwicklung des Börsenkurses in der Zwischenzeit sei ein weiterer Anhaltspunkt. Der Sachverständige kann aber nicht beurteilen, ob diese Erklärungsansätze tatsächlich maßgeblich für die Groupe SEB waren, den erheblich höheren Preis zu bezahlen.
Mit Beschluss vom 9. November 2021 hat das Landgericht Stuttgart eine vergleichsweise Anhebung der Barabfindung auf 71,00 Euro je Vorzugs- und Stammaktie vorgeschlagen. Die Antragsgegnerin wurde gebeten, sich innerhalb von vier Wochen zu dem Vergleichsvorschlag zu äußern. Sollte die Antragsgegnerin den Vergleichsvorschlag ablehnen, wurde die Antragsgegnerin und die sachverständige Prüferin aufgefordert, innerhalb weiterer vier Wochen die an sie im selben Beschluss gerichteten, ergänzenden Fragen zu beantworten.
Am 7. April 2022 machte die Antragsgegnerin auf Vorschlag und Anraten des Gerichts den Vorschlag, die Barabfindung auf 71,00 Euro je Vorzugsaktie und auf nunmehr 72,00 Euro je Stammaktie vergleichsweise anzuheben. Diesem Vorschlag stimmten die Verfahrensbeteiligten mit Vergleich vom 11. Januar 2023 zu. Damit ist das Spruchverfahren abgeschlossen.
Die Termine
20. Januar 2015 – Beschluss der Hauptversammlung der WMF AG zur Übertragung der Stamm- und Vorzugsaktien der Minderheitsaktionäre auf die Antragsgegnerin gegen Gewährung einer Barabfindung in Höhe von 58,37 EUR je Aktie.
13. März 2015 – Eintragung des Übertragungsbeschlusses im Handelsregister der Zielgesellschaft.
23./24. März 2015 – Eintragung / Bekanntmachung der Verschmelzung im Handelsregister der Antragsgegnerin (Wirksamwerden des Ausschlusses).
15. Dezember 2015 – Frist zur Antragserwiderung durch Antragsgegnerin
29. April 2016 – Frist zur Replik auf die Antragserwiderung
17. Januar 2017 – Mündliche Verhandlung
28. September 2017 – Beweisbeschluss – Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens
29. Juli 2020 – Sachverständigengutachten
9. November 2021 – Gerichtlicher Vergleichsvorschlag in Höhe von 71,00 EUR je Aktie
7. April 2022 – Vergleichsvorschlag in Höhe von 71,00 EUR je Vorzugsaktie und 72,00 EUR je Stammaktie
10. Juni 2022 – Frist zur Annahme des Vergleichsvorschlags
(Stand: 30. Januar 2023)
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