Der frühe September 2008 war zum einen geprägt von der damals noch vor allem in den Vereinigten Staaten verorteten Immobilien- und Finanzmarktkrise. Schon im März des Jahres war die US-amerikanische Investmentbank Bear Stearns zwangsverkauft worden. Bis September waren allein in den Vereinigten Staaten elf US-Banken der Immobilien- und Kreditmarktkrise zum Opfer gefallen.
Anfang September griff die Regierung schließlich den zwei größten US-amerikanischen Hausfinanzierern Fannie Mae und Freddie Mac unter die Arme, um deren Zahlungsfähigkeit zu sichern. Eine Schieflage der US-Investmentbank Lehman Brothers wurde nur Tage später bekannt.
In Deutschland nahm im selben Zeitraum eine Entwicklung an Fahrt auf, die seit Jahren erwartet worden war: Die Konsolidierung der deutschen Großbankenlandschaft. Die bis dato letzte große Übernahme hatte 2005 die italienische Großbank Unicredit getätigt, als sie für schließlich rund 20 Milliarden Euro die Münchner HypoVereinsbank schluckte. Erst im Sommer 2008 setzte sich die Konsolidierung fort – diesmal vorangetrieben durch die zwei größten deutschen Banken.
So verkündete die Commerzbank im August die Übernahme der Dresdner Bank, bis dahin eine Tochter des Versicherungskonzerns Allianz. Im September verkündete die Deutsche Bank daraufhin die Übernahme der Postbank, bis dahin eine Tochter der Deutschen Post.
Der Deal zeichnete sich zum einen durch seine Komplexität aus, zum anderen durch sein schlechtes Timing. Denn nur wenige Tage nach der Übernahmeverkündung meldete die große US-Investmentbank Lehman Brothers Insolvenz an, was die Aktienkurse von Finanztiteln abstürzen ließ. Allein die Postbank-Aktie stürzte von rund 45 Euro im September 2008 auf unter 10 Euro im Februar 2009 ab.
Dies hatte zur Folge, dass Deutsche Post und Deutsche Bank den Übernahmepreis noch einmal nachverhandelten. So hätte die Deutsche Bank eigentlich im ersten Quartal 2009 zunächst lediglich 29,75 Prozent an der Postbank für 57,25 Euro je Aktie erwerben sollen, was einem Kaufpreis von 2,8 Milliarden Euro entsprochen hätte. Der Rest der von der Post kontrollierten Postbank-Aktien wäre in einem Optionsgeschäft später an die Deutsche Bank weitergereicht worden.
Nach der neuen Vereinbarung erhielt die Post für 22,9 Prozent der Postbank-Aktien nun eine achtprozentige Beteiligung an der Deutschen Bank. Für den zweiten Schritt vereinbarten beide Konzerne die Übernahme weiterer 27,4 Prozent der Postbank-Aktien über eine Pflichtwandelanleihe – bei der die Anleihe im Februar 2012 in Postbank-Aktien umgewandelt werden würde.
Für den dritten Schritt sicherte sich die Deutsche Bank darüber hinaus eine Kaufoption für die im Post-Besitz verbleibenden 12,1 Prozent der Postbank AG, wobei die Post eine entsprechende Verkaufsoption hielt. Der Zwang zu einem Pflichtübernahmeangebot, das die Deutsche Bank den Postbank-Aktionären ab einer Kontrolle von 30 Prozent der Anteile unterbreiten musste, wurde so zeitlich nach hinten gestreckt.
Die Bewertung
Die Kosten der Postbank-Übernahme hat die Deutsche Bank auf rund 6,4 Milliarden Euro beziffert. Bereits 2010 schrieb die Großbank allerdings 2,3 Milliarden Euro des verbuchten Werts ihrer Tochter ab. Denn die wirtschaftliche Situation der Postbank erwies sich als schlechter als vor dem Deal erhofft. 2008 schrieb die Postbank vor Steuern mehr als 800 Millionen Euro Verlust, 2009 wegen Abschreibungen auf riskante Wertpapiere und höherer Risikokosten für Immobilienkredite knapp 400 Millionen. Auch um die Kapitaldecke der Postbank zu stärken, sah sich die Deutsche Bank im Jahre 2010 zu einer Kapitalerhöhung um 10,2 Milliarden Euro gezwungen.
Nicht zuletzt haben sich auch die unterschiedlichen Firmenkulturen und Tarifstrukturen seit der Übernahme als Bremsklotz der Integration erwiesen. So kam es im Zuge der Integration zu Streiks von Postbank-Mitarbeitern und Auseinandersetzungen vor allem mit der Gewerkschaft Verdi.
Andererseits profitiert die Deutsche Bank inzwischen von ihrer Tochter. So hilft die Postbank mit ihren rund 14 Millionen Privatkunden dem Mutterkonzern dabei, das Retailbanking rund um private Kontoführung, Kredite und Geldanlagen zu stärken und somit die Abhängigkeit vom volatilen Investmentbanking zu verringern.
Mit dem Kauf der Postbank verfügt Deutschlands größte Bank zudem über rund 114 Milliarden Euro zusätzlicher Kundeneinlagen. Da die Refinanzierung über diese Einlagen in der Regel günstiger ist als zum Beispiel durch die Begebung von Anleihen am Kapitalmarkt, spart das Kosten.
Große Einsparungen erhofft sich die Deutsche Bank zudem durch die konzerneinheitliche IT-Plattform „Magellan“. Die seit 2010 entwickelte Plattform soll ab 2015 die rund 24 Millionen Konten verwalten, die bei Deutscher Bank und Postbank geführt werden. Unter anderem durch solche Projekte hat der Finanzkonzern auch Einsparungen durch Personalabbau verwirklicht.
Rund 2000 der zum Zeitpunkt der Übernahme rund 21.000 Stellen der Postbank sind inzwischen weggefallen. Bis 2015 will die Deutsche Bank die durch den Zusammenschluss erreichten jährlichen Kostensynergien auf rund eine Milliarde Euro steigern.
Darüber hinaus rechnet die Bank durch die Integration der Postbank mit Mehrerlösen im Vertrieb. So setzt der Konzern in Deutschland mittlerweile auf eine Drei-Marken-Strategie. Das Geschäft mit sehr vermögenden Kunden wird über die im Herbst 2009 übernommenen acht Niederlassungen der Privatbank Sal. Oppenheim abgewickelt, das Geschäft mit gehobenen Kunden über die rund 770 Filialen der Deutschen Bank, das breite Massengeschäft über die rund 850 Postbank-Center.
Über die Postbank werden dabei inzwischen im Wesentlichen hauseigene Produkte verkauft, also zum Beispiel Fonds der Deutsche-Bank-Tochter DWS. Welche Früchte im Privatkundengeschäft zu ernten sind, erläuterte der damalige Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann im Jahr 2009. Kurz nach der endgültigen Einigung über den Postbank-Deal mit der Deutschen Post, nannte er auf der Jahrespressekonferenz des Konzerns ein mittelfristiges Gewinnziel von drei Milliarden Euro für das Privatkundengeschäft seiner Bank, inklusive der Postbank.
Das Spruchverfahren
Dieses Spruchverfahren zeichnete sich schon im Vorfeld durch manch kontroverse Ansicht aus. So war es allen voran die Verlags- und Beteiligungsgesellschaft Effecten-Spiegel, die sich durch die Konstruktion der Übernahme durch die Deutsche Bank als Minderheitsaktionärin benachteiligt sah. Die Argumentation: Schon durch den Kauf der Wandelanleihe von der Deutschen Post habe die Deutsche Bank praktisch über mehr als 30 Prozent der Anteile der Postbank AG verfügt, da sie den Wert der Aktien bereits gezahlt hatte und die Anteile nur „auf Rechnung“ noch bei der Deutschen Post gelegen hätten. Somit hätte schon im Februar 2009 ein Pflichtangebot der Deutschen Bank an alle Postbank-Aktionäre erfolgen müssen.
Nachdem Landgericht und Oberlandesgericht die Klage des Effecten-Spiegel zunächst abwiesen, hob der Bundesgerichtshof diese Entscheidungen am 29. Juli 2014 (Az. II ZR 353/12) wieder auf und verwies die Sache zurück an das Oberlandesgericht Köln. Es müsse geprüft werden, ob ein sog. „acting in concert“ vorliege, weswegen die Deutsche Bank schon sehr viel früher ein Pflichtangebot hätte unterbreiten müssen. Ähnlich hatten zuvor bereits die Bonner Anwälte Wienand und Frédéric Meilicke in einem Fachaufsatz argumentiert.
Während deutsche Aktionärsvereinigungen sich weniger an der komplexen Kaufkonstruktion störten, wandte sich die belgische Aktionärsvereinigung Deminor in dieser Sache in einem offenen Brief an die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin).
Das von der BaFin ermittelte Pflichtangebot betrug 25 Euro, obwohl die Deutsche Bank zuvor bereit gewesen war, der Post bis zu 57,25 Euro pro Postbank-Aktie zu zahlen. Minderheitsaktionäre stellten daher Anträge auf die Einleitung jenes Spruchverfahrens, das seit September 2013 vor dem Landgericht Köln verhandelt wird.
Am 28. August 2015 schließlich wurden die verbliebenen Minderheitsaktionäre aus der Postbank AG ausgeschlossen (Squeeze-out). Damit soll eine Abkopplung der Postbank von der Deutschen Bank vollzogen und der Gang zurück an die Börse vorbereitet werden. Als Barabfindung wurden 35,05 Euro beschlossen.
Die Spruchverfahren werden flankiert von Schadensersatzansprüchen gegen die Deutsche Bank. Dieser wird vorgeworfen, bereits am 12. September 2008 die Kontrolle über die Postbank erlangt zu haben und ein Pflichtangebot an die übrigen Aktionäre zum Preis von 57,25 Euro je Aktie hätte abgeben müssen. Das Landgericht Köln hat am 20. Oktober 2017, Az. 82 O 11/15 entschieden, dass die von der Deutschen Bank AG angebotene Gegenleistung laut Übernahmeangebot vom 7. Oktober 2010 nicht angemessen war. Die Deutsche Bank habe bereits aufgrund sog. „acting in concert“ am 12. September 2008 die Kontrolle über die Gesellschaft erlangt. Die Deutsche Bank hätte folglich spätestens am 10. Oktober 2008 ein Pflichtangebot zur Übernahme der Aktien der übrigen Aktionäre der Gesellschaft vorlegen müssen. In dem sechsmonatigen Referenzzeitraum vor diesem Datum habe die Deutsche Bank Vorerwerbe zu 57,25 Euro je Aktie getätigt bzw. diese verbindlich zugesagt. Deshalb sei sie gegenüber denjenigen Aktionären, die das spätere Angebot in Höhe von 25,00 Euro je Aktie angenommen haben, zur Zahlung der Differenz in Höhe von 32,25 Euro je Aktie verpflichtet. Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Urteil vom 23. Oktober 2024, Az. 13 U 231/17 die Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt.
Das auch in den Spruchverfahren zuständige Landgericht Köln sieht in der Nichtveröffentlichung des Pflichtangebots über 57,25 Euro je Aktie einen auch im Spruchverfahren zu berücksichtigenden Schadensersatzanspruch. Hierauf wurden die Verfahrensbeteiligten mit gleichlautenden Beschlüssen hingewiesen.
Kritikpunkte der Antragsteller
Bewertungsmethode: Die Bewertungsmethoden des IDW (S1-Ansatz) und des DVFA (Best-Practice-Ansatz) führen zu unterschiedlichen Ansätzen und Ergebnissen.
Synergien: Kritisiert wird der „Planabschlag“ von geplanten Synergien in Höhe von 20 Prozent durch die Deutsche Bank.
Anchor-Value: Der Erstkauf der Postbank-Aktien durch die Deutsche Bank wirft Fragen nach dem Referenzwert für das Pflichtangebot an die Minderheitsaktionäre auf.
Acting in Concert: Die Deutsche Bank habe schon als Minderheitsgesellschafterin ihre Interessen bei der Postbank durchgesetzt. Deshalb sei sie bereits Ende 2008 zur Veröffentlichung eines Pflichtangebots verpflichtet gewesen. Die Unterlassung dieses Pflichtangebots sei im Spruchverfahren als Schadensersatzanspruch zu berücksichtigen, weil anderenfalls das rechtswidrige Verhalten der Deutschen Bank sanktionslos bliebe.
Die Parteien
Zuständiges Gericht / Vorsitzender Richter: LG Köln, Dr. Georg Lauber – OLG Düsseldorf, Katrin van Rossum (Unternehmensvertrag)
Aktenzeichen: 82 O 77/12 (Unternehmensvertrag) / 82 O 2/16 (Squeeze-out) / I-26 W 5/21 AktE (Unternehmensvertrag)
Antragsgegner: DB Finanz-Holding GmbH (Unternehmensvertrag) / Deutsche Bank AG (Squeeze-out)
Gemeinsamer Vertreter der Antragsteller: Rechtsanwalt Dr. Rainer Klocke
Sachverständiger: ValueTrust Financial Advisors SE / Prof. Dr. Christian Aders (Unternehmensvertrag und Squeeze-out)
Der Verfahrensverlauf
zum Spruchverfahren bezüglich des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der DB Finanz-Holding GmbH (Antragsgegnerin) als herrschender Gesellschaft und der Deutsche Postbank AG (Zielgesellschaft) als beherrschter Gesellschaft
Die Antragsgegnerin hat mit der Zielgesellschaft am 30. März 2012 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen. Diesem Vertrag hat die ordentliche Hauptversammlung der Zielgesellschaft am 5. Juni 2012 zugestimmt.
Darin verpflichtet sich die Antragsgegnerin, eine hundertprozentige Tochtergesellschaft der Deutsche Bank AG, unter anderem den außenstehenden Aktionären der Zielgesellschaft eine jährliche Ausgleichszahlung in Höhe von 1,89 Euro brutto (Netto 1,66 Euro) bzw. eine Barabfindung in Höhe von 25,18 Euro zu zahlen. Betroffen sind insgesamt rund 13,42 Millionen Aktien der Zielgesellschaft, was ungefähr 6,13 Prozent des Grundkapitals entspricht.
Zum Zwecke der Bestimmung einer höheren angemessenen Barabfindung und angemessenen Ausgleichs haben 112 Aktionäre der Zielgesellschaft gemäß §§ 304 Abs. 3 S. 3, 305 Abs. 5 S. 2 AktG Anträge auf Einleitung eines Spruchverfahrens gestellt. Diese Anträge sind unter Az. 82 O 77/12 beim Landgericht Köln anhängig.
Vorausgegangen war ein öffentliches Übernahmeangebot der Deutschen Bank AG aus dem Jahr 2010 zum Preis von 25 Euro. Zudem hatte die Deutsche Bank AG mit der früheren Eigentümerin der Zielgesellschaft, der Deutsche Post AG, Vereinbarungen zum Aktienerwerb zu Preisen zwischen 42,80 Euro und 57,25 Euro getroffen. Hierin sieht der Bundesgerichtshof ein mögliches Acting in Concert, welches die Deutsche Bank hätte verpflichten können, ein Pflichtangebot zu diesem Preis zu unterbreiten (BGH vom 29. Juli 2014, Az. II ZR 353/12).
Auch der Verbraucherzentrale für Kapitalanleger e.V. ist an dem Spruchverfahren beteiligt. Auch er sieht die Zielgesellschaft deutlich unterbewertet. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Deutsche Bank AG beim Erwerb der Aktien von der Deutsche Post AG wesentlich höhere Preise gezahlt hat. Bereits zu diesem Zeitpunkt hatte die Deutsche Bank also den Wert der Zielgesellschaft höher eingeschätzt als jetzt behauptet. Trotz der Verwerfungen am Finanzmarkt durch die Lehmann-Pleite hielt die Deutsche Bank an einem Kaufpreis fest, der das jetzige Angebot weit übersteigt.
Am 20. September 2013 fand eine erste mündliche Verhandlung statt. Das Gericht teilt im Wesentlichen die Bedenken der Antragsteller an der Angemessenheit der angebotenen Kompensationen. Das Gericht empfahl daher, das Verfahren durch einen Vergleich zu beenden, wonach die Barabfindung auf 36,00 Euro und der Ausgleich auf 2,64 Euro (brutto) erhöht werden sollten.
Die Antragsgegnerin hat den vorgeschlagenen Vergleich abgelehnt. Das Gericht hat daher am 25. September 2013 beschlossen, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Unternehmenswert der Zielgesellschaft zu erheben. Der Sachverständige ist verpflichtet, den Wert nicht allein nach den Bewertungsrichtlinien des Instituts der Wirtschaftsprüfer (IDW), sondern mindestens auch nach den Best-Practice-Empfehlungen der Deutschen Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFS) zu ermitteln.
Der Sachverständige, Prof. Dr. Christian Aders, hat seine Tätigkeit im März 2014 aufgenommen. Den Antrag der Antragsgegnerin, die Antragsteller von der Beweisaufnahme auszuschließen, indem der Sachverständige Termine mit ihr ohne Teilnahmemöglichkeit der übrigen Verfahrensbeteiligten durchführen sollte, hat das Gericht zurückgewiesen. Die Verfahrensvorschriften der Zivilprozessordnung (ZPO) zur Parteiöffentlichkeit des Beweisverfahrens (Vgl. § 357 ZPO) gelten auch im Spruchverfahren.
Der Sachverständige kam am 29. Februar 2016 zu dem Ergebnis, dass die von der DB Finanz-Holding GmbH gewährte Barabfindung in Höhe von 25,18 Euro je Aktie und der Ausgleich in Höhe von 1,66 Euro (netto) je Aktie nicht angemessen sind.
Der Sachverständige hält stattdessen
– eine Barabfindung in Höhe von 29,74 Euro je Aktie (Erhöhung um gut 18 Prozent) und
– einen Ausgleich von jährlich 1,78 Euro je Aktie (Erhöhung um gut 7 Prozent)
für angemessen. Diese Werte liegen deutlich unter dem – von der Antragsgegnerin seinerzeit abgelehnten – Vergleichsvorschlag des Gerichts im Beweisbeschluss, der eine Erhöhung der Barabfindung auf 36,00 Euro vorsah. Antragsgegnerin wie auch Antragsteller haben zahlreiche Einwände gegen das Gutachten erhoben. Das Landgericht hatte den Sachverständigen daher zu einer ergänzenden Stellungnahme aufgefordert, die dieser mit Schriftsatz vom 27. März 2017 vorlegte. Allein die Kosten für den Sachverständigen belaufen sich bereits auf über 1,25 Mio. Euro.
Mit Beschluss vom 17. Juli 2017 wies das Gericht die Verfahrensbeteiligten darauf hin, dass die Kammer erwäge, zunächst die mehr als zehn Musterverfahrensanträge im Zusammenhang mit der dort streitigen Verpflichtung der Hauptaktionärin, den Aktionären der Deutschen Postbank AG ein Pflichtangebot auf der Grundlage von ca. 57 Euro zu unterbreiten, abzuwarten. Zur Vermeidung einer Überfrachtung des Spruchverfahrens regte das Gericht am 2. April 2019 an, die beim OLG Köln anhängigen Berufungen zur Klärung dieser Frage abzuwarten.
Mit Beschluss vom 1. Oktober 2020 (jetzt in unserer Datenbank abrufbar) setzte das Gericht die Barabfindung auf 29,74 Euro und den Ausgleich auf 1,78 Euro netto fest und folgte damit dem Sachverständigen. Gegen diesen Beschluss haben mehrere Antragsteller und die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt. Das Verfahren läuft unter dem Aktenzeichen I-26 W 5/21 AktE beim OLG Düsseldorf.
zum Spruchverfahren bezüglich des Ausschlusses der Minderheitsaktionäre der Deutsche Postbank AG (Zielgesellschaft)
Am 28. August 2015 beschloss die Hauptversammlung der Postbank den Ausschluss der Minderheitsaktionäre wie folgt: „Die auf den Namen lautenden Stückaktien der übrigen Aktionäre (Minderheitsaktionäre) der Deutsche Postbank AG werden gemäß dem Verfahren zum Ausschluss von Minderheitsaktionären (§§ 327a ff. AktG) gegen Gewährung einer von der Deutsche Bank Aktiengesellschaft mit Sitz in Frankfurt am Main, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Frankfurt am Main unter der Registernummer HRB 30000 (Hauptaktionärin) zu zahlenden Barabfindung in Höhe von EUR 35,05 für je eine auf den Namen lautende Stückaktie auf die Deutsche Bank Aktiengesellschaft übertragen.“
Auf das Spruchverfahren betreffend den Unternehmensvertrag hat das keinen unmittelbaren Einfluss; insbesondere bleiben die dort gestellten Anträge trotz des zwischenzeitlichen Ausschlusses der Antragsteller zulässig. Umgekehrt jedoch könnte sich die Barabfindung im Squeeze-out gemäß der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 12. Januar 2016 (Az. II ZB 25/14) nach der zu kapitalisierenden Ausgleichszahlung gemäß Unternehmensvertrag bestimmen.
Auch gegen die Bestimmung der Barabfindung im Squeeze-out wurde ein Spruchverfahren eingeleitet, an dem sich insgesamt 129 Antragsteller beteiligen. Dieses Spruchverfahren wird ebenfalls beim Landgericht Köln geführt (Az. 82 O 2/16). Mit Beschluss vom 5. September 2017 hat das Gericht eintschieden, das Verfahren bis zur Entscheidung der Musterklageverfahren auszusetzen. Hiergegen hat die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 25. Oktober 2017 Beschwerde eingelegt, welche vom Gericht am 3. September 2018 als unzulässig verworfen worden ist. Am 28. Juni 2019 hat das Gericht die Einholung eines Sachverständigengutachtens angeordnet und Prof. Dr. Christian Aders zum Sachverständigen bestellt.
Mit Beschluss vom 14. Oktober 2019 stellte das Gericht fest, dass die Verfahrensbeteiligten in einem Spruchverfahren an den Tatsachenermittlungen und -feststellungen von Sachverständigen traditionell nicht zu beteiligen sind, weil an diesen Verfahren in der Regel Dutzende Verfahrensbeteiligte teilnehmen und Beweiserhebungen zum Unternehmenswert in der Regel umfangreich, langwierig und komplex sind sowie Fachwissen erfordern. Daher sei die Beteiligung sämtlicher Verfahrensbeteiligter weder dem Sachverständigen zumutbar noch mit dem Unternehmensinteresse vereinbar.
Mit Beweisbeschluss vom 13. April 2021 teilte das Gericht mit, dass ergänzend Beweis erhoben werden soll, ob der objektivierte Unternehmenswert gemäß IDW S1 das Bewertungsziel – Verkehrswert des Unternehmens – erreicht. Zu den Beweisfragen soll der Hochschulprofessor der Betriebswirtschaftslehre, Prof. Dr. Andreas Schüler, Stellung nehmen. Gegen diesen Beweisbeschluss legte die Antragsgegnerin am 1. Juni 2021 Beschwerde ein. Mit Beschluss vom 28. September 2021 stellte das Landgericht fest, dass der Beschwerde nicht abgeholfen wird und legte dem Oberlandesgericht Düsseldorf die Beschwerde zur Entscheidung vor. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat die Beschwerde der Antragsgegnerin mit Beschluss vom 25. Mai 2022 als unzulässig verworfen. Als Begründung führte das OLG im Wesentlichen aus, dass die Beschwerde nicht statthaft sei, weil die isolierte Anfechtung eines Beweisbeschlusses im Spruchverfahren ausgeschlossen sei.
Mit Beschluss vom 26. September 2022 teilte das Landgericht Köln mit, dass der Beweisbeschluss vom 13. April 2021 nunmehr ausgeführt werden soll.
Die Termine
5. Juni 2012 – Beschluss der Hauptversammlung zum Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der DB Finanz-Holding GmbH als herrschender und Deutsche Postbank AG als beherrschter Gesellschaft
20. September 2013 – Mündliche Verhandlung vor dem LG Köln (Unternehmensvertrag)
28. August 2015 – Beschluss der Hauptversammlung zum Ausschluss der Minderheitsaktionäre der Deutsche Postbank AG
29. Februar 2016 – Veröffentlichung des Gutachtens (Unternehmensvertrag)
1. Juli 2016 – Beschluss zur Einholung einer ergänzenden Stellungnahme zum Sachverständigengutachten (Unternehmensvertrag)
27. März 2017 – Ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen (Unternehmensvertrag)
17. Juli 2017 – Beschluss zur Erwägung, das Verfahren bis zur Entscheidung der Musterklageverfahren auszusetzen (Unternehmensvertrag)
5. September 2017 – Beschluss, das Verfahren bis zur Entscheidung der Musterklageverfahren auszusetzen (Squeeze-out)
25. Oktober 2017 – Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss vom 5. September 2017 (Squeeze-out)
13. März 2018 – Beschluss zur Prüfung, ob den Minderheitsaktionären aufgrund eines möglichweise unterlassenen Pflichtangebots der Hauptaktionärin eine Barabfindung in Höhe von 57,25 Euro zusteht (Unternehmensvertrag)
3. September 2018 – Beschwerde vom 25. Oktober 2017 als unzulässig verworfen (Squeeze-out)
2. April 2019 – Anregung des Gerichts, die Berufungen vor dem OLG Köln abzuwarten (Unternehmensvertrag)
28. Juni 2019 – Sachverständigengutachten angeordnet (Squeeze-out)
14. Oktober 2019 – Beschluss zur Teilnahme an Tatsachenermittlungen durch den Sachverständigen (Beteiligung sämtlicher Verfahrensbeteiligter abgelehnt)
1.Oktober 2020 – Beschluss LG-Köln im Verfahren zum Unternehmensvertrag
Beschwerdeverfahren zum Unternehmensvertrag läuft
13. April 2021 – Beweisbeschluss (Squeeze-out)
1.Juni 2021 – Beschwerde gegen den Beweisbeschluss (Squeeze-out)
28. September 2021 – Vorlage der Beschwerde gegen den Beweisbeschluss an das OLG Düsseldorf
25. Mai 2022 – Ablehnung Beschwerde gegen den Beweisbeschluss durch das OLG Düsseldorf
23. Oktober 2024 – Urteil OLG Köln zur Übernahme bzw. zum Pflichtangebot der Deutsche Bank AG, Az. 13 U 231/17
(Stand: 11. November 2024)
AlterPostbankfan meint
Was bedeutet das aktuelle Urteil vom 23.10.24 (Az. 13 U 231/17)
für die Aktionäre, die 2015 mit dem Squeeze-Out für 35,05 EUR ausgeschlossen wurden und nicht geklagt hatten und sich auch nicht aktiv einem Spruchverfahren angeschlossen hatten (z.B. dem Verfahren Landgericht Köln, Az. 82 O 2/16) – d.h. für die „ganz stillen, ausgequetschen Aktionäre“?
Sollten die nun etwas tun oder weiter warten? Oder sich bei der DepotBank melden und/oder dort nachhaken?
Postler meint
Die DB schreibt dazu: Soweit Sie im Jahr 2015 im Rahmen des sogenannten Squeeze-out eine Abfindung erhalten haben, weisen wir der guten Ordnung halber auf das derzeit beim Landgericht Köln anhängige Spruchverfahren zur Überprüfung der Abfindungshöhe hin (§§ 327a, 327b AktG). Falls das Gericht insoweit eine Erhöhung der angemessenen Barabfindung für die durch Squeeze-Out auf die übertragenen Aktien festlegen sollte, bleibt es Ihnen unbenommen, diesen Anspruch nach rechtskräftigem Abschluss des Spruchverfahrens geltend zu machen. Dh. weiter warten auf das LG ?
SV Redaktion meint
Hierzu verweisen wir auf das Urteil des BGH vom 29.07.2014, Az.: II ZR 353/12. Dieses kann hier nachgelesen werden: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=68630&pos=0&anz=1
Bitte informieren Sie sich regelmäßig über den Ausgang des Spruchverfahrens und wenden Sie sich ggf. zur gegebenen Zeit an Ihre depotführende Bank.
Hura meint
Hallo,
trifft das Spruchverfahren auch für die Aktionäre zu die ihre Aktien zum ursprünglichen Preis von 25 € der Deutschen Bank angedient haben?
Spruchverfahren Redaktion meint
Hallo, falls Sie die Abfindung im Rahmen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages meinen, muss hier noch der Abschluss des Spruchverfahrens abgewartet werden. Das Beschwerdeverfahren zum Unternehmensvertrag läuft noch.
Hura meint
Hallo, nein ich meinte den Verkauf zum ursprünglichen Abfindungsangebot der Deutschen Bank AG aus Oktober 2010. Ich habe das Abfindungsangebot zu 25€ angenommen und die Aktien der Deutschen Postbank AG an die Deutsche Bank AG veräußert. Klage oder Teilnahme an den Spruchverfahren wurden von mir nicht eingerecht bzw. beantragt. Erhalten hier die Aktionäre die das Abfindungsangebot angenommen haben und nicht geklagt haben oder am Spruchverfahren teilgenommen haben, automatisch die Nachzahlung des Differenzbetrages?
Spruchverfahren Redaktion meint
Hallo, da wir Ihren Einzelfall nicht kennen, können wir keine Auskunft zu Ihrer Frage geben. Jedoch hat sich der BGH bereits im Jahre 2014 mit dieser Frage und den Verjährungsfristen auseinandergesetzt. Die Entscheidung des BGH vom 29.07.2014, Az.: II ZR 353/12 kann hier nachgelesen werden: https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&nr=68630&pos=0&anz=1
Thomas meint
Verstehe nicht so ganz das Spruchverfahren und die Klagen? Ich bin ehemaliger Postbank Aktionär und wurde 2015 per Squeeze Out mit 35,05 Euro abgefunden. Muss ich jetzt was machen? Klagen? Oder nur warten? Zur Zeit einigt sich die DB aber mit allen Klägern und zahlt einen Batzen Geld. Ist es möglich, dass sich die DB mit allen vorher per Vergleich, so dass es gar kein Spruchverfahren mehr geben wird? Das die Aktionären, die nicht geklagt haben, dann leer ausgehen? Oder sollte/kann ich mich noch einer Klage anschließen?
Spruchverfahren Redaktion meint
Hallo,
eine Beteiligung beim Spruchverfahren ist nunmehr nicht mehr möglich, da die Antragsfrist bereits zum 21. März 2016 abgelaufen ist. Für Antragsberechtigte Aktionäre, die selbst keinen Antrag gestellt haben, bestimmt das Gericht beim Spruchverfahren einen gemeinsamen Vertreter, der die Interessen der Minderheitsaktionäre vertritt. Sollte es durch Beschluss oder einen Vergleich zur Erhöhung der geleisteten Barabfindung kommen, werden Sie auch als nicht am Verfahren Beteiligter ehemaliger Aktionär von der Erhöhung profitieren.
Postler meint
Hallo,
sind Forderungen aus dem Squeeze-out bei Postbank vor der Verjährung gehemmt auch wenn ich nicht klage ?
Danke
Spruchverfahren Redaktion meint
Ja, durch das Spruchverfahren ist die Verjährung gehemmt.
Postler meint
Hallo Redaktion,
Danke für die schnelle Antwort.
Falls es ein positives Urteil für die out gesqueezden Postbankaktionäre gibt, werden dann normal die Depotbanken informiert und was ist wenn man das Depot dann nicht mehr hat ?
Danke und LG
Spruchverfahren Redaktion meint
In diesem Fall werden die Depotbanken grundsätzlich angewiesen, die ehemaligen Aktionäre über den Auszahlungsanspruch zu informieren. Wir würden Ihnen aber raten – vor allem in dem Fall, dass Sie das Depot nicht mehr besitzen bzw. nicht mehr Kunde der depotführenden Bank sind – sich auf unserer Seite oder beim elektronischen Bundesanzeiger regelmäßig über den Abschluss des Verfahrens zu informieren und im Falle des positiven Verfahrensausgangs den Hauptaktionär zur Auszahlung/Nachbesserung (schriftlich) aufzufordern.
Berg meint
Meine 2 Konten wurden von der Postbank gesperrt
und ich bekomme kein Geld mehr . Ich befinde mich im Urlaub und kann keinen Rückflug buchen
Ich weiß noch nicht mal was los ist. 15 Anrufe ,
Und immer warten und danach werde ich abgegangen. Kann mir jemand mitteilen was das Problem ist ?
PvdMerwe meint
Wie geht es weiter? Wie lange kann sich das noch hinziehen?
Spruchverfahren Redaktion meint
Hallo,
bedauerlicherweise können sich Spruchverfahren im Allgemeinen über viele Jahre hinziehen. Pandemiebedingt kommt es derzeit noch zu längerer Verfahrensdauer. Daher kann hier keine allgemeine Aussage über den weiteren zeitlichen Ablauf getroffen werden. Wir gehen davon aus, dass das Verfahren zum Squeeze-out vor dem Landgericht nicht vor 2023 beendet sein wird.